Sonntag, 15. April 2012

Kurzfristige Submission ist eine Farce

Im Artikel vom 31. März wurde rekapituliert, warum es 1961 um die noch nicht einmal gegründete Weiacher Kies AG zu einer heftigen politischen Auseinandersetzung kam.

Dass sich ein Regierungsrat und ein Kantonsparlament vor dem Handelsregistereintrag einer privaten Firma stundenlange Wortgefechte liefern, ist schon etwas ungewöhnlich. Im Falle des seit einem halben Jahrhundert wichtigsten Unternehmens der Gemeinde Weiach fand genau dies statt.

Debattiert wurde über den Antrag des Regierungsrates vom 25. Mai 1961, nach dem sich der Kanton an der zu gründenden Weiacher Kiesabbau-Firma beteiligen sollte.

Submissionsverfahren kritisiert

Dem Vorhaben blies der Wind im Kantonsrat frontal ins Gesicht. Vor allem bürgerliche Ratsmitglieder fanden keinen guten Faden daran. Verstaatlichungen seien abzulehnen und Minderheitsbeteiligungen ebenfalls wenig vorteilhaft (vgl. das Votum des 22. Redners im WeiachBlog von gestern).

In dieselbe Kerbe hieb am 16. Oktober 1961 Redner Nummer 23, kam dann aber gleich auf das schon besprochene Thema Submission (vgl. u.a. WeiachBlog vom 5. April) zu sprechen:

«Dr. H. Duttweiler - Zürich befasst sich mit der Frage des Schutzes der Minderheitsaktionäre in der Aktiengesellschaft. Die vom Kanton vor einer Woche ausgeschriebene Submission ist eine reine Farce, da die privaten Kieswerke gar nicht vorbereitet sind, in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit die notwendigen Abklärungen vorzunehmen. Es ist falsch, dass die Kieslieferungen jetzt schon auf 10 Jahre hinaus vergeben werden. Auch geht die Submission weit über den im Titel genannten Umfang der Lieferungen hinaus. Es wäre ein unschöner Akt des Regierungsrates gegenüber dem Kantonsrat, wenn auf diese Weise die private Konkurrenz ausgeschaltet und die Haniel AG allein bevorzugt werden sollte.»

Eile wegen Nationalstrassenbau

Die Submission hätte die Verwaltung wohl besser erst nach dem Parlamentsentscheid angestossen und nicht schon als der regierungsrätliche Antrag im Kantonsrat noch pendent war. Warum man die Scherereien trotzdem in Kauf nahm? Die Regierung wollte das offensichtlich so. Die zeitlichen Sachzwängen hängen direkt mit dem Prestigeprojekt Nationalstrassenbau zusammen.

Nach ersten Konzepten um 1940 (Ost-West und Nord-Süd-Achse ausbauen) war 1959 die Planung für das ehrgeizige Nationalstrassennetz abgeschlossen und in sechs Bänden veröffentlicht. Und wie Stefan Sandmeier im Historischen Lexikon der Schweiz (e-HLS; Artikel Nationalstrassen; Stand: 24/03/2011) schreibt, ging man kurz darauf zur Sache:

«Nach dem Inkrafttreten des NSG 1960 [Nationalstrassengesetz] begannen Bund und Kantone, das vom Parlament gutgeheissene, 1'811 km lange, auf 800 km als Autobahn auszubauende Nationalstrassennetz zu realisieren.»

Quelle
  • Kantonsratsprotokoll 1961, S. 1805. Signatur: StAZH III AAg 1 37 LS
Jubiläum 50 Jahre Weiacher Kies AG

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