Samstag, 30. September 2006

Warum die Kirche doch in ihre Zeit passt

Nach dem Zürcher Unterländer (vgl. WeiachBlog-Artikel von gestern) bringt heute auch das Neue Bülacher Tagblatt eine Vorschau auf das 300-Jahr-Jubiläum der Weiacher Kirche.

NBT-Korrespondent Lukas Fehr betitelte seinen Artikel mit dem Zitat: «Diese Kirche passt nicht in ihre Zeit». Dieser Titel ist richtig und falsch zugleich.

Richtig, weil Wehrkirchen ein Konzept aus dem Mittelalter sind, jedoch unsere Kirche samt Ummauerung des Kirchhofes im Zeitalter der Aufklärung gebaut wurde.

Falsch, weil das Kirchengebäude an sich (ohne die Friedhofmauern und den restlichen Komplex mit Pfarrhaus, Pfarrscheune und altem Gemeindehaus) durchaus ein Bau im Stil seiner Zeit ist - etwas konservativ zwar, aber nicht veraltet.

Die Weiacher Kirche passt also doch in ihre Zeit. Denn sie bildet eine zeitgenössisch-protestantische Form des Übergangs von der chorbetonten Kirche des Mittelalters zur reinen Saalkirche mit geradem (statt polygonalem) Abschluss auf der Stirnseite. Sie wurde in Anlehnung an alte Traditionen nach bewährtem Bauplan erstellt. Das wird im Artikel mit dem Zitat: «Man liess sich auf keine Experimente ein» verdeutlicht.

Befestigter Platz - auch ein Bedürfnis der lokalen Bevölkerung?

Zurück zum Wehrcharakter. Die Legende zum Bild trifft den Nagel auf den Kopf: «Ein Teil von Zürichs Kriegsvorbereitungen: Die Mauern der Kirche Weiach erzählen 300 Jahre Geschichte». Gute Zusammenfassung ohne Überinterpretation.

Inwieweit dieser befestigte Platz einem Bedürfnis der lokalen Bevölkerung entsprach und ob Bauweise und Wahl des Bauplatzes militärische und/oder ganz einfach demonstrativ-repräsentative Funktionen bedienen sollten, ist nicht geklärt.

A priori ausschliessen kann man keine dieser Möglichkeiten. Dass auch die Einheimischen an einem ummauerten Platz mit Schiessscharten Interesse gehabt haben könnten, wird klar, wenn man sich die Aufregung vor Augen führt, welche 1703 in Weiach ihren Ausgang nahm (sog. «Blinder Lärmen», vgl. Weiacher Geschichte(n) 56). Übergriffe von fremden Soldaten, die an den Auseinandersetzungen des Spanischen Erbfolgekriegs (1701-1714) beteiligt waren, lagen damals durchaus im Bereich des Möglichen.

Keine Information über den Zweiten Koalitionskrieg 1799

Ob die Weiacher allerdings beim Heranrücken fremder Heere tatsächlich den Kirchhof als Verteidigungspunkt genutzt hätten (und nicht in die umliegenden Waldhöhen geflüchtet wären) kann nicht überprüft werden. Denn dieser Verteidigungsfall trat seit dem Bau nie ein.

1712 wurde die Anlage anlässlich des 2. Villmergerkriegs (protestantische Kantone gegen katholische) zwar mit zürcherischer Artillerie belegt. Aus der Zeit der Koalitionskriege des Jahre 1799 (Franzosen gegen Österreicher und Russen) ist jedoch bisher über die Verwendung des Kirchhofes als befestigten Stützpunkt noch nichts bekannt. Die Fronten bewegten sich damals mehrmals über Weiach hinweg. Kämpfe scheint es in Weiach selber nicht gegeben zu haben.

Quelle

Freitag, 29. September 2006

Ist eine Wehrkirche ein Bunker?

Ein Bunker ist nach den Wörterbuchern Duden und Wahrig ein in Beton ausgeführter Schutzraum oder Unterstand. Also ein Phänomen des Industriezeitalters.

Die alten Römer hatten zwar auch schon viele Bauten in Kalkbeton-Ausführung erstellt - am Beispiel des spätrömischen Wachtturms kann man das sogar auf Weiacher Gemeindegebiet feststellen. (vgl. WeiachBlog vom 17. April)

In moderner Zeit kam der Beton aber erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wieder in grösserem Stil in Gebrauch, vor allem nach der Erfindung des Portlandzements im Jahre 1824.

Deshalb mutet der Vergleich der 300-jährigen Weiacher Kirche mit einem Bunker etwas schräg an.

Wehrkirche - Burg - Bunker?

Dieser Vergleich wurde laut Zürcher Unterländer von Pfarrer Christian Weber angestellt. Die Journalistin Vanessa Eugster schreibt heute im Unterländer, die Weiacher Kirche sei eine Wehrkirche und zitiert dann Weber mit den Worten: «Sie war Burg und Kirche in einem».

Eugster erwähnt weiter, eine Wehrmauer mit Schiessscharten umgebe den Bau [korrekt wäre: den alten Kirchhof] und zitiert dann erneut den derzeitigen Weiacher Verweser: «Im Krieg sollte die Kirche der Bevölkerung Schutz bieten und war darum auch eine Art Bunker.» Als das Gotteshaus 1706 erbaut wurde, habe man eigentlich keine Wehrkirchen mehr gebaut, so Weber. Warum in Weiach trotzdem eine im Burgstil gebaut wurde, sei nicht völlig klar. Die Standortwahl sei durchaus auf kriegsstrategische Gründe zurückzuführen. «Von hier aus hat man einen optimalen Überblick.»

Nur ein befestigter Platz

Der Vergleich mit einer Burg hinkt genauso wie der mit einem Bunker. Die Zeit der Burgen (und damit die der Wehrkirchen) war mit dem Ende des Mittelalters abgelaufen und die für Bunker in der Aufklärung noch nicht gekommen.

