Freitag, 31. Dezember 2010

Katharina Näpfer wird wegen Diebstahls verurteilt

Heute vor 150 Jahren, am 31. Dezember 1860, wurde eine Weiacherin wegen eines «einfachen Diebstahls» vor ein Zürcher Gericht geladen und verurteilt.

Die Vorladung erfolgte wegen Abwesenheit mit öffentlicher Ausschreibung im Amtsblatt des Kantons Zürich. Sie ist unter dem Titel «Ediktalladungen» zu finden und lautet wie folgt (ABl-ZH, 1860, S. 1607):

«Frau Katharina Näpfer geb. König von Weiach, wohnhaft gewesen in Raadt, deren gegenwärtiger Aufenthaltsort hierorts unbekannt ist, wird hiemit aufgefordert, Montag den 31. Christmonat d. J., Mittags 12 Uhr, Vor Kreisgericht Kloten-Bassersdorf im Löwen zu Bassersdorf zu erscheinen, um sich über die gegen sie erhobene Klage wegen Diebstal zu verantworten, unter der Bedrohung, daß im Falle Ausbleibens in contumaciam abgesprochen würde.

Kloten, den 22. Christmonat 1860.

Im Namen des Kreisgerichtes:
Der Gerichtsschreiber,
J. Schlatter.
»

Sechs Franken gestohlen

In contumaciam wurde ein Urteil gefällt, wenn es in Abwesenheit der angeklagten Person ausgesprochen wurde. Man darf annehmen, dass Katharina Näpfer nicht vor Gericht erschienen ist, denn auch der Schuldspruch erfolgte über das kantonale Amtsblatt, diesmal unter der Rubrik «Vermischte Bekanntmachungen»:

«Das Kreisgericht Kloten/Bassersdorf hat in Sachen gegen Frau Katharina Näpfer geb. König von Weiach, seßhaft gewesen in Raadt, dato unbekannt abwesend, Beklagte,
betreffend Diebstal, einmüthig gefunden:
Beklagte sei eines einfachen Diebstals im Betrage Von 6 Frkn. schuldig, und erkennt:
1. Sei dieselbe zu drei Tagen Gefängniß verurtheilt.
2. Habe sie die Damnifikatin mit 6 Frkn. zu entschädigen, die Prozeßkosten aber seien wegen notorischer Unerhältlichkeit abzuschreiben.
3. Mittheilung an das Statthalteramt und an die Beklagte durch das Amtsblatt, welcher die Appellationsfrist von vier Tagen, vom Tage der Publikation an gerechnet, zu laufen beginnt.

Actum Bassersdorf, den 31. Christmonat 1860.

Im Namen des Kreisgerichtes:
Der Gerichtsschreiber,
Schlatter.
»

Und wieviel waren diese 6 Franken damals wert? Wenn man die Beta-Version des Swiss Historical Monetary Value Converter (Swistoval) zu Rate zieht, dann entspräche dies heute je nach zugrunde gelegtem Index sehr unterschiedlichen Werten:

Konsumentenpreisindex (KPI): 77 CHF
Historischer Lohnindex (HLI): 545 CHF
BIP-Index: 3'028 CHF
BIP pro Kopf-Index: 930 CHF

Quellen
  • Amtsblatt des Kantons Zürich, 1860, S. 1607, Nr. 32
  • Amtsblatt des Kantons Zürich, 1861, S. 35, Nr. 20
  • Christian Pfister, Roman Studer: Swistoval. The Swiss Historical Monetary Value Converter. Historisches Institut der Universität Bern. http://www.swistoval.hist-web.unibe.ch (Zugriff am 31.12.2010)

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Dezemberwetter 1960: Strassen ständig etwas vereist

Der Winter 2010 hat ja bekanntlich die Mitteleuropäer ziemlich kalt erwischt - im wahren und übertragenenen Sinne des Wortes. Kälte, Schnee und Eis regieren und zeigen uns auf, dass man die Witterung nie unterschätzen sollte - in dieser Jahreszeit schon gar nicht. Eine angemessene Vorbereitung und genügend Reserven sind absolut entscheidend. Alles andere führt ins Verderben. Bahnen, Flughäfen und die Salzreserven der Strassendienste lassen grüssen.

