Montag, 26. Dezember 2005

Bohrturm mania

Weiach taucht in Presseartikeln selten auf - und wenn, dann im Zusammenhang mit etwas Schrägem, Aussergewöhnlichem (wie schon im Artikel vom 20. Dezember am exemplum demonstriert).

Kurz vor Weihnachten liefert uns der Blick Online mit dem Artikel «Ölfieber im Welschland» ein weiteres Kuriosum auf den Bildschirm: Bohrtürme. In der Schweiz schon fast eine Fata Morgana. Wir sind hier schliesslich weder in Texas noch im Irak.

Claims abgesteckt

Und doch finden nun dank der hohen Preise die mit Öl und Gas heutzutage zu erzielen sind, gleich drei Explorationsfirmen, das Waadtland habe das Potential zu einem Gaslieferanten zu werden.

Die SEAG Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl in Winterthur, die Celtique Energie aus Sion und die Petrosvibri aus Vevey haben in der Westschweiz offenbar gegenseitig ihre Claims abgesteckt. Das schreibt nicht nur der Blick sondern unter Berufung auf die SDA gleich mehr als ein Dutzend Online-Ableger von Schweizer Zeitungen.

Wo Bohrtürme sich erhoben...

Was das mit Weiach zu tun hat? Nun, Bohrtürme haben bei uns seit einem Vierteljahrhundert Tradition.

Erst kam Anfang der 1980er-Jahre die NAGRA, die nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, und liess südlich des Areals der Weiacher Kies AG, gleich an der Hauptstrasse Nr. 7 Basel-Winterthur, eine Bohrung abteufen. Sie ging schliesslich fast 2500 Meter tief und förderte vielfältige Überraschungen zutage.

Die NAGRA-Bohrungen sind seither nicht nur ein Garant für viele Nennungen des Ortsnamens in der Fachliteratur von Geologen, Paläoichthyologen und weiteren Disziplinen der hohen Wissenschaft, die Ergebnisse weckten auch schon zwei Mal (in den Jahren 2000 und 2004) die Bohrlust von Öl- und Gassuchern:

«Die Bohrergebnisse [der NAGRA] ermutigten die texanische Firma Forest Oil, Sondierbohrungen zur Suche nach Erdgas-Lagerstätten vorzunehmen. Namhafte Erdgas-Vorkommen im benachbarten Süddeutschland liessen auf weitere Funde in Weiach hoffen. Ebenfalls in grosser Tiefe liegt auch ein Kohle-Flöz. Nach der im Jahre 2000 von Forest Oil abgebrochenen Bohrung hat im Mai 2004 ein Konsortium unter der Führung der SEAG Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl einen weiteren Bohrversuch begonnen, der Aufschluss über die Grösse der erwarteten Erdgas-Lager bringen sollte. Im Juni 2004 wurden die Erdgas-Tests eingestellt. Eine kommerziell lohnende Förderung ist wegen zu dichter Gesteinsschichten nicht möglich.» (Quelle: Wikipedia)

Lahusen gibt nicht auf

Auch die Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers nimmt das Thema auf und bringt Patrick Lahusen, Vizepräsident der SEAG, wieder einmal in die Schlagzeilen:

«Die SEAG darf in bisher zehn Kantonen nach Erdgas suchen, vor allem in der Nordostschweiz, Luzern und Bern. Aufgrund der geologischen Verhältnissen in der Schweiz seien Ölvorkommen eher unwahrscheinlich, sagte Lahusen. Er erwarte, hauptsächlich auf Erdgas zu stossen. Und solches hatte die SEAG bereits einmal gefunden: in Weiach im Zürcher Unterland. Sie begann im Sommer 2000 mit Bohrungen - und musste das Projekt abbrechen. Die dichten Gesteinsschichten hätten eine Förderung verunmöglicht, erklärte Lahusen. Ärgerlich sei dies besonders angesichts der hohen Kosten von Bohrungen.»

Da muss WeiachBlog nun doch etwas Blattkritik üben: der Tagi hat nämlich zwei Bohrkampagnen praktisch zu einer verschmolzen, was für den Leser so aussieht, als hätte die Übung schon vor sechs Jahren abgeblasen werden müssen und nicht erst vor knapp eineinhalb (vgl. den Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel oben) .

1 Kommentar:

Wiachiana-Verlag hat gesagt…

Nach den Festtagen hat auch der Winterthurer Landbote die Bohrturm mania aufgenommen und sie gar zum Tagesthema erklärt:

Jagd nach dem Schwarzen Gold in der Schweiz In: Der Landbote, 5. Januar 2006 - S. 3.

Der Artikel basiert wohl weitgehend auf dem sda-Rohstoff.