Salat, Binätsch und Chruutstiel. Dieses erntefrische Gemüse wurde laut der in Weiach aufgewachsenen US-Autorin Louise Patteson (geborene Luisa Griesser) von den Hausfrauen an den Dorfbrunnen gewaschen.
Patteson schrieb autobiographisch über die Mitte des 19. Jahrhunderts, die letzten Jahre vor der Installation der ersten Haus- und Löschwasserversorgung (1877 errichtet). Luisa wurde 1853 in Weiach geboren und zog im Oktober 1867 mit ihrer Familie nach Amerika.
Binätsch war und ist eines der beliebtesten Gemüse und daher auch ein geläufiges Zürcher Wort (vgl. Idiotikon 4, 1308). So sagte man laut Idiotikon früher: «In Binätsch übere (gleichsam in das Beet des Nachbarn) luege» bzw. schielen. Oder: «Der Binätsch ist em nüd ufg'gange» in der Bedeutung, sein Plan sei zunichte geworden. Spinat kam auch in Auseinandersetzungen durchaus zu Ehren: «Eim de Binätsch erlëse» bedeutete, jemandem «alle seine Fehler vorhalten».
Wenn's am Brunnen knallt
Nachdem wir im gestrigen Beitrag das Wohnhaus der Näherin Barbara kennengelernt haben, sei hier nun endlich der Mitte April 2020 in WeiachBlog Nr. 1490 versprochene Zwistigkeitsgrund zwischen Barbara und ihrer Schwägerin nachgereicht. Wie man aufgrund des Titels und des vorstehenden Absatzes unschwer erraten kann, ging es um Spinat:
«About this time I began to do little chores around the house, such as bringing wood into the kitchen and carrying water from the village fountain. I had a tiny copper gelte about the size of a wash-bowl, and I always went with Mother to the fountain and carried some water home. The village housewives washed all such vegetables as lettuce, and spinach and chard at the fountain, each always using two geltes so as to change from one to the other. This sometimes made it rather crowded, and often the women got in each other’s way. I remember once seeing one shove her neighbor’s gelte full of spinach off the trough. The spinach lay there until evening when the cattle came to water and ate it. One of those women was Barbara, the seamstress, and the other her sister-in-law. After that they were no longer friends.» (Patteson 1921, S. 42-43)
Da Luisa und ihre Familie mitten im Büel vis-à-vis des früheren Näpferhüsli gewohnt haben, dürfte sich diese dramatische Auseinandersetzung auch in diesem Teil des Dorfes abgespielt haben.
Aus irgendeinem Grund war Barbara (eigentlich wohnhaft in der oberen Chälen) also wohl an einem der Brunnen eines anderen Dorfteils zugange. Entweder im unteren Oberdorf (dem beim Baumgartner-Jucker-Haus) oder im Büel (vor dem Eingang zum Friedhof; heute verschwunden; bzw. dem Privatbrunnen nahe der Liegenschaft Büelstrasse 1). Ihr oder ihrer Schwägerin hatte dabei offensichtlich etwas nicht in den Kram gepasst, was in der doch ziemlich destruktiven Bestrafungsaktion mündete.
So kann schlussendlich von Rindviechern gefressener Spinat zu lebenslanger Feindschaft führen. Und im Tode liegt man dann trotzdem sozusagen Schulter an Schulter. Wie es eine höhere Fügung eingerichtet hat.
Quelle und Literatur
- S. Louise Patteson: When I Was a Girl In Switzerland. Lothrop, Lee & Shepard Co., Boston 1921 [Elektronische Fassungen auf archive.org: PDF, 11 MB; weiteres Exemplar] – S. 42-43.
- Brandenberger, U.: Freund und Feind im Tod vereint. WeiachBlog Nr. 1490, 16. April 2020.