Montag, 16. Oktober 2006

Jeder 10. Korb Mist drückt doppelt schwer

Der Wümmet ist in vollem Gange. «Die Blauburgundertrauben sind reif — jetzt drängt die Zeit. Weinbauern aus der Region sind zufrieden mit der diesjährigen Qualität der Trauben», titelt das Neue Bülacher Tagblatt heute.

WeiachBlog schaut in diesem Beitrag noch etwas weiter zurück als vor einer Woche, wo es um die Ablösung des so genannten nassen Zehnten im Jahre 1878 ging.

Die Weyacher musste man im Gegensatz zu anderen Gemeinden offenbar nicht zwingen, diese Lehenlasten abzulösen. Sie waren ihnen lästig, wie aus der Ortsbeschreibung von Anno 1850/51 hervorgeht. Im Kapitel 4 über den Weinbau schreibt Pfarrer Conrad Hirzel:

«Ungünstig wirkt [...] der Umstand, dass, während der trockene Zehnden schon zu Anfang dieses Jahrhunderts losgekauft wurde, der nasse noch fortwährend auf dem Grundbesitz lastet und bei jedem 10. Korbe Mist oder Erde, der die steile Höhe hinangetragen wird, auch doppelt schwer auf den Rücken drückt, und so zur gründlichen Verbesserung Muth u. Lust raubt. »

Weiter unten findet man in Hirzels Text auch noch etwas über aktuelle Erträge und die Verwendung des eigenen Rebensaftes:

«Der durchschnittliche Jahresertrag sämmtlicher Weiacherreben ist laut der Zehntenrechnung ca. 400 Saum. Anno 1850 betrug der Gesammtertrag des Rebgeländes nicht viel über 80 Saum in einem Werthe von kaum 3 Thlr. der Saum. Nimmt man an, dass auch ein 3fach so grosses Quantum in der Gemeinde selbst consumiert und nur wenig davon aufgelagert, noch weniger ausgeführt würde, so ist sich über den Durst nach einem guten Neuen nach solchem Jahrgang nicht zu wundern, zumal wenn dem so gelinden Winter ein heisser Sommer nachfolgt.»

1850 war also ein hundsmiserabler Jahrgang. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass damals Mangel an Getränk mit Mangel an Wein gleichzusetzen ist und der Wein stark verdünnt von jedermann getrunken wurde, dann kann man sich die Bedeutung der Weinberge leicht ausrechnen.

Ein Saum Wein entsprach in der Schweiz etwa 150 Litern. Die erwähnten gut 3 mal 80 Saum entsprechen also 37'500 Litern. 1850 hatte Weiach eine zahlreiche Einwohnerschar: 716 Personen. Macht 52 Liter pro Person und durchschnittliches Jahr. Im Durstjahr 1850 waren es nicht einmal 17 Liter!

Quelle
  • Ortsbeschreibung Weiach Anno 1850/51. Verfasser: Pfr. Konrad Hirzel, a. Zunftgerichtspräsident Baumgartner, Vieharzt Hs. Hch. Willi, Schulpfl. Joh. Baumgartner. Original aus Turmkugel, 1967 herausgenommen. Abschrift: W. Zollinger, a. Lehrer. (Kap. 4 Weinbau. Verf.: C. Hirzel)

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