Dienstag, 24. Dezember 2024

Maikäferbekämpfungsbeiträge an Heiligabend gesprochen

Am heutigen Datum vor 100 Jahren war der Zürcher Regierungsrat nicht etwa weihnächtlich gestimmt. Er widmete sich unter anderem einer geradezu kriegerischen Angelegenheit: der Maikäferbekämpfung. In ihrem Antrag an die Regierung schrieb die zuständige Volkswirtschaftsdirektion: 

«Das Jahr 1924 war ein sogenanntes «Bernerflugjahr»; ein massenhaftes Erscheinen der Käfer im größten Teile des Kantons war erfahrungsgemäß mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten. Nach der von der Volkswirtschaftsdirektion vorgenommenen Zusammenstellung der gemeinderätlichen Berichte wurden denn auch in 144 Gemeinden mit einem sammelpflichtigen Areal von 73,024 ha im ganzen 1,112,549 Liter Maikäfer eingesammelt und vernichtet, trotzdem der Käferflug durch die vorwiegend kühle und regnerische Witterung der letzten Aprilwoche und der ersten Dekade des Monates Mai ziemlich beeinträchtigt war.»

Es galt Ablieferungspflicht

Damals waren noch alle Eigentümer, Pächter, etc. von Liegenschaften (unüberbaute Flächen und Laubwald) verpflichtet, nach Aufforderung durch Beauftragte des örtlich zuständigen Gemeinderats bestimmte Mengen an Käfern pro Flächeneinheit abzuliefern, um die Schäden einzudämmen, die diese gefrässigen Insekten sonst verursacht hätten:

«§ 3. Das Minimum der abzuliefernden Käfer beträgt für jeden Inhaber eines Grundstückes bis auf 10 Aren Flächeninhalt 2 Liter, für je weitere 10 Aren Grundbesitz 1/2 Liter. Die Gemeindräte sind befugt, bei starkem Auftreten der Käfer dieses Pflichtmass bis auf das Vierfache zu erhöhen.»

Diese Bestimmung findet man in der Verordnung betreffend die Einsammlung und Vertilgung der Maikäfer und Engerlinge vom 4. April 1901 (vgl. StAZH OS 26 (S. 283-286)). Dieser Erlass hatte etliche Vorgänger. Der älteste wurde noch zu Zeiten erlassen, als die Schweiz nach napoleonischer Pfeife tanzen musste: die Polizeyverordnung vom 5ten Merz 1807, betreffend die Ausrottung der Laub- oder Mayen-Käfer (vgl. StAZH OS AF 3 (S. 286-292)).

Aber auch schon die Gnädigen Herren zur Zeit des Ancien Régime sahen die Jagd auf diese Krabbeltiere als auf ihrem Staatsgebiet zu befördernde Aufgabe an. Das zeigt sich in der Mandatesammlung des Staatsarchivs des Kantons Zürich: Erinnerung für die Landschaft betreffend Bekämpfung der Laubkäfer oder Meienkäfer, 1771 (vgl. StAZH III AAb 1.13, Nr. 84).

Finanzieller Anreiz für freiwillige Mehrmengen

Die Verordnung von 1901 sah explizit monetäre Förderung vor: «§ 6. Auch die nichtpflichtigen Gemeindeeinwohner sind zur Einsammlung und Ablieferung von Maikäfern einzuladen. Für die abgelieferten Käfer erhalten sie aus der Gemeindekasse eine Entschädigung, welche für die erste Flugwoche 20 Rp., für die folgenden Wochen 10 Rp. per Liter betragen soll. Die gleiche Entschädigung erhalten diejenigen Pflichtigen, welche über ihr Pflichtmass hinaus Käfer abliefern.»

Das konnte also für eine Gemeinde ziemlich teuer werden, wenn (wie 1924: Bernerflugjahr) gerade besonders viele Maikäfer auftraten. In diesem Jahr blieben aber die Gemeinden im Bezirk Dielsdorf verglichen mit etlichen Gebieten am Zürichsee verschont.

Damit die Gemeindekassen nicht überstrapaziert würden, sah der Erlass Staatsbeiträge vor und lobte gar Prämien aus:

«§ 10. Für die von den Gemeinden gemäss den §§ 6 und 9 dieser Verordnung bezahlten Entschädigungen ist in erster Linie der Ertrag der allfällig nach § 5 erhobenen Bussen zu verwenden; an den Rest trägt der Kanton zur Hälfte bei; überdies werden vom Staate an Gemeinden, welche in rationeller und intensiver Weise den Maikäfer- und Engerlingfang betrieben oder im Sinne der Verordnung aus Gemeindemitteln dafür namhafte Opfer gebracht haben, angemessene Prämien verabreicht. Die zuständige Direktion des Regierungsrates kann von Gemeinden, welche bei Ermittlung des Staatsbeitrages in Betracht fallen, die nötigen Kontrollen, wie Grundbesitzkataster, Einsammlungslisten und Bussenverzeichnisse, zur Einsicht herbeiziehen.»

Nur ordentliche Staatsbeiträge, keine Prämien

Und um die Festsetzung der Beiträge ging es im Regierungsratszimmer an diesem Heiligabend vor 100 Jahren. Die Gemeinde Weiach hat 17 Franken und 85 Rappen ausbezahlt erhalten. Unsere direkten Nachbargemeinden Bachs, Glattfelden und Stadel tauchen in dieser Liste des Regierungsrates erst gar nicht auf.

Prämien gab es keine, obwohl beispielsweise die Gemeinde Gossau in den höchsten Tönen gelobt wurde. Erklärt wird das im Regierungsratsbeschluss so:

«Obschon einzelne Gemeinden unter Aufwendung bedeutender Mittel in der Durchführung des Käferfanges anerkennenswerter Weise zum Teil außerordentliche Leistungen zu verzeichnen haben, muß doch von der Ausrichtung von Prämien mit Rücksicht auf die starke Überschreitung des bewilligten Kredites durch die ordentlichen Staatsbeiträge und angesichts der immer noch ungünstigen finanziellen Lage des Staates, welche in den Ausgaben größte Zurückhaltung erfordert, Umgang genommen werden.»

Nichts mit Bescherung für die Gemeindekassen! 

Quelle

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