Donnerstag, 25. September 2025

Pfarrer Wolf als «nomine & omine Lupus» empfunden

Am 1. Mai 1731 war Joseph Moritz Buol, Ambts-Untervogt des fürstbischöflich-konstanzischen Amts Kaiserstuhl (und ex officio Vorsitzender des Dorfgerichts Weyach) offensichtlich höchst genervt. 

Um keinen Fehler zu machen, wandte er sich an seine Vorgesetzten in Meersburg am Bodensee. Sein an den Hofrat Christa adressiertes Schreiben – wie er selber «son altesse Reverendissime Monseigneur le Prince & L'Eveque de Constance» in «Merspourg» unterstellt – hebt mit den Worten an: «Berichte in eil, wie gestern der Waibel zu Weÿach zu mir gekommen [...]». 

Im Zusammenhang mit der Besiegelung von Kaufbriefen ging es wieder einmal um den jahrhundertelangen Machtkampf zwischen Zürich und dem Fürstbischof, wer welche Rechte habe. Der genannte hochobrigkeitliche Weibel hatte eine entsprechende Forderung des zürcherischen Neuamts-Obervogts Hirzel übermittelt. 

Französische Adresse der Buol'schen Anfrage an den fürstbischöflichen Hof zu Meersburg





Dass die Arbeitsbeziehungen zwischen den Repräsentanten der beiden Staaten alles andere als reibungslos waren, zeigt sich an folgender beiläufiger Bemerkung Buols zu dieser Angelegenheit und den dadurch verursachten Problemen: «der Predicant zu Weÿach hilft mechtig darzuo, er ist nomine & omine Lupus» (vgl. Ausschnitt oben).

Diese Anspielung auf den Familiennamen des damaligen Weiacher Pfarrers Wolf (im Amt 1708 bis 1747) signalisiert, wie Buol das Verhalten und den Stil dieses Zürcher Amtsträgers als durchaus bösartig empfand. Denn da schwingen natürlich auch die geflügelten Worte nomen est omen (der Name ist Programm) und homo homini lupus (der Mensch ist des Menschen Wolf) mit.

Quelle

  • Briefwechsel Amtsuntervogt Buol mit Hofrat in Meersburg vom 1. bis 9. Mai 1731. Signatur: StAZH C II 6, Nr. 493.5.

Montag, 22. September 2025

Entstehungsgeschichte & Entwicklung des Ortsmuseums Weiach

In den Unterlagen des Ortsmuseums Weiach befinden sich neben dem bereits vor einigen Tagen vorgestellten Dokument Pro Ortsmuseum (vgl. WeiachBlog Nr. 2274) auch ein Typoskript aus der Schreibmaschine des Gründungspräsidenten Walter Zollinger.

Auf drei Seiten resümiert er darin aus ganz persönlicher Sicht die Hintergründe, wie es überhaupt zum Erwerb des Lieberthauses kommen konnte und was die Ortsmuseumskommission in den darauffolgenden Jahren bis ca. Ende 1970 auf die Beine gestellt hat. 

ORTSMUSEUM WEIACH

Entstehungsgeschichte & Entwicklung

Der Berichterstatter, während über 40 Jahren Lehrer an der Primarschule Weiach, hat während dieser langen Zeit immer wieder versucht, kleinere Gegenstände zu sammeln und auf der Winde des Schulhauses aufzubewahren. Mehrmals gelangte ich mit der Bitte an den damaligen Gemeinderat, um Schaffung eines geeigneten Raumes zur bessern Aufbewahrung derselben und um sie den Bewohnern zu zeigen und dadurch die Sammeltätigkeit zu fördern, leider anfänglich immer umsonst.

1966 wurde endlich ein Kleinbauernhaus frei, in welchem jahrzehntelang ein altes Geschwisterpaar gewohnt hatte, nun aber kurz nacheinander gestorben war. Da die Erben nicht im Dorf wohnen, verkauften sie das Gehöfte. Jetzt war endlich eine Gelegenheit gekommen und der nun unterdessen auch "verjüngte" Gemeinderat (es sind alles ehemalige Schüler) schlug der Gemeindeversammlung vom 28. Nov. 66. den Kauf des Hauses vor.

Mit dem knappen Mehr von 42 : 35 Stimmen wurde der Kredit bewilligt. Alsbald wählte der Gemeinderat eine "Kommission für das Ortsmuseum Weiach" und überliess nun den 5 Opfern die weitere Ausgestaltung.

Diese 5 Opfer waren:

  • Walter Zollinger, a. Lehrer, Präsident (1896-1986)
  • Emil Maurer, Stationsvorstand (†)
  • Hans Meier, Gemeinderatsschreiber (*1935)
  • Hans Rutschmann, Briefträger (1928-2022)
  • Paul Stalder, Gemeindeförster (†).

Ueber das ganze Jahr 1967 hinaus zogen sich nun diese Arbeiten, meist im Frondienst, an den Samstagnachmittagen. Zum Glück hatten die beiden Geschwister Jakob und Luise Liebert am Aeussern des Hauses nichts verändert, sodass es noch den Charakter eines aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammenden [handschr. m. Bleistift ergänzt: "(1750)"] Gebäudes trägt. Im Innern hatten sie allerdings manches verschandelt und selber verflickt. Unsere Hauptarbeiten bestanden nun darin, die Räume im Erdgeschoss erst einmal wieder in "museumswürdigen Zustand" zurück zu versetzen:

Die mit Oelfarbe übermalten Stubenwände und Decke wurden abgelaugt und so das Naturholz wieder hervorgezaubert.

In Küchenkammer und Gang wurden die durchwegs übertünchten Riegelbalken wieder hervorgeholt und die Füllungen geweisselt.

Die total verrussten Wände und die Decke in der Küche mussten abgehackt und neu geweisselt werden.

Die Treppe zum Raum über der Küche sowie der Kammerboden mussten ersetzt werden. Wir konnten dazu alte, aber noch gesunde Bretter von der Kirchenrenovation her benutzen.

In der Zwischenzeit erliessen wir einen Aufruf an alle Bewohner des Dorfes, ihre Kasten und Estriche zu durchstöbern [vgl. WeiachBlog Nr. 1336] und uns alles, was sie als "museumswürdig" erachteten, zu überlassen, geschenk- oder leihweise. So konnten wir endlich am 13./14. Juli 1968 unser Ortsmuseum zum erstenmal der Dorfbevölkerung öffnen [vgl. u.a. WeiachBlog Nr. 1370]. Es waren nun entstanden:

1. Eine Küche, in die man direkt vom Freien her eintritt, mit altem Holzherd, Ziegelsteinboden, Schüttstein, Plattengestell; dann Kaffeemühlen, Butterrührfässer, Backschüsseln, altem Geschirr etc.

