Donnerstag, 6. April 2006

Pleitegeier kreisen häufiger über den Städten

Warum über den Städten? Ganz einfach: Da wird viel heisse Luft produziert. Die steigt auf und ergibt eine wunderbare Thermik. Deshalb lieben die Geier die Städte.

Das wäre übrigens auch so ohne einen einzigen Bewohner. Die steinige Steppenlandschaft der Stadt würde völlig ausreichen.

Spässe beiseite: die Pleitegeier fliegen tatsächlich häufiger über städtischen Gebieten. Und je weiter sich die Agglomeration in die Landschaft hinausfrisst, desto weiter hinaus fliegen sie.

Heutzutage gibt es bei blossen Verwünschungen, die dem Betreibungsbeamten entgegengeschleudert werden, zwar keine Haftstrafen mehr (vgl. WeiachBlog-Artikel von gestern).

Pfandaustragungen finden aber nach wie vor statt. Und sie werden immer häufiger. Wenn man die aktuellen Zahlen anschaut, dann sieht man ein neues Zeitalter der Massenarmut aufsteigen.

90'000 Betreibungen im letzten Jahr – allein im Zürcher Unterland

Dass dem so ist bestätigte ein Artikel von Steffen Riedel im Unterländer vom 16. März: «Viele Unterländer sind knapp bei Kasse. Rechnungen werden spät oder gar nicht bezahlt. Immer öfter kommt es deshalb zu Betreibungen und Pfländungen.»

Das auf der Titelseite abgedruckte Diagramm (vgl. den Artikel) ist aber leider ziemlich unbrauchbar: die Balkenlänge ist wohl proportional zur Anzahl der Betreibungen je Gemeinde. Aber leider kann kein Vergleich zwischen einzelnen Gemeinden gezogen werden, ohne diese Zahlen ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl zu setzen.

Die Bevölkerungszahlen sind einfach zu bekommen – auf der Website des Statistischen Amts des Kantons Zürich.

Für die genauen Daten zu den Betreibungen musste konventionell recherchiert werden. WeiachBlog telefonierte und mailte so lange herum, bis er vom Gemeindeammann- und Betreibungsamt Niederhasli freundlicherweise die Statistik 2005 der Betreibungsämter im Kanton Zürich zugeschickt erhielt. Danke, Frau Studer!

Was der Betreibungsinspektor des Kantons Zürich, Eduard Brand, da für das vergangene Jahr zusammengestellt hat, ist eine Horrorstatistik der besonderen Art.

Südliches Unterland mit schlechter Zahlungsmoral

Derzeit kreisen die Geier häufig über dem Zürcher Unterland: Oberglatt, Opfikon, Schlieren, Rümlang, Dietikon, Dielsdorf, Zürich, Regensdorf, Dällikon, Dänikon, Kloten, Pfungen, Wangen-Brüttisellen, Dübendorf, Oberengstringen, Höri, Zell. Das ist die Rangliste der Gemeinden mit der schlechtesten Zahlungsmoral. Unter diesen 17 Gemeinden (10% aller Gemeinden des Kantons) stechen einem nicht weniger als neun Unterländer Gemeinden in Stadtnähe in die Augen.

Oberglatt ist mit 54.17 Betreibungen auf Pfändung pro 100 Einwohner im Jahre 2005 zwar nicht so tief gesunken wie die Betreibungshölle im Kreis 4 der Stadt Zürich (mit einem Wert von um die 80 Betreibungen pro 100 Einwohner). In der Rangliste der Gemeinden belegt die Flughafenanrainerin dennoch den letzten Platz im Kanton. Das ist nicht zuletzt eine Folge des anonymen Charakters als flughafennahe Schlafgemeinde.

Bäuerlich geprägte Landgemeinden: hier wohnen die guten Zahler

Genau das Umgekehrte gilt im noch überwiegend bäuerlich geprägten Norden. Im Weinland ist es offensichtlich noch eine Schande, den Betreibungsbeamten im Haus zu haben. Je kleiner und übersichtlicher das Dorf, desto weniger hat der Gemeindeammann zu tun:

Spitzenreiter Humlikon zählte 2005 bei 427 Einwohnern gerade einmal 1.64 Betreibungen auf Pfändung pro 100 Einwohner. Auf den weiteren Plätzen folgen Truttikon, Berg am Irchel, Buch am Irchel, Volken, Hettlingen-Dägerlen, Oberembrach, Wiesendangen, Oberstammheim, Unterstammheim, Ossingen, Rifferswil, Sternenberg, Henggart, Bachs, Brütten und Schlatt. Mit wenigen Ausnahmen sind das Weinländer Gemeinden.

Wie Weiach in dieser Statistik dasteht? Das wird erst morgen verraten.

Quellen

  • Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich (Hrsg.): Statistik 2005 der Betreibungsämter im Kanton Zürich. Liste B sortiert nach Bezirken. Zürich, 10. Februar 2006
  • Riedel, St.: Der Pleitegeier im Unterland. Fast 90 000 Betreibungen und Pfändungen im letzten Jahr in der Region zugestellt. In: Zürcher Unterländer, 16. März 2006 – S. 1.

Keine Kommentare: