Montag, 29. Dezember 2014

Dezemberwetter 1964: Verkehrschaos und weisse Weihnachten

Es wird ja zuweilen behauptet, heutige Automobilisten könnten nicht mehr mit Schnee umgehen, weil es im Mittelland so selten welchen gebe. Was impliziert, früher sei alles besser gewesen. Wenn man in Walter Zollingers Jahreschronik 1964 den Eintrag zum Dezemberwetter liest, dann war der Wintereinbruch aber schon vor einem halben Jahrhundert eine nicht von allen gemeisterte Herausforderung:

«Dezember: Schon in den ersten Tagen bricht der Winter ein. Die Temperaturen sinken auf -1°, -3°, dazu bringt der 3.12. gegen mittag schon stürmisches Schneegestöber, sodass die Strassen bald mit einer schlüpfrigen Nasschneeschicht bedeckt sind. Gleich beginnt ein "Verkehrschaos" auf der Strasse oberhalb unseres Hauses; ein PW landet in Meierhofers Runkelhaufen, ein LW bleibt schräg über die Strasse stecken, sodass der Verkehr eine ziemlich lange Zeit blockiert ist, oberhalb dem Mühlerank rutscht ein anderer PW übers Bord hinab. Walter Meierhofer, der Nachbar, muss mit seinem Traktor mehrmals ausrücken, um solche Situationen wieder in Ordnung zu bringen, z. Glück gibts dabei keine Personenschäden!»

Zollinger wohnte am heutigen Müliweg 4, dort, wo die lange Gerade der Stadlerstrasse durchs Dorf den südlichen Dorfausgang von einer leichten S-Kurve abgelöst wird. Der «Mühlerank» muss oberhalb der heutigen Einmündung der im Vergleich zu damals verlängerten Oberdorfstrasse in die Stadlerstrasse anschliesst.

Pfadschlitten im Einsatz

Weiter wird wird ja heute oft geklagt, es gebe keine richtigen Winter mehr und schon gar keine schneereichen. Weisse Weihnachten? Dafür müsse man im Mittelland schon Glück haben. Allerdings lag auch vor 50 Jahren längst nicht jedes Jahr auf Weihnachten hin eine Schneedecke - zumindest nicht in Weiach:

«Das Hudelwetter hält bis in den späten Nachmittag hinein an. Die folgenden Tage, 4.-7.12., sind grau, trüb, leicht regnerisch, sodass der Schnee rasch wieder schwindet. Eine rühmliche Ausnahme macht der 8.12., indem er uns, unter Föhneinfluss, (+5°C), einen sonnigen, klaren Nachmittag schenkt. Dann gehts aber wieder im selben neblig-trüben-unfreundlichen Tramp weiter bis zum 14.12. Am 15., sowie 16. morgens liegt Reif; aber die Nachmittage und Abende sind trocken-angenehm, auch die nachfolgenden paar Tage noch (+2°, +3°). Vom 20. auf den 21. fällt Schnee, die Landschaft sieht "herrlich-winterlich" aus; in der Nacht des 25./26.12. schneit es nochmals ziemlich ergiebig, so haben wir also wieder einmal richtig-weisse Weihnachtstage; der Schneefall wiederholt sich in der letzten Dezemberwoche nochmals am 27. und 29.12., sodass der Pfadschlitten fahren muss. Dazu ist der Himmel begreiflich ständig hochnebel-bedeckt oder stark bewölkt und die letzten Tage des Jahres auch trübe und ordentlich kalt, -8°, -7°, -13° sogar.»

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 7-8. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
[Veröffentlicht am 21. Januar 2015]

Samstag, 27. Dezember 2014

Des Rätsels Lösung

In der Dezember-Ausgabe der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach wartete die lokale Gewerbevereinigung mit einem Novum auf: dem «Weiacher Weihnachtsrätsel» (vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 4. Dezember). Nachdem nun der Einsendeschluss (19. Dezember, 18:00) verstrichen ist, gibt WeiachBlog seine Lösung bekannt.

Als eher Kreuzworträtsel-Ungeübtem ging mir das Ausfüllen erstaunlich flott von der Hand. Wohl auch dank den für den Autor dieses Blogs nicht allzu schwierigen Weiach-Bezügen. Sogar seine eigenen Initialen musste er erraten (Waagrecht 19: «Initialen Verfasser Weiacher Blogg»).

Fangen wir beim Lösungswort an. Es lautet: VIEL ENERGIE. Das ist nicht ganz abwegig, wenn man sich daran erinnert, wer Sponsor des Rätsels ist. Die Ernst Eberle Elektro GmbH ist ja im Bereich der Elektroinstallationen tätig.

Die Begriffe im Einzelnen - Waagrecht

Waagrecht 1: «Hier wird Wein angepflanzt»
Da gäbe es gleich mehrere Möglichkeiten: Neureben, Soli, etc. und wenn man die historisch verbürgten Standorte noch dazu nähme, etliche mehr. 12 Buchstaben, sowie Senkrecht 2, 3, 4 und 5 zeigen aber die hier gefragte Lösung: «Fasnachtflue».

Waagrecht 13: «Weiacher Gewässer»
«Sagibach». Es hätte zwar andere gegeben. Zum Beispiel den Mülibach. Aber der hat bei Ausschreibung der Umlaute eben einen Buchstaben zuviel.

Waagrecht 17: «Farbe im Wappen von Weiach»
Silber bzw. Weiss oder Blau kommen da in Frage. Bei nur vier Buchstaben ist der Fall klar: «Blau».

Waagrecht 19: «Initialen Verfasser Weiacher Blogg»
«U.B.» (man vergleiche das Impressum). Interessant ist, dass die Eigenbezeichnung mit dem Kunstwort «WeiachBlog» sich offensichtlich nicht in den Köpfen festgesetzt hat. Da ist wohl die Verbindung zu den «Weiacher Geschichte(n)» noch zu stark. Der (historisch bedingte) URL des Blogs fordert seinen Tribut.

Waagrecht 23: «Hier steht die Entsorgungsanlage»
Früher wäre diese Frage nicht so klar zu beantworten gewesen. Da gab es Büchsen- und Glascontainer auf dem «Chälenplatz», das Altöl war im alten Waschhäuschen im Oberdorf abzugeben und die ausgedienten Neonröhren bei Ernst Eberle Elektro an der Hauptstrasse nach Kaiserstuhl. Und dann waren da noch die Mulden beim Schützenhaus im Hasli - für Grubengut die eine, für Sperrgut die andere. Nach dem Standortentscheid für eine zentrale Anlage hinter dem Pneugeschäft First Stop kann die Antwort heute nur noch «Hasli» lauten (vgl. dazu den Artikel über den Abbruch des baufälligen Unterstandes durch den Zivilschutz)

Waagrecht 25: «ehem. Bäckerei in Weiach»
Eine Frage, die wirklich nur Alteingesessene und Weiach-Affine aus dem Stand beantworten können. Allen anderen helfen Suchmaschinen auf die Sprünge:
Die korrekte Antwort lautet: «Griesser». Dieser Familienname ist übrigens auch sehr weiachtypisch. Er deutet auf die Abstammung von Grießen hin, einem alten Marktflecken in der Grafschaft Sulz (heute: Baden-Württemberg) gleich ennet dem Hügelzug nördlich des Rheins.

Waagrecht 30: «Motiv im Weiacher Wappen»
Diese Antwort ist relativ einfach zu finden: «Stern». Der achtzackige Stern geteilt in blau und silber findet sich praktischerweise auch im Logo der Vereinigung Gewerbe Weiach. Vergleiche zur Entstehung des Wappens die Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 84 und 85.

Waagrecht 31: «Bauernhof beim Stockiwald»
Bei dieser Frage ist es von Vorteil, den zürichdeutschen Lokalnamen zu kennen. Denn mit Höhberg (wie man ihn auf der Karte findet) kommt man trotz richtiger Buchstabenzahl nicht weiter. Das verbietet einem Senkrecht 7. Weil Nachkommen in der Mehrzahl am ehesten «Kinder» ergeben, heisst die Lösung «Höbrig». Höhberg wurden übrigens noch im 19. Jahrhundert auch die Einzelgebäude im Berg genannt (südlich des Ortskerns auf dem kleinen Plateau oberhalb des steilen Stücks der heutigen Bergstrasse). Deshalb war der Höbrig damals der «Höhberg b. Stocki» (vgl. dazu WeiachBlog vom 24. Januar 2010).

Waagrecht 42: «Berg zw. Weiach, Windlach und Glf.»
Sieben Buchstaben sind hier gefordert. Es kann sich also nicht um den «Stein» handeln (der ist anderswo gefragt, vgl. Waagrecht 75). Gemeint ist der «Aemperg». Streng genommen liegt der Ämperg, wie er auf den amtlichen Karten heisst, zwischen Zweidlen (gehörend zur Gemeinde Glattfelden) und Windlach (das politisch zur Gemeinde Stadel gehört). Und kein bisschen auf Weiacher Gebiet.

Waagrecht 46: «ehem. Gemeindeschreiber»
Auch hier wieder etwas für Alteingesessene und langjährige Leser der Gemeindemitteilungen oder der «Weiacher Geschichte(n)». Die Antwort lautet: «Meier». Hans Meier-Forster war über Jahrzehnte eine der Konstanten in der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten.

Waagrecht 50: «Naturschutzgebiet in Weiach»
An solchen Flächen herrscht auf Gemeindegebiet bekanntlich kein Mangel. Die Frage ist also, welches gemeint ist. Eins mit acht Buchstaben. Dank Senkrecht 44, 45 und 46 kommt man schnell darauf, dass nur die «Rueteren» gemeint sein kann. Dieses Gebiet (üblicherweise «Rüteren» geschrieben) entstand bei der Renaturierung der Nordgrube der Weiacher Kies AG.

Waagrecht 51: «Grenzfluss»
Dank Weiach-Bezug ist klar, um welchen Fluss es geht: den «Rhein», der die Landesgrenze zur badischen Gemeinde Hohentengen bildet. Die heisst offiziell Hohentengen am Hochrhein, weil es im selben Bundesland noch ein weiteres Hohentengen gibt.

Waagrecht 52: «Autor der Weiacher Chronik»
Als Weiacher Chronik wird von den Einheimischen gemeinhin die 1972 erstmals publizierte Monographie Weiach 1271-1971 bezeichnet (2. Auflage 1984). Geschrieben hat sie Walter Zollinger, der langjährige Dorfschullehrer von Weiach. Das Lösungswort heisst also «Zollinger». Die Monographie ist nicht mit den Weiacher Jahreschroniken desselben Autors zu verwechseln (Signatur der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich: G Ch Weiach 1952-1967). Diese Typoskripte sind eine derart ergiebige Quelle, dass sie schon mehrdutzendfach Anlass zu Artikeln im WeiachBlog waren.

Waagrecht 70: «beliebtestes Haustier in Weiach»
Woher wollen die das wissen?, fragte ich mich da. Immerhin gibt es bei vier Buchstaben nicht viele Möglichkeiten. Und so ist es wohl der «Hund». Alle anderen Viecher der Kategorie Heimtiere muss man aber auch nicht melden - zwecks Steuererhebung und amtlicher Erfassung der Chip-ID in einer Datenbank. Es könnte also auch die Katze sein. Für die gilt die Chip-Pflicht nämlich (noch) nicht. Sei's drum.

Waagrecht 72: «toller Aussichtpunkt»
Auch nur dank dem Weiach-Bezug dieses Rätsels ist klar, dass es sich hier um den «Leuechopf» handeln muss. In genau dieser zürichdeutschen Schreibweise, denn «Leuenkopf», wie man's auch ab und zu lesen kann, würde für Senkrecht 74 (CAD) keinen Sinn mehr machen.

Waagrecht 75: «Trockenstandort östl. von Weiach»
Hier sind nun wieder lokalgeografische Kenntnisse gefragt. Gemeint ist ein Hochplateau über einer senkrechten und teilweise überhängenden Felswand, der «Stein».