2. Eine Wohnstube mit Kachelofen aus 1827, Backmulde, Biedermeiertisch und Stühlen, Spinnrad, Truhe, Petrollampe, alten Bildern, Steingutkrügen u.s.w.

3. Eine Küchenkammer, mit kl. und gr. Biedermeierbett, alten Kleidern und Uniformen, altem Holzkoffer u.a.m.

4. Eine sog. "Dokumentenkammer" mit alten Schriften (z.B. 1659 bis 1886) [die sog. Turmkugeldokumente], einer Bibel aus 1690, Alten und Neuen Testamenten aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, Mandaten der Zürcher Stadtregierung [gemeint: Bürgermeister und Rat des Standes Zürich vor 1798], alten Büchern und vielem mehr.

5. Im Gang zum Keller sind Dreschflegel, Fruchtsäcke, Holztüchel, Viehgeschirr u. dergl. zu sehen.

6. Im Raum über der Küche stehen und hängen alte Geräte aus der Landwirtschaft und des Gewerbes, z.B. Flachsbreche und Hechel, Ziehbock, Getreidesicheln, Holzgabeln, Rechen, hölzerner Dengelstock etc.

7. Im Keller endlich harrt eine Obstpresse mit zugehöriger Birnenmühle, mit Weintanse und Trichter etc. der Zusammenstellung.

Dann befinden sich auf dem obern Boden noch zwei Zimmer, die wir für kurzfristige Ausstellungen aller Art benützen können. So haben wir darin seit 1968 bereits 5 solche durchgeführt, nämlich:

1968: "Landschaften, Stilleben, Federzeichnungen von Fritz Schmid Bachenbülach."

1969: "Biblische Grafik" von Willi Trapp Zürich und "Ein Dorfgenosse stellt aus" (Hs. Rutschmann).

1970: "Unsere Schüler zeichnen" (Arbeiten der 1.- 6. Kl. unserer Primarschule.) und "UNSER WALD", ein Beitrag zum Naturschutzjahr 1970.

Die Ausstellungen waren stets gut besucht, die letztere verzeichnete z.B. über 300 Besucher, was wir für unser bescheidenes Unternehmen als recht befriedigend bezeichnen dürfen.

Durch diese periodischen Ausstellungen wird auch das eigentliche Museum immer wieder besucht. Wir dürfen heute sagen, dass auch die "Gegner" von 1966 heute dem Museum gegenüber positiv eingestellt sind. Das hat sich schon darin gezeigt, dass weiteren Krediten für Renovationen am Gebäude keine Einwände mehr erwachsen sind. So konnte der Gemeinderat uns seither finanziell helfen für folgende Ausbesserungen:

1967: Neue Balken für die morsche Kellerdecke

1968: Ausbesserung und Ueberholung des Daches

1969: Neue Lerchenholzverkleidung [sic!] an der nördl. Gibelseite [sic!]

1970: Kredit für Einrichten einer Heizung mit Thermostat.

Diese ist nun eben erst kürzlich fertig geworden.

Wir mussten deshalb die Schriften und Ausstellungsgegenstände heiklerer Art unterdessen im Gemeindehaus unterbringen. Nun müssen die Räume erst wieder gereinigt werden, bevor wir wieder einrichten können. Das wird kaum vor kommendem Februar möglich sein. [mutm. gemeint: Februar 1971]

Mit diesen etwas lang geratenen Ausführungen (sie umfassen eben die Zeit von 1966 bis 1970) hoffe ich, Ihnen eine bescheidene Ergänzung für Ihre wohl ohnehin schon dicke "Museumsmappe" gegeben zu haben. Wenn ich Ihnen damit einen Dienst erweisen konnte, freut es mich umsomehr.

[gez. W. Zollinger]

Kommentar WeiachBlog

Aufgrund der im Dokument aufgeführten chronologischen Angaben und dem zweitletzten Abschnitt darf man davon ausgehen, dass es im Herbst 1970 entstanden ist. 

Im letzten Abschnitt blitzt auch ganz kurz der Anlass auf, der dieses Papier hat entstehen lassen: Eine Anfrage von einer Person oder Institution, die bereits über eine umfangreiche Kollektion an Museumsbeschreibungen verfügt hat (zumindest nimmt Zollinger dies an). Leider wissen wir bisher nichts über die Identität des Adressaten, dem wir diesen Überblick auf die ersten Jahre indirekt verdanken. 

Zum Alter des Lieberthauses (wie oben ersichtlich nahm Zollinger hilfsweise das Baujahr 1750 an) ist seit den Untersuchungen durch das Laboratoire Romand de Dendrochronologie, Cudrefin VD, Genaueres bekannt: 

Der Kernbau ist aus Föhren und Fichten konstruiert, die im Herbst/Winter 1644/45 bzw. 1645/46 gefällt wurden. Der nordwestlich daran anschliessende Anbau ist rund 120 Jahre jünger. Er besteht ebenfalls aus Föhren und Fichten, die im Winterhalbjahr gefällt wurden: 1763/64 bzw. 1764/65 (Gutachten v. 12. Oktober 2018; Réf. LRD18 / R7647).

Montag, 15. September 2025

Kandelaber an der Stadlerstrasse geknickt

Die Kantonsstrasse RVS 566 verläuft von Seebach über Niederglatt und Neerach in Richtung der Kantonsgrenze bei Kaiserstuhl. Daher hat nicht nur Weiach eine Kaiserstuhlerstrasse. Auch fast alle anderen Gemeinden auf der Strecke (Ausnahme: Rümlang) haben diese Strasse nördlich ihres Zentrums so oder ähnlich benannt. Kaiserstuhlstrasse (ohne -er-) ist allerdings beliebter (Neerach, Niederglatt, Oberglatt).

Diese regionale Verbindung (dafür stehen die ersten beiden Buchstaben der Abkürzung) ist 1843/44 auf Staatskosten auf dem Reissbrett geplant und in ihrem nördlichsten Abschnitt schnurgerade durch Weiach gezogen worden. In den 1960ern wurde erstmals eine Strassenbeleuchtung installiert.

Gestern vor 50 Jahren hat ein junger Automobilist unfreiwillig die Stabilität eines der Masten getestet. Resultat: Allseitiger Sachschaden. Dies geht aus einem Kurzbericht in der Migros-Zeitung «Die Tat» vom Montag, 15.9.75 hervor:

«s. Ein 20jähriger Autolenker kam am Sonntag um 20.10 auf der kurvenreichen und nassen Stadlerstrasse bei Weiach ins Schleudern. Sein Wagen landete linksseitig an einem Kandelaber, wobei der Lenker schwere Verletzungen erlitt und ins Spital Bülach gebracht werden musste. Das Auto ist abbruchreif, der Mast wurde beim Aufprall geknickt.»

