Sonntag, 28. Februar 2010

Kredit für die Verbreiterung des Pausenplatzes

Gestern war die Rede von den kommunalen Steuerfüssen vor 50 Jahren und heute. Die entsprechenden Gemeindeversammlungen wurden aber auch noch für andere Finanzgeschäfte genutzt:

«Anlässlich der Budgetversammlung vom 27.2. wurde von den Schulgenossen folgender Antrag der Schulpflege genehmigt:

"Antrag der Primarschulpflege betr. Genehmigung des Bauprogramms für Turnhalle, Pausenplatz und Spielwiese, sowie Kreditgewährung für eine erste Bauetappe (Verbreiterung des Pausenplatzes und Ausbau der Spielwiese) im Bruttokostenbetrage von Fr. 60'500.- und Uebertragung der benötigten Grundstücke im Werte von Fr. 48'670.- von den realisierbaren zu den nichtrealisierbaren Aktiven."
»

In einem von Zollinger daneben eingeklebten Zeitungsausschnitt (leider ohne Angabe aus welcher Zeitung) wird bestätigt, genehmigt worden sei «der Plan der Primarschulpflege Weiach betreffend die Erstellung eines Turn- und Geräteplatzes sowie einer Spielwiese beim Schulhaus Weiach».

Die erste Etappe war also genehmigt. Von weiteren Ausbauschritten und Bauetappen, insbesondere einer Turnhalle, wollten die Stimmbürger dann allerdings etliche Jahre lang nichts mehr wissen.

Quellen
  • Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1960 - S. 12.
  • vgl. für die vollständige Sammlung: Zollinger, W.: Jahreschroniken Weiach 1952-1967. Originale: Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach [Jahrgang].
  • Turnhallenpläne schon in den 50er-Jahren. In: WeiachBlog, 9. Juni 2006 [Nr. 217].

Samstag, 27. Februar 2010

Kommunaler Gesamtsteuerfuss: 180%

Aktuell ist ja wieder die Jahreszeit, in der man sich wohl oder übel durch seine Steuererklärung kämpfen muss. Und Ende Jahr hatten wir die Budget-Gemeindeversammlungen, an denen man darüber befinden durfte, wie hoch der Obolus auf kommunaler Ebene ausfallen soll.

Das war auch schon vor 50 Jahren nicht viel anders. In der Rubrik «Aus dem Gemeindeleben» notierte Dorfchronist Walter Zollinger das Ergebnis der damaligen Budgetrunde:

«Die Steuern für 1960 wurden in der Voranschlagsgemeinde vom 27. Februar wie folgt beschlossen:
  • Politisches Gemeindegut 15%
  • Armengut 10%
  • Kirchengut 50%
  • Primarschulgut 60%
Die Sekundarschulgemeinde des Kreises Stadel billigte 45%. Somit beträgt der Gesamtsteuerfuss, wie im Vorjahr, wiederum 180%. Der Finanzausgleichsbeitrag machte Fr. 21'807.- aus, wovon Fr. 11'107.- dem politischen und Fr. 10'700.- dem Primarschulgut zuflossen.»

Damals war Weiach also noch arm genug für den Finanzausgleich. Mit dem Kiesabbau im Hard ab 1961 änderte das für einige Jahrzehnte.

[Anmerkung vom 22. März 2018: Wie aus WeiachTweet Nr. 1393 vom 18. März 2018 hervorgeht, stimmt das offenbar nicht. Vgl. Manfred Stahel: Der Einfluss der Kiesgewinnung auf die wirtschaftsgeographische Struktur des nördlichen Kantons Zürich, Dissertation Universität Zürich, 1973 – S. 103]

Schulen fressen den Löwenanteil auf

Die absoluten Zahlen sagen uns heute nicht mehr allzu viel. Interessant und vergleichbar sind hingegen die Verhältnisse der Steuerbezüger untereinander. Sie existieren ja heute noch und ihre Aufgaben sind im Wesentlichen dieselben geblieben.

Heute lauten die Zahlen bekanntlich (gem. Website der Gemeinde) wie folgt:
  • Politische Gemeinde 24% (inkl. ehemaliges Armengut)
  • Evang.-ref. Kirchgemeinde 11%
  • Primarschulgemeinde 43%
  • Oberstufenschulgemeinde 20%
Nimmt man einen reformierten Steuerzahler zum Massstab, so hat die Politische Gemeinde ihren Anteil am gesamten kommunalen Steueraufwand verglichen mit 1960 fast verdoppelt, die Kirchgemeinde den ihren dagegen mehr als halbiert. Von einem bereits hohen Niveau hat die Primarschulgemeinde noch einmal zugelegt (auf einen Anteil von fast der Hälfte!); die Oberstufenschulgemeinde hat dagegen leicht abgebaut.

Quellen

Freitag, 26. Februar 2010

Twentysomething? Griesser Heiri wird 90!

Im Februar können innert einer Woche zwei Weiacher ihren 90. Geburtstag feiern, die - so will es der Zufall - auch noch miteinander verheiratet sind:

«Frau Emma Griesser-Meierhofer, Luppenstrasse 8, am 22. Februar 2010
Herr Heinrich Griesser-Meierhofer, Luppenstrasse 8, am 29. Februar 2010
»

Diese Gratulation findet man in den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach (MGW, Februar 2010, S. 7).

Glaubt man der Weiacher Gemeindeverwaltung, so muss es heuer einen 29. Februar geben. Nur ist 2010 eben kein Schaltjahr. Das sind nur die Jahre mit einer Sommerolympiade, 2008 war das letzte, 2012 wird das nächste sein.

Trotzdem kein Fehler

Das Geburtsjahr von Heiri Griesser, 1920, war aber tatsächlich ein Schaltjahr und deshalb ist sein Geburtstag trotzdem echt. An diesem Tag nahm die tschechoslowakische Nationalversammlung die Verfassung der (von 1919 bis 1992) bestehenden Tschechoslowakischen Republik an. Auf den Tag genau 40 Jahre zuvor, am 29. Februar 1880 erfolgte der Durchstich des ersten Gotthardtunnels.

Und so kommt es, dass Heiri nach Geburtstagen jünger ist als Olympiasieger Carlo Janka. Erst am 29. Februar 2012 kann er seinen 23. Geburtstag feiern. Dann, wenn er offiziell 92 Lenze zählt.