Richtig ist hingegen, dass die Weiacher Kirche damals eines der wenigen Gebäude in der Gemeinde mit dicken, soliden Steinmauern gewesen ist.

Was man nach Plänen des Zürcher Festungsbauingenieurs Hans Caspar Werdmüller in Weiach vor genau 300 Jahren gebaut hat, war aber lediglich ein befestigter Platz, der Kirche, Pfarrhaus und Pfarrscheune einbezog - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Symbol der Wehrhaftigkeit

Als Schutz gegen eine Belagerung im grossen Stil (mit Kanonen und Granatwerfern) taugte diese Befestigung schon damals nicht viel. Sie wäre im Nu sturmreif geschossen worden. Gegen Angriffe mit leichten Hand- und Faustfeuerwaffen dagegen mochte sie durchaus ihren Fortifikationswert gehabt haben - und hätte ihn heute noch, wäre die Wehrmauer gegen die Hofwiese nicht umgelegt worden.

Im Gegensatz zum oben Gesagten ist der Autor der Festschrift ziemlich sicher, dass der an eine Wehrkirche erinnernde Charakter unseres Kirchenensembles (zusammen mit Standortwahl, Grundriss und Ausstattung der Mauern mit Schiessscharten) primär dem Pragmatismus der Zürcher Obrigkeit geschuldet ist. Sie ergriff vor 300 Jahren die Gelegenheit, einen ohnehin fälligen Kirchenneubau gleich auch mit einer militärischen und repräsentativen Funktion zu versehen.

Denn Spitzhelm und Ummauerung strahlen unmissverständlich Wehrhaftigkeit aus. Ein wichtiges Zeichen am Rande des Zürcher Herrschaftsbereichs. Und dieses Ziel haben die Bauherren erreicht: Wir diskutieren noch heute darüber.


Vorschau: Jubiläumsfeier vom 1. Oktober

10.30 Uhr Jubiläumsgottesdienst.

11.45 Uhr Apéro im Foyer des Gemeindesaals.

12.15 Uhr Mittagessen im Gemeindesaal.

14.00 Uhr Kurzvortrag «Wehrhaft und an neuem Platz gebaut» von Ulrich Brandenberger, Ortshistoriker.

14.30 Uhr Folklore aus aller Welt, Geigenstudio Suzuki, Dielsdorf.

Parallel zu den Anlässen kann im Ortsmuseum Weiach die Ausstellung zum Jubiläum besucht werden. Das Museum öffnet nach dem Gottesdienst und bleibt bis zum Abend geöffnet.



Quelle

  • Eugster, V.: Gotteshaus und Bunker. Weiach - Die Kirche wurde 1706 erbaut und feiert ihr 300-jähriges Bestehen. In: Zürcher Unterländer, 29. September 2006.

Donnerstag, 28. September 2006

Spitzhelm mit Kupferschindeln

In die vor wenigen Tagen publizierte Festschrift «300 Jahre Kirche Weiach» (Inhaltsverzeichnis siehe Artikel vom 16. September unten) haben sich leider auch sachliche Fehler eingeschlichen.

Bei der kurzen Produktionszeit und all den anderen Herausforderungen, die das Leben einem ungefragt präsentiert, ist das nicht wirklich verwunderlich.

Nun eignet sich ein Blog vorzüglich als Korrigenda-Publikationsorgan, wie schon im Artikel Scharbet ist ein Kinderrock, kein Bettchen bewiesen. Deshalb erscheint auch dieses Korrigendum im WeiachBlog.

Alt Gemeindepräsident: Keine Holzschindeln am Spitzhelm

Am 27. September abends erhielt ich einen Telefonanruf von Ernst Baumgartner-Brennwald. Er machte mich darauf aufmerksam, dass die Bedachung des Spitzhelms auch nach der Restaurierung 1966-68 noch aus Kupferschindeln bestehe. Er sei damals selber hinaufgestiegen und habe den Zustand überprüft. Der sei gut gewesen und deshalb habe man die Kupferschindeln beibehalten können.

Damit müssen zwei irreführende Passagen in der Festschrift korrigiert werden.

Die eine findet sich auf Seite 27: «Der Spitzhelm ist heute übrigens wieder im Stil des 18. Jahrhunderts gehalten. Anlässlich der Restaurierung 1966-68 konnte der Turm «mit Genehmigung der kantonalen Brandversicherung sogar mit Lärchenschindeln eingedeckt werden». (6. Bericht der KDZ, 1968/69)»

Die andere auf Seite 30: «Von den aussen sichtbaren Massnahmen war oben ausführlich die Rede. Unter anderem erreichte die Denkmalpflege, dass der Spitzhelm mit Genehmigung der kantonalen Feuerversicherung wieder mit Holzschindeln eingedeckt werden konnte.»

Das stimmt gemäss Baumgartner-Brennwald nicht. Weshalb dieser letzte Abschnitt in der überarbeiteten Fassung der Festschrift ab sofort so lautet:

«Unter anderem erreichte die Denkmalpflege, dass das Geviert mit Genehmigung der kantonalen Feuerversicherung wieder mit Holzschindeln verkleidet werden konnte.»

Stammen die Kupferschindeln von 1886?

Wie alt diese Eindeckung mit Kupfer ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die erste Verwendung von Kupfer wird im jüngsten Kirchturmdokument von 1886 erwähnt. Ausgeführt wurde damals erstmals eine «Eindeckung mit neuen gestanzten Kupferschindeln von 15 cm Länge & 85 mm Breite & 4 kg Blechgewicht per m2. Die Sprengung soll 50 mm betragen & es sollen die Schindeln mit 2 starken Kupferstiften von 25 mm Länge mit breiten Köpfen solid auf die Verschalung befestigt werden.»