Quelle und Literatur

Sonntag, 14. September 2025

Weiacher Strassen, Wege und Gassen mit einem ESID

Neben dem EGID (Eidg. Gebäudeidentifikator; vgl. WeiachBlog Nr. 885) und dem EWID (Eidg. Wohnungsidentifikator) gibt es auch den ESID (Eidgenössischer Strassenidentifikator).

Dieser ESID ist der Schlüssel für die Datenelemente in einer beim Bundesamt für Landestopografie geführten Datenbank, die auf map.geo.admin.ch wie folgt beschrieben wird:

«Offizieller Datensatz für «Amtliches Verzeichnis der Strassen», ID196, gemäss Katalog der Geobasisdaten nach Bundesrecht. Das amtliche Verzeichnis der Strassen beinhaltet sämtliche Strassennamen, welche im Eidgenössischen Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) offiziell deklariert werden. Die Verantwortlichkeit für die Vollständigkeit der Namen im amtlichen Verzeichnis der Strassen erfolgt nach kantonalen Vorschriften. Es handelt sich um eine Collection, die sowohl Zugriff auf die Gebäudeadressen der Schweiz als auch Liechtensteins bietet.»

Unnötig abgemurkste traditionelle Hofnamen

Strassen und Wege nach diesem Verzeichnis müssen nicht unbedingt lineare Strukturen sein. Es kann sich auch um eine Fläche (sog. «Benanntes Gebiet») oder gar eine «Strasse ohne Geometrie» handeln, wie swisstopo das im Fachjargon nennt. 

Solche gibt es jedoch in Weiach auf Drängen kantonalzürcherischer Stellen bereits seit 2011 nicht mehr. Zwingend wäre das Aufgeben der damals noch elf benannten Gebiete aber nicht gewesen, wie man beispielsweise auf dem Sanzenberg bei den Kaiserstuhler Waldhütten auf Bachser Boden oder nahe dem höchsten Punkt des Kantons (Schnebelhorn) auf dem Gebiet von Fischenthal sehen kann. Selbst ganzjährig bewohnte Einzelgehöfte entlang der Strahleggstrasse haben im Tösstal ihre Namen behalten dürfen.

Verzeichnis der Weiacher Strassen und Wege

Die nachstehende Liste ist aus oben beschriebenem Amtlichen Verzeichnis extrahiert. Wenn Sie den jeweiligen ESID anklicken, zeigt Ihnen map.geo.admin.ch, wo sich die Strasse auf Gemeindegebiet befindet und wo sie sich durchschlängelt. 

ESID               Strassenname

10189894 Alte Poststrasse
10003350 Bachserstrasse
10176366 Bachtelweg
10154262 Bachweg
10003351 Baumweg
10176367 Bedmenweg
10003352 Bergstrasse
10189874 Birkenweg
10176369 Brunnenweg
10176370 Brunngass
10060857 Büechlihaustrasse
10240459 Büechlihauweg
10003354 Büelstrasse
10003353 Buhaldenstrasse
10068805 Chälenstrasse
10176371 Chürziweg
10177453 Damaststieg
10194633 Dammweg
10177454 Dorfweg
10052171 Dörndlihag
10241280 Erbweg
10177455 Fisibacherweg
10177456 Frankhaldenweg
10177457 Friedhofweg
10240470 Fürstenhaldenweg
10177458 Gartenweg
10111024         Glattfelderstrasse
10240462 Griesgrabenweg
10206705 Grubenweg
10241283 Haggenbergweg
10117361 Haslistrasse
10003356 Herzogengasse
10177459 Hintere Bergstrasse
10240463 Hörnlirainweg
10003357 Hornstrasse
10003358 Ifangstrasse
10068806 Im Bruchli
10177460 Im Bungert
10060859 Im Eschter
10120712 Im Hard
10174413 Im Höbrig
10003360 Im Ofen
10177461 Im See
10068807 Kaiserstuhlerstrasse
10177463 Kindergartenweg
10240464 Kumetlochweg
10194632 Lagerstrasse
10177464 Langächerweg
10060860 Leestrasse
10177465 Leiacherweg
10177466 Lindenweg
10110260 Luppenstrasse
10241137 Mülibodenweg
10003361 Müliweg
10177467 Müliwis
10003362 Neurebenstrasse
10068808 Oberdorfstrasse
10157224 Obstgartenstrasse
10240465 Panoramaweg
10177468 Querstrasse
10177469 Rebbergstrasse
10060861 Rebweg
10111025        Rhihofweg
10240458 Rhiuferweg
10003363 Riemlistrasse
10240461 Sädelweg
10241282 Sanzenbergweg
10003364 Schulweg
10240457 Schützenweg
10241284 Schwändihaldenweg
10177470 Seerenstrasse
10192747 Seerenweg
10177471 Soligass
10115757 Stadlerstrasse
10068809 Steinbruchstrasse
10003365 Stockistrasse
10241285 Tiefackerweg
10003366 Trottenstrasse
10177473 Turgäuerweg
10177474 Untere Hardstrasse
10240468 Wasenweg
10122473 Weinbergstrasse
10068810 Winkelstrasse
10240467 Winkelwiesenweg
10241281 Winzlenweg
10241279 Wörndlisbuckweg
10111026         Zelglistrasse

Namensstatistik 

Geht man die Liste durch, dann fallen einem ein paar wenige Exoten auf. So die sieben «Im ...»-Namen, die an die alte Hofnamentradition anzuknüpfen versuchen. Weiter drei Solitäre: je ein Name auf «-hag», «-stieg» und «-wis». Und schliesslich drei Namen auf «-gass» (2x) bzw. «-gasse» (1x).

Die grosse Mehrheit aber kommt so daher, wie man das erwartet. Entweder 31-fach als «-strasse». Oder 43-mal als «-weg». Dabei ist kein durchgehendes Muster erkennbar, nach welchen Kriterien im einzelnen Fall die eine oder eben die andere Bezeichnung gewählt wurde.

Festzuhalten ist weiter, dass die Gemeinde Weiach für die Strassenbenennung völlig auf die Verwendung von Personennamen verzichtet hat. Das hat durchaus Vorteile, weil man dann nicht riskiert, den Strassennamen ändern zu müssen, sollte die damit geehrte Person je in die Ungnade und damnatio memoriae eines künftig herrschenden Zeit(un)geistes fallen.

Quellen und Literatur

Samstag, 13. September 2025

Das Flugblatt der RGPK-Initianten. Worum es wirklich geht.

Haben Sie es auch im Briefkasten gehabt, dieses Flugblatt?

An der Urnenabstimmung vom kommenden 28. September 2025 stehen zusätzlich zu den zwei eidgenössischen (E-ID und Eigenmietwert), sowie einer kantonalen (Energiegesetz) auch zwei kommunale Vorlagen an:

  • Bei der einen geht es um die organisatorische Abfederung der Folgen mangelnder Bestandeszahlen im Zivilschutz, 
  • bei der anderen um die Erweiterung der Kompetenzen des Wachhundes der Weiacher Stimmberechtigten.

