Freitag, 20. Februar 2015

Kies statt Salz auf die Strasse

Bereits in den Angaben Walter Zollingers zum Februarwetter 1965 (vgl. WeiachBlog vom 8. Februar) liest man, die Pfadschlitten hätten in diesem Monat viel Arbeit gehabt.

Um die Strassen befahrbar zu machen, kann man zwar auch nur pfaden. Schwarzräumung durch Einsatz von Tausalz war aber anscheinend vor 50 Jahren das Mittel der Wahl:

«Der viele Schneefall im Februar im ganzen Gebiet des Kt. Zürich bewirkte, dass das "Strassensalz" knapp wurde; deshalb bemerkte ich, dass am 17.2. und in den nächstfolgenden Tagen die Strassen nicht mehr gesalzen, sondern, wie ehedem, wieder Kies von Lastwagen auf die Fahrbahn geschaufelt wurde.»

Damals gab es also offenbar noch keine Splitt-Streuer an den Fahrzeugen der kantonalen Strassendienste.

Dass Schnee auf der Strasse die Autofahrer im Flachland auch vor Jahrzehnten schon überfordert hat, zeigt übrigens bereits Zollingers Jahreschronik über das Wetter von Anfang Dezember 1964. Der erste richtige Schnee des Winters, eine «schlüpfrige Nassschneeschicht», brachte etliche Automobilisten in Schwierigkeiten (vgl. WeiachBlog vom 29. Dezember 2014).

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 22. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
[Veröffentlicht am 18. Juni 2015]


Sonntag, 8. Februar 2015

Februarwetter 1965: Gewaltiger Schneesturm

Bereits in seinen Ausführungen zum Januar 1965 verwendete Walter Zollinger den Begriff «Hornerwetter». Was damit genau gemeint ist? Eine Definition habe ich in Lexika und Wörterbüchern früherer Jahrhunderte bislang noch nicht gefunden - und auch Google bringt es nur auf 52 Fundstellen.

Eine davon gibt immerhin einen weiteren Hinweis. Es handelt sich um den «Volkskalender für Freiburg und Wallis» von 1919, auf dessen Kalenderblatt zum Hornung (die Bezeichnung «Februar» steht in Klammern klein daneben) man nicht nur Angaben zu den Mondphasen sowie Bauernregeln findet, sondern auch die auf den Februar 1919 passende Aussage aus dem «100jährigen Kalender»: «(...) der Monat schließt mit richtigem Hornerwetter, mit unfreundlichem Schneegestöber ab».

Ob Regen wie bei Zollinger (Beschreibung des Januars 1964) oder Schneegestöber (wie in diesem katholischen Kalender) - die Bezeichnung «Hornerwetter» lässt auf eine ungemütliche Witterung schliessen.

Wie war demnach der Horner 1965? Zollinger beginnt seine Schilderung mit einer Bauernregel:

«"An Maria-Lichtmess Sonnenschein,
geht der Fuchs in sein' Höhle hinein".

Und richtig! Am 2.2. war der ganze Nachmittag sonnig; gegen abend wehte allerdings ein kalter Oberwind. Vom 3. Februar an zog dann der Winter nochmals ein; es schneite öfters, sodass die Pfadschlitten wieder tüchtig Arbeit bekamen. Am 8.2. notierte ich folgende "Besonderheit":

"Nachmittags 13.15 Uhr zieht ein gewaltiger Schneesturm v. NW her; man sieht keine 100 m weit, dazu Blitz und Donner und nachher sehr kühler Wind".

Dieses Wintergewitter ist etwas so seltenes, dass sogar Radio und Meteorologische es für Wert erachteten, es zu erwähnen. Auch weiterhin hielt das winterliche Wetter an; der ganze Monat Februar hat also gezeigt, dass es in unsern Breitengraden doch noch Winter sein kann, wenn's schon in den letzten Jahren gar nicht mehr so schien. Wiesen und Gärten und Häuser waren während des grössten Teils des Monates immer etwa mit Schnee bedeckt, die Pfadschlitten wurden auch in der zweiten Monatshälfte mehrmals benötigt. Kalt war's ebenfalls immer, vor allem abends und nachts, wenn auch nie übermässig. Einzig am 22. morgens war's -13°, aber gleich nachmittags nur noch -2°.

Tiefsttemperaturen morgens -9° (-13°), mittags -4°, abends -8°
Höchsttemperaturen morgens +4°, mittags +4°, abends +2°.