Worauf sich die für 1929 erwähnten Arbeiten am Turm beziehen, ist unklar. Es wurde jedenfalls «neu beschindelt und gestrichen». Kupferschindeln brauchen meines Wissens keinen Anstrich.

Freitag, 22. September 2006

Mägerli & Mägerli - Maturandengeschwister

Maturfeier. Das Wort weckt Erinnerungen an eigene Erlebnisse - auch wenn sie mittlerweile Jahrzehnte zurückliegen. Episoden, die sich an derselben Schule abspielten, der Kantonsschule Zürcher Unterland, über deren Abschlussfeier das Neue Bülacher Tagblatt vor einigen Tagen berichtet hat:

«Insgesamt haben 162 Maturanden und Maturandinnen an den Prüfungen teilgenommen. Die nachfolgenden Absolventen haben die Prüfungen bestanden:

  • Klasse 6a, Altsprachliches Profil (Klassenlehrerin Dorothee Schmid) [...] Sandro Mägerli (Weiach) [...]
  • Klasse 6b, Altsprachliches Profil (Klassenlehrer Thomas Faerber) [...] Martina Mägerli (Weiach)»

Ich muss zugeben: Da habe ich gestaunt. Bauklötze gestaunt. Schon dass ein Weiacher ans Gymi geht ist nicht an der Tagesordnung. War es noch nie. Dazu liegt die Kanti entweder zu weit weg oder die Herkunftsfamilie ist zu bildungsfern. Es mag noch weitere Gründe geben, dass eher der Weg über die Sekundarschule in Stadel gewählt wird. Doch sei's drum.

Dass aber gerade zwei Weiacher(innen) desselben Alters aufs Mal den Weg nach Bülach unter die Räder nehmen, das ist selten. Und wenn sie dann auch noch Geschwister sind und darüber hinaus sogar noch beide die Orchideendisziplin «Altsprachliches Profil» gewählt haben... das ist schon fast wie ein Sechser im Zahlenlotto. Etwas ziemlich Aussergewöhnliches.

Von Schönheitsidealen und dem Hotel Mamma

Zu den Zeiten als der Schreibende diese Schule durchlief, gab es das Institut der so genannten Maturitätsarbeit noch nicht. Leider. Denn das ist eine der sinnvolleren Neuerungen des veränderten Lehrplans und der neuen Maturitätstypen.

Die jungen Leute müssen ihre Forschungsarbeiten nicht nur selber schreiben, nein, in Bülach müssen sie sie auch vor Publikum präsentieren.

Worüber die beiden frischgebackenen Weiacher Maturanden geschrieben haben? Das wird auf der Website der KZU verraten, samt Ort und Zeit des Vortrags am Stichtag:

«Mägerli Sandro; 6a; 08.00; E46
Schönheit - Subjektive und objektive Schönheit - Zur Geschichte der Schönheit des Menschen - Schönheit heute
»

«Mägerli Martina; 6b; 14.00; E46
Hotel Mamma - ein sozio-ökonomischer Vergleich zwischen Weiach (CH) und Presezzo (I)
»

Weiach als Thema einer Maturitätsarbeit. Noch ein seltenes Ereignis. Da nimmt es einen natürlich wunder, wie sich die Unterschiede zwischen den Mamis der Alemannen im Norden und denen der Lombarden im Süden so anlassen.

Das erfahren wir ja vielleicht noch.

Erst einmal wünsche ich den beiden gute Erholung und vor allem: Doppelte Gratulation hinaus in die Aussenwacht auf dem Haslibord!

Quellen

  • Schaer, F.: Nicht nur für Maturanden ein wichtiges Ereignis. Die Kantonsschule Bülach beging die Maturfeier 2006 erstmals in der Stadthalle. In: Neues Bülacher Tagblatt, 8. September 2006
  • Maturitätsarbeit - Gewählte Themen 2005/06 (Website der Kantonsschule Zürcher Unterland)

Donnerstag, 21. September 2006

Ein Jahr «Weiach Online». Ein Fazit.

Vor einem Jahr und einer Woche ging die Gemeinde Weiach als eine der letzten politischen Gemeinden im Kanton online.

«Keine verspielte, teure und nutzlose Selbstdarstellung». So lautete die Schlagzeile zur Erstaufschaltung der Website am 15. September 2005 in der Artikelreihe Weiacher Geschichte(n).

Mittlerweile sind die berühmten 100 Tage längst vergangen. Es ist Zeit für ein erstes Fazit. Um es vorwegzunehmen: weder am Layout noch am Inhalt hat sich substantiell etwas geändert. Also weder zum Guten noch zum Schlechten.

Eine Datenbank - mehr nicht

Der Nutzwert ist sicher gegeben. Die wichtigsten Daten werden im Hintergrund regelmässig auf den neuesten Stand gebracht - so z.B. mit den Namen und Kontaktdetails neuer Behörden- und Kommissionsmitglieder. Der aktuelle Ferienplan der Primarschule ist unter dem Stichwort Bildung auf der obersten Ebene zugänglich. Unter Anlässe -> Neuigkeiten findet man die jüngste Ausgabe der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach.

Aber sonst? Die letzte Gemeindeversammlung vom 22. Juni ist lediglich mit der Einladung vertreten, nicht aber mit dem Protokoll. Und als attachment zur nächsten Versammlung vom 11. Dezember figuriert immer noch das Dokument vom letzten Jahr. Nicht gerade sehr überzeugend. Mit der Aktualität der Datensammlung ist es also nicht überall zum Besten bestellt.

Gemeindeordnung zum Download? Fehlanzeige!

Beim Download von Reglementen und Verordnungen auf Gemeindestufe herrscht Stillstand. «Sie können bei uns alle massgebenden Gemeindeverordnungen und Reglemente beziehen», ist die einzige Information die man unter dem Punkt Broschüren und Verordnungen findet. Ohne Anrufen oder e-Mail-Schreiben geht da gar nichts.