Daran, dass dem Sicherheitszweckverband Glattfelden-Stadel-Weiach die Dienstpflichtigen im Bereich Zivilschutz abhandengekommen sind (und daher der Anschluss an den Sicherheitsverbund Zürcher Unterland faktisch alternativlos ist), trägt der Gemeinderat keine Schuld. Die geht auf die Kappe des Kantons.

Anders sieht das bei der kurz nach dem Bekanntwerden des Bundesgerichtsentscheids in Sachen Zukunft8187 eingereichte Einzelinitiative Lamprecht aus, die eine Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) einführen will. 

Mangelhaftes Verhalten des Gemeindepräsidenten

Hätten sich Gemeindepräsident Stefan Arnold und sein Gemeinderat in den letzten sechs Jahren in der Summe ihrer Interaktionen mit den Stimmberechtigten (und insbesondere mit ihren zunehmend schärferen Kritikern) anders verhalten, dann wäre es wohl weder im Juni 2020 zum Debakel in der Abstimmung um das Projekt Balance gekommen (vgl. WeiachBlog Nr. 1535), noch ab April 2023 zu der nervenaufreibenden Zweitauflage mit dem Infrastrukturprojekt Zukunft8187, das letztlich an einem mangelhaften Beleuchtenden Bericht auf dem Weg durch die Gerichtsinstanzen gescheitert ist (vgl. stellvertretend WeiachBlog Nr. 1940).

Es war nicht zuletzt eine Frage des zivilen Anstands, die Art und Weise, wie miteinander umgegangen, ja umgesprungen wird. Dass kritische Geister, die es wagen, hartnäckig nachfragend Klärung in Sachfragen zu fordern, selbst in Informationsveranstaltungen und Gemeindeversammlungen brüsk heruntergeputzt werden, das hat bereits 2020 manch Stimmberechtigten nicht nur hellhörig gemacht, sondern geradezu der Gegenseite in die Arme getrieben. 

Entzweiung in Gläubige und Misstrauische

Sogar ein um Ausgewogenheit bemühter Profi-Journalist wie Astrit Abazi vom Zürcher Unterländer musste sich vom Gemeindepräsidenten coram publico schulmeistern lassen, weil er es im Zusammenhang mit dem 30-Millionen-Megaprojekt gewagt hatte, das böse Wort Überschuldung in einen seiner Texte zu setzen. 

Das Missfallen über eine zunehmend als autokratisch empfundene Art der Amtsführung von Gemeinderat, Schulpflege und Baukommission und der dazu kursierende Übername Starnold für den vermuteten Dirigenten dieses Trauerspiels, haben die Gemeinde in der Tat entzweit: in Gläubige und Misstrauische. Und da die beiden Lager, was die mobilisierbaren Stimmberechtigten anbelangt, ziemlich genau mittig gespalten sind, ist Weiach in der wenig komfortablen Lage eines politischen Patts festgefahren.

Checks and Balances

Wie man da wieder herauskommt? Indem man das Vertrauen zurückkehren lässt. Diese Herkulesaufgabe wird wohl nur mit radikaler und schonungslos offener Analyse gelingen. Denn angefangen hat die Vertrauenskrise spätestens 2015, als der damalige Schulpräsident Lobsiger mit der faktenwidrigen Behauptung, die Weiacher Primarschule sei in ihrer Existenz gefährdet, ein zustimmendes Votum zum Zusammengehen mit Kaiserstuhl und Fisibach erwirkt hat (vgl. WeiachBlog Nr. 1931). Seither kämpft die Gemeinde mit den aus dem Ruder laufenden Folgen dieser Entscheidung.

Was kann eine RGPK, was eine RPK nicht kann?

In einer Versammlungsgemeinde des Kantons Zürich (wie Weiach eine ist) kann eine Geschäftsprüfungskommission (GPK) – im Gegensatz zu einer reinen Rechnungsprüfungskommission (RPK) – die Amtsführung der Exekutive (z. B. des Gemeindepräsidiums oder der Verwaltung) sowie die sachliche Zweckmässigkeit von Geschäften und Vorhaben prüfen. 

Dies umfasst eine umfassendere Kontrolle über die gesamte Geschäftsführung, einschliesslich nicht-finanzieller Aspekte wie die Angemessenheit der Verwaltungsprozesse oder die sachliche Richtigkeit von Abstimmungsvorlagen.

Die heutige RPK ist hingegen auf die finanzpolitische und -technische Prüfung beschränkt, z. B. Budget, Jahresrechnung, Verpflichtungskredite und wirtschaftliche Aspekte von finanziell relevanten Geschäften. 

In Versammlungsgemeinden kann die RPK optional mit Geschäftsprüfungsbefugnissen erweitert werden, was sie zu einer Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) macht, aber ohne diese Erweiterung fehlt ihr die Befugnis zur umfassenden Geschäftsprüfung.

Warum die Initianten eine Geschäftsprüfungskompetenz für sinnvoll halten

Auf dem Flugblatt ist das folgendermassen formuliert:

  • Dank einer RGPK wird der Rechnungsprüfungskommission neben der finanziellen zusätzlich auch die geschäftsprüfende Funktion übertragen.
  • Eine sachliche Prüfung der Abstimmungsvorlagen durch eine unabhängige Kommission ist heute leider nicht möglich. Deshalb soll die Rechnungsprüfungskommission auch die Geschäftsprüfung wahrnehmen können.
  • Das Fachwissen der (künftigen) RGPK-Mitglieder ist in etwa gleich gross wie das Fachwissen der Gemeinderats-Mitglieder.
Letztere Annahme ist berechtigt, wenn man sich vergegenwärtigt, dass bei den letzten Gemeindewahlen zwei Kandidaten für den Gemeinderat in die RPK gewählt wurden, ein – wie es Gemeindepräsident Arnold selber formuliert hat – Trainingslager für den Gemeinderat. Die RPK ist somit auch als Sparringpartner für den Gemeinderat zu sehen, an der er seine Strategie abgleichen kann. Aber nicht muss. Den Stimmberechtigten ist es dann immer noch freigestellt, die Sichtweise des Gemeinderats einzunehmen, wenn sich die beiden Gremien nicht einig sind.
  • Die Gemeinde Weiach erhält mit dieser RGPK eine zeitgemässe, ihrer Grösse entsprechende Behörde.
  • Dies ermöglicht es den Stimmberechtigten, die vom Gesetz geforderte Aufsicht über die Verwaltung durch mehr Transparenz auch tatsächlich und effektiv wahrzunehmen.
  • Gleichzeitig hilft diese «neue» Behörde den Abstimmenden, bei den immer komplexeren Vorlagen fundierte, sachgerechte Entscheide zu fällen. Den Stimmberechtigten würde künftig nicht nur die Begründung des Gemeinderates zur Verfügung stehen.
  • Zudem ist eine intensivere Zusammenarbeit von Gemeinderat und prüfender Behörde entsprechend dem «Vier-Augen-Prinzip» auch für den Gemeinderat nutzbringend.

