Freitag, 3. März 2006

Weit verbreitetes Zurzacher Pfund (Mass und Gewicht 6)

Zum Abschluss seines Artikels über Mass und Gewicht im alten Kaiserstuhl behandelt M.L. Frischknecht eine "pfundige" Angelegenheit: die Gewichte. Auch da gab es natürlich Unterschiede zwischen verschiedenen Produkten und Marktplätzen, welche für die Weiacher von grosser Bedeutung waren:

«In unserer Gegend bildete das Pfund die Masseinheit. 1 Pfund = 18 Unzen = 36 Lot. Das Pfund beruht mehrheitlich auf dem alten römischen Pfund mit 327 Gramm. Silber, Salz und Fleisch hatten oft eigene Pfunde. Im ganzen Aargau galt für Salz das poids de marc Frankreichs (mit 32 Lot, 490 Gramm). Dies sicher im Zusammenhang mit der hervorragenden Bedeutung des Salzes und der dominanten Stellung Frankreichs im Salzhandel. Solche Spezialgewichte für ganz besondere Sachen kennt auch heute noch jeder: z.B. das Karat als Gewichtseinheit für Edelsteine. Kaiserstuhl hatte in Anlehnung an Konstanz ein Pfund, das aus 40 Lot bestand, es wog 574 Gramm. Zurzach hatte ein Pfund von 528 Gramm, bestehend aus 36 Lot. Lenzburg und Kulm hatten auch das Zurzacher Pfund. Brugg, Mellingen und Muri verwendeten ebenfalls das Zurzacher Pfund mit 40 Lot, doch wog es dort ein Gramm mehr, nämlich 529 Gramm. Das Zurzacher Pfund war in der Schweiz weit verbreitet. Es galt in Uri, Nidwalden, Obwalden und Luzern mit 529 Gramm. In Zug wiederum wog es 528 Gramm. Ausser Kaiserstuhl und Zurzach hatten alle Märkte im Aargau Pfunde mit 32 Lot und Gewichten zwischen 477 (Aarau) und 526 Gramm (Klingnau).»

Interessant ist die Schlussfolgerung des Autors:

«Das war nur ein kleiner Auszug aus dem erwähnten Büchlein [Anne-Marie Dubler, Masse und Gewichte im Staat Luzern und in der alten Eidgenossenschaft; Festschrift, 125 Jahre Luzerner Kantonalbank, 1975]. Eindrücklich ist, wie differenziert und vielfältig früher jedes Ding sein Mass hatte. Eindrücklich ist auch wie gleichmacherisch und stumpf wir heute mit Franken und Rappen rechnen. Sicher, es ginge heute nicht mehr so wie früher. Doch stimmt es sicher den einen oder anderen nachdenklich, wenn er sich bewusst wird, wie früher jedes Ding ein Mass hatte, je nachdem wo es gemessen wurde und je nachdem was es für ein Ding war. Irgendwie leuchtet es doch ein, dass Schnaps, Milch, Wein, Oel und Honig verschiedene Masse haben müssen, dass Wolle, Leinen oder Seide nach verschiedenen Längen gemessen wurden.»

Eine bedenkenswerte Aussage. Der innere Wert der Dinge ist mit gleichmacherischen Massstäben tatsächlich nicht einmal annähernd bemessbar.

Für die Teile 1-5 vgl. die WeiachBlog-Beiträge vom 26. Februar bis 2. März:

Quelle

Frischknecht, M. L.: Masse und Gewichte im alten Kaiserstuhl. Erstmals erschienen in: Echo – Zeitung für Kaiserstuhl, August 1984, S. 4-6. Abgedruckt im Sammelband: Keiserstul. Geschichte und Geschichten – aus dem Nachlass von Bruno Müller. Kaiserstuhl 1989 – S. 178-180.

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