Dabei kann es doch wirklich keine so grosse Hexerei sein, aus den in elektronischer Form vorhandenen Dokumenten ein paar pdf-Dateien zu erstellen und diese ins Netz zu hängen. Und sollte etwas tatsächlich nur in Papierform vorliegen, stellt das Scannen ja nun heute auch kein unüberwindbares Hindernis mehr dar.

Das erst nach Weiach online gegangene Neerach macht da einen wesentlich besseren Job. Sie haben nicht nur den Punkt News. Dort kann man auch die neue Gemeindeordnung herunterladen. Selbst die Grössenangabe (PDF, 120 KB) fehlt nicht. Das ist Dienst am Stimmbürger!

Pluspunkt: die gute Suchmaschine

Dem auf der Weiacher Website verfügbaren Suchsystem der Firma i-Web und der guten Erfassung durch Google (der hierzulande am meisten verwendeten Suchmaschine), ist es zu verdanken, dass trotzdem schnell gefunden werden kann, was man in verschiedenen Lebenslagen wollen könnte. Sofern es denn online verfügbar ist, versteht sich.

Testurteil: Verwaltungswüste

Fazit: Die offizielle Website der Gemeinde Weiach ist zwar etwas farblos und staubtrocken und über das Design sind gerade Experten der visuellen Gestaltung alles andere als entzückt.

Aus der Sicht der Verwaltung erfüllt die Website den definierten Zweck zweifellos. Sie ist Mittel zur Arbeitsentlastung. Mehr aber nicht.

Leider! Denn da wäre noch viel möglich. Nur ein Beispiel: unter professioneller Kommunikation mit der eigenen Bevölkerung stellen sich gerade jüngere und onlinegewohnte Bürger etwas ganz anderes vor als die Belegschaft des Gemeindehauses. Frei nach dem Motto: Was man nicht downloaden kann, das gibt es nicht.

Quelle

Mittwoch, 20. September 2006

Septemberwetter 1956

2006 ist ein aussergewöhnliches Jahr. Der September begann mit einer Tropennacht (das Thermometer fiel nie unter 20°C). Das hätte man nach dem völlig verregneten August nun wohl zuletzt erwartet. Ein zweiter Sommer und nicht etwa ein Altweibersommer. Nein, richtig warm wurde es. Schon fast heiss!

«Alles in allem, ein ungefreuter, nasser Sommer», schloss der Augustbericht für 1956, was dieses Jahr wirklich nur für den August zutraf. Was der September 1956 an Wettergeschehen brachte? Lesen wir weiter:

«Und schon kommt der September, der "Herbstmonat"! Er scheint nun aber doch den langersehnten, wenn auch arg verspäteten Sommer bringen zu wollen. Eine Reihe von schönen Tagen, allerdings mit Frühnebeln oder abendlichen und nächtlichen Regenfällen, eröffnen den Reigen; es kann endlich wieder geemdet werden. Am 10.9., kurz nach 17 Uhr, fällt nach einem schwülen Nachmittag mit 23°C, während etwa fünf Minuten etwas Riesel, der eine beträchtliche Abkühlung zur Folge hat, und dem drei "mudrige" Tage mit unbeständiger Witterung folgen. Nachher aber, also die ganze zweite Monatshälfte, ists wieder herrlich und täglicher Sonnenschein erfreut das Bauernvolk. Einigemal noch die Vormittage etwas neblig, zweimal leichter nächtlicher Regen. Temperaturen an den Vormittagen zwischen +9 und +13°, an den Nachmittagen aber dann zwischen 20 und 23°.»

Interessant, diese Parallelen zum diesjährigen September. Wird das auch den Rest des Monats so sein?

Bereits im WeiachBlog erschienene Wetterartikel

Weiacher Wetter im Jahre 1955 (28. Dezember 2005)
Januarwetter 1956 (14. Januar 2006)
Februarwetter 1956 (12. Februar 2006)
Märzwetter 1956 (6. März 2006)
Aprilwetter 1956 (13. April 2006)
Maiwetter 1956 (9. Mai 2006)
Juniwetter 1956 (12. Juni 2006)
Juliwetter 1956 (13. Juli 2006)
Augustwetter 1956 (22. August 2006)

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1956 – S. 4 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1956)

Sonntag, 17. September 2006

Kirchturmgerüst für Wagemutige

Von der Ausstellung «300 Jahre Kirche Weiach» war gestern schon die Rede.

Hier stellvertretend nur eines der Bilder, die man dort sehen kann. Es stammt aus der Zeit der Restaurierung 1966-1968 und zeigt den eingerüsteten Dachreiter.

Unter dem 1. Mai 1967 schreibt Walter Zollinger in der Bauchronik:

«Das hohe "Kirchturmgerüst" steht immer noch, es wird hie & da von einem gwundrigen, aber auch mutigen Bürger erstiegen. Ersteller der Gerüste in der Kirche & am Türmchen ist die "Firma Kappeler / Stahlrohrgerüste A.G." in Zürich.»

Ob die Qualifizierung «mutig» sich auf das (wohl damals schon verbotene) Tun besagter Bürger oder die Arbeitsweise der genannten Firma bezieht, das bleibe hier dahingestellt.

Quelle

  • Zollinger, W.: Chronik der Kirchenrenovation Weiach. Handschrift, Archiv des Ortsmuseums Weiach. Weiach 1963-1970 - S. 9.

Samstag, 16. September 2006

Ausstellung «300 Jahre Kirche Weiach»

Traditionell zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag öffnet das Ortsmuseum Weiach morgen Sonntag, 17. September 2006, um 13 Uhr seine Türen.

Möglich ist das dank der Ortsmuseumskommission, die unter der Leitung ihres Präsidenten Daniel Bryner wieder stunden- und tagelang geputzt und die Ausstellungsgegenstände hergerichtet hat.

