Montag, 2. August 2021

Das Schulhaus als erstes Weiacher «Ortsmuseum»

Das Alte Schulhaus auf dem Hofwies-Areal hat Jahrgang 1836. Es gehört also bereits selber sozusagen zu den Museumsstücken baulicher Art in der Gemeinde Weiach. Aber wussten Sie auch, dass es einst eine Art Depot und damit Nukleus für die Sammlung des heutigen Ortsmuseums Weiach im Lieberthaus war?

Walter Zollinger, der spätere erste Präsident der Ortsmuseumskommission, hatte nämlich nach seiner Pensionierung als Weiacher Dorfschullehrer Ende März 1962 ein Problem: Wohin mit den über Jahrzehnten gesammelten Gegenständen und Dokumenten mit lokalhistorischem Bezug?

Aber er hatte da schon so eine Idee, wie man einem Schreiben Zollingers an den Gemeinderat, datiert auf «mitte Oktober 1962», entnehmen kann. Eine nicht ganz neue Idee. Denn Zollinger und andere geschichtsinteressierte Weiacher waren seit Jahren Mitglieder des Zürcher Unterländer Museumsverein (ZUMV). Diesen Verein gab es seit 1936 und er hatte sich einen altehrwürdigen Wehntaler Speicher an der Chlupfwiesstrasse 3 in Oberweningen sichern können, den er bis heute als Heimatmuseum nutzen darf. Verwaltet und gepflegt wird das Gebäude indes von der Gemeinde Oberweningen. 

Sie ahnen, worauf es in Weiach hinauslief: Copy & Paste. Wenn auch nicht in jeder Hinsicht.

Schaffung eines Mittelpunkts dörflicher Kulturerhaltung

Nachstehend der volle Wortlaut von Zollingers Brief:

An den Gemeinderat Weiach,
sehr geehrte Mitbürger!

Unsere Gemeinde beginnt sich, wie Sie wohl alle spüren, nach und nach aus einem reinen Bauerndorf von einst zu wandeln. Sind doch bereits seit meinem Wirken, also in den letzten 40 Jahren, nahezu 2 Dutzend kleinere oder grössere Bauernbetriebe eingegangen und weitere scheinen noch zu folgen.

Damit ist aber die Gefahr immer näher, dass unsre junge Generation den Zusammenhang mit der alten dörflichen Kultur mehr und mehr verliert. Zur Aufgabe einer Gemeindebehörde gehört es daher wohl auch, dem weitern Zerfall dieser leidigen Erscheinung nach Möglichkeit entgegen zu treten, zu erhalten, was wenigstens noch vorhanden ist. Der Unterzeichnete erachtet dazu als einen brauchbaren Weg, die Sammlung alter Gebrauchsgegenstände aus Landwirtschaft, Bauernhaushalt, aber auch dem frühern gewerblichen Schaffen unserer Dorfgemeinschaft. Ich habe mich daher schon seit Jahren bemüht, solche Dinge, soweit ich sie erreichen konnte, zu sammeln und aufzubewahren. Und es ist schon auch Etliches vorhanden. Bestimmt liesse sich aber in unsern Bauernhäusern noch dies und das finden.

Solange ich nun aktiv als Lehrer im Schulhaus zu tun hatte, konnte ich diese Dinge wohl dort unterbringen und betreuen. Jetzt geht dies nicht mehr so gut, auch fehlt es am geeigneten Platz. Zudem sollten diese Dinge in einem hellen Raum übersichtlich geordnet und allen Dorfgenossen zur Besichtigung zugänglich gemacht werden können. Ich möchte daher dem Gemeinderat nachstehende Anregungen zur wohlwollenden Prüfung unterbreiten:

1. Es sollte vor allem für ein bescheidenes "Ortsmuseum" ein geeigneter Raum gesucht oder geschaffen werden, wie sie in unserer Umgebung bereits Eglisau, Regensberg, Zurzach, Oberweningen besitzen.

2. Im Budget 1963 sollte ein erstmaliger Betrag für die Einrichtung des Raumes (Schaukasten, Gestelle etc.) eingesetzt werden.

3. Zur Einordnung und spätern Betreuung dieses geplanten "Ortsmuseums" wäre eine, aber nicht zu grosse, Kommission von Leuten zu bilden, die sich dafür wirklich interessieren.

Ich bin gewiss, dass auch weitere Mitbürger und Einwohner unseres Dorfes mit meinen hier geäusserten Anregungen einverstanden sind und die Schaffung eines "Ortsmuseums" als Mittelpunkt dörflicher Kulturerhaltung begrüssen würden. Deshalb bitte ich Sie nochmals, meine Vorschläge eingehend und in aller Ruhe zu überlegen. Zu weitern Ausführungen bin ich natürlich jederzeit gerne bereit.

Mit achtungsvollen Grüssen, Ihr [gez. Walter Zollinger]

Der Name der Institution hat seine Anführungszeichen längst abgestossen und das Museum ist mittlerweile über 50 Jahre alt. Sie dürfen selber darüber urteilen, inwiefern es dem Anspruch eines seiner Väter, Mittelpunkt dörflicher Kulturerhaltung zu sein, gerecht wird.

Bisher erschienene Beiträge zur Entstehung

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