Der Beleuchtende Bericht zum Projekt Zukunft 8187 wird zusehends zum Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Befürwortern (weshalb das so kommt, steht in WeiachBlog Nr. 1935).
Zu den zentralen Streitfragen im Abstimmungskampf gehören die um das sogenannte «Kiesgeld». Vor allem die, wieviel davon überhaupt noch zu erwarten ist. Und in welchem Jahr es versiegen wird.
- Glaubt man dem Gemeindepräsidenten und dem Beleuchtenden Bericht an die Stimmberechtigten, dann fliessen die Erträge aus Gemeindeland im Kiesabbaugebiet wie gehabt. Jahr für Jahr auf gleicher Höhe wie 2023. Bis ins Jahr 2036. Von irgendwelchen natürlichen Begrenzungen ist nicht die Rede. Das wären dann 24 oder 26 Millionen, je nachdem, ob man bis ins Jahr 2035 oder 2036 rechnet.
- Nimmt man die Zahlen der Weiacher Kies AG (Beilage in der Vernehmlassungsantwort des Gemeinderats zur Stimmrechtsbeschwerde), die mit Datum 2. Juni 2023 an den Bezirksrat gingen, dann sind es etwas mehr als 14 Millionen an gesicherten Zahlungen.
- Nimmt man schliesslich die Daten zum Massstab, die in der Aufsichts- bzw. der Stimmrechtsbeschwerde an den Bezirksrat (vgl. WeiachBlog Nr. 1918 für erstere) genannt werden, dann sieht das nochmals anders aus. Dann erodieren diese Finanzströme in den kommenden 4 Jahren massiv und versiegen schliesslich ganz. Ab 2036 ist definitiv Ende Gelände. Und Ende des Geldes. Der Beschwerdeführer kommt in seiner Berechnung per Ende 2030 auf knapp unter 9 Millionen Franken. Nimmt man an, dass die Wiederauffüllung noch bis 2036 den Betrag des Jahres 2030 ergibt, dann landet man bei 10.8 Millionen.
Gewaltige Differenzen also. Je nach Totalbetrag ergibt das einen Mittelwert von 2 Millionen, 1 Million oder nur 830'000 Franken pro Jahr. Und wenn man noch weiss, dass 1 Steuerfussprozent nach den besten Rechnungen 40'000 Franken entspricht, dann kann leicht ausgerechnet werden, was diese Unterschiede für den Steuerfuss bedeuten.
Die entscheidende Frage für die Stimmberechtigten ist: Wer erzählt hier die Wahrheit? Beziehungsweise: Gibt es Anhaltspunkte, die zeigen, wem man Glauben schenken darf? Gehen wir auf Spurensuche.
Luftbild der LIDAR-Befliegung vom 27. Februar 2022 (Quelle: GIS Kt ZH)
Kantonales Grundwasserschutzareal Hardwald
Wie man dem obigen Bild entnehmen kann, wird das Gebiet Rodig nicht angetastet. Auch der Hardwald nicht, obwohl darunter ebenfalls Kies in grossen Mengen liegt. Das alles wäre Land im Eigentum der Gemeinde Weiach.
Wie aus regierungsrätlichen Antworten auf Anfragen im Kantonsrat (vgl. KR-Nr. 21/2023) und auch einem persönlichen Gespräch mit dem AWEL-Mitarbeiter Dominik Oetiker zweifelsfrei hervorgeht, ist es jedoch angesichts der übergeordneten strategischen Interessen des Kantons Zürich höchst unwahrscheinlich bis unmöglich, dass dort je ein Abbau erfolgen kann.
Der Kantonale Richtplan (vgl. nachstehendes Bild) zeigt, dass nördlich der Bahnlinie zwei Wasserfassungen und südlich davon eine Grundwasseranreicherung geplant sind. Von einem Pumpwerk (hier auf der Grenze zwischen Glattfelden und Weiach dargestellt) soll dereinst (wenn der Kanton vielleicht schon 2 Millionen und mehr Einwohner haben wird) Trinkwasser in Richtung Regensdorf geleitet werden. Denn das Furttal bezieht heute Zürichseewasser, was künftig möglicherweise einmal anderweitig genutzt werden muss.
Wie das Entschädigungssystem funktioniert
Eigentlich ist es ganz einfach, was den Löwenanteil der Einnahmen betrifft.
1. Es gibt aktuell drei Entschädigungsarten, die alle ans Grundeigentum geknüpft sind:
a) Kiesabbauentschädigung, b) Wiederauffüllungsentschädigung und c) Inertstoffdeponieauffüllentschädigung (seit Bestehen der Deponie in der Nordgrube zwischen Hardwald, Rheinbord, Naturschutzgebiet und den Werksgebäuden).
2. Diese Zahlungen beruhen auf Verträgen zwischen der Weiacher Kies AG und dem Landeigentümer, in diesem Fall der Politischen Gemeinde Weiach (seit 2022 inkl. dem Landbesitz der Primarschulgemeinde). Die festgelegten Entschädigungen bemessen sich nach Franken pro Kubikmeter. So wird das seit Jahrzehnten gehandhabt (vgl. zu den ersten Gehversuchen: Weiacher Geschichte(n) Nr. 95). Ob es um die Entnahme von Kies, die Wiederauffüllung auf der abgebauten Fläche oder um eine Einlagerung in die Inertstoffdeponie nördlich der Bahnlinie geht, es gilt immer das Gleiche: ein Fixpreis pro Kubik bzw. in im Fall der Deponie pro Tonne. Aber eben je nach Marktlage variable Abbau- bzw. Einlagerungskubaturen, was sich dann in den jährlich schwankenden Zahlen in der Gemeinderechnung niederschlägt.
3. Es handelt es sich um einfach abschätzbare Volumina. Das sind keine erneuerbaren Ressourcen. Die Abbautiefe ist durch den Kanton mittels sog. Koten festgelegt worden (in der Südgrube Ost beim Ofenhof rund 33 Meter unter das gewachsene Terrain). Die Fläche findet sich im Grundbucheintrag (bzw. auf dem GIS des Kantons). Daraus ergibt sich eine Kubikmeterzahl. Von dieser muss noch die Mächtigkeit des Oberbodens abgezogen werden, der während des Kiesabbaus und bis zur Rekultivierung der wiederaufgefüllten Fläche in unmittelbarer Nähe zwischengelagert wird.
Wo hat die Gemeinde Kiesland?
Nach dem vom Kanton herausgegebenen Gesamtkonzept Windlacherfeld / Weiach von 2014 ist noch die auf dem untenstehenden Satellitenbild gelb gestrichelt umrandete Fläche zum bewilligten Abbaugebiet hinzugekommen. Stand Winter 2012/13 sah das auf dem Satellitenbild so aus (vgl. S. 38):
Diskutiert wird ein Abbau über die Gemeindegrenze hinweg, auf Zweidler Boden:
Wer sagt was? Die Dokumente unter der Lupe
a) Gemeinderat im Beleuchtenden Bericht
Zuerst zum Beleuchtenden Bericht, der den Stimmberechtigten als alleinige Entscheidungsgrundlage dienen soll (laut Website zukunft8187.ch). Da schreibt der Gemeinderat:
«Die Firma Swissplan hat die Gemeindefinanzen inklusive dem Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187» mit Planungshorizont 2032 berechnet. Es zeigt sich, dass bei stabilen Kies-Abbauerträgen (gesichert bis 2035) auf dem Niveau Budget 2023 die geplante Steuerfusserhöhung von 6 Prozent ausreicht.» (Beleuchtender Bericht, S. 23)
Es handelt sich also um eine Modellrechnung. Unter der Annahme stabiler Erträge (und noch etlicher weiterer Annahmen, z.B. dem Zinssatz für das aufzunehmende Fremdkapital, etc.) bleibe es bei der Steuerfusserhöhung. Was hier mit keiner Silbe erwähnt wird, sind die Risiken.