Parcour durchs Gebäude

Das diesjährige Thema gibt viel her: 26 verschiedene Ausstellungsstücke, von alten Kirchenfenstern über die Abendmahlbecher aus Holz, die alte Orgel, Zifferblätter und Zeiger der Turmuhr, Heirats- und Konfirmationsurkunden bis hin zu den bekannten Kirchturmdokumenten.

Die Besucherinnen und Besucher können einen ganzen Parcours durch das Museum absolvieren. Fast in jedem Raum gibt es etwas zu entdecken, was mit der Kirche zu tun hat.

Startschuss in der Kirche

Um 09.30 Uhr beginnt der Gottesdienst zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag in der Kirche Weiach mit der Vorstellung der neuen Konfirmanden und dem Abendmahl. Predigt: Pfr. Christian Weber. Anschliessend der «Chilekafi» in der Pfarrscheune.

Von 13.00 - 17.00 Uhr öffnet das Ortsmuseum Weiach am Müliweg 1 seine Türen. Die Ausstellung legt ihren Schwerpunkt auf das Jubiläum «300 Jahre Kirche Weiach».

Jubiläumsfeier am 1. Oktober

Am Sonntag, 1. Oktober findet mit der Jubiläumsfeier, einem Vortrag zu den historischen Hintergründen und geselligem Beisammensein im Foyer des Gemeindesaals der offizielle Festakt statt.

Das Ortsmuseum ist auch am 1. Oktober nach dem Ende des Gottesdienstes geöffnet.

Festschrift bereits erhältlich

Die in einer Auflage von 200 Exemplaren gedruckte Broschüre zum Jubiläum ist bereits erhältlich. Sie umfasst 68 Seiten und wird zum Selbstkostenpreis abgegeben. Nachfolgend das Inhaltsverzeichnis:

Vorwort
1 Wie Weiach eine Kirchgemeinde wurde
2 Die alte Kapelle im Oberdorf
3 Der Bau der Kirche 1706
4. Eine aussergewöhnliche Wehrkirche
4.1 Festungsingenieur Hans Caspar Werdmüller
4.2 Wehrbezirk mit Pfarrhaus, Pfarrscheune und Kirche
Exkurs: Selbstmord nach offenem Streit in der Kirche
5 Kunst- und kulturhistorische Betrachtungen
5.1 Warum protestantische Kirchen kanzelorientiert sind
5.2 Inneneinrichtung: Klare Absage an schummrige Mystik (Ein Taufstein in Kelchform - Die Orgel: eine junge Errungenschaft - Kanzel, Chorgestühl, Pfarrstuhl)
5.3 Glocken aus renommiertem Hause
5.4 Die Turmuhr: Taktgeber der Dorfgemeinschaft
5.5 Friedhof mit Grabplatten
6 Chronologie und Baugeschichte 1706-2006
7 Heutiger Inhalt der Turmkugel
Quellen- und Literaturverzeichnis
Anhang: Pfarrer von Weiach seit 1591

Donnerstag, 14. September 2006

Alte Orgel in Einzelteilen vertschuttet

Sie überlebte gerade einmal 36 Jahre, die Kuhn-Orgel Opus 648, welche 1930 in der evangelisch-reformierten Kirche zu Weiach eingeweiht wurde.

Mit dieser pneumatischen Orgel hatten die Weiacher kein Glück. Sie war offenbar nicht geeignet für die speziellen Verhältnisse in diesem Raum. So gab es bereits 1932 «Störungen wegen Feuchtigkeit».

1966, als es um die Frage ging, welches Instrument nach der Restaurierung in die Kirche eingebaut werden sollte, riet der Orgel-Experte Jakob Kobelt aus Mitlödi (Kanton Glarus) zu einem Ersatz:

«Der technische Zustand der Orgel ist derart, dass die Orgel bei sorgfältiger Pflege noch 10-20 Jahre ihren Dienst versehen könnte. Es muss aber gesagt werden, dass das Instrument klanglich unbefriedigend und des pneumatischen Systems wegen die Spielart ungenau ist. Dem Mangel kann durch einen Umbau nicht abgeholfen werden, da er zu stark mit der ganzen Art der Orgelanlage verbunden ist. Es wäre um jeden Franken schade, den man für sogenannte Verbesserungen hineinstecken würde».

Metallhörner finden reissenden Absatz

Damit war das Urteil gesprochen. Die Orgel war dem Abbruch geweiht. Gemäss der Chronik der Kirchenrenovation wurde sie am 18. Oktober 1966 demontiert:

«Orgel wird, z.T. durch Orgelbauer Neidhart selber, ausgeräumt & nachher durch freiwillige Helfer das Gehäuse abgebrochen. Ein "Satz" Pfeifen wird für das "Ortsmuseum" reserviert. Die übrigen finden "reissenden Absatz" bei der Dorfjugend, vor allem die "Metallhörner", während die dekorativen Holzpfeifen eher bei Erwachsenen Gefallen finden».

Diese für das Ortsmuseum gesicherten Pfeifen und auch der Spieltisch der alten Kuhn-Orgel sind am 17. September und am 1. Oktober anlässlich der traditionellen Herbstausstellung im Lieberthaus am Müliweg 1 zu bewundern.

Quellen
  • Zeitgeschmack und Holzwurmsorgen. Vor 75 Jahren wurde die erste grosse Weiacher Orgel festlich eingeweiht. Weiacher Geschichte(n) 68. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Juli 2005 – S. 11-17.
  • Zollinger, W.: Chronik der Kirchenrenovation Weiach. Handschrift, Archiv des Ortsmuseums Weiach. (Abgeschlossen: 4. März 1970) - S. 5.

Mittwoch, 13. September 2006

Ortschaften und Gemeinden finden, leichter gemacht

0102, Weiach, 994, 956. Das ist unsere Gemeinde. Statistisch gesehen. Bedeutung dieses Zahlenbuchstabensalats? Ganz einfach: BFS-Nummer, Amtlicher Gemeindename, Bevölkerung, Fläche in Hektaren.

Die Abkürzung BFS steht für das Bundesamt für Statistik in Neuchâtel. Dort sind diese Woche zwei Publikationen herausgegeben worden, auf die man schon Jahrzehnte hat warten müssen:

Jahrzehnte ist keine Übertreibung. Die letzte Ausgabe des Gemeindeverzeichnisses in konsolidierter Buchform datiert nämlich auf das Jahr 1986. Seither gab es nur noch so genannte Mutationsmeldungen.

Amtliches Gemeindeverzeichnis der Schweiz

Im Newsletter Nr. 4/2006 zum Amtl. Gde-Verz. wird ausgeführt: «Das erstmals seit 1986 in gedruckter Form publizierte amtliche Gemeindeverzeichnis der Schweiz enthält die politischen Gemeinden der Schweiz - geordnet nach Kantonen und Bezirken -, ergänzt mit Bevölkerungs- und Flächenangaben pro Gemeinde sowie eine Übersicht der Gemeindestruktur der Schweiz und pro Kanton. Im Weiteren sind eine alphabetische Liste der Gemeinden, die gebräuchlichen Übersetzungen sowie verschiedene Listen zu Gemeindemutationen ab 1850 enthalten.»

Das Büchlein umfasst 276 Seiten, hat Format A5 und kostet Fr. 36.— (exkl. MWST) , kann aber auch als pdf-Datei heruntergeladen werden (siehe Quellen).

Ortschaftenverzeichnis der Schweiz

Auch hier gibt es neu eine gedruckte Ausgabe 2006. Wir zitieren wieder den Newsletter: «Das Ortschaftenverzeichnis umfasst zirka 6’000 Ortsbezeichnungen mit den dazugehörigen Gemeindenamen und den dafür verwendeten Postleitzahlen. Es ist eine unentbehrliche Grundlage überall dort, wo eine Zuordnung zwischen postalischen Ortsangaben und politischen Gemeinden vorgenommen werden muss.»

Umfang: 392 Seiten, ebenfalls Format A5 und kostet auch Fr. 36.— (exkl. MWST) .

Diesem Verzeichnis kann man auf Seite 17 entnehmen, dass die Gemeinde mit der BFS-Nummer 0102 namens Weiach nur aus der Ortschaft Weiach mit der Postleitzahl 8187 besteht. Auch das Postleitzahlengebiet nennt sich logischerweise Weiach.

Das tönt jetzt banal, ist aber in vielen Fällen überhaupt nicht so einfach. Wussten Sie z.B., dass die wohlbekannten Orte Bazenheid, Heerbrugg, Siebnen oder Sihlbrugg zwar teils recht gross sind, jedoch keineswegs selbstständige politische Gemeinden darstellen? Bazenheid gehört zu Kirchberg SG, die anderen drei befinden sich jeweils auf dem Territorium von mehreren politischen Gemeinden.

Quellen

Dienstag, 12. September 2006

Totaler Sittenzerfall

Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten Landen vnd Völckeren Chronik wirdiger thaaten beschreybung heisst das 1547/48 in zwei Bänden erschienene Werk, das unter dem Namen "Stumpfsche Chronik" bekannt geworden ist. Trotz des ankündigenden Titels "würdiger Taten" enthält es durchaus auch heftige Gesellschaftskritik.

Der Autor, Johannes Stumpf, ein ursprünglich aus Bruchsal nördlich von Karlsruhe stammender Schweizer Theologe, Topograph, Historiker und Chronist beschrieb den totalen Sittenverfall der Eidgenossen mit folgenden Worten:

«Ir speyss war fleisch, käss, anken, ziger, milch, wildpret, fisch, obs etc. des sy alles gnuog haftend. Aber bey unseren zeyten hat man an obbestimpten Gottesgaaben nit ein begnügen, sondern alle stett, fläcken, straassen und tabernen ligend voll Kauffleut, voll frömmds weyns, voll ausslendischer geschläck, gewürtz und frömder wahr

Die im 15. Jahrhundert häufig aus nichtigem Anlass vom Zaun gebrochenen Kriegszüge der Eidgenossen zeigten den Leuten, dass es auch noch anderes gab als Hafermus und dünnen Wein aus eigener Produktion. Luxus und Völlerei kam spätestens nach den Erfolgen gegen Karl den Kühnen in Mode.

Wenn man das mit der heutigen Zeit vergleicht, so gibt es da durchaus Parallelen. Was sind wir doch über die Massen verwöhnt und glauben, die Spezereien und Früchte aller Herren Länder müssten uns per Flugzeug direkt auf den Tisch fliegen, wie weiland die gebratenen Tauben im Schlaraffenland?

Quelle

Freitag, 8. September 2006

Die Schiessscharte unter der Kanzel

Die mittlerweile 300-jährige Pfarrkirche Weiach wurde von 1966-1968 gründlich restauriert. Das folgende Bild zeigt den Grundriss vor der Restaurierung, Stand 1964, mit der Orgel im Chor.


Die roten Kreise bezeichnen die Position von zwei beim Abschlagen des Verputzes überraschend zum Vorschein gekommenen Bogenstrukturen.

Unter dem Kanzelfenster und neben dem Hauptportal

Die eine dieser Strukturen findet man praktisch direkt unter der Kanzel, bzw. unter dem Fenster zwischen Kanzel und Nebenportal. Die Photographie (für grösseres Bild anklicken) zeigt die Aussenseite des Chorbereichs. Links neben der Holzlatte schliesst die Wehrmauer an, welche die Kirche mit der Pfarrscheune verbindet:


Dieser Bogen beim Chor ist vermauert. Er wurde wahrscheinlich auch bei der Restaurierung so belassen wie auf dem Bild und anschliessend neu verputzt.

Die andere Bogenstruktur befindet sich in der Schmalseite links des Hauptportals. Dort wurden die Steine unter dem Bogen anlässlich der Restaurierung herausgeschlagen - unter anderem wohl weil man Elektrozuleitungen legen wollte. Dabei kam eine mit exakt behauenem Sandstein eingefasste und später zugemauerte Öffnung zum Vorschein (Aufnahme von Ende Dezember 1966):


Sie ist auch der Kantonalen Denkmalpflege aufgefallen, die in ihrem 6. Bericht (1968/1969) schrieb: «Im Nordteil der Westmauer fand sich eine quadratische kleine Öffnung mit einer Einfassung aus Sandsteinquadern, deren Zweckbestimmung nicht ausgemacht werden konnte.» Die Öffnung liegt heute hinter dem Elektrokasten des Sigristenzimmers.

Es könnten Schiessscharten gewesen sein

Wozu diente diese Struktur? Alt Sigrist Werner Attinger dachte etwas weiter. Aufgrund der Geschichte der Kirche (sie wurde 1705/06 unter der Ägide des Zürcher Festungsingenieurs Hans Caspar Werdmüller gebaut) und weiteren Überlegungen kam er zum Schluss, es könne sich bei den beiden Bogenstrukturen eigentlich nur um später vermauerte Schiesscharten handeln, von denen aus man die Aussenseiten der Wehrmauern mit Feuer belegen konnte.

Diese These wird auch durch die noch auf alten Grundrissplänen festgehaltenen Positionen der Friedhofmauer gestützt. Das Bild unten zeigt StAZH Plan R 1190 aus dem Jahre 1838 (hier der Screenshot der Mikrofiche). Die Mauer zwischen dem 1857 abgerissenen Schulhaus von 1802 (heute steht dort das Alte Gemeindehaus) und der Kirche lag früher an ganz anderer Stelle als heute:


Aus den Überlegungen von Attinger ergibt sich ein Vergleich damals zu heute (schematischer, nicht massstäblicher Grundrissplan; für grösseres Bild anklicken):


Quellen

  • Zürcher Denkmalpflege (Hrsg.): Weiach. Reformierte Kirche. Gesamtrestaurierung. In: 6. Bericht 1968/1969 – S. 143-144.
  • Persönliche Gespräche mit Werner Attinger
  • Plan R 1190 Areal Kirche und Pfarrhaus Weiach; aus dem Staatsarchiv des Kantons Zürich
  • Grundriss vor der Restaurierung 1964, Foto eines Plans im Eidgenössischen Archiv für Denkmalpflege, Bern.
  • Fotos der Bogenstrukturen aus dem Archiv des Ortsmuseums Weiach.

Donnerstag, 7. September 2006

Aus Unterstrass kamen 804 Glocken

Von den Glocken, die seit 1843 im Dachreiter der Kirche zu Weiach hängen, war auf WeiachBlog schon mehrmals die Rede. Vor allem im Monat Mai.

So unter den Titeln Musterhafte Langlebigkeit: Kirchenglocken (2. Mai), Den Nobelpreisträger im Glockenturm? (6. Mai) und Aktenzeichen «Glockensprüche 1843» ungelöst (7. Mai), sowie Kirchen im Dutzend (19. Mai 2006).

Mittlerweile ist die Frage nach den Glockensprüchen gelöst, der Turm erfolgreich erstiegen (ganz profan über die Innentreppe). Die Fotos für die bald erscheinende Publikation zum 300-jährigen Jubiläum der Kirche sind geschossen und verarbeitet. Nur die Frage nach dem Schicksal der Wiege unserer Glocken war noch offen.

Vom Sulzer-Mitarbeiter zum Unternehmer

Was ist mit der Glockengiesserei Keller in Unterstrass passiert? Aufgekauft? Eingegangen? Was, wer, wann, wo?

Auch hier hat sich das Buch von Pfarrer Gotthard Schmid aus dem Jahre 1954 als unerschöpfliche Fundgrube erwiesen:

«Im 19. Jahrhundert kamen eine große Zahl von Glocken zürcherischer Kirchen aus der Glockengießerei Keller in Unterstraß. Im Jahre 1832 hatte hier im Gut «Zu den drei Wiedstöcken» Jakob Keller von Andelfingen (1793-1867) seinen Betrieb eröffnet. Ursprünglich Mechaniker bei J. Sulzer in Winterthur, war Keller 1817 bei der Maschinenfabrik Hans Kaspar Escher zur Neumühle in Zürich in Arbeit getreten und hatte hier, nachdem er vorher in Bern sich die entsprechenden Kenntnisse erworben, seine erste Glocke gegossen. Nach Überwindung von mancherlei Schwierigkeiten nahm die Gießerei einen beachtlichen Aufschwung. Der Sohn J. Heinrich Keller (1827-1894) führte die Glockengießerei weiter. Im Laufe der Jahrzehnte verließen 804 Glocken die Untersträßler Gießhütte. Zu den Kellerschen Geläuten gehören unter anderen die Geläute des Großmünsters, des Fraumünsters und der Kirche zu St. Peter in Zürich. Eines der letzten war das Geläute der Kirche Enge 1893. Mit dem Tode von Kellers Sohn stellte die Glockengießerei Unterstraß ihren Betrieb ein.»

Was für ein Vermächtnis. Zehntausende hören das Lebenswerk der beiden Glockengiesser noch heute. Tag für Tag beim Glockenschlag.

Quellen
  • Schmid, G.: Die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Eine Kirchenkunde für unsere Gemeindeglieder. Zürich, 1954 – S. 164.

Nachtrag 2015

Die Frage nach den Glockensprüchen beantwortet der Artikel vom 22. Juni 2015: Was auf den Weiacher Glocken wirklich draufsteht.