Waagrecht 82: «Fördert die Attraktivität von Weiach»
An diesem Begriff beissen sich Auswärtige wohl am meisten die Zähne aus. Dazu muss man wissen, dass die lockere Gruppierung F.O.R.U.M. sich genau dies zum Ziel gesetzt hat, und zwar bewusst ohne jede formelle Vereinsgründung (vgl. WeiachBlog vom 26. Oktober 2007; zum Gründungsfest den Artikel vom 27.10.07). Auf der Website des F.O.R.U.M findet man das Motto im Leitbild. Lösungswort also: «FORUM».

Waagrecht 85: «ehem. Weiacher Radprofi, Spitzname»
Die wohl schwerste Knacknuss für Nicht-Weiacher. Liegen doch die aktiven Zeiten von «Bäumli» schon einige Jahre zurück. Der frühere Radrennfahrer hat Jahrgang 1953 und heisst mit bürgerlichem Namen Walter Baumgartner. Die Lösung heisst (bei Auflösung der Umlaute): «Baeumli». Bei ebendiesem Walter Baumgartner hat sich der Autor übrigens 1985 aus seinem ersten selbstverdienten Geld einen Cilo-Halbrenner gekauft. Anderthalb Wochen Fensterputzen im Spital Dielsdorf (oder CHF 750.-) kostete ihn das. Dafür gab's aber auch ein von Bäumli höchstpersönlich zusammengebautes Velo. Das im übrigen bis heute fahrtüchtig ist.

Die Begriffe im Einzelnen - Senkrecht

Senkrecht 13: «Weiacher Hügelzug»
Zehn Buchstaben, die zu nicht weniger als sechs weiteren Begriffen passen müssen, die der gesuchte Name kreuzt. Und wenn schon denn schon: da muss es schon einer der markantesten Hügel sein, der auch grossmehrheitlich auf Weiacher Gebiet liegt: der «Sanzenberg» (vgl. Swisstopo-Karte).

Senkrecht 14: «Hält seit 1995 nicht mehr in Weiach»
Erneut etwas für in der Ortsgeschichte Bewanderte (aber auch sonst noch einigermassen einfach zu erraten). Die Lösung lautet: «Zug», denn am 28. Mai 1995 wurde der Bahnhof Weiach-Kaiserstuhl für den Personenverkehr stillgelegt, vgl. den Wikipedia-Artikel.

Senkrecht 15: «Bodenschatz in Weiach»
Da geht es nicht um irgendeinen von Hunnen oder Rittern angeblich zu Weiach vergrabenen geheimnisvollen Schatz. Sondern um den Wandkies, der Weiach während Jahrzehnten gute Einnahmen brachte. Die Weiacher Kies AG ist bis heute das grösste und wichtigste Unternehmen auf Gemeindegebiet. Somit heisst die Lösung: «Kies».

Senkrecht 18: «ältester Ortsname Weiachs»
Gemeint ist die älteste erhalten gebliebene Nennung des Ortsnamens. Diese erfolgte 1271 in der Form «Wiach». Was denn auch zu den geforderten fünf Buchstaben passt.

Senkrecht 24: «Inhaber der ehem. Kleinsägerei»
Schon wieder etwas für lokalhistorisch Interessierte. Es geht hier nicht um das grosse Werk der Heinrich Benz AG (mit Sitz in Kloten ZH), das an der Hauptstrasse zwischen dem alten Bahnhofsgebäude und dem Städtchen Kaiserstuhl zu finden ist. Nein, hier geht es um die Sägerei am Sagibach, der durch die Chälen fliesst. Deren Besitzer hiessen Schär. Und so lautet die Lösung: «Schaer». Andere kleine Sägereien würden nicht auf die geforderten sechs Buchstaben passen.

Senkrecht 29: «Hobby einer fröhlichen Männergruppe»
Ein weiteres Toughie. Da muss man schon regelmässig Zeitung gelesen haben um zu wissen, dass besagte Gruppe vom «Kochen» beseelt ist. Es handelt sich um die Mannechuchi Weych (vgl. den Vereinseintrag auf der Gemeindewebsite). Rein zufällig sind einige der Mitglieder auch beim F.O.R.U.M. aktiv.

Senkrecht 36: «Quartier in Weiach»
Mit sieben Buchstaben und den geforderten fünf Begriffen die diesen Namen kreuzen, kann es sich nur um die Chälen handeln. Lösung also: «Chaelen». Dieses Gebiet ist zwar historisch gesehen ein eigenes kleines Weiach und war neben Oberdorf und Büel auch räumlich ein eigener abgegrenzter Ortsteil. Wegen der starken Bautätigkeit der letzten Jahre ist dies aber heute nicht mehr so deutlich sichtbar. Mehr zur Geschichte der Chälen vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 52.

Senkrecht 37: «Neues Quartier in Weiach»
Gemeint ist hier das Gebiet See-Winkel. Lösungswort: «See». Der etwas seltsam anmutende Ortsname rührt daher, dass früher in diesem Gebiet vor den Toren Kaiserstuhls tatsächlich ein kleiner See aufgestaut war. Das Grundwasser steht bedingt durch den Kalkrippen-Riegel, auf dem das Städtchen steht und der die Kiesebene nördlich Weiach begrenzt, bis heute ziemlich hoch.

Senkrecht 48: «Wurde 2004 eingeweiht»
Zugegeben, da habe ich mir etwas mehr Gedanken machen müssen. 2004? Spielplatz? Nein, der war später. Und das Wort passt auch nicht. Zwei Buchstaben weniger sind gefragt. Und so kommt man dann dank Waagrecht 51, 70 und 82 schliesslich zur Lösung: «Friedhof». Gemeint ist der neue Friedhofsteil «Fuori le mure», östlich des von der Mauer der reformierten Kirche umgrenzten, alten Friedhofs Weiach. Vgl. das Bild auf den Wiki Commons, das die (umstrittene) Begrenzung aus Holzelementen zeigt.

Senkrecht 57: «Gibt es seit 2009 nicht mehr in Weiach»
Klarer Fall, jedenfalls für Einheimische. In diesem Jahr verlor Weiach sein eigenes Postbüro. Seither gibt es nur noch eine stark abgespeckte Agentur in der Volg-Filiale (vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 7. April 2009). Die Lösung lautet also: «Post».

Senkrecht 63: «Verband zum Schutz vor Fluglärm Abk.»
Da könnte man auf die Idee kommen, es gehe um die IG Nord, die Interessensgemeinschaft der Gemeinden nördlich des Flughafens. Aber hier ist eine ältere Organisation gemeint: der 1967 gegründete Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, abgekürzt «SBFZ» (http://schutzverbandzuerich.ch/). Die Gemeinde Weiach ist bei beiden Vereinigungen Mitglied.

Senkrecht 67: «Lebensmittelladen»
Da es in Weiach ausser der Landi seit Jahren nur noch einen einzigen Laden gibt, der neben Lebensmitteln auch noch andere Gegenstände des mehr oder weniger täglichen Bedarfs verkauft, ist auch hier die Lösung bei vier geforderten Buchstaben schnell gefunden: «VOLG».

Senkrecht 73: «Stromversorger in Weiach»
Eine echte Weiacher Institution versteckt sich hinter dieser Rätselfrage, die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach (EGW; http://www.ewweiach.ch/), die 1912 das hundertjährige Jubiläum der ersten Stromanschlüsse feiern konnte. Bei der «EGW» kann jede(r) Weiacher Einwohner(in) Genossenschafter werden. Wenn man in Weiach Strom bezieht dann kommt der Strom zwar von der Axpo. Das Endverteilnetz gehört aber wie seit Anbeginn der EGW. Und zwar auf dem gesamten Gemeindegebiet. Mit ganz wenigen Ausnahmen: den Ofenhof und die Weiacher Kies AG beliefern die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) direkt. An allen anderen Orten kommt man nicht an der EGW vorbei.

Senkrecht 81: «Architekt und Spekulant aus Bülach (Initialen)»
Und schliesslich und endlich erlaubt sich die Erstellerin des Weiacher Weihnachtsrätsel noch einen Seitenhieb auf Oskar Meier, den Inhaber des gleichnamigen Architekturbüros aus Bülach, der seit Jahren gleich über der Strasse (und damit vor der Nase der Familie Eberle) eine Grossüberbauung erstellen will. Nur ist es offenbar nicht so einfach, die geplanten Eigentumswohnungen zu verkaufen, weshalb ausser einem Bauprojekt und Landumlegungen bislang nicht viel gelaufen ist. Warum, wird bei einem Ortstermin schnell klar: der Standort liegt nicht nur zwischen der Hauptstrasse Basel-Winterthur und der Bahnlinie Koblenz-Eglisau. Er ist - wie der Rest von Weiach - auch noch direkt unter der Anflugschneise der Piste 14 des Flughafens Kloten. Die Lösung lautet daher «OM».

Und damit verabschiedet sich WeiachBlog für das Jahr 2014 - mit nochmaligem Dank an die Erstellerin des Rätsels Heidi Eberle-Wapp.

Guete Rutsch!

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Meyerhofer als Betrüger verurteilt. Schaffhauser wollen Schadenersatz

Am 22. September 1814 hatte der Kleine Rat des Standes Zürich (Regierungsrat) entschieden, den Weiacher Hans Ulrich Meyerhofer nach Schaffhausen auszuliefern. Er sollte dort wegen Betruges vor Gericht gestellt werden (für die Details vgl. WeiachBlog vom 22.9.2014).

Zusammen mit dem Auslieferungsentscheid liess die Zürcher Regierung ihren Schaffhauser Kollegen ausrichten, dass sie über das Urteil gegen Meyerhofer sowie den Ausfertigungsort der zum Betrug benutzten Urkunden informiert zu werden wünsche.

Am 24. Dezember 1814, also heute vor 200 Jahren, war die Antwort der Schaffhauser eingetroffen und wurde im Rat besprochen:

«Die Zuschrift des L. Standes Schaffhausen vom 16ten Decembris, enthaltend die Mittheilung theils des Berichts über den Inquisitions-Prozeß mit dem in Schaffhausen inhaftierten Betrüger Ulrich Meyerhofer von Weyach, theils des unterm 9ten December über denselben ausgefällten Urtheils, – wird in originali dem Herrn Bezirksstatthalter Angst in Regensberg zur Execution des den Kostens- und Schadens-Ersatz betreffenden Theils dieser Sentenz und mit dem Auftrag zugestellt, über die Vollziehung dieses Geschäfts vor Ende des könftigen Monats Jenner dem Kleinen Rath einen umständlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, und mit demselben zugleich die Acten wiederum zurückzusenden. In deßen Gewärtigung bleibt die Antwort an den L. Stand Schaffhausen einstweilen eingestellt.»

Zum oben erwähnten Ausfertigungsort enthält dieser Beschluss keine Angaben. Hingegen wird der Statthalter auf dem Regensberger Schloss damit beauftragt, die Vermögenslage des Hans Ulrich Meyerhofer abzuklären und Vermögensgegenstände zwecks Deckung von Prozesskosten und Schadenersatz sicherzustellen.

Anmerkung: «L.» steht wiederum für «Löblich». Wie man an diesem Protokollauszug sieht, war ausserdem die Bedeutung des Wortes «Sentenz» damals noch eine andere, im Sinne der lateinischen Herkunft ursprünglichere, als heute, wo man darunter nur noch einen «Sinnspruch» versteht. Ein Gerichtsbeschluss eben.

Quelle
  • MM 1.51 RRB 1814/1212. L. Stand Schaffhausen communiciert seine Sentenz über Hs. Ulrich Meyerhofer von Weyach. 24.12.1814
[Veröffentlicht am 30. Dezember 2014]

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Weiacher Weihnachtsrätsel

Die Weiacher Adventsfenster (samt Einladungen vor Ort zur «Aufschaltung» bestimmter Fenster), der Christbaumverkauf, die Aufforderung des Gemeindesteueramts die letzte Rate zu begleichen. Alles wie gehabt in der Dezember-Ausgabe der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach (MGW).

Doch etwas ist neu - und wird wohl auch eine einmalige Angelegenheit bleiben: das «Weiacher Weihnachtsrätsel», ausgeschrieben von der lokalen Gewerbevereinigung und verfasst von Heidi Eberle-Wapp.

Dieses Kreuzworträtsel hat es in sich. Schauen Sie selbst:

 
Wer es ausfüllen will, der oder die muss schon ganz ordentlich Bescheid wissen über Weiach.

Wo der Wein wächst (Waagrecht 1), wo sich die Entsorgungsanlage befindet (Waagrecht 23), was es seit 2009 in Weiach nicht mehr gibt (Senkrecht 57): mehr als 85 Begriffe sind gesucht. Und bei 31 davon braucht man Insiderwissen, das fast nur Einheimische haben können.

Gemäss Auskunft von Ernst Eberle (Inhaber des gleichnamigen Elektrounternehmens in Weiach) haben sogar die Einheimischen Mühe - teilweise auch wegen der Schreibweise von Ortsnamen. Denn die ist ja keineswegs standardisiert. Ein Umstand, der das Rätsel zusätzlich erschwert.

Gratulation an Heidi Eberle für diese Idee!

Die weiachspezifischen Begriffe werden selbstverständlich erst nach Ablauf der Wettbewerbsfrist (d.h. ab dem 20. Dezember) verraten. Viel Freude beim adventlichen Rätselraten wünscht der Verfasser des WeiachBlog.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Kirchenbote ab 1965 alle zwei Wochen in jede ref. Haushaltung

Ganz von allein kommt die Mitgliederzeitung der Reformierten nicht in die Haushaltungen. Da muss die Kirchgemeinde schon etwas nachhelfen. Anfang Dezember 1964 fand die dritte Kirchgemeindeversammlung des Jahres statt «zur Festsetzung der Kirchensteuer pro 1965 und zur Genehmigung des Voranschlages für das kommende Jahr. An dieser Versammlung wurde auch ein Kredit von fr. 650.- jährlich beschlossen, damit der "Kirchenbote des Kantons Zürich", der nun halbmonatlich erscheinen wird, in alle ref. Haushaltungen des Dorfes verteilt werden kann.»

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 12. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
[Veröffentlicht am 20. Januar 2015]

Sonntag, 30. November 2014

Novemberwetter 1964: Unvermeidliche Hochnebeldecke

Für die Beschreibung des Oktoberwetters 1964 hat Walter Zollinger in seiner Jahreschronik erstmals den Begriffs «netzend» verwendet. Und zwar in der Bedeutung von Nebel der sich auf Oberflächen in nasser Form niederschlägt. Das neue Wort wird auch für die Beschreibung des nachfolgenden Monats verwendet. Denn da ging es mit dem Nebel weiter wie im Oktober:

«November: Die ersten 2 Wochen des Novembers zeigten ständig eine Hochnebeldecke an den Vormittagen, hie und da sogar leicht netzend; nachmittags manchmal etwas aufhellend, dann aber auch gleich ein kalter Oberwind. Nun folgt vom 14. ab ein Wechsel auf ein paar föhnig-stürmische Tage mit z.T. "scheusslichem Regenwetter". Jetzt, etwa ab dem 20.11. wirds endlich besser, morgens wohl noch neblig oder bedeckt, aber doch die Nachmittage und Abende teilweise sonnig, trocken sogar. Das Monatsende bringt wieder ganze Tage mit der unvermeidlichen Hochnebeldecke, mit kühlen Winden und sogar (am 28., 29., 30.11.) etwas leichtem Schneefall, sodass Wiesen, Bäume und Dächer weissbedeckt sind. Die Temperaturen hielten sich leicht unter denjenigen des Vormonates:

Höchstemperaturen: morgens 11°, mittags 12°, abends 13° (Föhn)
Tiefsttemperaturen: morgens 0°, mittags 2°, abends 0°
»

Also eigentlich übliches Weiacher Herbstwetter. Neblig halt. Bodennebel ist ebenfalls sehr häufig, liegt doch der Dorfkern nur ein paar hundert Meter vom Rhein entfernt. Im hier beschriebenen Monat hat sich aber offensichtlich eine ziemlich stabile Inversionslage halten können.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
[Veröffentlicht am 20. Januar 2015]

Samstag, 29. November 2014

Öffentliche Bauvorhaben 1914: Kirche und Altes Schulhaus

Im Jahre 1914 liessen die Weiacher gleich zwei öffentliche Bauvorhaben ausführen. Einerseits eine sanfte Renovation der evangelisch-reformierten Kirche. Und andererseits eine Modernisierung des Schulhauses (heute als «Altes Schulhaus» bezeichnet).

Modern heizen bei den Schülern

Dem Schulhaus wurde eine ganz spezielle Neuerung spendiert, nämlich der «Einbau einer Zentralheizung» (zit. n.: Weiach, 4. Aufl., Fussnote 160). Über eine solche Annehmlichkeit konnten sich die meisten Weiacher in ihren privaten Wohnungen noch nicht erfreuen, wie man der elektronischen Version des Historischen Lexikons der Schweiz (e-HLS) entnehmen kann:

«Im 17. und 18. Jh. kamen in den Bauernstuben die Kachelöfen auf. Die dafür benötigte Keramik wurde häufig aus städt. Abbruchmaterial gewonnen. Die ländl. Kachelofenheizung, die heute als bäuerl. Attribut schlechthin gilt, ist eine Form von diffundiertem höf. und städt. Kulturgut. [...] Im 18. und 19. Jh. setzte sich die industrielle Produktion von gusseisernen Zimmeröfen durch. Mit dieser zweiten Zäsur war die H[eizung] nicht mehr zwingend an Küche und Stube gebunden. Die Brüder Johann Jakob und Salomon Sulzer führten hierzulande - nach nordamerikan. und engl. Vorbild - 1841 die dampfbetriebene Zentralheizung ein. Deren Betrieb mit warmem Wasser verbreitete sich im Wohnungsbau erst nach dem 1. Weltkrieg.» (e-HLS, Artikel Heizung, Stand 24/03/2011).

Ob es sich bei der neuen Schulhausheizung um eine nach dem Prinzip Sulzer oder doch schon um eine Warmwasserheizung gehandelt hat? Die Protokollbände im Archiv der Primarschulgemeinde könnten da allenfalls zur Aufklärung beitragen.

Immerhin ein neuer Bodenbelag für die Kirche

Die Kirchgemeinde konnte (oder wollte) in der Zeit vor 100 Jahren nicht allzu viel Geld auf einmal verbauen. 1912 wurde zum ersten Mal eine elektrische Beleuchtung installiert, womit die Kirche eines der ersten mit Strom versorgten Gebäude im Dorf war.

1914 wurde eine von der Kantonalen Denkmalpflege Zürich als «Gesamtrenovation» (s. unten) bezeichnete Sanierung durchgeführt:

«Dabei wurden zwei bisher neben dem Taufstein liegende Grabplatten entfernt und in die nahen Mauern eingelassen (es könnte sich um die Grabplatten von Pfarrer H.R. Wolf und seiner Schwester handeln). Der alte Klinkerboden wurde durch einen Plättlibelag ersetzt. Die Kosten für diese Innen- und Aussenrenovation beliefen sich damals auf Fr. 37'900 (nach Maurer, 1965; indexiert auf heute ca. Fr. 400'000).» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 54).

Mit dieser Gesamtrenovation 1914 war es also nicht weit her - ausser man wolle auch die beiden folgenden Bauprojekte dazuzählen: 1926 liess die Kirchgemeinde das Wandtäfer ausbauen, sanieren und teilweise erneuern. Auf den Heizkomfort, der die Schüler damals schon seit mehr als einem Jahrzehnt erfreute, mussten die Kirchgänger bis 1929 warten, als durch die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach (EGW) eine elektrische Heizung installiert wurde. Ob man vorher mit Kohlenöfen oder dergleichen zu Winterzeiten ein bisschen Wärme in die Kirche gebracht hat, ist mir nicht bekannt. Zusätzlich zur neuen Heizung wurde eine neue Turmuhr eingebaut (bis heute in Betrieb), sowie die erste richtige Orgel (von 1930 bis 1967 in Betrieb - vorher gab es nur ein Harmonium).

Gesamtrenovation?

Diese schrittweise Renovationstätigkeit war aus der Sicht des Denkmalschutzes ein Glücksfall, wie der 6. Bericht der Kantonalen Denkmalpflege Zürich verrät:

«Glücklicherweise überstanden der aus der Bauzeit stammende Taufstein, die auf 1706 datierte Kanzel, grosse Teile der Chorbestuhlung, die Empore sowie die Bretterdecke auch die Gesamtrenovation von 1914, so dass für die Gesamtrestaurierung von 1967/68 noch wichtigste Teile der alten Bausubstanz vorhanden waren.» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 30).

Die vermeintliche Gesamtrenovation 1914 entpuppt sich als ganze Serie von Entscheiden der Kirchgemeinde. Letztlich war es neben der konservativen Grundhaltung sicher auch das mangelnde Geld, das die damaligen Weiacher (Frauen hatten bis 1964 nichts zu sagen - zumindest in der Gemeindeversammlung) davon abgehalten hat, alte Bausubstanz im grossen Stil durch Modernität zu ersetzen.

Die erste wirkliche Gesamtrenovation dürfte somit die von 1967/68 gewesen sein.

Quellen
  • Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006, (Internetausgabe 2007)
  • Brandenberger, U.: Weiach. Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Vierte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» (Internet-Ausgabe 2014)
  • Maurer, E.: Die Kirche zu Weiach. Weiach, 1965. Hrsg.: Evang.-ref. Kirchgemeinde
    Weiach.
  • Zürcher Denkmalpflege (Hrsg.): Weiach. Reformierte Kirche. Gesamtrestaurierung. In: 6. Bericht 1968/1969 – S. 143-144.
[Veröffentlicht am 20. Januar 2015]

    Freitag, 31. Oktober 2014

    Oktoberwetter 1964: Ständig kalte Finger beim Obstpflücken

    Der September 1964 gab Chronist Walter Zollinger mit seinen grossen Unterschieden zwischen Höchst- und Tiefsttemperaturen einen Anlass zum Vergleich mit dem Vorjahr. Diesen stellt er auch mit dem darauffolgenden Monat an:

    «Oktober: Dieser Oktober war das gerade Gegenteil des trocken-warmen Oktobers 1963: meist neblige Morgen, manchmal sogar netzend, 12mal richtig regnerische Vorm. oder Nachmittage [letztes Wort gestrichen und handschriftlich durch "Abende" ersetzt], auch Nächte. Fast immer bedeckt oder stark bewölkt und auch kühle Winde. Die Nachmittage sind oft etwas besser und milder, vor allem in der ersten Monatshälfte. Aber eigentlich sonnige Tage waren nur deren 3. Am 25.10. lag der erste Reif. Beim Obstpflücken gab's beständig jeweilen empfindlich kalte Finger.

    Höchstemperaturen: morgens 13°, mittags 17°, abends 14°
    Tiefsttemperaturen: morgens 0°, mittags 6°, abends 1°
    »

    Also eine eher unfreundliche Angelegenheit, dieser Oktober. Zum Glück für die Traubenernte war ja der September föhnig (vgl. WeiachBlog vom 30. September 2014).

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 18. Januar 2015]

    Donnerstag, 30. Oktober 2014

    Hochkonjunktur verführt zum Wirtshaushocken

    Walter Zollinger, der langjährige Dorfschullehrer, Ortschronist und Chorleiter (um nur einige seiner vielen Aktivitäten zu nennen), war ein scharfer Kritiker der Hochkonjunktur vor 50 Jahren.

    Dass dem so war kann man noch heute an der spitzen Feder ablesen, die er in seinen Ortschroniken führte. Auch eigentlich ganz harmlos gemeinte Inserate wie das unten abgebildete konnten schon mal in sein Visier geraten:



    Begleitet wird dieses im Typoskript eingeklebte Metzgete-Inserat des Weiacher Restaurants «Wiesental» von vier weiteren Zeitungsausschnitten: ebenfalls Werbung für Metzgete-Anlässe (von den damaligen Inhabern des Restaurants Bahnhof Niederglatt, des Restaurants Bellevue Regensberg, der Linde Buchs sowie des Restaurants Bahnhof Rümlang).

    Zollingers Kommentar dazu (unter der Rubrik «Volkskundliches/Kulturelles»): «Auch "kulturell intressant" sind die vielen, so ab mitte Oktober beginnenden und weit über Neujahr hinaus sich ziehenden, durch fast alle unsere Gaststätten eingeführten "Metzgeten"; eine deutliche Illustration zu unserer "fress- und trinklustigen" Zeit; denn es seien, so liess ich mir sagen, diese Lokale jeweilen gestossen voll. Wie mancher Familienvater, wie viele junge Burschen werden doch wohl damit zum Wirtshausbesuch und zum unnötigen Geldverputzen verführt und schlittern dann allmählich in ein liederliches Leben hinein! Das Wirtshaushocken wird ihnen zur Gewohnheit, eine üble Kehrseite der heutigen "Hochkonjunktur", man hat ja Geld genug!»

    Ob diese Metzgeten tatsächlich zur Entstehung liederlichen Lebenswandels geführt haben? Zum Überleben der Gaststätten haben sie sicher beigetragen.

    Das «Wiesental» gibt es übrigens - als eine der wenigen unter den damals bestehenden Weiacher Gaststätten - bis heute. Und es wird erst noch von der gleichen Familie Bütler geführt wie vor einem halben Jahrhundert.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 23a (Inserat) u. 24 (Text). [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 7. Dezember 2014]

    Montag, 27. Oktober 2014

    Zuwanderung bricht der Schweiz finanziell das Genick

    Nachdem erste Umfrageergebnisse eine mögliche Mehrheit für die sogenannte Ecopop-Initiative (Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen») signalisiert haben, prasselt nun via Medien ein Propaganda-Stahlgewitter auf die Öffentlichkeit herunter.

    Die Boulevard-Zeitung «Blick» warnt mit riesigen Lettern auf der Titelseite, dass die AHV pleite gehen und Hunderttausende arbeitslos auf der Strasse stehen würden. Und vergisst dabei zu erwähnen, dass die Eingewanderten dereinst auch Ansprüche stellen werden, was wohl noch mehr Einwanderung (oder eigenen Kinderreichtum) zur Folge haben müsste, soll es nicht einfach etwas später zum Kollaps der Ersten Säule kommen.

    Auch der Weiacher EVP-Kantonsratskandidat Daniel Elsener macht sich seine Gedanken zum Thema. Mit Bezug auf den «Monsterstau am Gubrist», ausgelöst durch einen Lastwagen, der am 20. Oktober frühmorgens eine Ladung Sojabohnen auf der Fahrbahn verteilte, hat er den folgenden Leserbrief an diverse Printmedien versandt:

    «Ein heute alltägliches Ereignis weitete sich am Montag durch ein missliches Unglück zum 25km regionalen Verkehrskollaps aus, obwohl der Tunnel noch einspurig befahrbar war. Unsere Mobilität ist schon länger am Limit, wohin man schaut. Ein Schelm, wer jetzt denkt: die ungebremste Zuwanderung ist schuld! Oder vielleicht doch nicht?

    Dieses Beispiel zeigt doch nur zu deutlich, wie empfindlich und übernutzt unsere Infrastrukturen geworden sind. Also müssen sie zwingend erneuert, erweitert und ausgebaut werden, und das nicht nur im Verkehr. Das ist eine sehr kostspielige Sache und ich überlege in welcher Grössenordnung das wohl sein könnte? Wenn ich annehme, dass jede Zuwanderung über kurz oder lang 200‘000.- Franken öffentliche Infrastrukturkosten in Bildung, Gesundheit, Mobilität, Soziales und Verwaltung usw. verursacht, sind das bei einer Million Leute seit der Personenfreizügigkeit (PFZ) 200 Mrd. Franken. Ein Klacks, wenn man bedenkt, dass das kantonalzürcherische Budget 14 Mrd. beträgt. Selbst eine Wohnung kostet heute rund eine halbe Million Franken.

    Wenn ich lese, wie unbedarft gegen Masseneinwanderungs- und Ecopopinitiative geschossen und behauptet wird, sie seien wirtschaftsschädlich, wird mir schummrig. Diesen finanziellen Kraftakt wird die Schweizer Volkswirtschaft nicht stemmen können und wird ihr das Genick brechen. Auch mit noch mehr Zuwanderung wird’s nicht besser, sondern nur noch schlimmer. Nach dem Verkehrskollaps kommt der Finanzabsturz und dann die (Mehrwert)-Steuerbelastungen wie in der EU. Ich würde doch gern pragmatisch von den Befürwortern der PFZ wissen, wer diesen Investitionsstau bezahlen soll?

    Naiv wie ich bin sage ich: Die Wirtschaft und die Banken nicht, die EU nicht, die Politik und der Bundesrat nicht, die Einwanderer nicht – ich auch nicht. Aber Du!
    »

    Vom Monsterstau am Gubrist zum Investitionsstau. Natürlich kann man am Gubrist die geplante dritte Röhre bauen - oder auch noch eine vierte. Aber ob dies das Problem wirklich löst?

    Letztlich geht es um die Frage, was die Schweiz sein will: ein mit Europa vollvernetztes Singapur der Alpen mit verdichtetem Multikulturalismus? Oder doch lieber ein weniger bevölkerter direktdemokratisch verfasster Staat, der seine wirtschaftliche Rolle in der Welt grundsätzlich neu definiert?

    Um diese Grundsatzfrage geht es am 30. November letztlich. Und wir tun gut daran, endlich ohne populistische Polemiken und «Arena»-Geschrei darüber nachzudenken. Das können die Stimmbürger nämlich - wenn man sie nur lässt.

    Der Diskussionsbeitrag von Daniel Elsener erinnert daran, dass auch ungehindertes Wachstum grosse finanzielle Risiken mit sich bringen kann. Was denken Sie darüber?

    [Zitat auf Wunsch des Autors durch WeiachBlog orthographisch korrigiert – 6.11.2014]

    Dienstag, 30. September 2014

    Septemberwetter 1964: Föhnlagen kochen die Trauben

    Die Jahreschroniken von Walter Zollinger behandeln als erstes Hauptkapitel jeweils das Wetter. Für seine statistischen Monatsbeschreibungen wertete der Chronist seine detaillierten täglichen Aufzeichnungen aus.

    In der Regel hat er zum Abschluss bei jedem Monat auch Höchst- und Tiefsttemperaturen beigefügt. Beim September 1964 macht er eine Ausnahme. Hier stehen diese Angaben ganz am Anfang - und das kommt nicht von ungefähr:

    «Höchstemperaturen: morgens 18°, mittags 25°, abends 19°
    Tiefsttemperaturen: morgens 2°, mittags 10°, abends 7°

    Das sind bedeutende Unterschiede zwischen Höchst- und Tiefsttemperaturen; der letztjährige September war ausgeglichener. An den Morgen [des Septembers 1964] lag öfters Nebel oder Hochnebel (12mal), welch ersterer allerdings meist so zwischen 9 und 11 Uhr verschwand und dann sonnigen Nachmittagen und Abenden platzmachte (10 solche); bedeckt oder bewölkt waren nur 3 ganze Tage und 4 halbe. Wechselnd zwischen sonnig und bewölkt zählte ich 1 ganzen Tag, 2 Vormittage und 4 Nachmittage; Regen fiel 5mal nachts, 3mal abends, je 2mal vor- oder nachmittags und einmal während eines ganzen Tages; auch ein kühler Wind wehte oftmals, vor allem anfangs des Monates und dann wieder zwischen dem 17. und 22.9. Am 6.9., 12.9. und 15.9. föhnig, gut für die Trauben und das Obst. Die Rebbesitzer beginnen mit wümmen der "Direktträger" bereits um den 20. September herum und wir selber haben am 9. und 10.9. gesonnt, trotzdem ein Hausfrauen-Spruch warnt: "In Monaten mit ....er soll man nicht sonnen!"»

    Mit dem Wümmen ist die Traubenernte gemeint. Und unter einem Direktträger oder Selbstträger versteht man eine Rebe, die nicht gepfropft (d.h. veredelt) wurde, also auf ihren eigenen Wurzeln wächst. Interessant ist dieser Umstand, weil die Reblaus zwischen 1865 und 1885 riesige Weinberge zerstört hat - und man seither weitgehend auf Propfreben setzt, denen die Laus nichts anhaben kann. Dass die Weiacher nicht auf gepfropfte Reben umgestellt haben, könnte damit zusammenhängen, dass bei praktisch allen der Weinbau eben nicht als Hauptverdienst zählte - und das wohl auch nie war.

    Mit dem Sonnen meint Zollinger wohl nicht das heute übliche Sonnenbad (wo ein Mensch «sünnelet»), sondern das Sonnen von Gegenständen, wie es damals im Sommer noch weitherum praktiziert wurde und beispielsweise von Gottlieb Siegmund Corvinus in seinem «Frauenzimmer-Lexicon» von 1739 wie folgt beschrieben ist (vgl. Sp. 173): «die Feder-Betten bey schönen Sommer-Tagen an die Sonne legen und ausbreiten, und selbige mit zwey langen schwancken Stäblein ausklopfen, damit die verstockten  und in einen Klumpen verfallenen Federn wiederum auflaufen, und von dem Schweiß nicht faul werden.» Dazu würde dann auch der Hausfrauenspruch passen (September und Oktober sind halt schon nicht mehr Sommermonate).

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 6-7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 18. Januar 2015]

    Montag, 22. September 2014

    Hans Ulrich Meyerhofer nach Schaffhausen ausgeliefert

    Heute vor 200 Jahren war der Kanton Zürich noch ein völlig unabhängiger Staat, wie alle anderen Schweizer Kantone, die in der Eidgenossenschaft der Mediationszeit nur lose miteinander verbunden waren.

    Wollte damals ein anderer Kanton einen Zürcher Bürger vor Gericht stellen, dann musste er bei der Zürcher Regierung vorstellig werden. Und ein formelles Auslieferungsgesuch von Staat zu Staat stellen. So wie dies der Kanton Schaffhausen am 19. September 1814 getan hatte:

    «Da die Regierung des L. Standes Schaffhausen unterm 19ten dieß um die Auslieferung des zu Regensperg im Arrest sitzenden Hs. Ulrich Meyerhofer von Weyach, welcher als ein angeblicher Unterhallauer, Namens Rahm, den Herrn Stadtrichter und Cantonsrath Joh. Jacob Wüscher in Schaffhausen vermittelst eines falschen Schuld- und Bürgscheins um die Summe von 800. fl. betrogen, – ersucht, – so wird die Cantonspolicey-Commißion, auf den mündlich erstatteten, sorgfältigen Bericht ihres würdigen Präsidii, begwältiget, die Auslieferung des Meyerhofers an die Regierung von Schaffhausen zu besorgen, und der dortigen Polizeybehörde anzuzeigen, wann er zu Regensperg abgeholt werden könne.»

    Anmerkung zu den Abkürzungen: «L.» steht für «Löblichen», «Hs.» für «Hans», «Joh.» für «Johann», «fl.» für «Gulden».

    Bereits rekordverdächtige drei Tage nach dem Begehren (!) entschied also der Kleine Rat (heute wäre das der Regierungsrat), ihm stattzugeben. Von wegen, staatliche Mühlen würden langsam mahlen...

    Wie man dem Beschlussprotokoll entnehmen kann, war zu diesem Geschäft ein Bericht des Präsidenten der «Cantonspolicey-Commißion» nötig, der seinen Antrag den hohen Herren Räten gleich in deren Sitzung vortrug. Dieses mündliche Prozedere dürfte wesentlich zur schnellen Erledigung des Geschäftes beigetragen haben.

    Unklar ist, weswegen Hans Ulrich Meyerhofer zu Regensberg in Arrest war. Womöglich sass er da wegen einer anderen - möglicherweise weniger gravierenden - Angelegenheit. Die Zürcher sahen jedenfalls kein Problem darin, ihn (umgehend) den Schaffhausern zu überstellen. Dort war er ja auch hinter Schloss und Riegel - und erst noch auf Kosten der Schaffhauser.

    Dennoch interessierte sich die Zürcher Justiz für den gefälschten Schuldbrief bzw. Bürgschein:

    «Von dieser getroffenen entsprechenden Verfügung, wird die Regierung des L. Standes Schaffhausen rückantwortlich benachrichtiget, und dieselbe zugleich um Mittheilung des dießfälligen Urtheils und der Prozeß-Acten ersucht, aus welchen sich dann besonders auch ergeben wird, ob und wie die Verfertigung des falschen Schuldbriefs und Bürgscheines in dem hießigen Canton geschehen sey.»

    Die eigentlichen Umstände, unter denen es Meyerhofer gelungen war, den honorablen Johann Jacob Wüscher von der Echtheit der Urkunde(n) zu überzeugen, hatte die Zürcher offiziell nicht zu interessieren.

    Bemerkenswert ist aus heutiger Sicht, dass ein Weiacher offenbar dialektmässig problemlos als Unterhallauer durchging. Oder Meyerhofer zumindest glaubhaft machen konnte, er stamme ursprünglich aus dieser Klettgauer Gemeinde.

    Näheres würden allfällig noch vorhandene Prozessakten in Schaffhauser Archiven zeigen.

    Quelle
    • StAZH MM 1.50 RRB 1814/0921. Auslieferung des Hs. Ulrich Meyerhofer von Weyach, aus seinem Arrest zu Regensperg an die Regierung von Schaffhausen. 22.09.1814
    [Veröffentlicht am 29. Dezember 2014]


    Präzisierung vom 13. Januar 2015 zum Thema Auslieferungsgesuch

    Eine Auslieferung kann nicht nur erfolgen wenn der oder die Betreffende bereits inhaftiert ist. Vergleiche die Begriffsdefinition durch das Bundesamt für Justiz:

    «Auslieferung bedeutet die zwangsweise Übergabe einer gesuchten Person durch den ersuchten Staat an den ersuchenden Staat zum Zweck der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung.»

    Ohne Gesuch eines Drittstaates handelt es sich nicht um eine Auslieferung, sondern um eine Abschiebung oder Ausschaffung in einen Drittstaat (in der Regel der Heimatstaat des/der Abgeschobenen).

    Ein Gesuch war also unabhängig davon erforderlich, ob es sich um einen Bürger des angefragten Kantons oder einen Kantonsfremden handelt. Interessant ist aber dennoch, wie schnell die Zürcher bereit waren, einen eigenen Bürger in einen anderen Kanton auszuliefern. Denn staatsrechtlich gesehen war Schaffhausen aus Zürcher Sicht Ausland.

    Normalerweise liefert ein Staat eigene Bürger nicht (oder nicht ohne weiteres) ans Ausland aus. In der EU ist das anders geregelt (vgl. Wikipedia-Artikel Europäischer Haftbefehl:

    «Der Europäische Haftbefehl (EuHB) ist ein Instrument zur EU-weiten Durchsetzung eines nationalen Haftbefehls, das auf einem Rahmenbeschluss vom 13. Juni 2002 beruht. Er vereinfacht und verkürzt die Auslieferung von Straftätern bzw. Verdächtigen, da das um Auslieferung ersuchte Land die Rechtmäßigkeit des Haftbefehls grundsätzlich nicht nachprüfen darf.»

    Es besteht zwischen EU-Staaten also eine Verpflichtung zur automatischen Auslieferung - auch von eigenen Staatsbürgern.

    Donnerstag, 28. August 2014

    Augustwetter 1964: Fiserlen und Bindfäden

    Nachdem die Weiacher Bauern sich noch im Juli 1964 über mangelnde Niederschläge beklagten, war dies im darauffolgenden Monat weniger ein Problem, wie man den Wetteraufzeichnungen von Walter Zollinger entnehmen kann:

    «August: Er ist etwas "kühler" als der Vorgänger, obwohl er auch recht viele schwüle Nachmittage bringt. Aber es regnet auch öfters, nämlich: am 2.8. nachmittags, am 7.8. abends gewittriger Schauer, vom 9. auf den 10. nachts, am 11.8. abends, am 12.8. etliche ergiebige Schauer nachmittags und abends, am 17./18. nachts, am 18. fast den ganzen Tag (erst spätabends etwas sonnig), am 21.8. nachmittags "fiserlen", am 22. vormittags wie "Bindfäden" und am 29. nachm. nochmals ein Gewitter, nachher anhaltender Regen bis über Mitternacht hinaus. - Es wird in der ersten Monatshälfte noch geemdet, soweit wenigstens etwas zu finden ist. Aber man nimmt alles zusammen, meist eintägiges natürlich.

    Höchsttemperaturen morgens 20°, mittags 28°, abends 21°
    Tiefsttemperaturen morgens 9°, mittags 15°, abends 13°
    ».

    Unter den Bindfäden, die vom Himmel regnen kann sich auch ein nicht im Kanton Zürich heimischer Leser etwas vorstellen. Aber unter «Fiserlen»? Das Schweizerische Idiotikon nennt als Bedeutung «leicht, fein regnen» bzw. schneien. Man kann den Begriff in diesem Kontext also wohl mit «Sprühregen» umschreiben.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 6. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 8. Dezember 2014]

    Dienstag, 26. August 2014

    Ausgelaufenes Öl nach Unfall angezündet

    Mineralöle sind das Blut der aktuellen Zivilisations-Version. Auch bei uns. Bereits vor 50 Jahren. Nur war damals die Bewältigungsstrategie bei Unfällen noch eine ganz andere als heute.

    In der Jahreschronik von Walter Zollinger findet man unter der Rubrik «Verkehrswesen/Unfälle» folgenden Eintrag:

    «am 9. Juni, abends ca. 6 Uhr: ein Oeltankanhänger überschlug sich auf der Glattfelderstrasse, direkt in einen Weizenacker, kurz vor dem Ofenhaus; Das auslaufende Oel musste, um ein Versickern zu verhüten, gleich angezündet werden. Eine dicke, schwarze Rauchwolke war weithin sichtbar und "alarmierte" so die Dorfbevölkerung.»

    Schon ein etwas eigenartiger Problemlösungsansatz, nicht wahr? Würde man sich heute so etwas erlauben, dann wäre eine Untersuchung durch die Strafverfolgungsbehörden ziemlich wahrscheinlich.

    Denn was passiert, wenn man die Sauerei anzündet? Das Problem wird nicht etwa kleiner, im Gegenteil: Luftverschmutzung durch Russpartikel, Verbrennungsrückstände auch am Boden, etc. Und trotzdem ist das Erdreich noch belastet. Ausserdem: die Lungen der auf dem Schadenplatz beschäftigten Personen haben garantiert keine Freude an dieser Zusatzbelastung.

    Heute wird eingedämmt

    Wenn heute ein solcher Unfall passiert, dann gehen die Einsatzkräfte anders vor:
    • Der Tankanhänger wird gesichert und provisorisch abgedichtet, damit nicht noch mehr Öl ausläuft. 
    • Ist ein Gewässer in der Nähe, wird eine Ölsperre gesetzt. 
    • Das ausgelaufene Öl wird an ein Bindemittel adsorbiert und abgeführt.
    • Das verseuchte Erdreich wird mit einem Bagger abgetragen (sog. Auskofferung) und entweder in einer KVA verbrannt oder einer Bodenwaschanlage zugeführt.
    Wie von der Berufsfeuerwehr des Flughafens Zürich auf Anfrage zu erfahren war, wird im Kanton Zürich bei solchen Vorfällen jeweils noch das Pikett des AWEL aufgeboten. Ein Spezialist des kantonalen Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft entscheidet dann zusammen mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr vor Ort, was im konkreten Fall das beste Vorgehen ist.

    Gefährliche Kurven

    Bezogen auf den oben erwähnten Unfallort beim Ofen-Hof kommen einem gleich noch zwei weitere Gedanken:
    1. betreiben die heutigen Eigentümer der nahe gelegenen Weiacher Kies AG eine Bodenwaschanlage.
    2. ereignen sich am mutmasslichen Unfallort vom 9. Juni 1964, einer Kurvenkombination auf Weiacher Gemeindegebiet rund 200 Meter östlich des Ofen, auch heute noch regelmässig Unfälle. Man kann die in den letzten Jahrzehnten dort umgekippten Anhänger wohl kaum mehr zählen.
    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 20. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964]

    Donnerstag, 7. August 2014

    Grundwasserpumpwerk führt zu Wasserzählern

    An der Gemeindeversammlung vom 24. Juni 1964 stand das Trinkwasser im Zentrum. Es ging um die «Genehmigung des Projektes für die Erstellung der Grundwasserfassung und des Pumpwerkes "Rhein" (Bruttokredit Fr. 297'200.-)», wie Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1964 schreibt.

    Und trotz des Geldsegens, der mit der Weiacher Kies AG die Gemeindekasse erreicht hatte, war Überzeugungsarbeit gefragt, denn einfach so investieren die Weiacher nicht in neue Infrastruktur:

    «Herr Ingenieur Werner vom techn. Bureau Gujer in Rümlang referierte eingehend über dieses dringend benötigte Vorhaben. Es wurde denn auch genehmigt und soll nun so rasch als möglich ausgeführt werden.» (Jahreschronik 1964 - S. 10)

    Mit Datum vom 7. August 1964 liess der Gemeinderat die Baute offiziell publizieren:


    Der Bauherr, die Politische Gemeinde Weiach, vertreten durch das Technische Büro H. Gujer, Rümlang, schrieb da eine «Grundwasser-Pump- und Transformatorenstation am Rhein» aus. (Bild aus: Jahreschronik 1964, S. 9a)

    Vor 50 Jahren noch keine Wasserzähler!

    Dass man die Wasserverbraucher auch in die Finanzierung einbinden wollte, ist nur folgerichtig. Als nächstes Traktandum folgte deshalb die «Aenderung von Art. 16 der Verordnung über die Wasserversorgung (Erhöhung des Wasserzins-Pauschaltarifes); dies im Hinblick auf die grossen Kosten des oben genehmigten Projekts.»

    Man stellt mit Erstaunen fest, dass es damals noch keine Wasserzähler gab. Nur eine Pauschalgebühr. Das blieb aber nicht mehr lange so.

    Wie man den Weiacher Geschichte(n) Nr. 33 (Gesamtausgabe S. 66, Link vgl.unten) entnehmen kann, gab es nach Aussage des früheren Gemeindepräsidenten Ernst Baumgartner-Brennwald (im Amt von 1966 bis 1982) Ende der 50er Jahre zunehmend Streit, wer zuviel Wasser verbrauche. Verdächtigt wurden besonders die Bauern.

    Schon drei Jahre später wurden sie eingeführt

    Deshalb brauchte es also die zusätzliche Wasserfassung und das dazugehörende Pumpwerk. Und bald waren auch Messgeräte erforderlich, um eine verursachergerechte Abrechnung zu ermöglichen:

    «1967 war die Gemeinde genötigt, eine abgeänderte Verordnung über die Wasserversorgung zu erlassen. Die Eröffnung des Grundwasserpumpwerkes an der Rheinhalde hatte bald gezeigt, dass die bisherigen bescheidenen Verbrauchertarife bei weitem nicht mehr ausreichten, um auch nur einen Teil der Betriebskosten zu decken. Nun wurden Wassermesser eingebaut und das Wasser zu 40 Rappen pro m3 abgegeben sowie ein Grundtarif pro Wohnung erhoben.» – W. Zollinger. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach, Dielsdorf 1972, S. 63/64.

