Dienstag, 17. Januar 2006

Das Steueramt redet Fraktur

Alle Jahre wieder erinnert einen Vater Staat nachdrücklich daran, dass er einem lieb und teuer ist. Vor allem teuer. Wenn man nicht gerade am Hungertuch nagt, fällt die Erinnerung leider auch sehr handfest aus - in der Form von Steuerrechnungen.

Zur Zeit redet das Steueramt wieder Fraktur. Was der obenstehende Ausschnitt aus den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach anschaulich macht.

Nach Band 11 des Duden über die Redewendungen bedeutet Fraktur reden «jemandem unverblümt die Meinung sagen». Die Wendung beziehe sich «auf die Frakturschrift, die wegen ihrer gebrochenen, eckigen Formen im Vergleich zu den weichen, runden Formen der Lateinschrift als derb und grob empfunden» werde. In der Wikipedia wird eine andere Erklärung favorisiert und auf das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache von Kluge verwiesen: «Die Redensart beruht wohl darauf, daß in Frakturschrift deutsche - nicht lateinische - Texte abgefasst wurden, die Bedeutung "deutlich, unmißverständlich die Meinung sagen" dann wohl in Unterscheidung zu "lateinisch reden"».

Was also will uns das Steueramt Weiach mit diesem Titel in Frakturschrift sagen? Hmmm... Die Formulare für die alljährliche staatliche Fundraisingaktion (die immerhin verhindert, dass man seine Finanzen je aus dem Blick verliert) sind noch nicht im Briefkasten gelandet. Dafür heute morgen die Steuerbescheide für längst vergangene Jahre. Schlussrechnung Staats- und Gemeindesteuern 2004, provisorische Rechnung für 2005. Und für 2006 kommt da auch noch etwas oder war's das jetzt? Kommt die erst nächstes Jahr?

Die Gegenwartsbesteuerung hat die Angelegenheit auch nicht einfacher gemacht. Da würde man schon bevorzugen, wenn Fraktur geredet würde. Oder verstehen Sie Ihre Steuerrechnungen? Ich meine - auf Anhieb. Nicht? Eben.

Quellen
  • Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Januar 2006
  • Eintrag Fraktur. In: Duden Band 11. Redewendungen. Wörterbuch der deutschen Idiomatik. 2., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage, Mannheim 2002 - S. 237

1 Kommentar:

Wiachiana-Verlag hat gesagt…

Wenn man sich die Schrift genau ansieht und dann mit dem hier vergleicht, dann redet das Steueramt doch wohl eher Textur als Fraktur. Wenigstens gehört die zur gleichen Familie, den "gebrochenen Schriften".