«Beck lehr ich nie»

Heinrich Griesser-Meierhofer ist der älteste Sohn des letzten Bäckers von Weiach. Ihm war aber früh klar, dass er lieber Bauer oder Bauarbeiter werden wollte - anstatt in die Fussstapfen seines Vaters zu treten, der seine Familie als Wirt und Bäckermeister durchbrachte.

Das war wohl auch eine Trotzreaktion, denn sein Vater hatte Ende 40er, anfangs 50er-Jahre absolut kein Musikgehör für den Vorschlag des Juniors, er wolle beim Bau des Flughafens besseres Geld verdienen als in der Bäckerei (für diese und weitere Angaben über Heiri, vgl. Literatur).

Das war wohl nicht der schlechteste Entscheid. Sein Vater Heinrich Griesser-Peter (1894-1971) wurde gerade einmal rund 77 Jahre alt.

Herzliche Gratulation und «ad multos annos» - gemeinsame Jahre natürlich!

Literatur

Donnerstag, 25. Februar 2010

Wikipedia-Artikel über die Reformierte Kirche Weiach

Seit heute nachmittag ist der Wikipedia-Artikel Reformierte Kirche Weiach online.

Er handelt nicht von der Kirchgemeinde als Körperschaft, sondern vom denkmalgeschützten Gebäude aus dem Jahre 1706.

Der Text basiert - wie könnte es anders sein? - auf der bisher publizierten Literatur zu Geschichte, Innenausstattung und Architektur unseres markanten Gotteshauses, v.a. auf den Beiträgen in den Weiacher Geschichte(n) und in WeiachBlog (vgl. diese Liste).

Wer die Monographie «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach» gelesen hat, der wird kaum Neues erfahren. Einen Mehrwert ergibt allerdings die bei Wikis übliche Verlinkung auf andere Artikel im selben Wiki, so z.B. auf den über den Festungsingenieur Hans Caspar Werdmüller, nach dessen Plänen die Anlage erstellt wurde. Oder: wussten Sie schon, was es mit dem Begriff «Kollatur» auf sich hat?

Literatur

Dienstag, 23. Februar 2010

Im Webauftritt den Abfallkalender finden

Mit Schleinikon ist im November 2009 auch die letzte Unterländer Gemeinde noch zu einem eigenen Webauftritt gekommen (Weiach hat schon seit Mitte September 2005 eine).

Zeit für einen Tauglichkeits-Test mit Laien und einem Experten, fand die Redaktion der Regionalblätter Zürcher Unterländer und Neues Bülacher Tagblatt und veröffentlichte das Resultat gestern Montag - natürlich auch auf dem Internet.

Braucht es eine eigene Suchmaschine?

Angelegt wurde folgender Massstab: «Auf einer guten Internetseite findet der Nutzer schnell die Informationen, die er sucht». Und ganz selbstverständlich erwartet er auch eine Art Standardisierung. Wird aber - wen wundert's bei unserer Form von Gemeindeautonomie - schnell enttäuscht: «wer glaubt, jedes Dorf müsste doch in etwa dieselbe Website mit denselben Informationen haben, der findet rasch heraus: das ist ein Irrglaube.

Ein Beispiel: Tippt man in die Suchmaske «Abfallkalender» ein, findet man im Normalfall das, wonach man sucht: den Abfallkalender. Nicht so in Schöfflisdorf, Rorbas oder Weiach – «Keine passenden Objekte gefunden», heisst es auf Letzterer Seite
».

Man lernt daraus zweierlei:

Erstens ist es offenbar um die Suchfähigkeiten der Redaktion nicht gerade zum Besten bestellt, denn bereits ein simples Verallgemeinern des Suchbegriffs auf «Abfall» bringt einen auf www.weiach.ch weiter. Schon mit dem nächsten Klick landet man auf den Abfalldaten - et voilà: da ist der Abfallkalender.

Und zweitens: Um etwas zu finden braucht es nach Meinung des ZU-Redaktors eine website-eigene Suchmaschine. Da kann man bei der oft zweifelhaften Qualität von on-site-Suchmaschinen nur viel Glück wünschen. Offenbar liegt aber dem Normalverbraucher der Gedanke fern, mit der Google-Suche nach «Abfallkalender site:weiach.ch» zu einem Resultat zu kommen.

Tipp: In den MGW auf der letzten Seite suchen

Wer übrigens darauf besteht, unbedingt das Wort «Abfallkalender» als Überschrift lesen zu wollen, der muss die letzte Seite der «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach» aufschlagen. Die jeweils monatsaktuelle Spalte des Abfallkalender 2010 ist dort grau hinterlegt.

Für die Suchmaschinen-Optimierer der Innovative Web AG, welche den Webauftritt der politischen Gemeinde Weiach hostet gäbe es dennoch etwas zu erledigen: Baut eine Suchbegrifftabelle ein, die auf eng verwandte Begriffe mappt!

Wer weiss: Dann findet vielleicht sogar die Redaktion des Unterländers unseren Abfallkalender.

Quellen

Montag, 22. Februar 2010

Tessiner Gebirgsinfanterie in Weiach

Im Verlauf des 2. Weltkriegs war auch (mindestens) einmal Tessiner Gebirgsinfanterie in Weiach stationiert. Das geht aus einer Postkarte hervor, die seit heute vom bekannten Unterländer Ganzsachensammler Ernst Schmid aus Windlach auf Ricardo zum Verkauf angeboten wird.

Die Beschreibung lautet: «Weiach s/w 22.09.1941. Weiach mit 5 Bildern. Kleiner, kaum sichtbarem Schaden. Ansichtskarte nach Quinto TI. - Militärstempel (319)».

Die Postkarte ging also an den Signore Luigi Jelmini in Quinto in der Leventina und erreichte den Adressaten am 22. September 1941. Der Absender grüsst aus Weiach und erwähnt, dass seine Einheit, die Gebirgsmitrailleur-Kompanie IV/94 (Comp. Mitr. da mont.) zum Geb. Inf. Rgt. 30 gehört.


Die obige Kombination von Gebäuden auf einer Postkarte ist mir bislang noch nie begegnet.