    Weiterführende Literatur zur Wasserversorgung
    [Veröffentlicht am 19. August 2014]

    Dienstag, 29. Juli 2014

    Juliwetter 1964: Bauern jammern über Tröchni

    Wenn man sich im diesjährigen Juli über eines nicht beschweren konnte, dann über mangelnde Feuchtigkeit. Es regnete und regnete in allen Varianten - von sintflut- und überfallartig wie aus Kübeln gegossen bis zum tagelangen Landregen.

    Vor 50 Jahren war eher das Gegenteil der Fall. Die Weiacher Bauern hätten es gerne weniger trocken gehabt, wie Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1964 schreibt:

    «Juli: Dieser Monat bringt in seiner ersten Woche einen schönen Tag nach dem andern; schon vom Morgen an sonnig und warm, dazu allerdings hie und da noch der Oberwind. Die Bauern, wie man sich's ja bei ihnen gewohnt, jammern bereits, diese "Tröchni" sei für Graswuchs und Getreide gar nicht günstig. So ist alles froh, als endlich der 9. wie der 10.7. den langersehnten Niederschlag bringen. Aber vom 11. an setzt wieder dasselbe schwüle u. trockene Wetter ein und hält sich die ganze folgende Woche durch. Die Bauern beginnen, notgedrungen, mit Getreide mähen, da es sonst vom Boden her abdorrt. Auch ein jetzt noch einsetzender Regen könnte nicht mehr viel verbessern. Die Emdwiesen beginnen rot zu werden, das Futter schwindet immer mehr weg. Auch das "einewäg" rar hängende Obst kommt vorzeitig und unreif zum Fallen. Schade! Mit Neid blickt man oftmals zum "Stein" hinauf, wenn ostwärts desselben schwarzgraue Wolken sich auftürmen und fernes Donnergrollen verrät, dass das ersehnte Nass nicht bei uns, sondern in der Bülacher Gegend niederprasselt. Am 19., 22. und 27. Juli gibt's endlich wieder etwas Regen, am 28. frühnachmittags sogar ein Gewitter mit ergiebigem, langandernden [sic!] Schauern. Im übrigen aber war also der ganze Juli trocken und schwül, wie auch die nachfolgenden Temperaturen zeigen:

    Höchsttemperaturen morgens 22°, mittags 31°, abends 25°;
    Tiefsttemperaturen morgens 12°, mittags 17°, abends 13°. »

    Interessant ist der Zollingersche Seitenhieb gegen die Bauern: man sei es sich ja gewohnt, dass die ständig jammern würden. Wenn die eigene Lebenswelt halt nicht so stark vom Wetter abhängt, dann kann diese bäuerliche Wetterfixiertheit schon irritieren. Aber Zollinger verdiente seinen Lebensunterhalt ja auch als Lehrer. Nicht als Landwirt.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 5-6. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 19. August 2014]

    Dienstag, 15. Juli 2014

    Bei Löschversuch in die Flammen gefallen

    Der in der Schweiz äusserst populäre, früh verstorbene Chansonnier Mani Matter hat uns alle gewarnt. Da sang er in seinem Lied «I han es Zündhölzli aazündt» doch vor Jahrzehnten schon: «Ja me weis was cha passiere We me nid ufpasst mit Füür». Vor 50 Jahren brannte zwar nicht die ganze Welt, aber doch zumindest die private Lebenswelt eines älteren Weiachers:

    «Ein weiterer, allerdings nicht verkehrsbedingter Unfall ereignete sich am 15. Juli in der Waldung "im Erb" hinten. Alb. Meierhofer, genannt "Weibelalbert" verbrannte sich beim Bürden machen ziemlich schwer. Das Feuer, das er zum verbrennen der "Kurzwaren" angezündet hatte, dehnte sich plötzlich im trockenen Gelände weiter aus. Beim Löschversuch fiel der 68jährige, etwas unbeholfene Junggeselle direkt in die Flammen und konnte nur durch einen zufällig in der Nähe ebenfalls holzenden Dorfbewohner gerettet werden

    Über das weitere Schicksal von «Weibelalbert» schweigt die Jahreschronik 1964 gänzlich.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 20. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964]
    [Veröffentlicht am 19. August 2014]

    Freitag, 4. Juli 2014

    Direktvermarktung – ein Backofen als magischer Zauberstab

    Nach offizieller Lesart versteht sich Weiach ja immer noch als Bauerndorf. Auch wenn nur noch ganz wenige Einwohner von der Landwirtschaft leben und man die Vollerwerbsbetriebe mittlerweile an zwei Händen abzählen kann. Und doch sind sie identitätsstiftend. Hier soll nun ein kleiner Blick hinter die Kulissen und in die Parallelwelt der Landwirtschaft gewagt werden.

    Bei vielen stadtnahen Bauernbetrieben ist heutzutage die so genannte «Direktvermarktung» ein wichtiger Absatzkanal. Einkaufen direkt beim Produzenten ist in. Denn da sehen die Kunden, wo ihr Essen herkommt. Ob Bio oder nicht – kurze Wege für das Produkt sind in jedem Fall ein Gewinn.

    Weniger bekannt ist, dass auch dieser Lebensbereich bis in alle Einzelheiten reglementiert wird. So zum Beispiel in den vom Bundesamt für Landwirtschaft zu Bern im März 2014 publizierten «Weisungen und Erläuterungen 2014 zur Verordnung über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV; SR 910.91) vom 7. Dezember 1998»

    Auf den Seiten 3 und 4 wird der Artikel 5 besagter Verordnung erst zitiert und dann erläutert:

    «Art. 5 Direktvermarkter

    Als Direktvermarkter gelten Produzenten und Produzentinnen, die eigene Produkte ab ihren Betrieben direkt Verbrauchern und Verbraucherinnen verkaufen.
    »

    So einfach ist es nicht

    Ein klarer Fall, würde man meinen. Aber nur bis man die dazugehörigen Erläuterungen vollständig gelesen hat. Die sind zu Beginn noch durchaus nachvollziehbar:

    «Alle Produzentinnen und Produzenten, die eigene Produkte ab ihren Betrieben direkt verkaufen, gelten als Direktvermarkter. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie die ganze Produktion des Betriebes, eines Betriebszweiges oder nur Teile davon über diesen Kanal vermarkten. Als Direktvermarkter gilt auch der Milchproduzent, der einen relativ kleinen Teil seiner Milch direkt an Konsumenten ausmisst, den Grossteil seiner Produktion jedoch einem Milchverwerter verkauft.»

    Mehr Fragen wirft dann aber der zweite Abschnitt auf:

    «Unter eigenen Produkten sind die auf dem Betrieb hergestellten und allenfalls verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte (1. Verarbeitungsstufe) zu verstehen. Nicht unter eigene Produkte fallen hingegen veredelte Produkte (2. Verarbeitungsstufe). Verkauft beispielsweise ein Produzent auf dem Betrieb hergestellte Butter direkt, so gilt er als Direktvermarkter und muss die selbst verarbeitete und in Form von Butter direkt vermarktete Milch melden. Verwendet hingegen eine Produzentin auf dem Betrieb hergestellte Butter zum Backen und verkauft beispielsweise den hergestellten Zopf anschliessend auf dem Wochenmarkt, so gilt sie demnach nicht als Direktvermarkterin im Sinne der LBV und die im Zopf enthaltene Butter fällt folglich auch nicht unter die Definition der vermarkteten Milch

    Der Backofen macht den Unterschied

    Man ahnt, dass die Unterscheidung etwas mit Milchvermarktung und Butterbergen zu tun haben könnte. Fast noch verworrener wird die Angelegenheit im dritten Abschnitt der Erläuterungen:

    «Verbraucher der direkt vermarkteten Produkte sind insbesondere die Konsumenten. Der Begriff ist jedoch nicht so eng gefasst, dass nur die Endverbraucher eines Produktes darunter fallen; auch Abnehmer, die es weiterverarbeiten, werden als Verbraucher bezeichnet. Verkauft beispielsweise ein Produzent auf seinem Betrieb hergestellte Butter an eine Bäckerei, so gilt dies ebenfalls als Direktvermarktung.»

    Der Backofen der Bauersfrau als magischer Zauberstab. Ein bisschen Kneten, ein bisschen Hitze und schon verflüchtigt sich die Direktvermarktung. Da soll einer unsere Agrarbürokraten verstehen.

    Aber vielleicht ist es ja nur so, dass solche Backaktivitäten eben nicht mehr als landwirtschaftliche Tätigkeiten gelten sollen. Sondern höchstens noch als Paralandwirtschaft – wie das Angebot «Schlafen im Stroh».

    Montag, 30. Juni 2014

    Juniwetter 1964: eintägiges Heu ab dem dreizehnten

    Schon beim Wetter des Vormonats Mai 1964 erwähnte Walter Zollinger den Heuet.

    Zum eigentlichen «Heumonat» seiner Jahreschronik 1964 wird ein dieses Jahr leider nicht allzu häufiges Wetterglück für den Futterbau verzeichnet: Morgens geschnittenes Gras das gegen Abend bereits genügend trocken ist um in den Heustock eingebracht zu werden.

    «Juni: Die ganze erste Monatshälfte ist, von einigen Regenschauern abgesehen, und dies erst spätabends oder nachts, günstig, sodass der Heuet wacker fortschreitet. Die Nachmittage sind sogar meist recht schwül. Unterm 13.6. notierte ich: "Es gibt bereits Eintägiges" und am 18.6. heisst's: "Die letzten Fuder Heu fahren heim." Und wie abgemacht, ab 19.6. beginnen ein paar trübe, z.T. regnerische Tage; erst ab 23.6. wird's wieder besser, aber es weht meist ein abkühlender Wind. Einige Gewitter brachten natürlich doch etwas "Leben" in den sonst ziemlich gutmütigen Verlauf des Heumonats, nämlich am 7.6. abends, am 14. und 18.6. je spätabends und am 28.6. schon nachmittags.
    Höchsttemperaturen morgens 18°, mittags 29°, abends 21°;
    Tiefsttemperaturen morgens 11°, mittags 18°, abends 13°. »

    Dazu muss man natürlich wissen, dass Heubelüftungen, die heute auch nicht optimal getrocknetes Heu oder Emd auf die nötige Trockenheit bringen, damals noch längst nicht so verbreitet waren.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 5. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 18. August 2014]

    Samstag, 28. Juni 2014

    Zum Namen «Studenland». Neue Erkenntnisse, frische Thesen

    Philippe Schultheiss schrieb am Freitag, 5. Juli 2013 15:14:00 MESZ als Kommentar zum WeiachBlog-Beitrag «Wie das Studenland zu seinem Namen kam» (Nr. 616 vom Sonntag, 8. Juni 2008):

    «Die Erklärungen im Blog lassen aber leider offen, weshalb gerade die nordöstliche Region des Kantons Aargau diesen Namen bekam, wo doch die zugrundeliegenden (forst)wirtschaftlichen Verhältnisse nicht alleine in dieser Region diese Gestalt angenommen haben werden.»

    Nur bis zum Knie?

    Wenn man Ende Januar 2014 nach über fünf Jahren, angeregt durch diese Frage und das e-mail eines recherchierenden Journalisten der Aargauer Zeitung, wieder einmal die Suchmaschinen nach dem Begriff «Studenland» befragt, dann merkt man einerseits wie die Deutschen denken (Nein, Google, «Sudetenland» war nicht gemeint) findet andererseits aber auch Neues.