Mittwoch, 6. September 2006

Der gekröpfte Nordanflug ist ein Sicherheitsrisiko

Gestern war wieder einmal einer dieser nicht allzu häufigen Tage, an denen Weiach in der NZZ auftaucht. Der Regionalredaktor Hilmar Höber berichtete über die Stellungnahme unseres Gemeinderats zum so genannten Gekröpften Nordanflug. Was beweist, dass das lokale «Mitteilungsblatt» auch an der Zürcher Falkenstrasse regelmässig gelesen wird:

«Die Flughafen Zürich AG (Unique) möchte im Rahmen der Einführung des gekröpften Nordanflugs im Gebiet des Haggenbergs auf Weiacher Territorium eine zusätzliche Hindernisbefeuerung installieren. In einer Stellungnahme sieht der Gemeinderat im unüblichen manuellen Sicht-Anflugverfahren mit einem Richtungswechsel von rund 45 Grad über dem topographischen Hindernis (Stadlerberg) eine erhöhte Sicherheitsgefährdung der Bevölkerung. Das geplante Anflugverfahren weise grosse vertikale Toleranzgrenzen der Anflugroute auf, stellt die Behörde fest. Bei ungenügenden Sichtverhältnissen müssten über dem Gemeindegebiet von Weiach Durchstarts in geringer Höhe in Kauf genommen werden. Beim Landeanflug wären allein das Können und die Verantwortung des Piloten massgebend. Der Gemeinderat lehnt deshalb den gekröpften Nordanflug sowie die zusätzliche Hindernisbefeuerung ab.»

Südschneiser «wäffelt» wieder einmal

Berufsschneiser "Thomas" (1475 Beiträge) konnte es nicht lassen, daraus im Südanflug NEIN! Fluglärm-Diskussionsforum den Satz zu zitieren:

"In einer Stellungnahme sieht der Gemeinderat im unüblichen manuellen Sicht-Anflugverfahren mit einem Richtungswechsel von rund 45 Grad über dem topographischen Hindernis (Stadlerberg) eine erhöhte Sicherheitsgefährdung der Bevölkerung."

und dazu den folgenden, eher sinnfreien Kommentar abzugeben:

«Wenn es Weiach wirklich um die Sicherheit gehen würde, dann würde man sich dort dafür einsetzen, dass wieder ganz normale gerade Nordlandungen stattfinden können.»

Sollen wir etwa in Berlin lobbyieren gehen? Wie wenn bei uns keine solchen Anflüge mehr stattfinden würden. Ein bisschen mehr Realitätssinn, bitte! Übrigens: schon der gerade Nordanflug ist nicht frei von Tücken, wie der Absturz vom 14. November 1990 zur Genüge beweist. Wir könnten ganz gut auch ohne dieses Damoklesschwert leben.

Heikles Terrain für einen Richtungswechsel

Damit klar wird, worauf genau sich Höber bei seinem Artikel bezieht, hier der volle Wortlaut der Gemeindemitteilung:

«Der Gemeinderat nimmt auf Anfrage der UNIQUE Flughafen Zürich AG, Stellung zur geplanten zusätzlichen "Hindernisbefeuerung" im Gebiet Haggenberg für den "gekröpften Nordanflug". Die Behörde sieht im unüblichen manuellen Sichtflug-Anflugverfahren mit einem Richtungswechsel von ca. 45° über dem topographischen Hindernis (Stadlerberg) eine erhöhte Sicherheitsgefährdung der Bevölkerung. Das geplante Anflugverfahren weist grosse vertikale Toleranzgrenzen der Anflugroute auf. Bei wechselhafter Witterung bzw. ungenügenden Sichtverhältnissen müssen Durchstarts in geringer Höhe über dem Gemeindegebiet in Kauf genommen werden. Beim Landeanflug ist einzig und allein das Können und die Verantwortung des Piloten das Mass aller Dinge. Der Gemeinderat lehnt deshalb den "gekröpften Nordanflug" und die zusätzliche Hindernisbefeuerung ab.»

Quellen

  • Flugverkehr - Gekröpfter Nordanflug - Hindernisbefeuerung. Rubrik: Aus dem Gemeinderats-Sitzungszimmer. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, September 2006 - S. 4.
  • Höber, H.: Gefährdete Sicherheit. Weiach lehnt gekröpften Nordanflug und Hindernisbefeuerung ab. In: Neue Zürcher Zeitung, 5. September 2006 – S. 51.
  • Eintrag von "Thomas" am 05.09.06 16:57 unter Thema: Kommentare zu Berichte in den Medien Sept. 2006. In: Südanflug NEIN! Fluglärm-Diskussionsforum.

Samstag, 2. September 2006

En attendant Godot: Restaurant Bahnhof

Der Bahnhof Weiach-Kaiserstuhl liegt schon seit 1995 im Dornröschenschlaf.

Das einen Steinwurf entfernte, gleich über der Hauptstrasse Basel-Winterthur gelegene Restaurant Bahnhof tat es ihm etwas später gleich. Seit Jahren ist das Areal nun zum Verkauf ausgeschrieben. Trotz grossem Parkplatz will offenbar niemand einen Neuanfang wagen.

Oder doch? In den neuesten Mitteilungen (MGW, September 2006, Seite 3) wird unter der Rubrik Aus dem Gemeinderatszimmer verkündet, der Gemeinderat habe u.a. die folgende baurechtliche Bewilligung erteilt:

«Stephan Weibel, Pfungen - Aufstellen eines Imbisswagens mit Gaststubencontainer, Bahnhofareal, Kaiserstuhlerstrasse - ordentliches Verfahren.»

Wenigstens der Hartplatz wird genutzt. Fragt sich nur welcher: der des Restaurants oder der auf SBB-Gelände? Wohl eher letzteres. On verra.