Rechts oben sieht man die Dorfansicht, wie sie sich den Reisenden präsentierte, wenn sie von Kaiserstuhl herkamen: rechts im Bild die grosse Linde beim Sternen, wo die Hauptstrasse in einer 90-Grad-Kurve Richtung Glattfelden abbog und man geradeaus nach Stadel weiterfahren konnte.

Ganz unten rechts die reformierte Kirche mit dem alten Gemeindehaus.

Welche Häuser sind hier abgebildet?

Bei den übrigen drei Fotos bin ich nicht so sicher. Unten links ist möglicherweise das Pfarrhaus abgebildet. Fragt sich dann allerdings von welcher Seite her - den Anbau auf der Nordseite sucht man nämlich auf dem Bild vergebens.

Die Häusergruppe in der Mitte mit den vielen Personen davor könnte eine Abbildung der heutigen Alten Poststrasse sein (mit der Liegenschaft Rutschmann im Vordergrund und der Alten Post rechts im Hintergrund).

Auf das Haus oben links hingegen kann ich mir gar keinen Reim machen. Am ehesten würde ich noch auf das Restaurant Linde tippen. Da passt aber die Riegelstruktur des Gebäudes auf dem Bild nicht zum heutigen Zustand der «Linde». Ist das vielleicht der 1952 abgebrannte alte Bedmen-Hof?

Wer weiss mehr?

Sonntag, 21. Februar 2010

Mit dem Kirchengesangbuch ans Konzert

Heute vor 50 Jahren stand in der reformierten Kirche Weiach klassisches Repertoire auf dem Programm - nichts für kleine Kinder.

Eine Sopranistin und zwei Organisten wurden von Männerchor und Kirchenchor umrahmt. Dirigent der beiden Chöre war der Primarschullehrer und Chronist Walter Zollinger (zum Vergrössern anklicken):


Konzert in der Kirche Weiach

«Sonntag, den 21. Februar 1960, nachm. 14.30 Uhr

Mitwirkende:
Frau Emmi Derrer Oberglatt, Sopran
Herr W. Harlacher Hofstetten, Orgel
Herr E. Wildermuth Glattfelden, Orgel
Kirchenchor
Männerchor

Programm:
Gemeindegesang. Lied 47 / Str. 1-3
Orgel. Präludium - Johann Pachelbel
Männerchor. Der Friedefürst - Chr. Wittwer
Sopransolo. Im Abendrot - F. Schubert
Kirchenchor m. Orgelbegl. Herr, Dein Wort bleibt ewiglich - W. Schmid

PSALM 33
Sopransolo. Nachruf - O. Schoeck
Kirchenchor. Das Erwachen - H.G. Nägeli
Orgel. Conzerto III - J.S. Bach
Männerchor m. Orgelbegl. Gloria - A. Rossow
Gemeindegesang. Lied 54 / Str. 1,2,9,10

Bitte, das Kirchengesangbuch mitbringen!

Kollekte zur Deckung der Unkosten.

Kinder unter 10 Jahren haben keinen Zutritt!

Herzlich laden zu dieser Feierstunde ein:
Kirchenpflege Weiach
Kirchen- und Männerchor
»

Der Geehrte wird nicht genannt

Auf dieser Einladung ist Walter Zollinger nicht aufgeführt. Dabei war er nicht nur selber aktiv beteiligt, sondern ist sogar der eigentliche Grund des Anlasses, wie er selber in seiner Chronik des Jahres 1960 erwähnt:

«Ein besonderer Tag für beide Chöre und deren Dirigenten war der 2. Februar [gemeint wohl: 21. Februar]. An diesem Nachmittag durfte der Unterzeichnete zwei Jubiläen "auf einen Tätsch" erleben: 40 Jahre Männerchordirigent und 30 Jahre Kirchenchorleiter. Dieser Doppelanlass wurde mit einem gemeinsamen Nachmittagskonzert in der Kirche (siehe Programm im Anhang) und einem anschliessenden festlichen Zabig im Saal des Rest. "Bahnhof" gebührend gefeiert.»

Quelle

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach - Chronik des Jahres 1960, Weiach 1962 - S. 13-14 u. Beilage

Samstag, 20. Februar 2010

Wo die Festungswächter wohnten

Im Gebiet «See» südwestlich des Alten Bahnhofs und der Hauptstrasse Nr. 7 ist seit der Bewilligung des Quartierplans durch den Kanton langsam aber sicher etwas am Tun.

Baugespanne stehen und in den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach sind die entsprechenden Projekte ausgeschrieben. So eines der Schefer Partner Planungen, Verenagasse 7, 8302 Kloten für einen «Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern, Kaiserstuhlerstrasse / Strasse "im See", AV-Kat.-Nr. 1204, Wohnzone mit Gewerbeerleichterung, 3 Geschosse WG3» (MGW, Januar 2010, S. 6). Sie kommen auf den Platz des früheren Restaurants Bahnhof zu stehen.

Eine grosse Fläche Bauland (etwas über 1 Hektare) gleich dahinter ist aber weiterhin ausgeschrieben. Und scheint noch immer nicht verkauft zu sein. Fast 4 Millionen für 10800 Quadratmeter ist halt kein Pappenstiel.

Arbeiten und Wohnen unter einem Dach

Das einzige Mehrfamilienhaus, das in diesem Gebiet bereits steht, wird heuer schon sein 50stes Aufrichtefest feiern können.

Walter Zollinger hat in seiner «Chronik des Jahres 1960» einen Ausschnitt aus der damaligen amtlichen Baupublikation eingeklebt: «Wohnbaugenossenschaft «Sonnenrain», Grubensteig 11, Schaffhausen: Bau eines 5-Familienhauses mit Diensträumen und einer Garage im Dörndlihag, Weiach.»

Das FWK-Haus von der Hauptstrasse aus gesehen [Foto: Zollinger, 1960-1962]

Dazu schreibt er unter dem Titel «Bautaetigkeit/Handaenderungen»:

«Es gibt auch diesmal auf dem Gebiet Bautätigkeit noch nicht allzuviel zu berichten. Immerhin ein Neubau ist erwähnenswert: im sogen. "Dörndlihag", das ist links der Landstrasse nach Kaiserstuhl, gegenüber dem 1957 erstellten Lagerhaus der landw. Genossenschaft ist ein Fünffamilienhaus entstanden, Bauherrschaft ist die "Baugenossenschaft Sonnenrain" Schaffhausen. Es wohnen ausnahmlos Angestellte des Festungswachtkorps drin, deren Büro sich ebenfalls in diesem Neubau befindet.»

Später auch Wohnraum für Grenzwächter und Bähnler

Im WeiachBlog-Beitrag «Die Grenzwache verlässt die Grenze» habe ich geschrieben, die Liegenschaft sei auch von Angehörigen des Grenzwachtkorps bewohnt worden. Dieser Sachverhalt wird auch von alt Gemeindeschreiber Hans Meier bestätigt. Weil es nicht mehr genügend FWK-Angehörige gegeben habe, die dort wohnen wollten, seien einzelne Wohnungen auch an Grenzwächter und SBB-Angestellte vermietet worden. Unter anderen habe der spätere Bahnhofsvorstand Armin Stäuble anfangs dort gewohnt.

Quellen

Freitag, 19. Februar 2010

Streit um ein Bett landet vor Gericht

Das Amtsblatt des Kantons Zürich erscheint heuer bereits im 177. Jahrgang. Mit anderen Worten: seit 1834 werden Verlautbarungen des Staates über diese Publikationsschiene bekannt gemacht.

Auch die Bezirksgerichte bedien(t)en sich dieses Informationsmediums. Vor allem dann, wenn den Beklagten die Dokumente nicht auf ordentlichem Weg zugestellt werden können - da diese sich an einem dem Gericht unbekannten Ort aufhalten.

Abwesender Kläger...

So wie der Weiacher Christoph Meier im Sommer 1866. Da wurde unter der Rubrik «Vermischte Bekanntmachungen» der Entscheid über seine heute etwas seltsam anmutende Klage veröffentlicht:

«21. Das Bezirksgericht Regensberg hat in Sachen des Christoph Meier von Weiach, Klägers, dato unbekannt abwesend, gegen Johannes Hauser in Weiach, als Vogt der Kinder erster Ehe des Rudolf Baumgartner, Schuster, Pfeifers, daselbst, Beklagte, betreffend Vindikation, über die Rechtsfrage:

Ob die Eigenthumsansprache des Klägers im Konkurse des Vaters der Beklagten an ein Bett mit Bettstatt, Decke, Unterbett und Pfulmen begründet sei?

mit Einmuth erkennt:

1. Es sei die Eigenthumsansprache des Klägers abgewiesen.
2. Habe derselbe die Kosten zu tragen.
3. Sei das Urtheil den Parteien, dem Kläger durch das Amtsblatt und den Lägernboten mitzutheilen, mit der Anzeige, daß ihm die Appellationsfrist vom Tage der Bekanntmachung im Amtsblatt zu laufen beginne.

Regensberg, den 25. Augstmonat 1866.
Im Namen des Bezirksgerichtes
Der Gerichtsschreiber,
Bucher.
»

Das Bett gehört weiterhin den Erben

Mit dem Fachbegriff «Vindikation» wird der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegenüber dem nichtberechtigten Besitzer einer Sache bezeichnet. Was der Kläger Meier vorgebracht hat, um seinen Anspruch gegenüber den unter Vormundschaft gestellten Kindern Baumgartners zu beweisen, könnte man allenfalls dem Gerichtsprotokoll entnehmen.

Quelle
  • Amtsblatt des Kantons Zürich, 1866, S. 1968

Donnerstag, 18. Februar 2010

Brief am gleichen Tag angekommen

Die nachstehende Ganzsache, vor einigen Monaten auf Ricardo versteigert, lässt sich zeitlich nicht nur dank des Poststempels und der Briefmarke auf das Jahr 1907 eingrenzen:


Auch der Briefumschlag selber ist nicht viel mehr als ein paar Monate älter als der Stempel. Hans Lienhard wurde nämlich erst im April 1906 zum Bezirkstierarzt gewählt (vgl. WeiachBlog vom 15. Mai 2006).

Effiziente Direktzustellung

Wirklich erstaunlich ist aus heutiger Sicht der Ankunftsstempel von Fisibach. Er zeigt dasselbe Datum (30. November 1907) wie der Abgangsstempel von Weiach! Wie haben die Pöstler das vor über 100 Jahren hinbekommen?

Ganz einfach. Der Brief wechselte am Bahnhof Weiach-Kaiserstuhl die Hand - direkt von Posthalter zu Posthalter. An diesem per 1. Januar 1902 von der Nordostbahn an die Schweizerischen Bundesbahnen übergegangenen Bahnhof kamen die drei Postangestellten von Kaiserstuhl, Fisibach und Weiach nämlich bis in die 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts regelmässig dann zusammen, wenn der Postzug hielt.


So eine reife Leistung würde die Schweizerische Post heute nur noch mit ihrem spritverschleudernden, sauteuren Expressdienst hinbekommen. Und selbst der würde einen Umweg über Zürich machen.

Wo liegt die Bauernmühle?

Auch den Wohnort der Adressaten «Herren Gebr. Bucher, Bauernmühle, Fisibach» kann man genau verorten:

«Bauernmühle (Kt. Aargau, Bez. Zurzach, Gem. Fisibach). 372 m. Häusergruppe, an der Strasse Kaiserstuhl-Zurzach, 1 km w. der Station Kaiserstuhl-Weiach der Linie Waldshut-Eglisau und 600 m vom Rhein am Fisibach. Mühle. 30 kathol. Ew.» (Quelle: Geographisches Lexikon der Schweiz, 1902-1910, Bd. 1, S. 173)

Quellen

Dienstag, 16. Februar 2010

Für Excel ist Weiach ein Fehler

Man glaubt es kaum. Tatsache aber ist: Microsoft Excel 2007 akzeptiert die Existenz von Weiach nicht.

Obwohl ich als primäre Bearbeitungssprache «Deutsch (Schweiz)» eingestellt habe, korrigiert das Programm stur jede Eingabe von «Weiach» in «Weich».

Des Rätsels Lösung findet man in der AutoKorrektur-Liste, die standardmässig hinterlegt ist und den Deutschen suggeriert, Weiach sei ein Fehler:

Weiach in einem Excel-Sheet? Das geht offenbar nur, wenn man diesen Listeneintrag löscht. Schöne neue Microschrott-Welt.

Montag, 15. Februar 2010

Wahltelegramm. Allzu kurz wird's fehlerhaft

Die inhaltlichen Tücken von auf immer weniger Zeichen eingedampften Kurznachrichten wurden letzte Woche im Tages-Anzeiger Unterland offenbar.

Da fand Sandra Zrinski, Kürzel «(szr)», für die Ausgabe vom 11. Februar wieder einmal einen Lückenfüller hiesiger Provenienz und publizierte ihn unter dem Titel «Wechsel in Weiacher Schulpflege».

«Weiach – Am 7. März findet der erste Wahlgang für die fünf Sitze in der Primarschulpflege statt. Der Präsident Rainer Hüssy tritt nicht mehr an. Für seinen Sitz bewerben sich Marco Lobsiger und neu Brigitte Klose. Von den Bisherigen kandidieren Maya Bütler, Marianne Kunz und Ronald Meier.» (TA Unt, 11.2.2010, S. 21)

Korrekt

Dass hier zu stark gekürzt wurde, zeigte sich zwei Tage darauf. Der Tagi musste gleich nochmals wertvollen Spaltenplatz für eine Korrektur opfern:

«Weiach - Brigitte Baumgartner-Klose kandidiert für Schulpflege

(TA) In Weiach wird am 7. März die Primarschulpflege gewählt. Neu zur Wahl stellt sich Brigitte Baumgartner-Klose. Sie kandidiert aber nicht – wie in der Ausgabe vom Donnerstag fälschlicherweise berichtet – für das Präsidium der Weiacher Schulbehörde.
» (TA Unt, 13.2.2010, S. 25)

Da fragt man sich, warum der Tagi schon wieder einen Bock zu einem Weiacher Thema schiesst (vgl. WeiachBlog vom 30. Januar, link unten).

Artikel zum Thema Wahlen

Sonntag, 14. Februar 2010

Bunter Abend der Dorfmusik

Am 13. Februar 1960, also gestern vor 50 Jahren (übrigens wie dieses Jahr auch ein Samstag), veranstaltete die Dorfmusik Weiach ihren Unterhaltungsabend.

Per hektographiertem, in alle Briefkästen verteilten A4-Blatt wurden die Einwohner eingeladen:


(zum Vergrössern anklicken)

«Bunter Abend
unter Mitwirkung des beliebten Duo Baumann

Samstag, den 13. Februar 1960, abends 20.00 Uhr
im Gasthof "Sternen" - Weiach

Programm:
Direktion: Herr P. Hauser

Konzert I. Teil:
1. Rot-Weiss-Rot. Marsch von Sepp Tanzer
2. Kleine Plauderei. Intermezzo von H. Hartwig
3. Amsel-Polka von J. Vejvoda
4. Die Wacht am St.Gotthard. Marsch von Max Ringeisen

---- Einlage des Duo Baumann ----

Konzert II. Teil:
5. Marsch der Grenadiere von Hans Honegger
6. Im Volkston. Volksliederpotpourri von Hans Kliment
7. Heimatgrüsse. Walzer von H. Freivogel
8. Wien bleibt Wien. Marsch von Joh. Schrammel

Pause
Tombola - Bunte Einlagen
Tanz mit dem Orchester Espana
Freinacht

Eintritt: Fr. 1.65 - Saalabzeichen (obligat.) Fr. 1.65
Kassaeröffnung: 19.30 Uhr.
Kindervorstellung: Samstagnachmittag, 2 Uhr
Eintritt für Kinder: 50 Rp. - Erwachsene: Fr. 1.10

Zu zahlreichem Besuche laden ein:
"Dorfmusik Weiach" und Fam. Hengartner, "Sternen".
»

Man kann sich ausrechnen, dass der Eintritt am Abend das Portemonnaie der Unterhaltung Suchenden mit Fr. 3.30 pro Person belastete. Die Aufteilung in Eintritt und obligatorisches Saalabzeichen hängt wohl mit der «Billetsteuer» des Kantons zusammen.

Das Programm dieses «Chränzli» ist uns dank Walter Zollinger überliefert, der es seinem Typoskript «Chronik des Jahres 1960» beilegte.

Sonntag, 7. Februar 2010

Erste Gemeinderätin aus Amt gedrängt?

Da haben die Weiacherinnen und Weiacher eine Frau in die Gemeindeexekutive gewählt - zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde überhaupt. Und schon wenige Stunden später lehnt Elsbeth Ziörjen die Wahl in den Gemeinderat ab. Warum das?

Nach der Pattsituation vom Sonntag (vgl. Patt nach Kampfwahl um Gemeindepräsidium. WeiachBlog vom 31. Januar 2010) war eines klar: Paul Willi hat das absolute Mehr nicht erreicht. Selbst bei einer Wahl nach relativem Mehr wäre er als Sechster überzählig ausgeschieden. Noch am Abend der Wahl sah es so aus, dass die Stimmberechtigten nun den Gemeindepräsidenten aus den fünf bereits Gewählten würden aussuchen müssen. Denn nur wer auch als Gemeinderat gewählt ist, kann als Präsident gewählt werden. Paul Willi war also aus dem Rennen.

Wer zu spät kommt, den bestraft das briefliche Verfahren

Aber nicht für lange. Denn den neu Gewählten mit nur wenigen Stimmen über dem absoluten Mehr von 95 Stimmen (Ziörjen mit 117 und Galimberti mit 120) ist ziemlich schnell klar geworden, dass einer von ihnen wohl nicht gewählt worden wäre, hätte der bisherige Gemeinderat Paul Willi seine Kandidatur nur wenige Tage früher bekanntgegeben. Und nicht erst am Freitag vor der Wahl.

Zu diesem Zeitpunkt hatten viele Stimmberechtigte ihre Zettel bereits ausgefüllt oder sogar schon brieflich zu Handen der Wahlurne eingeschickt. Viele aus der ersten Kategorie wollten sich noch umentscheiden, nachdem die Kandidatur Willi bekannt wurde. Nach Aussage des amtierenden Gemeindepräsidenten Gregor Trachsel seien am Freitag etliche Einwohner auf die Gemeindekanzlei gekommen und hätten neue Wahlzettel verlangt!

Mit dem Rücktritt von Ziörjen wird wieder ein Sitz vakant. Und es sieht ganz so aus, als ob beim zweiten Wahlgang am 7. März 2010 Paul Willi nicht nur als Gemeinderat wiedergewählt, sondern auch zum neuen Gemeindepräsidenten gekürt wird. Der Kandidat aus dem ersten Wahlgang, Emanuel Galimberti, hat sich nämlich aus dem Rennen zurückgezogen. Und Ernst Eberle hat schon vor dem ersten Wahlgang klar zu verstehen gegeben, er stehe nicht zur Verfügung.

Mutmasslicher Volkswille versus gesetzliche Vorschriften

All das dürfte dem Willen einer Mehrheit der sich aktiv an der Wahl beteiligenden Stimmberechtigten entsprechen. Das Ziel: mehr Kontinuität in die Arbeit des Gemeinderats zu bringen, ist so besser gewährleistet. Ob dieses von Ziörjen genannte Ziel aber als Rücktrittsgrund vor dem Gesetz bestehen würde, ist sehr fraglich.

Das kantonale Gesetz über die politischen Rechte sieht nämlich für ein Amt mit Amtszwang (wie es ein Gemeinderatsposten nun einmal darstellt), lediglich vier explizit genannte Ablehnungsgründe vor.

Entweder ist der/die Gewählte a) bereits über 60 Jahre alt, hat b) bereits ein anderes Amt inne, in das er von Stimmberechtigten gewählt worden ist (z.B. Kantonsrat), oder er/sie ist c) schon seit zwei Amtsperioden im fraglichen Gremium. Als vierten und letzten Grund gibt es d) nur noch sonstige «wichtige Gründe».

Kontinuität im Gemeinderat: kein wichtiger Grund

Beim Gemeindeamt des Kantons ist der von WeiachBlog angefragte Jurist der Meinung, ein Grund wie der von Ziörjen genannte sei kein vom Gesetz vorgesehener oder durch die Gerichtspraxis bestätigter, gültiger Ablehnungsgrund. Es gelte für alle fünf Personen, die am Sonntag das absolute Mehr übertroffen hätten der Grundsatz «Gewählt ist gewählt».

Mit anderen Worten: erhebt ein Stimmberechtigter fristgerecht beim Bezirksrat Stimmrechtsbeschwerde gegen diesen Rücktritt und wird diese gutgeheissen, dann muss der vom Gesetz vorgesehene Zustand wiederhergestellt werden: Elsbeth Ziörjen ist im Gemeinderat, Paul Willi nicht.

Samstag, 6. Februar 2010

Stehende Helvetia vom 5. Februar 1886

Derzeit ist auf Ricardo die nachstehend abgebildete Briefmarke im Angebot, eine so genannte Stehende Helvetia «in blaugrüner Nuance mit Vollstempel WEYACH 5.II.86», wie es im Inserat heisst.

Die vorliegende Marke hat den Frankaturwert 25 Rappen. Es gab weiter die Werte 20, 40, 50 und 100 Rp., je mit eigener Farbe, welche ab April 1882 verwendet wurden.

Interessant ist, dass damals derartige Fehldrucke mit offensichtlich schlecht zentriertem Markenbild problemlos die Qualitätskontrolle passierten und in Weyach auch verkauft wurden. Man wird wohl gedacht haben, die Briefmarken erfüllten ja ihren Zweck auch so. Für heutige Philatelisten erhöht dies das Jagdfieber, wenn sie sich einen Sport daraus machen, solche Fehler zu sammeln.

Weiterführende Links

Freitag, 5. Februar 2010

Ex-DDR-Parteiorgan erwähnt Weiach

Wenn Zeitungen ein kleines Dorf weitab der weltpolitischen Trampelpfade und hunderte oder gar tausende von Kilometern von ihren Stammlanden entfernt erwähnen, dann kann es sich eigentlich nur um die genaue Verortung eines Unglücksfalls oder die engere Heimat eines Athleten handeln.

Im Falle von Hajo Obuchoff, Journalist bei «Neues Deutschland», dem früheren Zentralorgan der DDR-Staatspartei SED, traf am 3. Februar 2010 der zweite Fall zu. Er schrieb über einen Sportler aus Weiach. Genauer gesagt: einen Ex-Profi-Sportler.

Bäumli als Schlachtenbummler

Aufhänger des Artikels Schweizer Freude im Berliner Rund. Das Sechstagerennen begeistert die Fans sind die Sixdays-Schlachtenbummler David Baumann und Benjamin Baumgartner:

»Was mir am besten gefällt in Berlin«, meint Baumanns Freund, Benjamin Baumgartner, »ist die Objektivität des Publikums. Hier wird jeder auf der Bahn angefeuert – egal aus welchem Land er kommt.«

Baumgartner war selbst Radrennfahrer und kann fachlich mitreden. »Ich bin ein großer Fan von Maximilian Levy. Den kenne ich persönlich. Er ist einfach ein guter Typ«, sagt der Schweizer über den Cottbuser Weltmeister im Keirin. Noch 2008 fuhr Baumgartner gemeinsam mit seinem Bruder Tobias selbst beim Züricher Sechstagerennen gegen die Elitefahrer, die auch in Berlin ihre Runden drehen. Damals musste er aber nach der vierten Nacht aufgeben.

»Ich habe inzwischen auch meine Profikarriere an den Nagel gehängt«, erzählt der 26-Jährige aus Weiach, den seine Freunde Bäumli nennen. »Ich musste einsehen, dass ich keine Chance habe, ganz vorn mitzufahren. Wenn ich sehe, wie viele sehr gute Fahrer es allein in Deutschland gibt – da konzentriere ich mich lieber auf mein Wirtschaftsstudium.«


Fahnen schwenken für die Holländer

Gegen Ende des Artikels dokumentiert Obuchoff, dass Bäumli und sein Freund wirklich die sportliche Leistung bejubeln und nicht nur einfach die Eidgenossen (allen voran das Duo Marvulli/Aeschbach) anfeuern:

Allerdings verschafft sich kurze Zeit später im 30-Minuten-Rennen die »Schwarze Sieben« mit Danny Stam und Peter Schep die beste Ausgangsposition für die letzte Nacht. Gemeinsam mit den Paaren Robert Bengsch und Marcel Kalz sowie Andreas Müller und Erik Mohs jagen die fliegenden Holländer den Dänen und den Brandenburgern eine Runde ab. Da schwenken auch die Jungs aus Zürich anerkennend ihre Schweizer Fahne.

Zerrbild Schweiz

Was für ein Bild die stark linksorientierte, überalterte und damit mehrheitlich DDR-gewohnte Leserschaft von «Neues Deutschland» von den Schweizern auch Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer noch haben dürfte, zeigt sich an einem beiläufigen Kommentar Obuchoffs im Anschluss an eine Aussage von Bäumlis Freund David Baumann:

»Wir haben ein gemütliches und erschwingliches Hotel in Kreuzberg gefunden.« Selbst für Schweizer ist das ein wichtiger Faktor.

Wie war das? Irgendwie sind alle Schweizer reich - oder wenigstens Finanzexperten.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Februarwetter 1960: Garstig gesalzener Schnee

Der Februar 2010 hat mit kalten Temperaturen und heftigen Schneefällen begonnen. Weil das Streusalz knapp geworden ist, wird jetzt nur noch auf ausgewählten Strecken gestreut. Und schon häufen sich die Verkehrsunfälle.

Positiver Nebeneffekt nach einigen Tagen: es hat weniger Autos auf der Strasse. Ganz abgesehen davon, dass nicht Wenige einem mit knirschendem Schnee bedeckten Trottoir einen besonderen Reiz abzugewinnen vermögen, dem versalzenen Matsch hingegen gar keinen.

Dem Hornerwetter treu geblieben

Der Weiacher Primarschullehrer Walter Zollinger (1896-1986) wäre wohl auch dieser Meinung. Lesen Sie hier aus seiner Sicht, was der Februar vor 50 Jahren dem Dorf brachte:

«Februar: Im grossen und ganzen bleibt er sich selber, dem Hornerwetter nämlich, ziemlich treu. Ich verzeichnete nur 4 ganz sonnige Tage und je 4 sonnige Vor- oder Nachmittage. Sonst war es immer neblig (6 Vorm. u. 2 Nachm.), regnerisch (6 Vorm. 4 Nachm.), Schneefall (an 6 Vorm. je einem Nachm. u. Abend), bewölkt oder Hochnebel (an 8 Vorm. u. 1 Nachm.). Sehr oft wehte der Oberwind [meint wohl: Bise], weshalb die Vormittagstemperaturen meist unter 0° sanken, -2 bis -5°, während an den Nachmittagen eine "Wärme" von +1 bis +7° herrschte, sobald der Wind nachliess. Einige Ausnahmen von dieser Regel bildeten die nachfolgenden Februartage:

Der 8.2. brachte eine Kälte von -14° am Morgen und immer noch -6° am Nachmittag, auch starken Biswind. Vom 9.-11.2. hielt die Kälte, allerdings "nur" mit Morgentemperaturen von -10° u. -9° noch an. - Das Gegenteil bildete der 21.2., ein Sonn- und Sonnentag zugleich, am Vormittag schon +5°, am Nachmittag sogar +15°C. Es war ein richtiger Föhntag. Das ganze Monatsende stand dann weiterhin unter Föhneinfluss; das Thermometer sank nie mehr auf 0° oder darunter; zweimal war/s sogar +9° und +13° warm.

Nachzutragen ist noch, dass die paar Schneefälle um die Monatsmitte lagen und uns eine Schneeschicht von ca. 5 cm brachten. Leider wird allemal, den Motorfahrzeugen zuliebe, allsogleich "gesalzt", sodass sich eine sulzige, nasse Schicht auf den Strassen bildet. Für die Fussgänger und Winterfreunde etwas Garstiges! Aber das bringt eben die neue Zeit der Motorisierung und Mechanisierung mit sich.
»

Besonders interessant am letzten Abschnitt finde ich, dass Zollinger das heute übliche Verb salzen in Anführungszeichen gesetzt hat. Das deutet daraufhin, dass dieses Vorgehen für ihn neu war - man die Strassen also damals noch nicht allzu viele Winter gesalzen hat.

Quelle
  • Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1960 - S. 2-3.
  • vgl. für die vollständige Sammlung: Zollinger, W.: Jahreschroniken Weiach 1952-1967. Originale: Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach [Jahrgang].

Mittwoch, 3. Februar 2010

Eine Brennholz-Gant im Februar 1960

Holzganten waren in der Vergangenheit ein alljährliches Ereignis auf Weiacher Boden, was nicht verwundert, wenn man sich den hohen Waldanteil am Gemeindegebiet (rund 50%) vergegenwärtigt.

Heute vor genau 50 Jahren wurde nicht das hochwertige Stammholz versteigert, sondern die Abfälle: Brennholzspälten und Staudenwellen.


«Weiach - Brennholz-Gant

Die Gemeinde Weiach bringt Mittwoch, den 3. Februar 1960 folgendes Brennholz zur öffentlichen Versteigerung:

Abteilungen: Bauhalde, Brandhau, Haggenberg und Stadlerberg (ab autofahrbarer Strasse)

ca. 56 Ster Föhrenbrennholz
ca. 70 Ster Buchen- und Eichenbrennholz
3 Nummern Staudenmaterial

Beginn: 13.30 Uhr in der Bauhalde

Zahlreiche Käuferschaft erwartet
Weiach, den 30. Januar 1960
Der Gemeinderat
»

Wenn man dieses Inserat mit einem doppelt so alten vergleicht (s. Holzgant im Durhäuli vor genau 100 Jahren, WeiachBlog vom 6. Januar 2010), dann zeigt die verwendete Sprache deutliche Spuren modernerer Zeiten: der Text wirkt im Vergleich zu dem von Ende 1909 sec und durchrationalisiert.

Dazu passt der explizite Hinweis auf die Motorfahrzeugtauglichkeit der Waldstrassen. Kein Wort mehr von «bequemer Abfuhr».

Dienstag, 2. Februar 2010

Die Zollingerschen Jahreschroniken in der ZB

Walter Zollinger erwähnt in seinem 1972 erstmals herausgegebenen Büchlein «Weiach 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» (im Dorf auch kurz die «Chronik» genannt) die «seit 1952 vom Verfasser dieser Arbeit zusammengestellten, ziemlich ausführlich gehaltenen jährlichen Dorfchroniken».