Vor allem der zweitletzte Punkt ist in den Beleuchtenden Berichten augenfällig. Denn aktuell kann die RPK sozusagen nur mit angezogener Handbremse argumentieren.

Namens der Initiantinnen und Initianten zeichnet das Flugblatt der sich zur Wiederwahl stellende Präsident der RPK, Peter Lamprecht, und appelliert an die Stimmberechtigten: 

Wir bitten Sie, am 28. September 2025 mit einem JA dieser Initiative zuzustimmen.

[Veröffentlicht am 15. September 2025 um 00:37 MESZ]

Freitag, 12. September 2025

Die Weiach-Faszikel in StAZH A 199.7 und A 199.8

In den Dossiers StAZH A 199.7 und StAZH A 199.8 finden sich viele Unterlagen zu Weiach aus fürstbischöflich-konstanzischer Sicht

Sie wurden 1932 im Tausch gegen Deutschland betreffende Bestände durch das badische Generallandesarchiv (GLA) in Karlsruhe an das Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAZH) extradiert.

StAZH A 199.7

Bischof und Domstift Konstanz, Besitzungen und Rechte in zürcherischen Gemeinden, Orte U-W

Inhalt und Form: 1497-1803 Uhwiesen; 1793-1802 Wasterkingen; 1539-1796 Weiach.

1932 durch Tausch erworben vom GLA Karlsruhe.

Nachweis auch im Repertorium schweizergeschichtlicher Quellen im Generallandesarchiv Karlsruhe (RSQ), Bd. 1/3 ("ehemals GLA 82/... jetzt StA ZH A 199...."), vgl. dazu die Bemerkungen in RSQ, Bd. 1/1, S. vi, x-xi, Bd. 1/2, S. iv, Bd. 1/3, S. v, viii und RSQ Bd. 2, S. xi sowie Bernd Ottnad, Die Archive der Bischöfe von Konstanz, in: Freiburger Diözesan-Archiv 94, 1974, S. 270-516, hier S. 314-317, 471 und 475-476.

Erhalten ist nach wie vor die Faszikel-Einteilung nach dem Archivplan des Generallandesarchivs. Einen grossen Teil der Schachtel A 199.7 machen Weiach-bezogene Faszikel aus, mit einer Gesamtstärke von nicht weniger als 8 cm! 

Nachstehend jeweils die aktuelle Signatur gefolgt von der früheren Signatur, sowie dem ursprünglichen Titel, wie man sie heute noch im Findbuch 82 findet (vgl. Landesarchiv Baden-Württemberg):

A 199.7  Fasz. 2450
ex GLA 82 Nr. 2450 -- Das votum informativum et decisivum bei Gericht -- 1793

A 199.7  Fasz. 2451
ex GLA 82 Nr. 2451 -- Die Gerichtsbarkeit zu Weiach -- 1543-1742

A 199.7  Fasz. 2452
ex GLA 82 Nr. 2452 -- Die Zoll- und Untervogtsgarben zu Weiach -- 1617-1792

A 199.7  Fasz. 2454
ex GLA 82 Nr. 2454 -- Die Berainigung der Grundzinsen zu Weiach -- 1795-1796

A 199.7  Fasz. 2455
ex GLA 82 Nr. 2455 -- Hexerei zu Weiach -- 1539-1640

A 199.7  Fasz. 2456
ex GLA 82 Nr. 2456 -- Der Kirchen- und Neubruchzehnt zu Weiach -- 1546-1769

A 199.7  Fasz. 2457
ex GLA 82 Nr. 2457 -- Der Zehnt zu Weiach -- 1546-1783

A 199.7  Fasz. 2458
ex GLA 82 Nr. 2458 -- Der Zehntertrag zu Weiach -- 1660-1723

A 199.7  Fasz. 2459
ex GLA 82 Nr. 2459 -- Der Novalzehntbezug zu Weiach durch den Prädikanten -- 1791

Als «Faszikel» bezeichnet man eine nicht gebundene Einheit von Dokumenten in einem einheitlichen Umschlag. Ob und inwieweit in Karlsruhe im Vergleich zum Archivstand Meersburg (oder gar Rötteln?) – d.h. vor dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 und der Konstituierung des Rechtsnachfolgers Grossherzogtum Baden 1806 – Umgruppierungen vorgenommen wurden, ist nicht bekannt. Wir wissen also bisher nicht, ob diese Sortierung der ursprünglichen des Aktenbildners entspricht.

StAZH A 199.8

Bischof und Domstift Konstanz, Besitzungen und Rechte in zürcherischen Gemeinden, Orte W-Z sowie Pfrundakten

Inhalt und Form: 1742-1802 Winterthur; 1741-1801 Zürich; 1788-1803 Glattfelden (Pfrundakten); 1701-1743 Laufen (Pfrundakten); 1708 Niederweningen (Pfrundakten); 1550-1655 Rafz (Pfrundakten); 1591-1706 Weiach (Pfrundakten).

A 199.8  Fasz. 2453
ex GLA 82 Nr. 2453 -- Die Reparation des Kirchturms in Weiach und des Prädikaturhauses in Glattfelden, sowie der Kirchenzehnt zu Weiach -- 1591-1706

Faszikel 2453 ist der einzige, der hier aus der Reihe tanzt und in einer anderen StAZH-Archivsignatur zu finden ist, da Pfrundakten im Dossier A 199.8 zusammengezogen wurden.

Freitag, 5. September 2025

WeiachBlog: Nummerierung, Ausnahmeartikel und Sonderreihen

Ja, die Reihe der WeiachBlog-Artikel ist durchgehend nummeriert. Mit den regulären Nummern 1 bis 2276 (Stand am 4.9.2025).

Aber es gibt mehr als das. Stand heute (4.9.2025) sind es 120 separat nummerierte Beiträge, die teils in die Gesamtausgabe (d.h. Jahresbände des WeiachBlog) integriert sind, teils aber auch Separata bilden. Hier erhalten Sie einen Überblick.

In der Gesamtausgabe findet man drei Ausnahmen und eine Sonderreihe im Zusammenhang mit der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Weiach, wenn...» (nachstehend «FB-Gruppe»).

