Sonntag, 1. Januar 2006

Geschenke an Neujahr, nicht an Weihnachten!

Im gestrigen Beitrag war von Silvesterbräuchen die Rede und davon, dass man im 19. Jahrhundert an Neujahr darauf verzichtete, den Besen zu schwingen,
um das Glück nicht hinauszuwischen
. Am 1. Januar arbeitete man bewusst nicht – ausser für das Allernötigste wie Kühe melken oder Bereitstellen der Mahlzeiten - sonst ruhte die Arbeit.

Verschiedene Volksbräuche, die am Neujahrstag üblich sind und waren, stimmen mit Weihnachtsbräuchen überein und umgekehrt. Das hat «seinen Grund vorwiegend in dem Umstande […], dass früher am 25. Dezember sowohl die Weihnacht als auch der Jahresanfang gefeiert wurden. So sind das Aufstellen von Grün und das Schenken ursprüngliche Neujahrsbräuche, die immerhin heute noch als solche ebenfalls gepflegt werden; doch ist es nicht gar lange her, dass das Schenken am Neujahr viel verbreiteter war als an der Weihnacht.» (Stauber 1924 – S. 127)

Was zeigt, dass bereits Mitte der 20er-Jahre Schenken an der Weihnacht üblicher war als an Neujahr. Noch Ende des 19. Jahrhunderts war das aber umgekehrt.

Göttibatzen um den Hals gehängt

Der Neujahrsmorgen war der eigenen Familie und dem Gottesdienstbesuch gewidmet. Der Nachmittag hingegen gehörte Verwandten und Bekannten: «Am Nachmittag des Neujahrstages kamen Götti und Gotte auf Besuch. Sie beschenkten ihr Patenkind mit einem Wecken und einem Geldstück, meist im Betrage von 2 Fr., und wurden aufs beste 'bewirtet'.» (Binder 1925 – S. 113f). Das Beschenken des Patenkindes nannte man «Gutjahr» und da dem Säugling das erste Geschenk – der in Papier eingewickelte «Göttibatze» – um den Hals gehängt wurde, hiess diese Art von Geschenken «Helsete». (Ter-Nedden 2003)

Neujahrsgruss mit Birewegge

Auch die Nachbarn schauten herein. Bei den gegenseitigen Besuchen wurden gebrannte Wasser, Kaffee und Birewegge aufgetischt. Letztere sind um den Jahreswechsel bis heute ein beliebtes Mitbringsel. Ein Neujahrswunsch, der mit einem Birnenweggen überbracht wird, soll nämlich besonders viel Gutes versprechen.

Eine Anleitung für Bire- und Helswegge findet man im Büchlein: Zürcher Landfrauen kochen: 232 Rezepte im Jahreslauf mit Hinweisen auf Familientraditionen und Bräuche (Landfrauen 2002 – S. 147-148).

In seinem Beitrag zum Volksleben des Zürcher Unterlandes erwähnt denn auch Gottlieb Binder die «Birrewegge». Dabei handle es sich um «ein längliches Gebäck aus zerstossenen oder fein geschnittenen, in den Teig eingelegten oder eingekneteten dürren Birnen, mit Zusatz von Gewürz ('Nägeli' und Zimmet), Nusskernen und Kirschwasser oder gewöhnlichem Branntwein». Man stelle sie auf den Bächtelitag [2. Januar] «noch in den meisten Häusern» her. Ebenfalls gebräuchlich seien am gleichen Tage auch «die sogen. 'Helsweggen' oder 'Ankewegge', mit Butter, Milch, gemahlenen Nägeli und etwas Pfeffer durchgewirkte Weissbrote, die vorzüglich schmecken». (Binder 1925 – S. 114f)

Weiterlesen:
Diese Passagen stammen aus dem Artikel «Helse» an Neujahr, Fäschte am Bächtelistag. Bräuche zum Jahresanfang gestern und heute. Erschienen in der Reihe Weiacher Geschichte(n), Nr. 50, In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Januar 2004.

Quellen:
  • Stauber, Emil: Sitten und Bräuche im Kanton Zürich, In: Neujahrsblatt der Hülfsgesellschaft in Zürich. I. Teil, 122. Njbl. Zürich 1922; II. Teil 124. Njbl. Zürich 1924.
  • Binder, G.: Aus dem Volksleben des Zürcher Unterlandes. Sonderabdruck aus: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bd. XXV/XXVI. Basel, 1925 – 134 S.
  • «Zürcher Landfrauen kochen: 232 Rezepte im Jahreslauf mit Hinweisen auf Familientraditionen und Bräuche» Bern-Liebefeld, 2. Auflage, 2002 - ISBN 3-905694-05-0
  • Ter-Nedden, Th.: «St. Berchtold» – der Stadtheilige der Bildung? In: zürich/reformiert/online, 31. Oktober 2003. Dieser im Original-Artikel Weiacher Geschichte(n) 50 erwähnte Beitrag ist nicht mehr online. Siehe stattdessen dieses Miniportal.

Keine Kommentare: