Der harte Kern Stimmberechtigter, der an jeder Volksabstimmung teilnimmt, hat in Weiach erneut für ein klar konservatives Signal gesorgt. Ganze 21.5 Prozent gingen an die Urne oder schickten ihre Abstimmungszettel ein. Dieses Resultat liegt knapp über dem Schnitt des Bezirks Dielsdorf, der mit 19.82% der tiefste Resultat aller Bezirke aufweist. In der Nordwestecke des Zürcher Gebiets ist das Interesse am Thema offensichtlich an einem kleinen Ort.
Nur Vorschulkinder oder auch alle Schulpflichtigen?
Worum ging es eigentlich? Zu entscheiden war am heutigen Abstimmungssonntag lediglich über zwei kantonale Vorlagen - eine Initiative und den Gegenvorschlag dazu. Die Kernfrage war, ob der Staat mehr für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung tun solle oder nicht.
Die Initiative verlangte «ein der Nachfrage entsprechendes, qualitativ gutes und breit gefächertes Angebot an familienergänzenden Betreuungsmöglichkeiten für Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis zum Abschluss der obligatorischen Schulpflicht.» (§ 1 Gesetz über die Kinderbetreuung; vgl. Abstimmungszeitung, S. 8)
Der Gegenvorschlag des Kantonsrates wollte von einer Ausweitung auf schulpflichtige Kinder nichts wissen. Er sah lediglich Massnahmen für kleine Kinder vor: «Die Gemeinden sorgen für ein bedarfsgerechtes Angebot an familienergänzender Betreuung von Kindern im Vorschulalter.» (§ 15a Abs. 1 Jugendhilfegesetz; vgl. Abstimmungszeitung, S. 8)
Weiach in der ländlichen Ablehnungs-Phalanx
Die Volksinitiative «Kinderbetreuung Ja», die ein eigentliches «Gesetz über die Kinderbetreuung» in Kraft setzen wollte, hat eine vernichtende Niederlage erlitten. Sie fand gerade einmal in den vier Stadtzürcher Kreisen 3,4,5 und 6 eine Mehrheit. Im übrigen Kanton Zürich wurde sie teils wuchtig bachab geschickt.
Bezüglich Ablehnung der Initiative unterscheidet sich Weiach wenig von den Seegemeinden: 28.47% Ja-Stimmen wäre ein Resultat, das dort kaum auffiele. So extrem auf SVP/EDU-Kurs wie die kleine Gemeinde Hüttikon im Furttal mit nicht einmal 14% Ja, ist Weiach, die einzige Gemeinde des Bezirks Dielsdorf mit Rheinanstoss, dann aber doch nicht.
Auch der Gegenvorschlag fand keine Gnade
Der Gegenvorschlag über die «Familienergänzende Betreuung», die im bereits bestehenden Jugendhilfegesetz geregelt werden sollte, fand dagegen im Kanton viele Ja-Stimmen und ist mit (in städtischen Gebieten teils grosser) Mehrheit angenommen.
Hier war eine Mehrheit der stimmenden Weiacherinnen und Weiacher (56.64%) wieder einmal Teil der kleinen Minderheit konservativer Landgemeinden im Norden und Osten, die sich konsequent gegen alle städtischen Neumödigkeiten sperren.
Gemeindeinternes Patt
Bei der Stichfrage, welche Vorlage bei Annahme sowohl der Initiative wie des Gegenvorschlags in Kraft treten solle, entschieden sich immerhin 38.02% der Weiacherinnen und Weiacher für die Initiative.
Die Meinungen sind bei den politisch aktiven Hiesigen also geteilt. Die einen wollen den Staat von jeder Einmischung in familiäre Angelegenheiten der Kinderbetreuung fernhalten. Die andern finden, Mithilfe bei der Kinderaufzucht sei (auch) eine Staatsaufgabe - und nicht nur Sache der Eltern.
55% gegen staatliche Einmischung, 45% dafür. Diese Weiacher Ausgangslage zeigt deutlich den Gegensatz zwischen ländlich-wertkonservativen, den Linien von SVP und EDU nahen Kreisen sowie den mehrheitlich in den letzten Jahren zugezogenen städtisch orientierten Personen.
Oder etwas vereinfacht ausgedrückt: den Graben zwischen alteingesessenen Weychern und dem f.o.r.u.m. Weiach. Entlang dieser Bruchlinie verläuft der gemeindeinterne Kampf um die Frage, ob eine ausserfamiliäre Betreuung nötig und erwünscht sei oder nicht.
Angesichts der an diesem Abstimmungswochenende wieder einmal bestätigten Lage der Fronten dürfte sich die Primarschulpflege Weiach weiterhin sehr vorsichtig verhalten, wenn es um Anliegen wie einen Mittagstisch oder dergleichen geht. Solch heikle Sachen überlässt man lieber den Aktivistinnen des f.o.r.u.m.
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