Montag, 25. Januar 2010

Die Post bringt's nicht mehr

Die Schweizerische Post bringt's nicht mehr. Der Service wird immer lausiger. Einst Selbstverständliches ist entweder gar nicht mehr, nur noch an ausgewählten, zentral gelegenen Orten oder dann nur zu unverschämt hohen Preisen erhältlich.

Dass die Postoberen entschieden haben, sich still und leise aus der Fläche zurückzuziehen und den gesetzlich vorgeschriebenen Service Public durch die Hintertüre abzuwürgen, das spürt man mittlerweile an allen Ecken und Enden - vor allem auf dem Land.

Der Grund für die Misere ist schnell erklärt: es ist die Auflösung des Postmonopols, welchem die technokratische Effizienz-Religion von weltfremden Managertypen und Liberalisierungsterroristen das Grab geschaufelt haben. Herrlich weit haben wir es gebracht.

Nur noch den Anschein einer Post

Alles das mussten die Weiacher schon vor geraumer Zeit feststellen, schliesslich kämpfte unser Postbüro jahrelang ums Überleben und seit bald einem Jahr haben wir nun nicht einmal mehr eine richtige Post, sondern nur noch ein Abbild davon (eine Postagentur System Ymago im Dorfladen).

Aber auch in grösseren Gemeinden wie Eglisau müssen Politik und Verwaltung feststellen (vgl. Zürcher Unterländer vom 9.1.2010), was mit der Post alles nicht mehr funktioniert:

«Die Schweizer Post bestätigt, dass unadressierte Massensendungen nach drei bis vier Tagen verteilt werden – nach drei bis vier Arbeitstagen wohlgemerkt. Dies könne für Todesanzeigen zu lange sein, räumt Mediensprecherin Nathalie Salamin ein. «Seit Dezember bieten wir für solche Sendungen aber auch A-Post an», erklärt sie. Dann lägen die Anzeigen nur einen Tag nach dem Aufgabetag in den Briefkästen.»

Kein Wunder, wenn sämtliche Briefe (selbst solche, die einen Adressaten innerhalb der Gemeinde erreichen sollen) in jedem Fall den langen Umweg über ein Verteilzentrum irgendwo in der Pampa machen müssen. Eglisau will deshalb eine eigene «Weibelorganisation» aufbauen.

Selber machen ist die bessere Lösung

Wiederaufbauen müsste man das eigentlich nennen. Denn solch kommunale Verträger gab es früher in jedem Dorf.

Weiach hatte noch bis zum unfallbedingten Rücktritt der Gemeindeweibelin Hildia Maag ein gut funktionierendes Verteilnetz für alles, was die Gemeinde im Laufe eines Jahres in die Briefkästen ihrer Einwohner verteilen muss. Hildia war 35 Jahre lang (von 1970 bis 2005) Gemeindeweibelin. Schon vorher lag dieses Amt einem Familienmitglied ob. Mit der Weibel-Familie Maag funktionierte das Vertragen über Jahrzehnte hinweg.

In den letzten vier Jahren wurde diese Aufgabe von der Post übernommen. Damit ist es nun aber schon wieder vorbei, wie man den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach vom April 2009 entnehmen kann:

«STELLENAUSSCHREIBUNG

Die Umstellung bzw. der Abbau der Postdienstleistungen der schweizerischen Post in der Gemeinde bringt mit sich, dass die Zustellung von Massensendungen der Gemeinde in alle Haushalte nicht mehr befriedigt.

Dies veranlasst den Gemeinderat, die Funktion im Nebenamt

Postzustellung für Massensendungen in alle Haushalte der Gemeinde

(Früher: "Gemeindeweibel") nach einem Unterbruch von rund vier Jahren neu auszuschreiben.

Die Arbeiten umfassen im Wesentlichen:

  • Abholung der Sendungen im Gemeindehaus auf telefonische Voranzeige;
    Zustellung von unadressierten einseitigen Sendungen in alle Haushalte, wie
  • Todesanzeigen und Flugblätter, am nächsten Tag, ungefähr 8 Zustellgänge pro Jahr;
  • Zustellung der unadressierten mehrseitigen Publikationen in alle Haushalte, wie Mitteilungsblätter und Weisungen zu den Gemeindeversammlungen, auf festgelegten Termin, ungefähr 14 Zustellgänge pro Jahr
  • Zustellung von adressierten Sendungen in alle Haushalte, wie Steuererklärungen, Stimmcouverts, Steuer- und Gebührenrechnungen, auf festgelegten Termin, ungefähr 8 Zustellgänge pro Jahr.
Für diese Funktion werden gute Ortskenntnisse und zeitliche Flexibilität vorausgesetzt.

Ihre schriftliche Bewerbung richten Sie bitte an den Gemeinderat Weiach. Weitere Auskünfte über die Tätigkeit erteilt der Gemeindeschreiber P. Wunderli, Telefon 044 858 27 23 oder email peter.wunderli@weiach.ch.

Gemeinderat Weiach
»

Mittlerweile ist die Stelle längst besetzt. Mit einer Weiacherin natürlich (vgl. MGW, Juli 2009: Debora Zimmermann). Diese Lösung ist günstiger, flexibler, schneller und erst noch ökologischer als die Post.

Quellen
  • Stahel, T.: Botin einer stehen gebliebenen Zeit. Weiach / Hildia Maag ist die letzte Gemeindeweibelin im Zürcher Unterland. In: Zürcher Unterländer, 3. Oktober 2002 – S. 1 u. 7.
  • Wildmann, D.: Die letzte Gemeindeweibelin geehrt. Weiach / Hildia Maag hat jahrelang die Bekanntmachungen und das Mitteilungsblatt ins Haus gebracht. In: Zürcher Unterländer, 11. Juni 2005 – S. 7.
  • Gemeinderat Weiach. Stellenausschreibung "Gemeindeweibel". In: MGW, April 2009, S. 4-5.
  • Morf, K.: Die Einladung kommt, wenn die Feier vorbei ist. Eglisau: Privatpersonen sollen künftig Trauerzirkulare verteilen – und vielleicht noch mehr. In: Zürcher Unterländer, 9. Januar 2010.

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