Samstag, 31. Januar 2015

Januarwetter 1965: scheussliches Regenwetter und Schneefall im Wechsel

Zum Jahresende 1964 gab es in Weiach eine weisse Bescherung (vgl. den Artikel Dezemberwetter 1964: Verkehrschaos und weisse Weihnachten; WeiachBlog Nr. 1197). Damit war es aber bald wieder vorbei, wie man der Zollingerschen Jahreschronik entnehmen kann:

«Januar: Nachdem der Dezember 1964 in seinem letzten Drittel endlich mit einem "richtigen" Winter aufgewartet hat, bringt der Januar in seiner ersten Hälfte leider wieder mehr Regen, sodass die ohnehin nicht zu dicke Schneedecke alsbald "abgebaut" ist. Wenn's auch hie und da noch zwischen hinein kurze Zeit schneite, (z.B. am 4.1. und 6.1.) so vermag sich dieser doch nicht lange zu halten. Die Morgentemperaturen halten sich immer so zwischen -6° und +4°, öfters weht auch ein unfreundlicher Wind dazu, am 10.1. sogar nachts ein recht stürmischer. Sonnenschein notierte ich nur während vier Nachmittagen und auch da jeweilen nur für 1-2 kurze Stunden.

Auch die zweite Monatshälfte beginnt nicht sonderlich freundlich; schon am 17.1. verzeichnete ich wieder "scheussliches Regenwetter", abends sogar arg stürmisch. Aus den Zeitungen ist zu entnehmen, dass andernorts das stürmische Wetter noch stärker und z.T. verheerend gewirkt habe. Erst ab dem 19.1. zog der Winter wieder ein; es schneite mächtig, sodass die staatlichen und kommunalen Pfadschlitten fahren mussten; auch in der folgenden Zeit wiederholte sich der Schneefall noch leicht; in der Nacht vom 27./28.1. sogar ganz ergiebig. Dann aber setzte am 30.1. wieder Regen, fast Hornerwetter, ein und wischte alles Weiss weg. Die Temperaturen hielten sich in der zweiten Monatshälfte wie folgt:

Höchsttemperaturen morgen +5°, mittags +9°, abends +8°
Tiefsttemperaturen morgens -8°, mittags -1°, abends -4°
»

Eine über Wochen hinweg liegende, geschlossene Schneedecke wäre für die Höhenlage von Weiach ziemlich ungewöhnlich. Zwischen 330 und rund 600 Metern über Meer ist unter den aktuellen klimatischen Bedingungen das oben beschriebene Szenario eher die Regel als die Ausnahme.

Und mit dem Begriff «Hornerwetter» verweist Zollinger auch gleich auf den Folgemonat Februar (mit altem Namen «Horner» oder «Hornung» genannt).

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 3. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
[Veröffentlicht am 17. Februar 2015]

Donnerstag, 29. Januar 2015

Radarkontrolle beim alten Polizeiposten

Manche Zeitgenossen posten ihre Erlebnisse auf der Strasse und in öffentlichen Verkehrmitteln ziemlich zeitverzugslos.

So auch der 50-jährige Aschi aus Baldingen im Studenland, der für seine vielfältigen Hobbys (CB-Funken, Traktoren, Imkerei, etc.) eine ganze Website führt.

Heute um 10:42 Uhr veröffentlichte er den nachstehenden Beitrag. Titel «Unsere Freunde und Helfer bei der Arbeit…»:

…um 9:48 Uhr in Weiach !
 
Unsere Freunde und Helfer am 29.01.2015 um 9:48 Uhr bei Ihrer Arbeit
 
Wusste nicht das da ein Schulhaus in der nähe ist, oder das dies ein Unfall-neuralgischer Punkt ist !
 
Standort der Freund und Helfer am 19.01.2015

Der Aufnahmeort ist auf dem Luftbild richtig verortet und liegt auf der Höhe der Pneu-Firma First Stop sowie der Landi Surb an der Kaiserstuhlerstrasse.

Das weisse Häuschen, in dessen Vorgarten die recht gut getarnte mobile «Radarfalle» postiert wurde, war bis vor 30 Jahren - ironischerweise - der Posten des vor Ort tätigen Kantonspolizisten (dessen Dienstwohnung sich praktischerweise auch gleich im selben Haus befand).

