Dienstag, 19. Oktober 2010

Weycher Möcke

Noch vor wenigen Jahrzehnten stand es um die Zahngesundheit bei der Bevölkerung noch nicht so gut wie heutzutage. Da hatten vor allem ältere Leute an harten Lebensmitteln schwer zu beissen.

Also weichten sie das Brot zum Beispiel im Kaffee auf. «Kafimöcke» waren eine beliebte Art und Weise Brot so weich zu machen, dass man es problemlos essen konnte - auch ohne gute Zähne.

Womit wir beim Wort «Möcke» wären, das ganz allgemein für Brocken von etwas steht. So in der Zusammensetzung «Mess-Mocke», welche im Schweizerischen Idiotikon erklärt wird als «dicker, kurzer Zuckerstengel (parfümiert, auch etwa mit Chokolade, Mandeln usw. vermischt), eine Spezialität der Messe und bei der Jugend sehr beliebt.» (Id. IV, 141)

Ein Scherz der Neeremer

«Möcke» mussten aber nicht zwangsläufig süss sein. Das belegt die in der Gemeinde Neerach offenbar gebräuchliche Bezeichnung «We'icher-Möcken = Herdöpfelmöckli ZNer.». Gemeint ist eine Mahlzeit mit Kartoffelstückchen als Hauptbestandteil.

Als Erklärung geben die Idiotikon-Redaktoren an: «Benannt nach der benachbarten Gem. Weiach, wo wie es scheint, dieses Gericht bes. häufig auf den Tisch kommt. Übrigens ist jene ganze Landesgegend kartoffelreich, daher die dorthin führende Bahn scherzweise die Herdöpfel-ban genannt wird.» (Id. IV, 142)

Wie man die Kartoffeln genau zubereitet hat, ob sie nur gesotten oder gebraten wurden etc., wird im Idiotikon leider nicht erwähnt.

Da die Weiacher aber damals ziemlich zahlreich und nicht gerade auf Rosen gebettet waren, kann man sich durchaus vorstellen, dass diese Bezeichnung ebenso neckisch gemeint war, wie die Herdöpfelbahn.

Gemeint ist die von 1865-1877 bestehende Bülach-Regensberg-Bahn, die von Zürich-Oerlikon nach Oberglatt führte und sich dort nach Dielsdorf bzw. Bülach verzweigte. Der Name kommt angeblich vom hauptsächlichen Transportgut - eben Kartoffeln.

Quellen
  • Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Gesammelt auf Veranstaltung der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich unter Beihülfe aus allen Kreisen des Schweizervolkes. Herausgegeben mit Unterstützung des Bundes und der Kantone. 1881-2010ff (bislang erschienen: 217 Hefte in 16 Bänden). Hier Band IV, Spalten 141 u. 142.
  • Bülach-Regensberg-Bahn. Private Website von Fabian Sollberger (Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland; WWW.DVZO.CH.VU)

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