So hart wie heuer war der Weiacher Dezember vor 50 Jahren offenbar nicht, wie man der Jahreschronik 1960 entnehmen kann:

«Dezember: Er beginnt gleich mit ziemlich kühlen Morgentemperaturen, die sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, beständig um oder unter 0° halten (tiefste am 26.12. mit -9°, höchste am 4.12. mit +8°, nachmittags sogar +17°, abends +14°). Sonst aber gehts vornehmlich so um -2° und -3° oder auch etwa um +2° und +3° herum. Nun ist das aber ja für einen Dezember ganz in Ordnung so. Der ganze Monat ist, zwei bis drei Sonnentage ausgenommen, bedeckt und trübe, aber meist trocken, weil der Oberwind vorherrscht. Schnee fällt zum erstenmal in diesem Winter am 10. Dezember, aber nur wenig; der 19.12. bringt dann eine etwa 2 cm "tiefe" Schneeschicht und am 22. nachmittags endlich schneit es heftiger, ebenfalls nochmals in der Nacht zum 23.12., sodass am Schulsylvestermorgen "die ganze Welt" recht winterlich aussieht. Das Monatsende ist richtig ungefreut, mit nassnebligen Tagen bis zum Sylvesterabend. Die Strassen sind ständig etwas vereist oder dann plüdernass, was den Auto- und Töffahrern stetige Vorsicht abnötigt.»

Zumindest letztere Aussage kann man auch für den aktuellen Dezember als uneingeschränkt gültig ansehen.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1960 - S. 8. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1960].

Montag, 6. Dezember 2010

Der Samichlaus kommt von Bülach

Noch vor einigen Jahren wurde der Hausbesuch des Samichlaus in Weiach von den örtlichen Vereinen organisiert. Wer seinen Kindern diesen wohligen Schauer eines vorgeblich von weither aus dem Wald kommenden, offenbar allwissenden bärtigen Mannes bieten wollte, setzte sich mit dem Turnverein in Verbindung. Einige von dessen Mitgliedern sorgten dann in entsprechender Verkleidung für das erwartete Auftreten.

Lokale Lösung definitiv gestorben

Nun ist offenbar auch der St. Nikolaus bereits regionalisiert worden, wenn man der regionalen Gratiswochenzeitung «Wospi» glauben will. Dort inserierte nämlich die «St. Nikolaus Gesellschaft» aus Bülach:

«Vom 3. bis 8. Dezember 2010 besuchen wir die Kinder in Bülach und Umgebung, im Embrachertal, Rafzerfeld, Wehntal sowie in Rümlang, Stadel, Neerach und Weiach.
Ab sofort können Sie zu folgenden Zeiten einen Nikolaus bestellen:
Montag bis Donnerstag, jeweils von 18.00–21.00 Uhr.
Tel. 044 860 96 00 St. Nikolaus Gesellschaft Bülach
http://www.samichlaus-buelach.ch
».

Immerhin hat diese regionale Organisation den Vorteil, dass die lieben Kleinen im Samichlaus kaum den verkleideten Nachbarn wiedererkennen. Dass sie den Zauber aber spätestens mit 10 Jahren nicht mehr glauben, lässt sich auch damit nicht verhindern.

Wer mehr über den Samichlaus-Brauch im Gebiet des Kantons Zürich und besonders des Zürcher Unterlands wissen will, dem sei der Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 49 empfohlen. Die frühere Situation in Weiach wird dort auf S. 122 beschrieben.

Quellen
[Veröffentlicht am 29. Dezember 2010]

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Eidg. Volkszählung 1960: Gastarbeiter erhöhen Einwohnerzahl

Unter der Rubrik «Politisches Gemeindegut» erwähnt Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1960 auch die Volkszählung dieses Jahres, ein offenbar vom Verwaltungsaufwand her noch miliztaugliches Unterfangen:

«Das für 1960 besonders erwähnenswerte "Ereignis" ist die Eidgenössische Volkszählung. Sie wurde mit Stichtag vom 1. Dez. von den Gemeinderäten selber durchgeführt und ergab

  • in der Gemeinde wohnhafte Personen: 644
  • bewohnte Häuser: 129
  • bewohnte Wohnungen und Einfamilienhäuser: 152
  • leerstehende Wohnungen: 2

Anno 1950 zählte man 592 Bewohner; der geringe Zuwachs von rd. 50 Personen ist in der Hauptsache auf die Gastarbeiter zurückzuführen.»

Und genau diese Gastarbeiter wurden ziemlich kritisch beäugt. Vergleiche dazu: Junge Deutsche und Österreicherinnen importiert, (WeiachBlog Nr. 741 vom 13. Januar 2010); sowie: Skepsis gegenüber Südländern und der Motorisierung. Weiach vor 50 Jahren – Notizen aus der Jahreschronik 1959. (Weiacher Geschichte(n) Nr. 113; in: MGW, April 2009).

Quelle

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1960. Signatur: G-Ch Weiach 1960 - S. 10.