    So die Website zum 900-Jahr-Jubiläum der Gemeinde Mellikon von 2011, mit der folgenden Erklärung: «Der Name Studenland weist darauf hin, dass im Wald statt Bäumen nur noch Stauden zu finden waren. Irgendwo heisst es: Der grösste Baum des Gebietes reichte nur bis zum Knie (...)». Ganz so extrem wird's wohl nicht gewesen sein. Aber cum grano salis - warum nicht?

    Wesentlich plausibler und besser belegt sind zwei schon vor Jahrzehnten publizierte Expertenmeinungen, die ich am 29. Januar 2014 gefunden habe und dem AZ-Journalisten Angelo Zambelli zukommen liess:

    Oberförster Wanger hat den Schlüssel

    «Sehr geehrter Herr Zambelli,

    ich habe noch kurz nachrecherchiert und bin - Retrodigitalisierungsprojekt retro.seals.ch der ETH sei Dank - auch fündig geworden. Eine 1a-Quelle wie ich finde. Sie hat möglicherweise auch dem 2008 von mir zitierten, 1951 publizierten Statement in der «Schweizerischen Zeitschrift für das Forstwesen» Pate gestanden:

    Der aargauische Oberförster Wanger hat 1925 in den «Mitteilungen der aargauischen Naturforschenden Gesellschaft» einen kurzen Beitrag (6 Seiten) veröffentlicht, der am Beispiel des Staatsforstes in Lengnau (und den Problemen dieser Gemeinde, die dazu führten, dass sie dieses Waldstück an den Kanton verkauft haben) aufzeigt, warum der Name Studenland seine Berechtigung hatte. Nur Wangers am Ende des Beitrags geäusserter Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen. Die angestrebten, gut geführten Wälder sind aber heute Tatsache.

    Titel: Forstliches aus dem «Studenland»
    Autor(en): Wanger, C.
    Objekttyp: Article
    Zeitschrift: Mitteilungen der aargauischen Naturforschenden Gesellschaft
    Band(Jahr): 17(1925)
    Persistenter Link: http://dx.doi.org/10.5169/seals-172031

    Als pdf-Datei können Sie den Beitrag hier downloaden (29.1.14, da von mir heute abend erstellt)
    »

    Raubbau als Folge der Herrschaftsverhältnisse

    «In [den] «Mitteilungen der aargauischen Naturforschenden Gesellschaft» von 1953 gibt Conrad Roth eine einleuchtende Erklärung [für das Entstehen des Namens «Studenland»]:

    «In dem unter gemeinsamer Herrschaft der alten Eidgenossenschaft stehenden Teil des Aargaus konnte kaum je von einer aufbauenden Bewirtschaftung der Waldungen gesprochen werden, so daß sich diese anfangs des 19. Jahrhunderts in einem betrüblichen Zustande höchster Ausplünderung befanden. Nicht vergeblich heißt heute noch ein Teil des Gebietes zwischen Surb und Rhein das «Studenland». Fast reiner Nieder- oder Mittelwaldbetrieb (Stockausschlagbestände) mit Umtriebszeiten bis auf acht Jahre hinunter und kleinsten Holzvorräten gaben den Waldungen dieses Gebietes das Gepräge. So weit hatten Planlosigkeit und menschliche Unvernunft die einst stolzen Urwälder heruntergewirtschaftet. Das «Forst- und Waldungsmandat für die Grafschaft Baden» vom 1. März 1793 stellte einen nicht mehr zur Auswirkung gelangenden Versuch der damaligen Herrschaft dar, um die Waldverhältnisse zu verbessern.»

    Damit wäre also eine der mutmasslichen Hauptursachen für den Zustand der Wälder im Studenland angesprochen: die Gemeine Herrschaft. Über Jahrhunderte hinweg wollten die mit der Verwaltung betrauten Landvögte in ihrer relativ kurzen Regierungszeit möglichst viel herausholen - denn für die Übertragung des Amtes musste der Staatskasse des entsendenden Ortes in der Regel eine nicht unbedeutende Summe bezahlt werden.

    Wikipedia-Artikel «Grafschaft Baden»:
    «Die acht alten Orte der Eidgenossenschaft stellten im Turnus von zwei Jahren den Landvogt. Ab 1712, nach der Niederlage der katholischen Orte im Zweiten Villmergerkrieg, regierten nur noch die drei reformierten Orte Zürich, Bern und Glarus im Verhältnis 7:7:2.»

    Ein geradezu klassischer Fall von «tragedy of the commons»... (vgl. zum Begriff: http://de.wikipedia.org/wiki/Tragik_der_Allmende)

    Gruess, U. Brandenberger
    »

    Zusammengefasst kann man zur Beantwortung der eingangs von Philippe Schultheiss gestellten Frage nicht nur die von Wanger gelieferte Erklärung der Plünderung der Wälder durch (einheimische) «Professionsfrevler» anführen, sondern auch die These aufstellen, die Herrschaftsverhältnisse im Untertanenland zwischen Baden und dem Rhein seien schuld am besonders desolaten Zustand der Wälder. Weil nämlich jeder Landvogt quasi gezwungen war, in seiner kurzen Amtszeit möglichst viel herauszuholen um seine Kosten zu decken.

    In den angrenzenden Gebieten, wo ein Landesherr allein die Fäden in der Hand hielt, so z.B. Weiach mit dem Stadtstaat Zürich, war die Situation offenbar nicht gar so schlimm. Wenn auch die Klagen über die Zustände in Weiach, der dortige Wald sei «fast gar nur noch Gstrüpp» im 17. Jahrhundert Eingang in die Akten fanden.

    Artikel in der Aargauer Zeitung

    Zambelli hat diese Informationen zu einem Artikel verarbeitet, der am Freitag, 31. Januar 2014 in der Aargauer Zeitung/MLZ unter dem Titel «Das «Studenland-Geheimnis» wird gelüftet. Wie der Landstrich auf den Anhöhen zwischen der Surb und dem Rhein zu seinem Namen kam» gedruckt wurde.

    Die auf dem Internet verfügbare Version trägt einen leicht anderen Titel: Holzfrevel und Schweinemast: Historiker lüftet das «Studenland-Rätsel».

    [Veröffentlicht am 18. August 2014]

    Samstag, 31. Mai 2014

    Maiwetter 1964: Heuet begann schon Mitte Monat

    Der Mai vor 50 Jahren war nicht durchwegs ein Wonnemonat, wie er von den Menschen nach langen Wintern herbeigesehnt wird. Walter Zollinger charakterisiert ihn in seiner Jahreschronik 1964 wie folgt:

    «Mai: Ein "durchzogener Kerl", neben einer ganzen Reihe sehr schöner Sonnentage (12) oder doch sonniger Nachmittage und Abende (6), auch ziemlich öfters regnerische Zeiten, vor allem nachmittags (4mal), abends (4mal) und nachts (5mal), immerhin nur 1 ganzer Regentag, aber dafür ein stürmischer, der 4. Mai. Gewittrige Schauer brachten die Nacht vom 18./19. Mai und die Nachmittage des 27. und 28.5. Die übrige Zeit so "halbsonnig", d.h. zeitweise etwas Sonne, daneben durchsichtig bedeckt und doch angenehme Temperaturen. Der Oberwind führt an 11 Tagen noch sein Regiment.

    Höchsttemperaturen morgens 16°, mittags 25°, abends 20°.
    Tiefsttemperaturen morgens 4°, mittags 12°, abends 9°.

    Um mitte Monat beginnt schon der Heuet, auch Silofutter wird eifrig eingebracht.»

    Wenn man den letzten Satz liest, dann kann es so schlimm nicht gewesen sein. Dank dem Regen war das Wetter offensichtlich wüchsig genug und trotzdem brachte der Mai genügend Sonne, um das (relativ zum älteren Gras) wasserhaltige Frühlingsgras zu trocknen.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 4-5. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    [Veröffentlicht am 18. August 2014]

    Mittwoch, 30. April 2014

    Kirchenglocken zur Eröffnung der EXPO 64

    Heute vor 50 Jahren ging es in der Hauptstadt der Waadt feierlich zu und her. Honoratioren aus allen Bereichen und Gegenden des Landes versammelten sich dort auf dem Gelände der Landesausstellung EXPO 64 und wohnten der Eröffnungszeremonie bei. Sogar in der Jahreschronik Walter Zollingers fand dieser symbolische Akt unter der Rubrik «Volkskundliches/Kulturelles» seinen Niederschlag:

    «30. April: Um 10.15 Uhr läuten, wie überall im Schweizerland, auch unsere Kirchenglocken zur Eröffnung der EXPO 64 in Lausanne.» (G-Ch 1964, S. 23)

    10:15 Uhr - das war der Zeitpunkt als Bundespräsident Ludwig von Moos das Eröffnungsband durchschnitt.


    Original-Kommentar des Schweizer Fernsehens in der Wochenschau vom 8. Mai 1964: während von Moos «die symbolische Handlung vollzieht, läuten in der ganzen Schweiz die Kirchenglocken, denn die Expo ist ein Werk des ganzen Landes und fordert uns auf, über unsere Existenz als Volk und Staat nachzudenken.» (siehe Schweizer Filmwochenschau vom 08.05.1964)

    Wenn man der Einschätzung von Georg Kreis im Historischen Lexikon der Schweiz (Online-Ausgabe) Glauben schenkt, dann ist dieses vom staatlichen Fernsehen übermittelte Ziel erreicht worden: «Bereits die Expo 64 sah sich den verschiedensten Erwartungen ausgesetzt. Den einen war sie zu traditionell oder zu affirmativ, den anderen zu futuristisch oder zu kritisch.» (vgl. Artikel Landesausstellungen, Stand 22.9.2010).

    Bitte nicht wecken?

    Der sprichwörtliche Mann und die Frau von der Strasse haben nämlich sehr wohl über die Zukunft nachgedacht. Oder zumindest über die Gegenwart und was daran gut ist oder eben verbesserungswürdig wäre, wie man der Website expo-archive.ch entnehmen kann:

    «Für Schlagzeilen sorgte das Projekt "Gulliver". Ziel war es mittels einer soziologischen Untersuchung ein facettenreiches Gesicht der Realität aufzeigen. Dieses Bild sollte dank 310 Fragen präzise ausfallen. In einer Voruntersuchung wurden 1240 Personen in 344 Gemeinden befragt und die Antworten fielen teilweise so ungeschminkt ehrlich aus, dass Hans Georg Giger, Delegierter des Bundesrates, intervenierte und durchsetzte, dass die Fragen auf 80 reduziert und entschärft wurden. Zu den Themen Bodenspekulation, Medienmonopol, Militärdienstverweigerung, 40-Stunden-Woche, Schwangerschaftsabbruch, Niederlassungsrecht, nukleare Bewaffnung, die Beteiligung der Schweiz an der europäischen Integration und zum Kommunismus durften keine Fragen mehr gestellt werden.»

    Denn: «Gulliver barg in den Augen des Bundesvertreters Giger die Gefahr, "schlafende Hunde zu wecken."» Wenig später, Ende Juni 1968, sind sie dann trotzdem aufgewacht: mit den Globus-Krawallen und der ganzen 68er-Bewegung.

    Der traditionellen Schweiz blieb natürlich eher das an der EXPO64 ausgestellte Fahnenmeer der damals noch rund 3000 Schweizer Gemeinden in Erinnerung.

    Quellen
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 23. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    • Historisches Lexikon der Schweiz (www.hls-dhs-dss.ch, Referenz im Text)
    • expo-archive.ch (Website der SRG SSR idée suisse, Referenz im Text)

    Donnerstag, 24. April 2014

    Zivilschutz reisst Unterstand am Grubenweg ab

    Unter dem programmatischen Titel «Zentrales Gebäude für Werke, Forst und Entsorgung» stellte der Gemeinderat im Oktober 2013 ein Projekt vor, das den gordischen Knoten gleich für alle drei in diesem Titel genannten Bereiche zerschlagen soll. Aufgrund verschiedener Erwägungen, nicht zuletzt des zu erwartenden Wachstums der Einwohnerzahl habe «...sich der Gemeinderat für den Standort am Grubenweg entschieden. Dieser befindet sich hinter dem First Stop. Der bestehende Unterstand musste bereits vor dem Einsturz einmal gesichert werden [sic!] und müsste somit aus Sicherheitsgründen früher oder später ohnehin abgerissen werden.» (MGW, Oktober 2013, S.13)

    Eingestürzt war er zwar noch nicht, aber die Gemeinde Weiach will nach der Kreditgenehmigung durch die Gemeindeversammlung nun mit ihrem neuen Werkhof vorwärts machen.

