Sonntag, 10. Oktober 2010

Das Eingewöhnbrot für den Lehrer

Aus dem Wegweiser durch das grosse Schweizerdeutsch-Nachschlagewerk Idiotikon (vgl. WeiachBlog vom 27. März 2010) ist mittlerweile die angekündigte, komplett digital abrufbare Version geworden. Volltext-Suche ist zwar noch nicht möglich - und macht angesichts der speziellen phonetischen Schreibweise auch nicht viel Sinn. Trotzdem ist damit der Zugang um einiges leichter geworden.

Zuweilen findet man dank Google sogar interessante Details zur Weiacher Vergangenheit. Zum Beispiel im 1905 erschienenen Band V in der Spalte 987:

«Gewennbrot, Gwennbrot: Brot als Entschädigung des Lehrers für das Eingewöhnen eines neuen Schulkindes. "Schulmeister N. zu Weiach hat 4 fl. von der Kirchen, eigne Herberg, ein G., so ein Kind zum ersten in die Schul kommt." 1700, Z. Syn.» (Id. V, 987)

Die Besoldung des Lehrers bestand also um 1700 gemäss diesem Eintrag in einer Akte der Zürcher Kirchensynode aus einem Geldbetrag aus dem Kirchengut (4 Gulden), einer Wohnung sowie für jedes neue Schulkind einem Brot. Davon konnte man nicht leben. Ein Handwerksmeister musste für einen Lohn von 4 Gulden etwa acht Tage arbeiten, ein Tagelöhner rund zwei Wochen.

Lehrer war also ein schlecht bezahlter Nebenerwerb. Den eigentlichen Lebensunterhalt musste ein Schulmeister mit landwirtschaftlicher oder kleingewerblicher Arbeit erzielen, z.B. als Schuhmacher. Von einem Lernerfolg bei den Schülerinnen und Schüler zu sprechen, erübrigt sich unter diesen Bedingungen. Viele gingen selten oder nie zur Schule. Und wenn doch, dann konnten sie oft auch nach Jahren kaum Lesen und Schreiben.

Quelle
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Gesammelt auf Veranstaltung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich unter Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizervolkes. Herausgegeben mit Unterstützung des Bundes und der Kantone. 1881-2010ff (bislang erschienen 217 Hefte in 16 Bänden).

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