Ausführlich sind die Zollingerschen Jahreschroniken in der Tat! In sechzehn maschinengeschriebenen Bändchen, welche die Jahre 1952 bis 1967 abdecken, behandelt er ein ganzes Kaleidoskop von damals aktuellen Themen. Seine Beilagen: Fotografien, Xerokopien, Zeitungsausschnitte und offizielle Druckschriften, wie Gutsrechnungen und Jahresberichte der Elektrizitätsgenossenschaft Weiach, beleben den Text.

Vorausbestellung zwingend

Und das sind sie, diese Jahreschroniken, wie man sie in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek in Zürich einsehen kann (Anfragen und Bestellung von Handschriften spätestens einen Tag im voraus. E-Mail: handschriften@zb.uzh.ch):


Diese Typoskripte sind jeweils für die ersten 25 Jahre nach der Ablieferung gesperrt. Erst seit Mitte der 90er-Jahre kann auch der jüngste Band eingesehen werden. Mit dieser Sperrfrist soll sichergestellt werden, dass die Chronisten auch heiklere Themen aufnehmen können, ohne gleich dafür Red' und Antwort stehen zu müssen.

Bei den Zollingerschen Jahreschroniken ist das ganz gut so. Einige Passagen sind aus dem Blickwinkel des Persönlichkeitsschutzes auch heute noch nicht für die Publikation geeignet.

Die kantonalzürcherische Ortschronik-Tradition

Die Jahreschroniken sind nicht im luftleeren Raum entstanden und auch keineswegs eine singuläre Weiacher Erscheinung, darauf deutet schon die spezielle Signatur hin, welche die Zentralbibliothek für diese Art von Schriftgut vergibt: «G-Ch [Ortsangabe] [Jahrzahl]».

Angeregt hatten sie namhafte Persönlichkeiten schon lange vor Zollingers erstem Typoskript über das Jahr 1952:

«Um die Jahrhundertwende ging vom Kirchenhistoriker Emil Egli (1848-1908) und vom Lokalhistoriker Emil Stauber (1869-1952) der Gedanke aus, in möglichst vielen Gemeinden des Kantons Männer zu finden, die jährlich über Naturlauf, landwirtschaftliche Verhältnisse, gesellschaftliches und politisches Leben sowie über Volkskundliches schriftlich berichten sollten. Dem Plan lag die Einsicht zugrunde, dass die ländliche Welt unter dem Einfluss der Industrie und des dichteren Verkehrsnetzes ihren ursprünglichen Charakter verliere, und dass es Zeit sei, das zum Verschwinden verurteilte Alte wenigstens in Aufzeichnungen zu konservieren.» (Gagliardi/Forrer – Einleitung S. 20)

In genau diesem Sinne hat Zollinger nach dem von Egli und Stauber skizzierten, festen Raster seine Berichte erstattet. Und so reiht sich dank ihm auch Weiach in den Reigen der Chroniken zürcherischer Gemeinden ein - wenigstens für die Jahre 1952 bis 1967.

Quellen

  • Zollinger, W.: Jahreschroniken Weiach 1952-1967. Originale: Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach [Jahrgang].
  • Gagliardi, E.; Forrer, L.: Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich, Band II: Neuere Handschriften seit 1500 (Ältere schweizergeschichtliche inbegriffen). Zürich, 1982.

Montag, 1. Februar 2010

Wie überwinde ich meine Müdigkeit?

Der gemeinnützige Frauenverein Weiach entstand 1929 aus einem Unterstützungsverein zugunsten der Handarbeitsschule, dem «Frauenverein der Arbeitschule Weiach». Sein Zweck war ausdrücklich «nach besten Kräften mitzuhelfen, die Not der Armen nach Möglichkeit zu heben» (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 59 für dieses Zitat und die nachstehenden).

Freiwillige Armenpflege für 20 Jahre nötig

Noch im Visitationsbericht über die Jahre 1912-1923 hatte sich Pfarrer Kilchsperger unter Punkt 35 überzeugt gezeigt, «die Kleinheit der Gemeinde» mache «eine besondere freiwillige Armenpflege unnötig». Die Weiacher Frauen waren schon wenige Jahre danach anderer Meinung.

Bereits 1948 wurde der Vereinszweck aber wieder anders umschrieben: er sollte, «die Gemeinschaft unter den Frauen fördern und gemeinnützigen Bestrebungen dienen».

Heutige Fragen schon vor 50 Jahren aktuell

Nun beschäftigten die Weiacher Frauen sich eher mit Fragen der Lebensgestaltung und des Wandels. Walter Zollinger berichtet in seiner Jahreschronik 1960 wie folgt (wahrscheinlich mit Unterstützung seiner Gattin, denn er selber war ja nicht Mitglied):

«Aus der Tätigkeit des Frauenverein (die Vorträge finden jeweils im Schulhaus statt):

31. Jan. Vortrag von Frau Dr. Keller-Kägi, Winterthur, über "Wie überwinde ich meine Müdigkeit"

13. März: Vortrag von Frau Guggenbühl, Zürich, über "Haushaltarbeit - Fron oder Freude?"

10. Mai: Der Frauenverein reist ins Toggenburg und Tösstal und besucht dabei unsere frühere Pfarrfamilie Hauser, die jetzt in Fischenthal/ZH amtet

13. Nov.: Jahresversammlung, wie gewohnt mit Thee und Schüblig (vom Brot stand nichts in der Einladung!)

14. Dez.: Vortrag von Frau Schalcher-Müller, Winterthur, über "O du gnadenreiche Zeit!"
».

Welche Antworten zum Thema Müdigkeit gegeben wurden? Ist mir leider nicht bekannt. Aber vielleicht waren sie gar nicht so weit weg von den modernen Antworten, wie sie heute unter Medizinern herumgeboten werden oder sonst im Internet abrufbar sind. Auch die Themen der anderen Vorträge muten ja durchaus aktuell an - einmal abgesehen von den Titeln.

Geleitet wurde der Verein vor 50 Jahren übrigens von Lise Baumgartner-Brennwald, der Frau des damaligen Kirchengutsverwalters und späteren Gemeindepräsidenten Ernst Baumgartner-Brennwald (im Amt 1966-1982).

Quellen