Passend zum Freitag, dem 13. bringt WeiachBlog einen Beitrag über Bussen für den Besuch von sogenannten Lachsnern. Was ist das, ein Lachsner?
Blick in den Dictionnaire
Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm führt gleich mehrere Einträge zu diesem Stichwort:
«LACHSNEN, verb. aberglaube treiben, hexen, besonders von viehärzten. STALDER 2, 150; eine alemannische weiterbildung von mhd. lâchenen, heilen, besprechen, ahd. lâhhinôn mederi, vgl. mhd. wb. 1, 925a: ein ersamer raht der statt Zürich verbot (1533) in statt und land bei hoher straaf allen aberglauben, waarsagen, lachsznen, teufelbeschweeren und das sägnen an vych und leuten. STUMPF (1606) 497a; das teüfelbschweren, zauberei,das sägnen, lachsznen, hexerei. R. WONLICH das himmel. Hierusalem (1584) str. 25. Bd. 12, Sp. 32
LACHSNER, besprecher, zauberer, quacksalber überhaupt (STALDER 2, 150): losser oder lachszner, der von künftigen dingen durch das losz weiszagt, sortilegus, ominator MAALER 274d; die lachsner, die us tüfels beschwören anzeigend, mit disem oder jenem werk helfe man dem todten .. die thůnd nüt anders, dann dasz sy der welt die betrogen will syn, bald darzů helfend. ZWINGLI 1, 414.
LACHSNEREI, f. quacksalberei, mit aberglaube vermischt (z. b. durch sprüche zu heilen u. s. w.). STALDER 2, 150: man braucht den blauen strick (vinca minor) auch wider krankheiten, die von zauber- und lachsznerey herkommen. MURALT eidg. lustg. 76; dieser narrengedanken .. trieb ihn .. bei nacht und nebel anderthalb stund weit zu einem senn im Münchhof gehen, der in der gegend den namen hatte, dasz er gegen alle zauberei und lachsznerei erprobte mittel habe, und den teufel in solchen fällen zwingen könne, dasz er thun müsse, was er wolle. PESTALOZZI 4 (1820) 381.
LACHSNERIN, f. hexe. STALDER 2, 150.
LACHSNERKUNST, f. zauberkunst, hexenkunst: man braucht das frauenhaar (die pflanze) heut zu tage mehr zu liebestränkeren, vergiftungen, zauber- und lachsnerkünsten. MURALT eidg. lustg. 276.»
Das volle Programm. Lachsner, Zauberer, Hexen. Personen, die etwas mehr zu wissen und können schienen, als das normal war.
Es fiel offensichtlich ziemlich viel in diese Kategorie. Lachsnerei wurde als gefährlich beurteilt und war daher von Staates wegen zu bekämpfen. Dass eines der obigen Zitate ausgerechnet aus dem Zürich der ersten Reformationsjahre (1533) stammt, ist bezeichnend.
Zum Lachsner gehen wird nicht gern gesehen
Auch viel später wurde in Zürich die Lachsnerei unverändert scharf verurteilt. In der Rechnung 1686/87 der zürcherischen Obervogtei Neuamt ist sogar eine Busse gegen einen Weiacher festgehalten:
3 Pfund (lib.) zahlte «Joglj Meyerhoffer, wagner, von Weyach» dafür, «dz er gehn Fisibach und Rechberg zu lachsnern gegangen und umb seiner frauen see[ligen] zustand râths gefraget.»
Nicht ganz klar ist mir, ob Meyerhoffer nun vom Wahrsager wissen wollte, wie es seiner verstorbenen Frau im Jenseits ergehe, oder ob er über den Lachsner als Medium von der Toten Rat einholen wollte. Wohl eher Letzteres.
Ausserhalb des Zürich Gepiets
Interessant ist vor allem, dass beide Ortschaften ausserhalb des zücherischen Machtbereichs lagen: Fisibach in der eidgenössisch beherrschten Grafschaft Baden und Rechberg in der von den Schwarzenbergern regierten (früher Sulzischen) Landgrafschaft Klettgau. Das kleine Dorf Rechberg liegt nahe bei Erzingen im Süddeutschen und gehört heute zur gleichnamigen Gemeinde im Landkreis Waldshut.
Ausserhalb ihres eigenen Gebiets konnte die Zürcher Obrigkeit die Lachsner nicht verhaften. Da blieb ihr nicht viel anderes übrig, als ihren eigenen Untertanen den Besuch bei diesen Wahrsagern unter Strafandrohung zu verbieten.
Waren 3 Pfund Busse abschreckend genug? Wir wissen natürlich nicht, wie gut es Joglj Meyerhoffer finanziell ging. Aber um einen Eindruck von den Geldwerten zu geben: Futter für ein Pferd kostete 1679 pro Tag einen halben Gulden [1 Gulden (fl) = 2 Pfund (lib.) = 40 Schilling (ß)]. Drei Tagesrationen also.
Weiterführende Literatur
- Teure Flüche, Schlägereien und Wirtshausbesuche. Bussgelder (Teil 2). Weiacher Geschichte(n) Nr. 26. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Januar 2002 – S. 19-20.
- Hedwig Strehler hat in ihrer Dissertation über das Lachsnen geschrieben. vgl. Strehler, H.: Kulturgeschichtliche Bilder aus der Zürcher Landschaft im 17. und 18. Jahrhundert. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1935, Zürich 1934 - S. 67-81.
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