Ausnahmeartikel

  • Nr. 306a - Explosion beim Waldstrassenbau. Familienvater tot // [Ohne Datum; eingereiht zwischen 5. u. 6. November 2006]
  • Nr. 1273a - Shakespeares Tod: ein kalendarischer Irrtum // 23. April 2016 [als einziger Ausnahme-Artikel auf Blogger publiziert]
  • Nr. 1649a - Das Zeichen der Zeit. Zum 200. Todestag von Napoleon Bonaparte // 5. Mai 2021 [nur in der FB-Gruppe publiziert]

Sonderreihe Z (Zusatzartikel)

Diese Artikel sind i.d.R. von Drittpersonen verfasst und auf der FB-Gruppe publiziert. Sie werden zu Dokumentationszwecken samt den dazugehörigen Kommentaren in die Gesamtausgabe aufgenommen. Auf diese Weise wird der Nachwelt der Entstehungskontext für die tagespolitischen redaktionellen WeiachBlog-Beiträge mit regulären Nummern geliefert.

  • Z01ff Z-Artikel ab 30. April 2023 (In der FB-Gruppe publiziert)
      • 85 Nummern per 4.9.2025.

Separatbeilagen (Sonderreihen I und Y)

Zwei weitere Sonderreihen sind in je einem separaten Dokument gesammelt. Es handelt sich um originäre Beiträge des WeiachBlog-Redaktors, die keinen tagespolitischen Bezug aufweisen und die bislang nur in der FB-Gruppe publiziert wurden:

  • Y01ff Y-Artikel ab 1. August 2021 (Separatbeilage zur Gesamtausgabe)
      • 18 Nummern per 4.9.2025.
  • I-01ff I-Artikel im September/Oktober 2023 (Separatbeilage zur Gesamtausgabe)
      • 14 Nummern per 4.9.2025.

Y-Artikel können zu einem späteren Zeitpunkt in aufdatierter und erweiterter Form als WeiachBlog-Artikel oder in einem Produkt des Wiachiana-Verlags erscheinen. [Ablage vorläufig im Folder «WeiachBlog-2025»]

I-Artikel beziehen sich ausschliesslich auf die Fotoserie ISOS 5762 vom 1. Juli 1976 zur Signatur EAD-ISOS-ZH-4_2_10 in der Graphischen Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek. Diese Artikel sind primär als Arbeitsunterlage zur Gewinnung von LeserInnen-Reaktionen konzipiert. [Ablage der Separatbeilage im Folder «ISOS-Dossier-Weiach»]

Schutzfrist

Alle oben aufgeführten Produkte des Wiachiana-Verlags unterliegen in der Form ihrer Gesamtausgabe der regulären Sperrfrist von 30 Jahren nach der Entstehung des jüngsten Beitrags. Schutzfristende dieses Bandes: 31. Dezember 2055.

Mittwoch, 3. September 2025

Pfarrpersonenfluktuation – historische Statistik und Ursachen

Kaum hat man sie begrüsst, schon sind sie wieder weg. Das laufende Jahr 2025 wird als eins der Vierpfarrerjahre in die Geschichte der reformierten Seelsorge auf Weiacher Gemeindegebiet eingehen. 

Pfrn. Ute Monika Schelb quittierte den Dienst per Ende Mai, ihre Co-Pfarrvertreterin Pfrn. Annemarie Pfiffner folgte per Ende Juni. Und im September muss die Evang.-ref. Kirchgemeinde Weiach nun auch von Pfr. Michael Landwehr (erst seit 1. Juni im Amt) bereits wieder Abschied nehmen (vgl. MGW, September 2025, S. 18).

Die vierte Pfarrperson, die uns der Kirchenrat hat zukommen lassen, ist die ab 1. Oktober 2025 amtierende Pfarrstellvertreterin Pfrn. Dagmar Rohrbach. Ihr Begrüssungsbeitrag (vgl. MGW, September 2025, S. 19) hebt mit den folgenden Worten an:

«Schon wieder eine neue Pfarrerin! 

Liebe Gemeinde, ich hoffe, Sie denken das nicht. Sie haben einiges an Pfarrwechsel erlebt. [...]»

Da kann einem in der Tat schon etwas wirblig im Kopf werden. Auch der hier Schreibende musste erst einmal nachschauen, wann genau denn Pfrn. Pfiffner ihren letzten Weiacher Tag gehabt hat.

Zurück in den Gründungszeiten der Pfarrei

Faktisch läuft es seit den Zeiten von Corona wieder so, wie weiland im 16. Jahrhundert, als uns die Prädikanten durch die Obrigkeit in der Stadt Zürich zugeteilt und zur Predigt hierher abkommandiert wurden. Ohne Wohnsitzpflicht, denn bis 1591 gab es noch kein Pfarrhaus, bzw. wollte der Zürcher Stadtstaat auch gar nicht für eines sorgen. 

Gewiss, die Bezahlung ist heute einiges besser als damals, wo die ab 1542 für Weiach vorgesehenen Prädikanten gerade einmal 10 Gulden Jahresbesoldung aus der Staatskasse erhielten. Das war nämlich noch zu wenig zum Sterben.

Heute kann man als Pfarrerin immerhin auf eine 50 %-Stelle mit geregelten Bezügen vertrauen. Sie muss auch nicht auf eine von der Gemeinde offerierte Mittagsverpflegung hoffen, bevor sie nach getaner Arbeit den langen Weg ins städtische Zuhause wiederum antritt (ihr Wohnort Dübendorf liegt ja fast in der Stadt Zürich). Damals ging dies per pedes apostolorum und bei jedem Wetter vonstatten.

Über den Titel dieses Abschnitts liesse sich noch trefflich streiten. Wenn die Einrichtung einer Pfarrei mit der Wohnsitznahme des gewählten Pfarrers zwingend verbunden wird, dann ist Weiach erst 1591 überhaupt eine Pfarrei geworden. Und wäre mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt keine selbstständige Pfarrei mehr. Fakt ist: Unser 30. und bisher letzter residenter Pfarrer war Christian Weber, nominal bis Ende 2012.

Ernüchternde Statistik

Wenn wir die von Pfr. Kilchsperger ein Jahrhundert zuvor angestellte Amtszeitberechnung (vgl. WeiachBlog Nr. 2270) auf die fünf Jahrhunderte seit der Reformation ausdehnen, dann sieht es mit den Standzeiten der für Weiach zuständigen Pfarrpersonen wahrlich nicht rosig aus.

Pfrn. Rohrbach ist nach der Weiacher Pfarrerzählung WPZ24 die fünfte Frau auf dieser Position und insgesamt die Nr. 118, wobei in dieser Zahl sämtliche namentlich bekannten Pfarrpersonen gewertet werden, auch wenn sie nur wenige Wochen als Vikar oder Stellvertreter tätig waren.