Neben meist mit Hochnebel bedecktem Himmel, brachte der Februar, trotz den öftern Schneefällen, doch 12 sonnige Nachmittage und 2mal sogar schon am Vormittag etwas Sonne.
»

Also. So extrem war es mit dem Hornerwetter wohl dann doch nicht grad - bei so viel Sonne! Bemerkenswert ist aus der heutigen, von Klimaerwärmungsdiskussionen geprägten Sicht, dass im Flachland bereits vor 50 Jahren der Eindruck aufkam, es gebe keine richtigen Winter mehr.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 3-4. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
[Veröffentlicht am 17. Februar 2015]

Mittwoch, 4. Februar 2015

Alertswiss. Hochwachten, Sirenen und Smartphone-Apps

Heute ist der erste Mittwoch im Februar. Und das bedeutet in der Schweiz: Sirenentest! Dafür gibt es sogar eine eigene URL: sirenentest.ch. Sie verweist auf eine Webseite des Bundesamts für Bevölkerungsschutz wo u.a. folgendes erklärt wird:

«Ausgelöst wird um 13.30 Uhr in der ganzen Schweiz das Zeichen "Allgemeiner Alarm", ein regelmässig auf- und absteigender Heulton von einer Minute Dauer. Wenn nötig darf die Sirenenkontrolle bis 14.00 Uhr weitergeführt werden. Ab 14.15 Uhr bis spätestens 15.00 Uhr wird im gefährdeten Gebiet unterhalb von Stauanlagen das Zeichen "Wasseralarm" getestet. Es besteht aus zwölf tiefen Dauertönen von je 20 Sekunden in Abständen von je 10 Sekunden. Insgesamt werden rund 7800 Sirenen auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft.»

Auf den jährlichen Test-Termin hin hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) eine Website lanciert, die in einem Gemeinschaftsprojekt mit den Kantonen entwickelt wurde: alertswiss.ch.  

Relevante Informationen und ein persönlicher Notfallplan...

Auf ALERTSWISS werden für die Schweizer Bevölkerung relevante Informationen zur Vorsorge und zum Verhalten bei Katastrophen und Notlagen zur Verfügung gestellt.

Aktuell findet man zu folgenden Gefährdungen Erläuterungen und passende Verhaltensempfehlungen: Erdbeben, Hitzewelle, Hochwasser, Kältewelle, Pandemie, Starkschneefälle, Stromausfall, Sturm, Unfall Chemie, Unfall KKW, Unfall Stauanlage sowie Waldbrand.

Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Wer vorsorgt und sich vorbereitet, kann Leben schützen und retten - das eigene und das seiner Angehörigen. Ein vom BABS in Auftrag gegebenes Video (Sind Sie sicher?) zeigt auf, wie wichtig eine gute Vorsorge ist und wie ein persönlicher Notfallplan helfen kann, im Ernstfall schnell und richtig zu reagieren:



Die Website bietet auch einen Blog. Und man kann ALERTSWISS followen: auf Twitter, Youtube sowie mit RSS.

Für Smartphone- und Tablet-Besitzer gibt es die Möglichkeit, sich eine App zu besorgen, auf der man u.a. die Vorlage für den persönlichen Notfallplan herunterladen und ihn dann mit den eigenen Informationen befüllen kann.

Seltsame Organisation im Kanton Zürich

Alles gut und brauchbar. Nur der Link «Mehr über Gefahren in meinem Kanton erfahren» wirft für den Kanton Zürich mehr Fragen als Antworten auf: wo bei anderen Kantonen auf die Kantonale Krisenorganisation gelinkt wird und es dort konkrete Informationen zu Gefahren gibt (so z.B. für die Kantone Freiburg und Bern) wird beim Kanton Zürich nur auf die Kontaktseite des Kantons und damit - halten Sie sich fest - auf die Staatskanzlei verwiesen. Was die wohl mit Katastrophenmanagement zu tun haben?

Für so etwas gäbe es eigentlich schon eine zuständige Stelle: die Kantonale Führungsorganisation mit ihren regionalen und kommunalen Pendants (RFO und GFO). Als Kontakt fungiert die Bevölkerungsschutzabteilung, die Teil der Kantonspolizei ist.

Die grösste Schweizer Stadt hat sogar eine eigene Stabstelle Katastrophenmanagement, die bei der Stadtpolizei angesiedelt ist.

Verweis auf den Fehlalarm von 1703

Die Verbindung nach Weiach hat der Winterthurer «Landbote» geschlagen. In einem heute publizierten Artikel mit dem Titel «Harz, Feuer und Böller anstelle von Sirenen» erläutert Jonas Gabrieli, wie das Hochwachtensystem bis 1870 eine schnelle Alarmierung sicherstellte. Wobei da natürlich vor allem eine Gefährdung im Vordergrund stand: ein militärischer Angriff.

In einem Abschnitt zu Fehlalarmen und deren Auswirkungen schreibt Gabrieli: «Ein zweiter Vorfall  [nach einem von 1664 am Menzingerberg] ereignete sich 1703 in Weiach, als elsässische Touristen fälschlicherweise für Spione gehalten wurden. Zwei Frauen schrien voller Angst: «Der Franzos ist im Land!» Der Wachtmeister auf der Hochwacht war aber glücklicherweise skeptisch und alarmierte die anderen Hochwachten nur halbherzig.»

Details zum Vorfall in Weiach finden Sie in den Weiacher Geschichte(n) Nr. 56: «Blinder Lärmen». Wie die Weiacherinnen 1703 gegen die Franzosen kämpfen wollten. (publiziert in: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Juli 2004). Anhand dieses von Gabrieli verwendeten Originals kann man sich dann auch überlegen, ob die Elsässer wirklich Touristen waren - und nicht doch eher zu Geschäftszwecken in der Eidgenossenschaft weilten.