    Anfang April hatte deshalb das letzte Stündlein des Unterstandes hinter der alten Dreschscheune geschlagen (die Dreschscheune ist das noch stehende Gebäude links im Bild, es dient heute als Pneulager der First Stop AG, ehemals Pneu Müller).

    Foto: Sicherheitszweckverband GlaStaWei

    In der Berichterstattung zum Wiederholungskurs Zivilschutz 2014 des Sicherheitszweckverbands Glattfelden-Stadel-Weiach liest sich das dann auf der Website so:

    Zivilschutz: KVK/WK 31.03./01.-02.04.2014

    Anlässlich des KVK und WK's vom 31.03./01.-02.04.2014 führte die ZSO folgende Tätigkeiten aus:
    • Lektion Ortskunde, Inbetriebnahme KP Front (Führungsunterstützung)
    • Gruppenarbeiten Demenz, Rollstuhlbehandlung, Medikamente, Szenarien Lebensrettende Sofortmassnahmen (Betreuung)
    • Betreuungsaufgaben Alters- und Pflegeheim Eichhölzli inkl. Begleitung Ausflug (Betreuung)
    • Unterstützung Denkmalpflege (Kulturgüterschutz)
    • Abbruch einer Scheune (Unterstützung)
    • Unterhaltsarbeiten Kinderspielplatz (Unterstützung)
    • Inventarisierung Material, Kleideranprobe, Wartungsarbeiten (Logistik DAMT)
    • Überprüfung Sicherheitsvorrat Esswaren, Verpflegung aus eigener Küche während WK (Logistik RVG)
    Eine beeindruckende Vielfalt von Aktivitäten zugunsten der Gemeinschaft. Ohne das mitgelieferte Bild würde man nicht auf die Idee kommen, dass der Zivilschutz gerade am Weiacher Grubenweg als «Abbruchunternehmer» tätig war.

    Mittwoch, 23. April 2014

    Tod eines Primarlehrers. Rentner Zollinger vikarisiert.

    Ein Verweser (von althochdeutsch firwesan «jemandes Stelle vertreten») führt temporär ein Amt aus. Meist eines, für das man bei ordentlicher Besetzung gewählt werden muss (sei es von einer Gemeindeversammlung, einem Parlament oder einer Behörde).

    Zur Zeit erlebt Weiach wegen des frühzeitigen Abgangs von Pfr. Christian Weber wieder einmal eine Phase ohne gewählten Pfarrer, weshalb dessen Funktionen aktuell durch eine Verweserin, Pfarrerin Yvonne Wildbolz, wahrgenommen werden.

    Vor 50 Jahren gab es im schulischen Bereich einen etwas tragischeren, plötzlichen Grund einen Verweser einzusetzen, wie Walter Zollinger berichtet:

    «In dem benachbarten Dörflein Zweidlen-Rheinsfelden starb am 23.4., also ganz kurz nach Beginn des neuen Schuljahres, und ganz unerwartet Herr Samuel Bindschädler, erst 42jährig. Der Schreiber dies musste dann die ersten 5 Wochen als Vikar in die Lücke treten (4.-6-Kl.), bis ein junger Nachfolger von Zürich aus als Verweser zur Verfügung stand. Auch ein Zeichen des immer noch anhaltenden Lehrermangels!» (G-Ch 1964, S. 14)

    In diesen fünf Wochen war nicht nur klassischer Schulstoff auf dem Programm:

    «28. Mai: Der Unterzeichnete besucht mit den Zweidler Schülern, bei denen er als Vikar wirkt, die Nachm.-Vorstellung des Zirkus Knie in Bülach.» (G-Ch 1964, S. 23)

    Womit dann auch der zweite Begriff erneut genannt wäre, der sowohl bei Pfarrern wie Lehrkräften für ungewählte Vertretungen anstelle von «Verweser» verwendet wird: «Vikar» (von lateinisch vicarius «Statthalter, Stellvertreter»).

    Quellen
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 14 + 23. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
    • Verweser. In: Wikipedia, die freie Enzyklopädie. Stand: 11. Dezember 2012, 09:10 UTC.
    • Vikar. In: Wikipedia, die freie Enzyklopädie. Stand: 7. April 2014, 15:26 UTC.
    [Veröffentlicht am 24. April 2014]

    Dienstag, 22. April 2014

    Viele Lehrerwechsel an der Primarschule

    «Viereinhalb Jahrzehnte als Lehrerin in Weiach» (WeiachBlog Nr. 370 vom 28. Januar 2007) und «Mehr als vier Jahrzehnte Lehrer in Weiach» (WeiachBlog Nr. 1073 vom 30. März 2012). Bei solchen Titeln könnte man meinen, solch lange Amtszeiten seien üblicher als anderswo. Das ist aber keineswegs der Fall. Und es war auch schon vor 50 Jahren nicht die Regel.

    Einige Lehrerinnen und Lehrer waren nur ganz kurz im Einsatz, so dass man sie kaum bemerkte. Andere doch immerhin ein paar Jahre, wenn auch nicht gleich mehrere Jahrzehnte. Davon handelt der folgende Eintrag von Walter Zollinger in der Jahreschronik 1964 (umfassend die erste Seite zum Thema «Schulwesen»):

    «Am 2. Februar fanden bereits die Bestätigungswahlen der Primarlehrer statt. Bei uns war nur Herr Kurt Ackerknecht wieder für eine neue Amtsdauer von 6 Jahren zu wählen. Die andern beiden Lehrstellen sind noch durch Verweser besetzt. Herr Ackerknecht erhielt 101 ja und 7 nein.»

    Ein sehr gutes Resultat, das sicher auch damit zusammenhing, dass Kurt Ackerknecht nicht nur seit März 1962 Mitglied der Kirchenpflege war, sondern auch als Schwiegersohn von Schmiedemeister Albert Willi-Jost sehr gute Beziehungen zum Dorf hatte. Diese zeigten sich übrigens auch in seinen zahlreichen Filmaufnahmen. Einige davon haben in den sogenannten «Dorffilm Weiach» Eingang gefunden (vgl. den dreiteiligen Film Weiach 1957-1965 auf Youtube).

    Weiter schreibt Zollinger: «Auf das neue Schuljahr hin wurde dann der bisherige Verweser an der Mittelstufe, Herr Ulrich Stadelmann, der inzwischen die kant. Wählbarkeit erlangt hatte, zur def. Wahl vorgeschlagen.

    Der Wahlakt vom 12. Apr. zeitigte folgendes Resultat:
    Stimmberechtigte  174
    Stimmende (72%)   126
    leere Stimmen  12
    ungültige Stimmen  1
    Jastimmen  113
    »

    Der zum Zeitpunkt seiner Wahl durch die Weiacher erst rund 23 Jahre alte Stadelmann wurde auf den Beginn des Schuljahres 1962/63 von der Erziehungsdirektion als Nachfolger von Walter Zollinger eingesetzt (vgl. WeiachBlog Nr. 1073).

    Bündner Gastspiel und Unteroffiziers-Abverdienen

    Damit sind die beiden Konstanten im Lehrkörper der Primarschule Weiach bereits genannt. Bei allen anderen Stellen war 1964 der Wechsel das dominierende Merkmal:

    «An der 3. Lehrstelle amtete noch bis zum Sommer Hr. M. Sourlier. Nach den Sommerferien wurde eine Bündner Lehrerin, Frl. Reli, an dieselbe abgeordnet; sie verliess aber die Stelle bereits im Oktober wieder und nun amtete bis zum Ende des Schuljahres dann Frl. Ida Vischer.

    An der Nähschule erhielt für 1964/65 eine frische Lehrkraft, Frl. Susi Stadelmann, die nun mit ihrem Bruder zusammen im Häuschen von der verstorbenen Frau Nepfer grad neben dem alten Gemeindehaus haushaltet. Herr Stadelmann selber musste von Ende Juni bis Ende November in die UOS und anschliessend eine zweite RS, sodass auch an dieser Schulabteilung während dieser Zeit wieder eine andere Lehrkraft, Frl. Frieda Meier aus dem Rafzerfeld, amten musste.

    Etwas viele Wechsel im Verlaufe eines Jahres!»


    Häuschen v. Frau Elise Nepfer, jetzt "Lehrerwohnhaus" Stadelmann
    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 13. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].

    Montag, 21. April 2014

    Aprilwetter 1964: immer noch kein richtiger Frühling

    Im Jahr 2014 hatten wir ja bekanntlich einen sehr schönen (und frühen Frühling) und das nach einem - zumindest im Mittelland - sehr milden Winter, den einige schon gar nicht mehr als solchen bezeichnen mochten. In den Bergen am Alpensüdhang hingegen wurden rekordverdächtige Schneemengen gemessen. Sogar im April schneit es im Bleniotal südlich des Lukmaniers noch locker einen halben Meter hin (vgl. Website der Meteo Schweiz).

    Vor 50 Jahren war auch im Mittelland und damit in Weiach ein eher winterlicher Frühling zu konstatieren. Schon der März war eher ungemütlich (vgl. den Artikel zum Märzwetter) und auch der April vermochte nicht durchwegs zu überzeugen, wie Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1964 schreibt:

    «April: Kommt er nun wohl, der ersehnte Frühling? - So richtig leider immer noch nicht; sehr wechselvoll zwischen bedecktem, bewölktem Himmel oder so halbsonnigen Tagen. Regen fällt 15mal, meist abends oder nachts; 6 ganze sonnige Tage und 5 halbe dazu laden wenigstens zur Feld- und Gartenarbeit ein. Immerhin sind die "bedeckten Nachmittage" meist angenehm-mild, sodass auch da im Freien gearbeitet werden kann. Die ersten Blüten erscheinen und das Gras wächst ordentlich.

    Am 20.4. notierte ich: "Hans Schenkel-Albrecht führt heute sein Vieh zum 1.mal auf die obere Weide".

    Am 22. 4. heisst's: "Die Kirschbäume blühn, während Pfirsich- und Aprikosenbäumchen schon beinahe verblüht haben; ebenfalls beginnen die Birnspaliere zu blühen."

    Am 30.4. lese ich: "Die Birnbäume stehen in vollem Blust."

    Höchsttemperaturen: morgens 13°, mittags 22°, abends 15°
    Tiefsttemperaturen: morgens 0°, mittags 5°, abends 1°»

    So schlimm stand es also nicht wirklich. Und der April ist ja bekanntermassen ein unsicherer Kantonist, wenn es um beständiges Wetter geht.

    Quelle
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 4. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].

    Donnerstag, 17. April 2014

    Pfarrer Wyss im Amt bestätigt, 1964

    Vor einigen Tagen wurde der ehemalige Weiacher Pfarrer Robert Wyss zu Grabe getragen (vgl. Nachruf im Beitrag vom 10. April).
     
    Wenn man in Zollingers Chronik des Jahres 1964 blättert, dann findet man heraus, dass Pfr. Wyss vor fast genau 50 Jahren zur Wiederwahl antrat. Die Kirchenpflege empfahl per Zeitungsinserat, ihn am 12. April 1964 «ehrenvoll zu bestätigen»:
     

    Pfr. Wyss war noch bis Anfang der 80er-Jahre im Amt, wurde also von den Stimmberechtigten (erstmals mit den Frauen!) bestätigt.

    Quellen
    • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 – zw. S. 10 u. 11. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
    • Pfarrer Robert Wyss 97-jährig gestorben, WeiachBlog  Nr. 1166, 10. April 2014.