Wenige Tage später verstarb mit Albert Wiesendanger-Meierhofer auch der älteste Weiacher (zuletzt wohnhaft im Wohn- und Pflegezentrum Tertianum Zur Heimat in der Nachbargemeinde Stadel).
(Auszug aus den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, September 2017, S. 6)
Mina hingegen war es vergönnt, bis zuletzt in ihrem angestammten Umfeld an der Buhaldenstrasse 6 zusammen mit ihrer Tochter Katharina Zeindler-Moser leben zu können.
(Auszug aus den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, September 2017, S. 13)
Eine der wichtigsten Zeitzeuginnen
Mina war in Weiach eine Institution. Sie hatte bis auf wenige Jahre ihr ganzes Leben in Weiach verbracht und konnte wie keine zweite über alle möglichen Begebenheiten des früheren Lebens im Dorf Auskunft geben. Selbst im hohen Alter waren Gedächtnis und Verstand von beeindruckender Klarheit. Mit Mina konnte man problemlos über die aktuelle Tagespolitik diskutieren. Sie verfolgte aber ebenso die lokalen Geschehnisse und war sowohl bei Bundesfeier-Anlässen wie den Altersnachmittagen fast immer mit von der Partie. Und: sie blieb nicht stehen und ging mit der Zeit.
Der Verfasser des WeiachBlog erinnert sich noch gut an eine Episode vom Sommer 2004, welche sowohl die Verankerung in ihrer langen Lebensgeschichte, wie auch diese Anpassung an neue Zeiten emblematisch dokumentiert. Mitte Juli hatte eine Handvoll Journalistinnen der Regionalzeitung Zürcher Unterländer im Rahmen der Sommerloch-Aktion «Redaktion unterwäx» im Restaurant Wiesental Quartier bezogen und empfingen in der Gaststube ihre Gesprächspartner. Vor mir war Mina an der Reihe.
Sie habe erzählt, sie hätte kurz gezögert das Restaurant zu betreten, kolportierte die Redaktorin, habe sich dann aber gesagt: «Äh ba, Mina. Du bisch über Nünzgi - und es sind hüt anderi Ziite. Du gasch jetz da ine!» - Das bezog sich auf den Umstand, dass es sich in früheren Zeiten für eine Frau, die etwas auf ihren Ruf hielt, nicht schickte, sich allein (d.h. ohne männliche Begleitung) in eine Beiz zu begeben.
Kurzlebenslauf Mina Moser *1911
Verfasst von Hans Rutschmann für die Ortsmuseums-Ausstellung 2004
Vater: Albert Nepfer 1866-1955
Landwirt, Taglöhner, Korber, hatte zuerst nur 2 Ziegen, dann 5 Kühe. Als Taglöhner (z.B. Misttragen an der Fasnachtfluh) verdiente er 2 Fr. pro Tag.
Mutter: Anna Baumgartner 1867-1942 war Hebamme
Geschwister von Mina: Albert 1907-1989, Elsa 1913-1989
Mina besuchte die Schule von 1917-1925. Ihre Lieblingsfächer waren Nähschule und Rechnen.
Nach der Schulzeit arbeitete sie während 1 ½ Jahren in der Schäftenäherei in Weiach (Walder, Brüttisellen). Dann kam sie zu Fam. Nötzli nach Brüttisellen. Herr Nötzli war Meister in der Schuhfabrik, Frau Nötzli war Arbeitslehrerin und führte ein Lädeli. Bei Frau Nötzli lernt Mina nähen + sticken. Sie blieb 2 Jahre dort bis Frühling 1929 (Zürichseegfrörni!)
Nach 2 Jahren zuhause kam sie nach Le Sentier im Vallée de Joux zu Fam. Golay, die einen Uhrenstein-Versand betrieb (Pierres fines). 1931-1933 wiederum half Mina dann 2 Jahre lang zuhause aus (33-35) und für ein halbes Jahr in der [Weiacher] Pfarrfamilie Kilchsperger (1936).
Ab Herbst 1937 bis März 1939 diente sie in der Familie von Dr. Leisinger, der im Spital Männedorf Oberarzt war, später wohnhaft in Richterswil. Die Jahre des 2. Weltkrieges verbrachte sie zuhause.
In jener Zeit waren in Weiach 4 junge Männer aus dem Bernbiet mit Drainagearbeiten beschäftigt. Einer von ihnen, Alfred Moser aus Zäziwil, geb. 21. März 1915, verliebte sich in Mina – und am 12. Mai 1945 (4 Tage nach Ende des 2. Weltkrieges) feierten die Beiden in der Kirche Weiach Hochzeit.
Der Ehe entsprossen ein Mädchen (Katharina, geb. 1946 [Käthi Zeindler]) und 3 Knaben, von denen 2 im zarten Alter von 4 bezw. 2 Jahren durch Unfälle starben. Der Sohn Urs (geb. 1953) starb am 30. Juni 2000 an einem Herzschlag. Bereits 1968 hatte Mina ihren Gatten durch Herzschlag verloren.
Mina wünschte, dass der Bericht über sie möglichst kurz werde. Auf ihrem Tisch lag ein Büchlein mit dem Titel: «Wurzeln die mich tragen.» Täglich liest Mina darin. Heute steht: «Sage nicht alles, was du weisst, aber wisse immer, was du sagst.» (Matthias Claudius)
Auch das Wort von Goethes Mutter ist ihr wichtig: «Gott, der mich bis hierher gebracht hat, wird weiter sorgen.»
Viele Angehörige früh verloren
Wie man dem Lebenslauf entnehmen kann, war Mina mit 34 Jahren bereits verhältnismässig alt, als sie heiratete. Und: sie hatte viele Schicksalsschläge zu verarbeiten. Ihre Ehe dauerte nur 23 Jahre, ihr Mann wurde lediglich 53-jährig. Der erste Sohn starb vierjährig 1952, der zweite wurde 47-jährig. Der dritte Sohn starb schon im 2. Lebensjahr.
Walter Zollinger berichtet in seinen Jahreschroniken über diese tragischen Todesfälle:
«Der vermehrte Verkehr führte auch zu [..] bedauerlichen Unfällen: am 3. Mai lief der 4jährige Christeli Moser in ein dahersausendes Motorrad und erlitt einen Schädelbruch, der in der drauffolgenden Nacht zum Tode führte.» (G-Ch Weiach 1952, nach S. 11)
«Ein trauriges Geschick hat am 9.12. die Familie Moser-Nepfer ereilt; der 1 1/2-jährige Maxli fiel in einem unbewachten Augenblick in die nur leichtfertig bedeckte Jauchegrube und ertrank. Das Unglück wiegt um so schwerer, als vor 8 Jahren ein vierjähriges Knäblein derselben Familie, Christeli, in ein Töff hineinrannte und tödlich verunglückte.» (G-Ch Weiach 1958, S. 15)
R.I.P. Mina!
[Veröffentlicht am 25. Januar 2019 um 01:15 MEZ]
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