Betrachtet man die heutige Situation mit dem grossen asphaltierten Platz, dann kann man genauso auf die Idee kommen, der «Sternen» liege an der Kaiserstuhlerstrasse. Sie führt von der Parzellenbezeichnung 74 auf dem Plan der Amtlichen Vermessung aus nach Westen (nach Osten verläuft von dort aus die Glattfelderstrasse):
Bild: Amtliche Vermessung Kanton Zürich, 2016 (Stand am 23. Mai 2016)
Stützt man sich hingegen auf alte Karten, die den Zustand vor dem Ausbau der Sternenkreuzung (Mitte der 1970er-Jahre) zeigen, dann könnte der «Sternen» auch an der Kaiserstuhlerstrasse liegen. Ohne Ausbau der Kreuzung trüge das Gebäude seit 1992 wohl die Adresse Kaiserstuhlerstrasse 1.
Gehen wir auf eine Zeitreise. Und sehen uns zuerst die Situation wenige Jahre nach dem 1830 erfolgten Bau des «Sternen» an. Die Vorlage für die sog. Topographische Karte des Kantons Zürich (Wild-Karte), ist eine detailgenaue kolorierte Tuschzeichnung (StAZH PLAN A 8.24), die in den 1840ern erstellt wurde:
Grün punktiert dargestellt sind Baumgärten, bzw. Hausgärten, rot Häuser in denen Menschen leben, schwarz reine Ökonomie- und Gewerbebauten, sowie öffentliche Bauten, wie Gemeindewaschhäuschen.
Etwas weniger übersichtlich und detailreich als die Zeichnung das Resultat im Druck auf der Wild-Karte ab 1850:
Im Topographischen Atlas der Schweiz, genannt Siegfried-Karte, der ab 1870 entstanden ist, zeigt sich die Situation des Jahres 1880:
Der Baumgarten auf der gegenüberliegenden Strassenseite des «Sternen» existiert nach wie vor. Auf der den Zustand von 1930 abbildenden Siegfriedkarte wurde er einer neuen Linienführung der Hauptstrasse geopfert. Neu ist da ein Dreieck eingezeichnet, das allerdings auf der Landeskarte nicht mehr existiert:
Siegfriedkarte 1930
Landeskarte L+T, zw. 1956 und 1961
Inflation der Nummer 2
Gehen wir zurück zum eingangs gezeigten Katasterplan, auf dem es rund um die Sternenkreuzung eine wahre Inflation der Gebäudenummer 2 gibt. Im Uhrzeigersinn beginnend im Osten haben wir da die Glattfelderstrasse 2, dann den Bachweg 2, die Büelstrasse 2, die Chälenstrasse 2 und die Stadlerstrasse 2 (eben den ehemaligen «Sternen»). Merkwürdigerweise gibt es auf diesem Plan von 2016 die Adresse Bachweg 2 scheinbar gleich doppelt.
Eine Parzelle, zwei Strassennamen
Auf den Karten ist der Fall klar: die in der Verlängerung der Chälenstrasse liegende Strasse nach Nordosten, welche Stadlerstrasse und Glattfelderstrasse verbindet, ist eine topologische Einheit und bildet auch eine Parzelle, die Nr. 1475. Für die amtlichen Vermesser war deshalb klar, dass der Bachweg direkt in die Stadlerstrasse mündet. Das tat er aber in der Realität nie. Dort wo auf dem Vermessungsplan «Bachweg» prangt, hat die Gemeinde eine Strassentafel mit der Bezeichnung «Büelstrasse» angebracht.
Der Vermessungsplan enthält gleich noch einen weiteren Fehler. Der Hauseingang des Gebäudes mit der Assekuranznummer 220 (Büelstr. 2) ist nicht auf derjenigen Gebäudeseite eingezeichnet, wo er sich tatsächlich befindet. Ruft man auf dem GIS des Kantons das Gebäuderegister auf, dann liegt der Hauseingang des Gebäudes Büelstr. 2 dort, wo sich der rote Kreis befindet. Wenn nun der Bachweg schon an der Stadlerstrasse begänne und nicht erst nach der Verengung, nachdem die Rechtskurve Richtung Oberdorf passiert ist, dann müsste dieses Gebäude die Adresse Bachweg 2 tragen, die ehemalige Post die Adresse Bachweg 4.
Da muss das Ingenieur- und Vermessungsbüro Landolt, das den Plan für Weiach führt, über die Bücher. Und wo sie schon dabei sind, wäre auch eine klare Abgrenzung zwischen Kaiserstuhlerstrasse und Glattfelderstrasse sinnvoll. Denn aufgrund der Grenzen der Parzelle 74 kann man analog zum soeben geschilderten Problem auf die Idee kommen, die Glattfelderstrasse beginne erst auf der Höhe der Einmündung des Bachwegs, nicht dort, wo die Stadlerstrasse auf die Hauptstrasse stösst.
Nachtrag vom 7. November 2018
Wie man aktuell auf maps.zh.ch (dem GIS des Kantons Zürich) sehen kann, ist die Abgrenzung zwischen Bachweg und Büelstrasse mittlerweile an die Realität angepasst worden. Die Parzelle 1475 wird jetzt durch einen Strich dort unterteilt, wo der Strassenname ändert. So zumindest im Plan der Amtlichen Vermessung (http://maps.zh.ch/s/fgguu8i8). Auf dem sog. «Übersichtsplan» (http://maps.zh.ch/s/gprtyms9) ist die Darstellung wie gehabt irreführend.
Andere Situationen, bei denen Parzellengrenzen in die Irre führen, stehen noch im Plan der Amtlichen Vermessung. So die oben erwähnte Situation auf der Sternenkreuzung. Oder die Abgrenzung zwischen Seerenstrasse und Dörndlihag. Nur dank dem als Bauprojekt eingetragenen Haus Dörndlihag 2 kommt man auf die Idee, dass die Seerenstrasse nicht die gesamte Parzelle 1206 umfasst: http://maps.zh.ch/s/tjmz3x83 - da hätte man doch die Abgrenzung zwischen den Parzellen 1205 und 1206 gleich an der richtigen Stelle machen können. Oder stehen die nicht beide im Gemeindeeigentum?
Und um die im Titel dieses Artikels gestellte Frage abschliessend zu beantworten: Die Adresse des «Sternen» kann seit der umfassenden Sanierung der Kaiserstuhlerstrasse gar nicht mehr anders lauten als «Stadlerstrasse 2». Man sieht das an einem kleinen Detail, der nun entlang der gesamten Nordflanke durchgezogenen Insel zwischen Strasse und Trottoir/Radweg (im Mai 2016 war die noch nicht durchgehend, vgl. erstes Bild oben). Damit ist eine Zufahrt auf den Platz vor dem «Sternen» mit Motorfahrzeugen nur noch über die Stadlerstrasse möglich.