Ob die heutigen «Freunde und Helfer» das wissen?

Weiterführender Artikel

Samstag, 24. Januar 2015

Betrogener Schaffhauser erhält keinen roten Rappen

Bereits im September und Dezember 1814 musste sich die Zürcher Regierung mit einem aus Weiach stammenden Betrüger beschäftigen. Hans Ulrich Meyerhofer wurde mit Beschluss vom 22. September an Schaffhausen ausgeliefert (vgl. WeiachBlog vom 22.9.2014) und am 9. Dezember dort wegen Betrugs zu Lasten von Stadtrichter Wüscher verurteilt.

Die übers Ohr gehauene Schaffhauser und die dortige Regierung wollten Ersatz für Schaden in Höhe von 800 Gulden sowie die Untersuchungs- und Gerichtskosten. Diesem Begehren kam die Zürcher Regierung nach und erteilte ihrem Bezirksstatthalter in Regensberg den Auftrag, das Nötige vorzukehren und vor Ende Januar 1815 Bericht zu erstatten (vgl. WeiachBlog vom 24.12.2014).

Bereits am 24. Januar 1815 (heute vor 200 Jahren) war Meyerhofer erneut Thema im Zürcher Rat. Dass es nicht so einfach war, wie es sich die Schaffhauser vielleicht erhofft hatten, zeigt sich schon am Titel des Protokolleintrags. Mitgeteilt wurde dem Löblichen Stand Schaffhausern nämlich lediglich der «Vermögenszustand» des Verurteilten:

«Da Herr Bezirksstatthalter Angst unterm 23sten dieß (in Folge Auftrags vom 24sten passati) das Inventarium über den Vermögenszustand des zu Schaffhausen wegen verübten Betrügereyen sentenzierten Ulrich Meyerhofer, Schneiders von Weyach, einsendet, – so wird nun dem L. Stand Schaffhausen in Antwort auf seine Zuschrift vom 16ten m. et. a. p. rescribiert: „Man habe, seinem Verlangen entsprechend, den Bezirksstatthalter zu Regensperg beauftragt, eine Liquidation über das Vermögen des Ulrich Meyerhofer von Weyach, durch den Gemeindrath daselbst vornehmen zu laßen, damit ersichtlich sey, was aus diesem Vermögen an die erloffenen Prozeßkosten und als Entschädigung an den von dem Meyerhofer betrogenen HHerrn Stadtrichter Wüscher in Schaffhausen bezahlt werden könne. Aus dem sorgfältig gezogenen Inventario gehe nun das fatale Resultat hervor, daß die Paßiva des Meyerhofers seine Aktiva um 99 fl. 28 ß. 6 Hlr. übersteigen, mithin gar kein Vermögen vorhanden sey, aus welchen etwas an jene Prozeßkosten oder als Entschädigung für seine Betriegereyen erhoben werden könnte.“»

Wenn man einmal davon ausgeht, dass in diesem Inventar die von Schaffhausen geforderten Summen noch gar nicht enthalten sind, dann kann man im letzten Satz durchaus den Versuch sehen, diese zusätzlichen Ansprüche abzuwimmeln. Ob man da von Bevorzugung anderer Gläubiger reden darf?

Was die Schaffhauser Seite daraufhin unternahm, darüber schweigen sich die Protokolle der Zürcher Regierung aus. Vielleicht wurde Wüscher direkt beim Bezirksgericht in Regensberg vorstellig, um aus der konkursamtlichen Liquidation des Vermögens von Hans Ulrich Meyerhofer wenigstens einen Teil seines verlorenen Geldes zurückerstattet zu bekommen.

Um allenfalls etwas darüber zu erfahren, ob Wüscher wirklich keinen roten Rappen erhielt, wie der Titel dieses Beitrags behauptet, müsste man in den Zürcher und Schaffhauser Archiven ausgedehntere Nachforschungen anstellen.

Quelle
  • MM 1.52 RRB 1815/0074. Der Vermögenszustand des zu Schaffhausen wegen Betrügereyen sentenzierten Ulrich Meyerhofer von Weyach wird dem dortigen L. Stand angezeigt. 24.01.1815

Freitag, 16. Januar 2015

Wechselkurs-Tsunami

Das durch die Schweizerische Nationalbank gestern Morgen ausgelöste Erdbeben (Aufhebung der Anbindung des CHF an den EUR bei 1.20) hat weitreichende Folgen. Kurzfristig einmal in den Portefeuilles der Anleger. Mittelfristig auch für die Schweizer Export- und Tourismusindustrie und die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze.

Aber natürlich auch auf lokaler Ebene. Konkret: für den VOLG an der Stadlerstrasse 4, neben dem Depot der Landi Surb an der Kaiserstuhlerstrasse 44 das einzige Detailhandelsgeschäft in Weiach. Für ihn ist dieser Wechselkurs-Tsunami eine sehr schlechte Nachricht.

Schon bisher war der VOLG nämlich nicht unbedingt ein Synonym für günstige Angebote, sondern im Vergleich zu den Discountern und den Grossverteilern Migros und Coop eher als «teurer Krämer» bekannt.

Hohentengen, wir kommen!

Grosseinkäufe haben die Weiacher folglich schon bisher eher auswärts getätigt. Man fährt nach Bülach oder gleich die zwei-drei Kilometer über die Kaiserstuhler Rheinbrücke und den Zoll nach Hohentengen am Hochrhein, die deutsche Gemeinde ennet der Landesgrenze. Die dortige Ladeninfrastruktur wird jetzt noch um einiges attraktiver.

Mit dem Zerfall der Treibstoffpreise und nun auch dem billigeren Euro (die Wechselkurs-Parität zum Franken wird angesichts der Turbulenzen im Euro-Raum wohl nicht so schnell verschwinden) wird es für den VOLG am Standort Weiach noch enger. Boller's Kaufhüsle im Ortszentrum Hohentengen oder der Aldi Süd an der Hauptstrasse nach Osten Richtung Herdern und Günzgen graben ihm das Wasser ab. Bei diesen Spritpreisen und einer Warenfreigrenze von CHF 300 pro Person wird wohl mancher mehrmals pro Woche in Hohentengen einkaufen gehen.

Müsste der VOLG an der Stadlerstrasse schliessen, wäre das für Weiach ein grosser Verlust. Einkaufen ohne eigenes Auto oder den öffentlichen Verkehr würde faktisch unmöglich. Für ältere Einwohner ein grosses Problem. Auch die Postagentur Weiach, die sich seit 2009 im VOLG eingemietet hat, wäre gefährdet. Ein weiteres Problem. - Affaire à suivre.

Montag, 5. Januar 2015

Schulsilvester artet aus! Klagen gab es bereits vor 50 Jahren

Lärmbräuche sind über den Jahreswechsel an vielen Orten in der Schweiz gang und gäbe. An einigen wird zum Beispiel auch am Bächtelistag (2. Januar) Feuerwerk gezündet, mit Geisseln geklöpft und mit Treicheln Radau gemacht. Diese Aktivitäten werden vor allem von den schulentlassenen, noch ledigen jungen Männern betrieben - in einigen Orten (so z.B. im bernischen Sigriswil) steht organisatorisch sogar der Knaben-Verein dahinter.

In Weiach gibt es keine solche Tradition. Mit einer Ausnahme. Bis vor wenigen Jahren war das der Schulsilvester. Neben den wirklich gefährlichen Streichen, wie gesprengten Briefkästen und auf die Hauptstrasse gerollten Abfallcontainer waren da auch die harmloseren. Beispielsweise Autos mit WC-Rollen und Rasierschaum «verzieren». Und natürlich alle möglichen Formen der Belärmung.

Die Spätaufsteher herausschellen

Solche und andere Aktivitäten der Schuljugend haben so manchem älteren Einwohner am Schulsilvestermorgen (traditionell am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien) den Kamm schwellen lassen.

Zu der Zeit als der Schreibende im Weiach der 1970er-Jahre noch selber zur Schule ging, war eine besonders beliebt: in aller Herrgottsfrühe an den Türglocken Sturm zu läuten. Vorzugsweise dort, wo noch kein Licht brannte.