Rechnet man mit den Durchschnittszahlen, so kommen wir immerhin auf rund 4.25 Jahre Standzeit über dieses halbe Jahrtausend hinweg, was nur möglich ist, weil die dreissig residenten Pfarrer mit Amtszeiten bis zu 40 Jahren den Schnitt massiv nach oben heben. Über das erste Viertel des 21. Jahrhunderts sind es nämlich nur noch 1.7 Jahre.

Betrachten wir nur die letzten fünf Jahre, so liegen die durchschnittlichen Amtszeiten bei gerade einmal 7.5 Monaten. Dieser Wert unterbietet sogar noch die durchschnittlich 9.5 Monate der über 60 Amtsträger zwischen 1542 und 1590.

Sortiert man nun die 118 Namen nach Anzahl Monaten Amtszeit und teilt das Ergebnis in zwei gleiche Hälften, so erhalten wir den Median. Und der liegt unter einem Jahr. Was auch nicht wirklich verwundert, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Weiach sogar ein Sechspfarrerjahr erlebt hat (vgl. WeiachBlog Nr. 2206).

Hochfrequente Fluktuation. Woran liegt's?

Bliebe noch die im Titel versprochene Analyse der Ursachen. Schon erwähnt ist oben, dass die Obrigkeit nicht geneigt war, ein Pfarrhaus zur Verfügung zu stellen. Einerseits, weil das auch anderswo so nicht üblich war (sondern Gemeindeangelegenheit) und andererseits, weil sich die Weiacher 1540 standhaft geweigert hatten, den Gottesdienst in Stadel zu besuchen, wie die Regierenden in der Stadt ihnen das vorschreiben wollten.

Ein eigener «Grind» und ausgeprägter Selbstständigkeitswille, der sich letztmals bei der Fusionsabstimmung zur Kirchgemeinde Stadlerberg im Jahre 2017 deutlich manifestiert hat (vgl. die WeiachBlog-Sonderausgabe März 2017; PDF, 5 S.), fordern eben ihren Preis. 

Die Weiacher halten an der eigenen Kirchgemeinde fest. Selbst dann, wenn die Kirchenverwaltung am Hirschengraben und der Blaufahnenstrasse nur eine halbe Stelle besolden und unserer Pfarrperson auch nicht weitere Engagements zur Pensumaufstockung zuschanzen will, wie das noch zu Zeiten Pfr. Koellikers (im Amt: 1981 bis 1995) problemlos möglich war. 

Die Bedingungen, die von den Kirchenoberen an eine Festanstellung geknüpft werden, sind überdies offenbar der Art, dass die Weiacher Kirchenpflege wenig Aussicht darauf hat, eine Pfarrperson davon zu überzeugen, bei uns mit langfristiger Perspektive Fuss fassen zu wollen. Ein altbekanntes Gravamen unserer Pflege an die Adresse der Oberen.

Dienstag, 2. September 2025

Das Wappen des Offiziersaspiranten

Gestern erhielt ich eine e-mail von einem Weiacher Bürger aus alteingesessenem Geschlecht. Sein Enkel sei gerade in der Offiziersschule, schrieb er, und bereite sich auf die Zeit des Abverdienens vor.

Der gestickte Badge als Statussymbol

In den Rekrutenschulen dieser Waffengattung gibt es offenbar den Brauch, dass jeder Zug sein eigenes Abzeichen mit dem Wappen ihres Chefs führt. Also das des jungen Leutnants. Spezialisierte Hersteller, die solche Badges sticken, sind leicht zu finden. Und an Klettverschlüssen, wo man so einen Spezialbadge draufpappen kann, ist auf dem modernen Armeematerial auch kein Mangel. 

Besagter Aspirant macht sich also auf die Suche nach seinem Wappen. In diesem Fall per Anfrage des Grossvaters (der nicht 24/7 auf Zack sein muss, wie der künftige Offizier grad aktuell) an seinen Bürgerort. Die Weiacher Gemeindeverwaltung verweist ihn an den Ortshistoriker und hat die Frage vom Tisch.

Hätte diese Familie mit Weycher Wurzeln ein althergebrachtes Wappen, das bereits auf dem heimischen Kachelofen oder an sonstiger prominenter Stelle im Einflussbereich der Vorfahren prangt, dann wäre die Anfrage obsolet gewesen. Nun stehen aber – wie bei jeder Frage nach einem noch unbekannten eigenen Wappen – grundsätzliche Überlegungen an. 

Eine Frage der Identität

Wappen transportieren Identität. Nicht umsonst ist auf dem Schweizer Wappen ein Kreuz zu finden. Es steht für die christliche Grundhaltung, die in der alten Eidgenossenschaft Konsens war (dass es ursprünglich ein vom Papst den Schwyzern verliehenes Ehrenzeichen sei, ist bloss eine Legende; für Deutungen vgl. den Artikel Schweizerkreuz im Historischen Lexikon der Schweiz). 

Auf Gemeindewappen findet man oft Elemente der früheren oder aktuellen Herrschaftsverhältnisse. So bei Weiach der blau-silberne Zürcherschild, auf dem das Dorfzeichen, der Stern, in gewechselten Farben platziert ist. 

Ein Familienwappen hat in vielen Fällen etwas mit dem Beruf zu tun, so wenn ein Müller ein Mühlrad in sein Wappen aufgenommen hat, um damit stolz zu dokumentieren, worauf seine gesellschaftliche Stellung und sein Wohlstand beruhen.

Wenn man auf dem Internet und in heraldischen Sammlungen auf die Suche geht, dann findet man durchaus Beispiele, bspw. hier. Da sind vielleicht auch solche mit dem eigenen Familiennamen dabei. Nur: ist es wirklich das Wappen MEINES Familienzweigs? Bei genauerer Betrachtung kommt man oft zum gegenteiligen Schluss. Die Frage ist also eher: 

Passt dieses Wappen zu mir?

Kommen wir auf unseren Offiziersaspiranten zurück. Er darf sich über seine eigene Identität Gedanken machen. Was macht die aus? Ist es die Herkunft: d.h. Zürcher oder Weycher? Ist es eher die Profession der Familiendynastie, aus der er stammt? Oder ist es etwas sui generis, also etwas Eigenes, was nur IHN ausmacht? Das gilt es herauszufinden.

Dann geht es um die Symbole. Einfach, schlicht und einprägsam, wie es die Erkennungszeichen auf den Schilden der mittelalterlichen Ritter häufig waren, ist oft besser als ein mit vielen Elementen überladenes Wappen. Ratsam ist es demnach, klug auszuwählen. Denn gerade hier geht es ja um die Gruppenidentität einer Kampfgemeinschaft.

Heraldikregeln machen Vorgaben... 

