Dienstag, 15. Juni 2010

Wasserrad beim Rheinhof weggeschwemmt

Das Hochwasser von Mitte Juni 1910 verursachte in Weiach nicht nur Erosionsschäden (vgl. dazu WeiachBlog von gestern, 14. Juni 2010).

Da in der ganzen Schweiz grosse Regenmengen niedergingen und die Schneeschmelze beschleunigt wurde, führte auch der Rhein Hochwasser. Mit Folgen für den Besitzer des Rheinhofs, wie Fussnote 7c auf S. 120 von Leemanns Dissertation beweist:

«Weiach. Der Rhein hat in der letzten Nacht einen Wasserstand erreicht wie seit 1876 nie mehr. Das dazumal von den Fluten weggerissene und von Schenkel wieder erstellte kleinere Wasserwerk mußte auch diesmal wieder der Gewalt weichen.» (Der Wehnthaler, 17.6.1910)

Auch die Bülach-Dielsdorfer Wochen-Zeitung vom 17.6.1910 berichtete über diesen Schaden, wird aber von Leemann nicht zitiert.

Gab es 1912 schon wieder ein verheerendes Hochwasser?

Stellt sich die Frage, ob Schenkels das Wasserrad auch diesmal wiederaufgebaut haben oder nicht. Der WeiachBlog-Artikel «Der Rheinhof im Griesgraben» (22. April 2007) würde dafür sprechen:

«Das Wohnhaus wurde 1810 erstellt und hat schon etliche Gefahren überlebt, vor allem mehrere Rheinhochwasser. Eines spülte 1876 eine Mühle weg, 1912 riss ein weiteres ein Wasserrad mit.»

Diese Information stammt aus dem entsprechenden Blatt (Nr. 199) der Serie 1895 der Weiach betreffenden Lagerbücher der kantonalen Gebäudeversicherung. Dort steht der Vermerk, das Wasserrad sei 1912 «fortgeschwemmt» worden (vgl. auch Weiacher Geschichte(n) Nr. 37).

Also noch ein Hochwasser? Vielleicht doch nicht, denn über ein solches habe ich in den Annalen bislang nichts gefunden.

Nummer 199 im Jahre 1926 neu vergeben

Das Wasserrad trug die Assekuranz-Nr. 199 (nach dem Nummerierungssystem 1895). Da exakt diese Nummer aber für das 1926 vollendete Gemeinde-Schlachthaus wiederverwendet wurde, kann man daraus schliessen, dass es nach dem Schaden von 1910 nicht wieder aufgebaut wurde.

Es kann sein, dass diese Tatsache der Gebäudeversicherung erst 1912 zur Kenntnis gebracht und dann im Lagerbuch eingetragen wurde. Für diese These spricht, dass die Prämie wohl nicht allzu hoch war. Sonst hätte Besitzer Schenkel sicher sofort versucht, das Objekt löschen zu lassen.

Gipsmühle, Dreschmaschinen, Sägerei

Die andere (und im Original des Lagerbuches noch zu prüfende) Variante wäre, dass das Wasserrad sehr wohl wieder aufgebaut wurde. Die Gebäudeversicherung hätte es dann aber in die Police für die Asskuranznummer 198 miteingeschlossen - unter Freigabe der Nr. 199.

Unter der Nummer 198 waren folgende Objekte versichert: «Gipsmühle, Dreschmaschinen und Sägegebäude». Sie erscheinen bereits vor 1895 in den Lagerbüchern, und zwar als Nr. 157. Nach dem Nummerierungssystem von 1812 ist das die höchste je vergebene Nummer, was darauf hindeutet, dass diese Objekte eher gegen Ende des 19. Jahrhunderts errichtet worden sein dürften. Möglicherweise sogar nach dem Bau der Bahnlinie (1874-1876), denn die höheren Nummern wurden im System 1812 nicht nach einem quartierweise aufgebauten Nummernplan vergeben. Die Gebäude der Nordostbahn erhielten die Nummern 146-151, die Kegelbahn und Trinkhalle des Restaurants Bahnhof die Nr. 153.

Das Wasserrad selber wurde aber erst nach 1895 (und damit wohl nicht als direkte Folge des Hochwassers von 1876) als selbstständiges Objekt versichert, denn für die Zeit vor 1895 gibt es keine Assekuranznummer.

Sich ein Bild machen

Wie das Wasserrad ausgesehen haben dürfte, kann man dem Bildarchiv Online der ETH-Bibliothek Zürich entnehmen. Und zwar der Postkarte Nr. 8099 der Sammlung Feller. Der Absender fragte den Adressaten auf der Rückseite «Wo isch ächt das?». Sollte diese Frage leicht scherzhaft gemeint gewesen sein? Weil es das Wasserrad zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr gab? Die Karte wurde nämlich erst 1925 verschickt.

Quelle

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