Nur die ganz Verwegenen trauten sich, bei einer bestimmten Adresse in der Chälen die Einwohner aus dem Schlaf zu schellen. Denn dort musste man damit rechnen, umgehend mit Kübeln voll kaltem Wasser traktiert zu werden. Verabreicht aus dem Obergeschoss, wo sich die erboste Hausfrau jeweils hinter einem der lichtlosen Fenster postierte. Man wusste natürlich nie hinter welchem. Dieses Katz-und-Maus-Spiel - vor allem aber die lautstarken Unmutsbekundungen der Dame als Zugabe - machten den Reiz der Sache aus.

Wo bleibt die Kontrolle?

Auch Walter Zollinger, ehemaliger Dorfschullehrer und Ortschronist von 1952 bis 1967 war schon vor 50 Jahren der Meinung, die Jungen würden es übertreiben (vgl. dazu die Chronik des Jahres 1964):

«Am 23. 12. war der Schulsylvester. Er artet aber m.E. leider in den letzten Jahren aus! Früher war’s einfach ein lustiger Morgen, an dem die Schüler mit mögl. originellen Lärminstrumenten frühzeitig (meist ab 5 Uhr) durch’s Dorf zogen, ohne grosse Belästigung der Dorfbewohner. Und jetzt: ----- die halbe Nacht vorher wird schon (vor allem von den Oberstüflern) in selbstgebauten „Waldhütten“ gefestet, wobei Alkohol und Rauchzeug mittun, und zwischenhinein wird im Dorf herum rumort und allerhand unangenehmer Unfug getrieben: Gartentore wegtragen, Fässer fortrollen, Bauernwagen oder Mistkarren verstellen, ja sogar demontieren etc., alles Streiche, die ehedem nur von schulentlassenen Burschen und am eigentlichen Sylvester (31.12. nachts) verübt wurden. Wo bleibt denn die Kontrolle der Eltern und Erzieher über diese Jugend?»

Diese Art Kritik ist aus der Feder Zollingers nicht neu. Er war generell der Meinung, die Jugend sei vor dem Zweiten Weltkrieg weniger unflätig gewesen (vgl. z.B. den WeiachBlog-Beitrag Nr. 1062, wo er die Ursache im Auseinanderfallen der Familien ortet).

Lange bekämpft – heute vielerorts abgeschafft

Trotz alljährlicher Kritik überlebte der Brauch die Jahrhunderte, wie man dem Hundertundachtundsechzigsten Neujahrsblatt der Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich von 1984 entnehmen kann. Brigitte Bachmann-Geiser schrieb da unter dem Titel «Der Zürcher Schulsilvester»:

«Einstweilen gilt der Zürcher Schulsilvester noch als eine Selbstverständlichkeit, die sich nicht abschaffen lässt, obwohl dies immer wieder – unseres Wissens 1775 zum ersten Mal – von erzürnten Bürgern gewünscht wurde.»

Heute haben all diese Klagen Wirkung gezeigt. Den Weiacher Schulsilvester gibt es seit Jahren nicht mehr, wie der Gemeindeschreiber Wunderli auf Anfrage bestätigte. Auch viele andere Gemeinden im Züribiet haben seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts die traditionellen, von den Schülern selbst bestimmten Aktivitäten mittels organisierter Events kanalisiert und domestiziert. Und letztlich ganz abgeschafft.

Die moderne Zeit hat auch diesem aus grauer Vorzeit stammenden Brauch den Garaus gemacht.

Aber nicht überall: im Raum Winterthur und am Zürichsee gibt es ihn bis heute. Wenn auch in der gezähmten Form, wie die Zürichsee-Zeitung meldet. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden dürften «die Uetiker Schulkinder am Schulsilvester noch immer lärmend durchs Dorf streifen.» Denn dies habe in Uetikon Tradition. «Die Zeiten, als die Gemeindepolizei am Schulsilvester noch ausrücken musste», seien so gut wie vorbei.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 15. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
  • Bachmann-Geiser, B.: Der Zürcher Schulsilvester. In: Neujahrsblatt der Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich, Nr. 168, 1984
  • Primarschüler beenden das Jahr mit Streichen und viel Lärm. In: Zürichsee-Zeitung, 20. Dezember 2014