Im Bereich der Wappenkunde gibt es einige Regeln, die man beherzigen sollte, will man sich nicht dem Spott der Fachwelt aussetzen. So gilt es beispielsweise als Todsünde, Metall auf Metall oder Farbe auf Farbe zu platzieren. Es ist demnach verpönt, Silber und Gold direkt aufeinander zu legen, wie das der Zeichner des Weiacher Wappens im Dekanatsalbum auf das Jahr 1719 getan hat, als er den einst gelb-goldenen Weycher Stern zu grossen Teilen auf den weiss-silbernen Teil des Zürichschildes legte.

In alten Ritterwappen wurde auch fast nie die Farbe Grün verwendet, weil der Kontrast im Felde nicht genügend war und überdies die grüne Farbe in der Herstellung teurer und sie nicht lange haltbar war. Heute hat man damit eher weniger Probleme, wie die vielen grünen Dreiberge zeigen (bspw. im Wappen von Eglisau).

... und doch ist die Grafikerin matchentscheidend

Hat man also einmal seine Wappenbeschreibung festgelegt, die sogenannte Blasonierung, dann ist die Zeit der Grafikfachperson gekommen. Und deren künstlerisches Potenzial ist gefragt. 

Das war übrigens vor weniger als hundert Jahren auch beim heutigen Weiacher Gemeindewappen nicht anders, dessen Blasonierung lautet: «Schräggeteilt von Silber und Blau, mit achtstrahligem Stern in verwechselten Farben».

Quelle: Weiacher Geschichte(n) Gesamtausgabe, S. 312

Nur die Weiacher selber konnten damals den Grafiker daran hindern, die Blasonierung regelgerecht so auszulegen, dass der Stern so klein wie der Bachserstern in der linken oberen Ecke platziert wird. Auf diese verwegene Idee kam der aber nicht, wie seine Vorschläge zeigen.

Und so landen wir am Schluss unweigerlich wieder bei unserem Aspiranten und seiner Identitätsfindung. Affaire à suivre.

Montag, 1. September 2025

Der Aufruf «Pro Ortsmuseum» aus den Gründerzeiten

Anfangszeiten haben eine belebende Wirkung. Man kann und muss an seinem Konzept feilen, wo nötig das Umfeld einbeziehen, die eigene Sache bekannter machen. 

Exakt das hat die «Kommission für das Ortsmuseum Weiach» (so nannte man sie damals noch) auch getan, um das Jahr 1968 herum, als das Museum – gerade frisch aus dem Ei geschlüpft – der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

«Pro Ortsmuseum» war einer ihrer Slogans, der wohl entfernt an «Pro Patria» erinnern sollte. Eine Bezeichnung, die ins Herz zielt und Türen wie Portemonnaies öffnen kann. Man denke nur an die Zuschlags-Briefmarken der Post, die wohl bekanntesten Botschafterinnen der Bundesfeierspende.


Nachstehend der Volltext dieses Aufrufs, der – wohl im Sommer 1968 (genauer wissen wir es nicht) – im Ortsmuseum aufgelegen hat:

ORTSMUSEUM WEIACH

"Pro Ortsmuseum"

Lieber Besucher,

Sie haben unser "Ortsmuseum" besucht, besichtigt und hoffentlich auch kritisiert. Unser Ortsmuseum in Anführungszeichen ist noch gar kein richtiger, vollständiger Ort, ein lebendiger Ort so wie wir ihn vorstellen, ein Ort wo wir das Vergangene, Traditionelle, die Bräuche und Sitten, unser Dorf vorstellen können. Es fehlt uns noch viel, Ausstellungsmaterial und vorallem Ihre Mithilfe. Sie haben es sicher bemerkt. Die heutige Ausstellung gibt uns einen kleinen Einblick in die Kirchgemeinde. Eine Ausstellung, für die wir noch mehr Material zur Schau hätten bringen können. Aber es fehlt uns der Platz. Dort wo wir Ihnen die alten Schriften zeigten, möchten wir wieder eine typische Weiacherstube einrichten, mit all ihrer Eigenarten und Besonderheiten. Ausstellungen, wir denken vorallem an das Schul-, Forst- und Landwirtschaftswesen, möchten wir gerne in die oberen Räume verlegen. Auch Stall und Scheune und die Winde könnten wir dafür sehr gut brauchen.

Wir allein können das nicht. Dazu braucht es Hilfe aus dem ganzen Dorf. Schenken Sie uns alle Ihre Gegenstände aus der alten Zeit: Tische, Stühle, Betten, Kasten, Schränke, Geschirr, Leib- und Bettwäsche, Arbeitsgeräte, einfach all das was Sie entbehren können und für unser Ortsmuseum von bleibendem Wert ist. Als Gegenwert können wir Ihnen keine klingenden Münzen abgeben, wir sind arm. Dafür aber die Gewissheit, dass Ihr wohlbehüteter Schatz oder aber auch das achtlos behandelte Altertum, der Nachwelt, Ihren Kindern und Kindeskindern immer erhalten bleibt. Hier im Dorfe, wo sie hingehören, wo sie nur ganz allein ihren besondern Wert bewahren und nicht irgendwo bei einem Trödler und dann zweckentfremdet in einer Hotelhalle.

Sie haben auf Ihrem Rundgang festgestellt, dass wir nicht ein "Museum" schaffen wollen, ein verschlossener Raum, verträumt und verstaubt. Nein, wir wollen Räume voller Leben, Erinnerungen, Wärme. Mitten in der heutigen Hast ein Ort, ein Haus wo man miteinander zu diskutieren beginnt und das alte Weych zurückruft das sicher keinen schöneren und besseren Zeiten entgegensah als wir heute, auf das wir aber einfach stolz sind.

Helfen Sie uns.

Wenn Sie etwas für uns haben, telefonieren Sie der Gemeinderatskanzlei. Wir kommen bei Ihnen vorbei.

Herzlichen Dank.

Kommission für das Ortsmuseum Weiach

Ein Aufruf, der auf fruchtbaren Boden fiel

Angesichts der Entwicklung des Ortsmuseums kann man mit Fug und Recht festhalten, dass die Hauptintentionen der Gründergeneration sich nachhaltig verwirklicht haben. Auch der obere Stock gehört – entgegen den ursprünglichen Absichten des Gemeinderates – seit einem halben Jahrhundert als fixer Bestandteil zum Konzept des lebendigen Weiacher Dorfmuseums. Die beiden «leeren» Zimmer im Obergeschoss sind entscheidende Elemente. So kann es sich immer wieder neu präsentieren. 

Im Zentrum steht die grosse Ausstellung im Herbst. Dieses Jahr wird wieder Weycher Handwerk und Gewerbe das Thema sein. Der Gwunder auf die neuen Ausstellungsinhalte und die stets erfüllte Erwartung, sich nicht nur anhand der dort präsentierten Objekte der Sachkultur der eigenen Wurzeln erneut gewahr zu werden, sondern auch zu Speis und Trank ins Gespräch kommen zu können, sichert unserem Museum Lebendigkeit und Identität.