Gestern Ostermontag bin ich in eine Taktlücke gefallen. An Sonn- und allgemeinen Feiertagen, musste ich lernen, fährt zwar den ganzen Tag über jede Stunde ein Postauto ab Stadel, Neuwis-Huus Richtung Kaiserstuhl.
Einzige Ausnahme: um 19:46 Uhr fährt KEIN Bus. Eine besonders fiese Taktlücke, weil völlig unerwartet (vgl. die Abfahrtstabelle Neuwis-Huus Richtung Kaiserstuhl mit rotem Oval bei der Taktlücke).
Im Takt seit 1990
Seit 1990 existiert das Erfolgsmodell Zürcher Verkehrsverbund und ebenso lange gibt es im Zürcher Unterland auch den Taktfahrplan. Die Idee: Verbindungen in eine bestimmte Richtung fahren ab einem bestimmten Punkt immer zur gleichen Zeit ab, z.B. 23 Minuten nach der vollen Stunde. (vgl. diesen Wikipedia-Artikel für ausführliche Erklärungen).
Für Benutzer des Öffentlichen Verkehrs ist das natürlich praktisch. Man muss sich nur noch eine Zahl merken (die Abfahrtsminute) und die Frequenz (jede Stunde, jede halbe Stunde, etc.).
Taktlücken sind wie Fallmaschen: sie gefährden das ganze System
Leider ist der Taktfahrplan an etlichen Stellen aus Spargründen mutwillig ausgedünnt. Das ist zwar verständlich, wenn man die Fahrgastzahlen anschaut und sich ausrechnet, was da einzusparen ist, wo wenige fahren (immerhin kostet ein Postauto-Kilometer ca. 5 Franken - mehr oder weniger unabhängig von der Anzahl Passagiere).
Um so ärgerlicher aber für den Kunden, wenn er/sie dann in eine dieser bewusst in Kauf genommenen Taktlücken fällt.
Solche Fallmaschen im System sind Gift für das Vertrauen ins Netz. Denn: wer sonst schon lieber mit dem eigenen Auto fährt und eine Stunde warten, oder zu Fuss nach Hause marschieren muss (wie ich gestern abend), der dreht dem Öffentlichen Verkehr schnell wieder den Rücken zu.
Am falschen Ort gespart?
Klar ist: die Gemeinde Weiach muss für jeden zusätzlichen Buskurs bezahlen, der bis in die Gemeinde geführt wird. Aber man kann sich wirklich fragen, welchen Sinn es hat, sich ausgerechnet diesen einen Kurs zu sparen und damit zu riskieren, dass der Umsteigeeffekt gerade deshalb wesentlich kleiner ausfällt, weil man sich nicht wirklich darauf verlassen kann, von früh bis spät mindestens jede Stunde einen Bus zu haben, und zwar egal an welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit.
Der Gemeinderat muss sich entscheiden: Entweder sind wir wirklich eine Agglomerationsgemeinde der Stadt Zürich und wollen tatsächlich 500 zusätzliche Einwohner anlocken (z.B. in Mehrfamilienhäusern im Quartierplangebiet See/Winkel). Dann gehören dazu aber auch verlässliche Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Oder wir sind (aus Spargründen oder warum auch immer) bewusst ein schwieriger zu erreichendes Eckchen im Nordwesten des Kantons - splendid isolation wie gehabt. Aber dann soll man bitte auch nicht darüber jammern.
Bachser Weg als ausgeschlagene Option
Wenn man es so gemacht hätte wie die Nachbargemeinde Bachs mit ihrer ländlichen Idylle (dorthin sind die Verbindungen des öV wirklich schlecht), dann wäre man wohl von der Agglomerisierung auch eher verschont worden.
Für eine solche Option aber ist Weiach nun schlicht und einfach zu gross geworden. Und angesichts des tiefen Steuerfusses und der wirklich sehr grosszügig dimensionierten Bauzonen ist es auch fraglich, ob eine Option "ländliche Idylle" wirklich geklappt hätte.
P.S.: Ich kann mit dem einen oder anderen Fussmarsch gut leben. Wandern ist ja gesund - und gestern abend hat's auch nicht geregnet. Das nächste Mal schaue ich halt vorher wieder auf den Fahrplan und nehme statt dem Schnellzug die S-Bahn nach Bülach. Mit der S5 (Zürich HB ab 19:37) und der S41 ab Eglisau hätte ich zwar bis ins Dorf auch eine Strecke zu Fuss gehen müssen. Aber immerhin nur von der Haltestelle Kaiserstuhl her und nicht vom Neuwis-Huus über Raat und den Kistenpass.
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