Diesen Satz findet man in der im Herbst 2006 veröffentlichten Jubiläums-Broschüre über die Reformierte Kirche Weiach. Und er verdient den deutlichen Warnhinweis: Nur mit Vorsicht zu geniessen.
Die Datierung von Kanzel und Chorgestühl bereitet keine Probleme: die mit Intarsien auf diesen Holzarbeiten eingelegte Jahreszahl beweist eindeutig, dass sie extra für die neue Kirche hergestellt wurden. Weniger klar ist aber, wie alt der Taufstein wirklich ist.
Typisch für diese Zeit...
Emil Aftergut gibt in seiner 1922 erschienenen Dissertation einen ersten Hinweis auf das Alter, wo er sich zur Form äussert: «Die Kelchform ist überhaupt bis ins 19. Jahrhundert die einzig vorkommende Grundform des Taufsteins. Innerhalb dieser Form war der Taufstein polygonal oder rund. Die polygonalen Taufsteine waren meist glatt gehalten auf rundem oder eckigem Knauf (Regensdorf 1705, Bachs 1714, Oberrieden 1761); die runden wurden größtenteils mit wulstigem Profil gemeißelt (Wollishofen 1702, Oetwil 1725, Stadel 1738).»
Um ein solches wulstiges Profil handelt es sich auch beim Weiacher Taufstein. Aftergut macht zu diesem Stein keine Datierungsangaben. Eine solche, wenn auch unklar formulierte Datierung, nimmt erst Hermann Fietz vor, der 1943 von einem «Taufstein in der aus der Bauzeit üblichen Kelchform mit rundem Fuss und Schaft und mit Wulsten belegter Schale» ausgeht. Ob er damit konkret die Zeit um 1706 meinte, oder wie Aftergut den ganzen Zeitraum, ist leider nicht bekannt.
... heisst nicht zwingend aus der Bauzeit
Eine solche zeitliche Einschränkung wird erst durch die folgende Formulierung von Emil Maurer aus dem Jahre 1965 nahegelegt: «Aus der Bauzeit sind uns noch die durchgebundene Holzdecke mit Feldereinteilung, die Westempore, der kelchförmige Taufstein sowie teilweise das Chorgestühl und etwas Wandtäfer erhalten geblieben.» Wer die Jahrzahl auf dem Chorgestühl und der Kanzel im Kopf hat, kommt hier fast zwangsläufig zum Schluss, der Taufstein sei gleich alt.
Der 6. Bericht der Kantonalen Denkmalpflege über die Jahre 1968 und 1969 gibt eine Präzisierung bezüglich der Kanzel, macht aber hinsichtlich des Taufsteins immerhin eine klare Unterscheidung bei der Datierung. Im selben Satz werden der «aus der Bauzeit stammende Taufstein» und «die auf 1706 datierte Kanzel» erwähnt.
Die Deutung im Stile Maurers wird auch vom Kunstführer durch die Schweiz (5./6. Aufl., 1971/75) übernommen: «Reichverzierte Kanzel, Pfarrstuhl, Kirchenstühle und Taufstein aus der Bauzeit».
Woher die exakte Datierung?
Erstaunlicherweise ist es die Kantonale Denkmalpflege, welche sich auf ihrem «Objektblatt Kirche Weiach» (1981/1990) auf eine Jahreszahl festlegte: «In dem chorartig um drei Stufen erhöhten Polygon steht der Taufstein in der Form eines Kelches, datiert 1706». Den Nachweis, woher diese genaue Datierung stammen soll, bleibt das Objektblatt leider schuldig.
Francis de Quervain nennt zwar in seiner auf das Jahr 1982 datierten Karteikarte (publiziert 1984 in Bd. 6, S. 231 unter dem Titel «Gesteinsarten an historischen Bau- und Bildwerken der Schweiz») auch eine genaue Jahrzahl, legt sich aber wenigstens nicht exakt fest:
«Weiach ZH Kirche. Taufstein, um 1706, typischer Wulstkelch. Plattensandstein der marinen Molasse der Region Rorschach (wahrscheinlicher als Bäch)».
Fietz sagt 1943 zwar nicht, dass der Taufstein wie Kanzel und Chorgestühl eigens für die neue Kirche geschaffen wurde. Er hat aber mit seiner Formulierung von der «aus der Bauzeit üblichen Kelchform» offensichtlich etliche Autoren - so vor vier Jahren auch den Verfasser dieses Artikels - erfolgreich davon überzeugt, das Alter um 1706 herum anzusetzen.
Da die Kelchform über die Jahrhunderte so beliebt war, ist nicht ausgeschlossen, dass die Weiacher ihren Taufstein bereits etliche Jahre oder gar Jahrzehnte vor dem Bau der heutigen Kirche meisseln liessen. Es ist also auch möglich, dass der heutige Taufstein 1706 aus der alten Kirche im Oberdorf in die neu erstellte im Bühl gezügelt wurde.
Genauso ist es aber auch möglich, dass unser heutiger Taufstein jünger ist als die Kirche und vor der Einweihung noch ein alter Stein gezügelt wurde. Der heutige Stein wäre also erst später angeschafft worden.
Was nun zutrifft, wird man wohl lediglich dann entscheiden können, wenn in alten Akten über die Pfarrei Weiach per Zufall ein Hinweis auf den Taufstein erhalten ist, der genau diesen Punkt mit der nötigen Klarheit erhellt.
Quellen
- Aftergut, E.: Reformierte Kirchen im Kanton Zürich von der Reformation bis zur Romantik, Diss. Univ. Zürich 1922.
- Fietz, H.: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich [Kdm]. Band II: Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen. (Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 15). Basel, 1943 – S. 143-144.
- Kunstführer der Schweiz (begründet von Hans Jenny), 1. Aufl. 1934, 2. Aufl. 1935, 3. Aufl. 1940, 4. Aufl. 1946, anschl. unter dem Titel: Kunstführer durch die Schweiz; 5. Aufl. 1971ff, 6. Aufl. 1975ff; Vollst. neubearb. Ausg., 1. Aufl., Bern 2005ff. [Kunstführer].
- Maurer, E.: Die Kirche zu Weiach. Weiach, 1965. Hrsg.: Evang.-ref. Kirchgemeinde Weiach.
- Zürcher Denkmalpflege (Hrsg.): Weiach. Reformierte Kirche. Gesamtrestaurierung. In: 6. Bericht 1968/1969 – S. 143-144. [KDZ 6].
- Kantonale Denkmalpflege, Zürich: Dossier Weiach. Objektblatt Kirche Weiach. Inventarisiert Februar 1981, mit Nachtrag Januar 1990. [KDZ 1981]
- de Quervain, F.: Gesteinsarten an historischen Bau- und Bildwerken der Schweiz. Aufzeichnungen 1954-1983. Zürich. (Hrsg. Institut für Denkmalpflege, Eidg. Techn. Hochschule Zürich) Zürich 1984 – Band 6, S. 231-232.
- Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006. Herausgegeben von der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach und der Ortsmuseumskommission Weiach. Weiach, September 2006 – 68 S.
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