Darunter verstand man damals im Kanton Zürich eine mehrseitige Arbeit für die Schublade. Denn diese Chroniken waren und sind erst mit einer Zeitverzögerung von 25 Jahren für die Öffentlichkeit bestimmt.
Ungeschminkt dank Sperrfrist
Für die Jahreschronik 1959, abgeschlossen am 31. Juli 1961 und wohl kurz danach bei der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich abgeliefert, bedeutet dies: sie ist erst seit 1986 - also dem Todesjahr des Verfassers - einsehbar.
Diese zeitliche Distanz ermöglicht eine kritische Betrachtung des Geschehens im Dorf. Samt entsprechender schriftlicher Würdigung. Denn die Zeitgenossen die sich darüber echauffieren könnten bekommen es kaum mit - die älteren ohnehin nicht und bei den jüngeren Generationen dürften nach einem Vierteljahrhundert andere Themen im Vordergrund stehen.
Weniger Pferde, mehr Italiener
Interessant ist die Skepsis gegenüber dem Wandel der Moderne allemal, die sich in der Einleitung zur Chronik 1959 zeigt:
«Zum achtenmal wage ich mich an die Abfassung einer Jahreschronik. Noch immer aber hält sich in unserm Dorf das Geschehen in verhältnismässig bescheidenem Rahmen, verglichen mit den aufstrebenden Nachbarorten Bülach, Zurzach u.a.m. Wohl spürt man auch bei uns das immer mehr zugunsten des motorisierten Verkehrs und Arbeitens schwindende Ländlichruhige. Das Halten von Zugvieh und Pferden z.B. hat beinahe aufgehört. Die Viehfuhrwerke sind gänzlich aus dem Strassenbild verschwunden und während ich in der 1952iger Chronik noch von 30 Pferden berichten konnte, finde ich heute im Dorfe deren höchstens noch ein Dutzend. Dafür zählte ich 21 Traktoren, 23 Motormäher, ein halbes Dutzend Bindemäher und sogar schon zwei Heugebläse.
Eine andere Erscheinung, die die Struktur unserer einst vorwiegend bäuerlichen Bewohnerschaft zusehends verändert, ist das Auftauchen der auffallend vielen Fremdarbeiter, meist Italiener natürlich, wie überall. Wo irgendwie eine, wenn auch allerprimitivste Wohngelegenheit zu finden war, hocken nun ganze Grüpplein oder auch Familien dieser Südländer drin. Sie arbeiten vor allem im Baugeschäft Griesser, in den benachbarten Fabriken Glattfeldens oder einige wenige als Bauernknechte im Dorf selber. Die kommende Volkszählung von nächstem Jahr wird dann hierüber etwas genauer Auskunft geben können.»
Dass die Skepsis gegenüber dieser Invasion aus südlichen Gefilden nicht nur bei Zollinger, sondern auch bei vielen anderen Alteingesessenen verbreitet war, darf als sicher angenommen werden.
Quelle
- Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1959. (Einleitung, S. 1)