Dienstag, 30. Mai 2017

Wenn der Kirchenchor nach Westen wandert

Kirchenmusik war in Weiach, bedingt durch die Grenzlage mit katholischen Gebieten, besonders in früheren Jahrhunderten eine sehr lokale Angelegenheit. Bis zum Ankauf des ersten Trayser-Harmoniums im Jahre 1866 gab es überhaupt kein fix installiertes Musikinstrument in der Weiacher Kirche.

Weil die reformierte Zürcher Staatskirche die Orgelmusik ablehnte war A cappella-Gesang angesagt. Die Knaben - unverheiratete junge Männer - gingen in die sogenannte Nachtschule (auch Singschule genannt) und übten dort die Kirchenlieder ein, die sie dann zusammen mit dem Vorsänger und den übrigen Kirchgängern im Gottesdienst sangen.

Vom Vorsänger zum Kirchenchor

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts scheint diese Tradition eingeschlafen zu sein, denn Pfarrer Stünzi schreibt im Turmkugeldokument Nr. 11 vom 24. September 1886:

«Im Frühjahr 1886 bildete sich unter der Leitung des Herrn Jacob Baumgartner der seit Ostern 1879 das Kirchenharmonium spielt, ein Kirchenchor, da seit einem Decennium darauf verzichtet wurde, in der Singschule Kirchenlieder einzuüben. Wir wünschen diesem Chor ein recht langes & kräftiges Leben, besonders für die Zeit der Einführung des neuen Kirchengesangbuches.»

Das dürfte der erste Weiacher Kirchenchor gewesen sein, von dem Walter Zollinger in seiner ortsgeschichtlichen Monographie «Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» (1. Auflage 1972, 2. Auflage 1984) in Anmerkung 78 berichtet: «Schon im Jahre 1886 ist die Gründung eines Kirchenchores erwähnt, der aber bald wieder eingegangen sein muss.»

Ab dem Jahre 1930 stand Zollinger dem erneut gegründeten Kirchenchor Weiach als Leiter (und Dirigent) vor, eine Funktion, die er über Jahrzehnte hinweg ausübte. Dieser zweite Kirchenchor bekam nach der Ära Zollinger die üblichen Schwierigkeiten die auch allen Dorfvereinen ins Haus standen.

Fusion mit den Kaiserstuhlern

Noch 1996 wurde der Pastorationsvertrag mit den Kaiserstuhler Reformierten erneuert und auch die Ökumene mit der katholischen Pfarrei in Kaiserstuhl funktionierte ganz passabel (wenn auch der Diakon regelmässig mit seiner geistlichen Obrigkeit Ärger bekam).

So war es nur folgerichtig, dass der (katholische) Kirchenchor Kaiserstuhl und der (reformierte) Kirchenchor Weiach im Mai 1997 ihre Aktivitäten zusammenlegten und den Ökumenischen Singkreis Weiach-Fisibach-Kaiserstuhl aus der Taufe hoben (vgl. ZU, 19.5.2017 und 26.5.2017). Fortan wurde «konfessions- und kantonsgrenzübergreifend» gesungen. Den Impuls zu dieser Fusion hatte die Dirigentin des ökumenischen Chors, Silvia Eisenring aus Aarüti, Gemeinde Glattfelden, gegeben.

Eine Rückblende um fünf Jahre gibt die Website der katholischen Pfarrei Kaiserstuhl:

Oekumenischer Singkreis

Bereits 15 Jahre besteht unser «Kirchenchor» als oekumenischer Singkreis seit sich die Chöre der reform. Kirche Weiach und der kath. Kirche Kaiserstuhl-Fisibach-Weiach zusammengeschlossen haben.

Sie machen sich zur Aufgabe mit ca 10 Auftritten pro Jahr die Liturgie des reform. und kath. Gottesdienstes in Weiach bzw. Kaiserstuhl zu gleichen Anteilen musikalisch mitzugestalten. Die Auftritte sind natürlich gerne verbunden mit bestimmten Festen und Anlässen des Kirchenjahres. Zu besonderen Anlässen singt der Chor auch auswärts oder bei weltlichen Feierlichkeiten. Etwa 2-3 mal jährlich singt er vereint mit dem Kirchenchor Wislikofen.

Auch die gesellige Ebene wird gepflegt mit Wanderungen (Maibummel) Besuch von kulturellen Anlässen, Jahresausflug.

Der Chor übt wöchentlich am Montag abend von 20.00 – 22.00 Uhr. Der Chor freut sich über neue Mitglieder. Sie können gern bei einer Probe vorbeischauen.

Auskunft erteilen:
Thomas Böhm, Präsident, Tel. +41 44 858 17 50
Silvia Eisenring, Chorleiterin, Tel. +41 44 867 00 33


Auch die Website der politischen Gemeinde, der Stadt Kaiserstuhl, stellt stolz ihren Singkreis vor:

Oekumenischer Singkreis Weiach-Kaiserstuhl-Fisibach

Seit 1997 wird in unseren Pfarrkirchen und der Kapelle ökumenisch gesungen. Wir gestalten mit Gesang und Musik die Gottesdienste mit. Zu unserem Repertoire gehören auch weltliche, klassische und unterhaltsame Musik. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Pflege des kulturellen Lebens in unseren drei Gemeinden.

Der Singkreis singt in ca. 10 Gottesdiensten pro Jahr – und engagiert sich auch bei dörflichen und regionalen Festivitäten. Momentan proben 11 Frauen und 5 Männer jeweils donnerstags von 20.00 bis 21:45 Uhr in der Bibliothek des Schulhauses in Kaiserstuhl.

Wir versuchen das Singen und die Musikliteratur möglichst gut zu üben – aber es bleibt manchmal noch ein Stückchen bis zur Perfektion.

Haben Sie Freude an froher Gemeinschaft und den Willen, schöne Musik zu singen? Und mit uns im Singen besser und auch ein Stück froher zu werden?

Besuchen Sie ganz unverbindlich unsere Proben - wir freuen uns!


Man sieht es an der Angabe zum wöchentlichen Probentermin, dass die beiden Porträts offensichtlich nicht zum selben Zeitpunkt entstanden sind.

Nachtrag vom 3. Januar 2019

Wie ich von Silvia Eisenring erfahren habe, ist der Singkreis gemäss Beschluss der Generalversammlung 2018 nicht mehr aktiv. De facto ist der Verein aufgelöst, de jure muss dieser Schritt offenbar noch gemacht werden.

Quellen
  • Anlässe. In: Zürcher Unterländer, 19. Mai 2017
  • Singkreis feierte sein 20-Jahr-Jubiläum. In: Zürcher Unterländer, 26. Mai 2017
  • Website der Pfarrei Kaiserstuhl-Fisibach
  • Website der Gemeinde Kaiserstuhl
  • Telefongespräch mit Silvia Eisenring vom 3. Januar 2019
[Veröffentlicht am 22. Februar 2019 um 23:12 MEZ]

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