"Entwickeln des Selbstverständnisses der Region Zürcher Unterland und Ableiten von Massnahmenideen und Lösungsansätze", diese Absicht stand am Beginn des Workshops im Vetropack-Zentrum Rütenen direkt an der Autobahnbrücke am Nordrand der Stadt Bülach.
Um die 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedensten Bereichen, von Verkehr und Tourismus, über Bildungs-, Gemeinde- und Gewerbevertreter bis hin zu nicht interessegebundenen Einwohnern der Region diskutierten in 13 Gruppen die Identität des Unterlandes. WeiachBlog war als einziger Weiacher mit von der Partie. Die meisten Teilnehmer stellte das Regionalzentrum, die Stadt Bülach.
Eine Stärken-Schwächen-Analyse ("Aufsteller" und "Stinker") mit Brainstorming in den Gruppen und anschliessendem Punkteverteilen ergab zwei Ranglisten. Innerhalb der Top 5 der Absteller war das Gefühl zu finden, man werde von der Regierung in Zürich nicht ernst genommen.
Besonders interessant war die anschliessend präsentierte Expertensicht:
Martin Stokar, Ressort Regionalpolitik im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), stellte u.a. die Neue Regionalpolitik des Bundes vor, die nach dem Grundsatz "Weniger Beton, mehr Hirn!" funktioniert. Investiert wird also in Ausbildung und Starthilfen statt in Strassen und Brücken aus Stahlbeton. Die Region Unterland sei klar ein Teil der Metropolitanregion Zürich. Sie sei allerdings mit dem Regionalzentrum Bülach in der glücklichen Lage, nicht einfach im Agglomerationsdunst der Stadt zu verschwinden. Stokar empfahl, Hightech-Industrie anzusiedeln ("Rosinenpicken am Agglo-Rand"), auf die Erhaltung der Lebensqualität zu achten, vor allem aber die Stärkung der Stadt Bülach anzustreben, was als Abwehr gegen die Ausbreitung der so genannten Peripherisierung (Ghetto-Bildung) von Zürich-Nord her wichtig sei. Besonders interessant aus Weiacher Sicht: das vom Bund unterstützte Projekt "Innovation vor Ort" der Region Zurzibiet. Ziele dieses Projekts sind: Gründung und Ansiedlung neuer Unternehmen, Weiterentwicklung der bereits ansässigen Wirtschaft.
Hansruedi Diggelmann, stellvertretender Kantonsplaner, kritisierte den neuen PBG-Entwurf und hielt fest, der kntonale Richtplan müsse das widerspiegeln, was aus den Regionen komme und deren Willen abbilden. Ohne Durchlässigkeit in beide Richtungen, von den Gemeinden bis hinauf zum Kanton und wieder hinunter zu den Gemeinden, sei Raumplanung schlicht nicht sinnvoll. Provokativ war seine Darstellung des Unterlandes als Gebilde mit multiplen, sich überlappenden Identitäten. Der Raum der 30 Gemeinden der Planungsgruppe Zürcher Unterland umfasst lediglich die nördlichen Teile der Bezirke Dielsdorf und Bülach. Das Furttal, eine eigene Planungsregion aus nur fünf Gemeinden, gehört aber zum Bezirk Dielsdorf, die Agglomerationszone GLOW der Glattalgemeinden erstreckt sich über den Südteil beider Bezirke hinweg. Das Unterland ist also nicht deckungsgleich mit den beiden Bezirken Bülach und Dielsdorf.
Das letzte Impulsreferat hielt Theo Schnider, Manager des UNESCO Biosphärenprojekts Entlebuch. Er zeigte am Beispiel des Entlebuch, wie es zu diesem bemerkenswerten Projekt kam.
Das Entlebuch wurde durch die Rothenthurm-Initiative und die darauf folgenden in der Bundesverfassung verankerten Moorschutzbestimmungen zu grossen Teilen zur Naturschutzzone.
Nach anfänglichem Widerstand hat sich die Region auf ihre neue Stärke besonnen - die unberührte Natur. Dieser Sinneswandel war nur machbar durch konsequente Partizipation und Kooperation von verschiedensten Seiten. Breit abgestützte, sich weitgehend selbst konstituierende Foren bilden die Basis der kontinuierlichen Weiterentwicklung: Energieforum, Gewerbeforum, Tourismusforum, Bildungsforum, Landwirtschaftsforum und Holzforum. Sie werden von lokal bereits seit längerem tätigen einschlägigen Organisationen und Firmen getragen und vernetzen sich matrixartig.
Das Biosphären-Projekt bündelt all diese Gruppen unter einer Zielsetzung. Man müsse erst einmal die inneren Grenzen etwas verwischen um sich auf die eigenen Stärken besinnen zu können, betonte Schnider und illustrierte dies mit einem erst verschwommenen, dann schärfer werdenden Bild von Abraham Lincoln.
Ein Prozess wie er im Entlebuch gewagt wurde, würde auch das Unterland nachhaltig stärken. Mein Fazit: Wir brauchen nicht nur die PZU, wir müssen in allen relevanten Bereichen, z.B. den oben für das Entlebuch genannten, aktive Gruppen haben, die von einer Art Regionalidentitätsagentur koordiniert und miteinander ins Gespräch gebracht werden. Die Rolle der PZU steht zur Debatte.
1 Kommentar:
Die Berichterstattung zum Workshop der PZU in den beiden Regionalzeitungen:
- Brunner, K.: Auf der Suche nach einer Identität. Bülach - Workshop der Planungsgruppe Zürcher Unterland. In: Zürcher Unterländer, 5. Dezember 2005
- Spaltenstein, A.: Auf dem Weg zur Marke «Züri Unterland». Visionär-konstruktives Ideeninventar wartet auf Umsetzung. In: Neues Bülacher Tagblatt, 5. Dezember 2005.
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