Für Stimmberechtigte, die diese Überlegungen nachvollziehen wollen, ist das Problem, dass die Berechnungsgrundlagen nicht offengelegt werden. Der Gemeinderat lässt ihm nur die Option «Trust us, we're the government!». Wenn ein Stimmberechtigter einen Blick ins Budget 2023 wagt, dann stösst er dort auf den Betrag von 2 Millionen Franken. Und kommt so nach Strübis Rächnigsbüechli auf die eingangs erwähnte Summe von 24 Millionen bis 2035. Nun, dann ist ja alles paletti. Da kann man das Bauprojekt doch locker finanzieren, oder?
In eine ähnliche Richtung zielt die folgende Passage im Beleuchtenden Bericht, eine Seite weiter:
«Auf der Basis der durchschnittlichen Kies- und Inertstoff-Erträge der vergangenen Jahre sind die betreffenden Steuereinnahmen für weitere 13 Jahre als gesichert zu betrachten. Ausserdem ist bei einem definitiven Entscheid für den Standort des geologischen Tiefenlagers mit grösseren Abgeltungen für die betroffenen Gemeinden (unter anderem auch Weiach) zu rechnen.» (Beleuchtender Bericht, S. 24)
Auch hier ist wieder von den 13 Jahren die Rede, in denen die Einnahmen gesichert seien. Basiert wird allerdings auf «vergangenen Jahren». Und den Stimmberechtigten wird erneut suggeriert, dass alles so weitergehe wie bisher, mithin eine Art Wohlstandsillusion erzeugt.
Am Rande noch die Frage: Steuereinnahmen? Besteuert eine Gemeinde sich selber? Was meint der Gemeinderat hier? Die Steuern, welche von der Weiacher Kies AG bezahlt werden? Wenn es tatsächlich Steuern sind, dann würde der Ertrag je nach Geschäftserfolg des Steuerpflichtigen schwanken und wäre zwar kalkulierbar, aber eher spekulativ, zumal auf solche Zeiträume.
b) Rechnungsprüfungskommission
Im selben Beleuchtenden Bericht lässt die RPK verlauten:
«Die Annahme, dass die Abbauerträge über die nächsten 13 Jahre aus dem Kiesabbau stabil bleiben, kann nicht nachvollzogen werden.» (Beleuchtender Bericht, S. 26)
Indirekt sagt sie damit, es sei zu befürchten, dass die Erträge abnehmen werden. Und wenn man die Abbaugebiete samt dem Abbaufortschritt auf den Karten ansieht, dann muss man der Kommission beipflichten. Da die Aussage des Gemeinderats auf S. 24 keine Angabe darüber enthält, auf welchen Jahren sie basiert, ist ein Nachrechnen schwierig bis unmöglich. Auch hier wieder «Trust us, we're the government!».
Die Einrede des Gemeinderates, die RPK hätte ja Fragen stellen können und aus den Antworten hätten sie dann alles nachvollziehen können, ist aus Sicht der Stimmberechtigten, die ausschliesslich auf der Basis des Berichts entscheiden sollen, natürlich ebenso wertlos. Ein Beleuchtender Bericht muss aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Zu Interpretationsübungen sollten Stimmberechtigte nicht gezwungen sein.
c) Beschwerdeführer
In seiner Stimmrechtsbeschwerde vom 24. Mai 2023 bezweifelt der Rekurrent die prognostizierten Kiesgeld-Einnahmen:
«Die Behörde rechnet im Budget 2023 mit Kieserträgen von ca. 2 Millionen pro Jahr. Die Aussage, dass diese Beträge für die nächsten 13 Jahre (bis 2036) gesichert sind, entspricht nicht den Tatsachen (Siehe «E-Mail der Weiacher Kies AG» und «Kiesabbau Weiach» in Beilagen 8 und 9).»
Die untenstehende Tabelle zeigt die Abschätzung, die der Beschwerdeführer aufgrund von Angaben der Weiacher Kies AG angestellt hat, um herauszufinden, wie sich die tatsächlichen Einnahmen über die nächsten Jahre gestalten dürften.
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