Im Zürcher Unterland hält sich ein alter Brauch, das «Bächtelen» am 2. Januar, dem Berchtoldstag. Gewerbevereine, Gemeindeverwaltungen und andere laden zum Neujahrsumtrunk. In einigen Gemeinden hat gar veritables Maskentreiben Tradition, so in Rafz. An anderen Orten sind die Veranstaltungen bescheidener, werden aber in nichtsdesto fröhlicher Stimmung begangen.
Wie alt der Brauch ist, habe ich im Artikel «Helse» an Neujahr, Fäschte am Bächtelistag. Bräuche zum Jahresanfang gestern und heute beschrieben, der bereits im gestrigen Blogpost auszugsweise zitiert wurde und als Nr. 50 der Reihe «Weiacher Geschichte(n)» in den «Mitteilungen für die Gemeinde Weiach» vom Januar 2004 im Druck erschienen ist.
Im Zeichen geselliger Fröhlichkeit
Hier einige Müsterchen: «Der Bechtelitag steht allgemein im Zeichen der geselligen Fröhlichkeit, auf dem Lande macht die Jungmannschaft wacker mit. Noch an manchen Orten, namentlich im nördlichen Kantonsteil, finden wir die Schüler nach dem Alter getrennt in grossen Stuben, wo frohe Spiele sie erfreuen und die mitgenommenen Speisen verzehrt werden. Auch die 'Knaben' und 'Mädchen' vereinigen sich zu Spiel und Tanz; natürlich wollen auch die Aeltern 'feiern'; sie setzen sich ebenfalls in Stuben und bechtelen nach ihrer Art. So unterhält man sich bis tief in die Nacht, und noch lange nachher glimmt die Bechtelifreude in den Teilnehmern.», schrieb Emil Stauber 1937 in einem Artikel in der NZZ. (Als "Knaben" wurden früher die unverheirateten jungen Männer, als "Mädchen" das weibliche Pendant bezeichnet)
Aus Weiach selber ist bislang noch wenig zum Brauchtum am Bächtelistag bekannt:
Im Bülach-Dielsdorfer Volksfreund (heute: Neues Bülacher Tagblatt) wurde am 1. Januar 1876 auf den Bächtelistag eine «Tanzbelustigung im 'Rheinthal' in Weiach» angekündigt.
In den schon öfter zitierten Jahreschroniken Walter Zollingers finden wir für 1958 unter der Rubrik «Volkskundliches / Kulturelles» den Eintrag: «Der vom Männerchor alljährlich veranstaltete "Berchteliabend" im Sternen darf hier erwähnt werden».
Ernst Pfenninger, der letztes Jahr verstorben ist und damals Gemeindeschreiber war, erinnerte sich denn auch, der Bächtelistag sei «e Glägeheit zum go fäschte und es guets Nöis wünsche» gewesen. Man sei da aber nicht saufen gegangen, gewiss nicht, Einzelne vielleicht schon, aber das grosse Besäufnis sei es nicht gewesen.
Derartiges dürfte aber früher nicht ganz unüblich gewesen sein, sonst hätte ein Ratserlass von 1780 nicht bestimmt: «Die Gemeindsvorgesetzten sollen an der Bechteleten auf die Gemeindskosten nicht mehr als fl. 3 zu vertun haben.» (zit. nach: Schweizerisches Idiotikon, Bd. IV – Sp. 1538f). 3 Gulden als Obergrenze waren ein gutzürcherischer Kompromiss.
Überschüsse wurden verbächtelt
Viele Gemeinden empfanden es trotzdem als ihr Recht, die Überschüsse des Vorjahres zu «verbächtelen». Das aber sahen die Gnädigen Herren zu Zürich natürlich gar nicht gern – solche Völlerei minderte schliesslich nicht nur das Gemeindevermögen, sie war auch der Sittlichkeit abträglich. Ende 1713 wurden dem alten Neujahrsbrauch der fröhlichen Mähler Grenzen gesetzt. Den Neujahrstag selber erklärte die Obrigkeit zum Feiertag, der mit einem Gottesdienst zu begehen war; Bächtelen war nur noch am zweiten Tag des Jahres erlaubt.
Quellen:
- Stauber, E.: Weihnachts- und Neujahrszeit im zürcherischen Volksbrauch. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 2367, 25. Dezember 1937.
2 Kommentare:
Einen guten Einblick in aktuelle Unterländer Bräuche am Bächtelistag geben die Schlagzeilen des Neuen Bülacher Tagblatts vom 3. Januar 2005:
- So darf das «Neue» getrost beginnen. Die Stadt Bülach feierte das Bächtelen wiederum in diversen Lokalen.
- 12 Stunden tolle Stimmung. Zum zehnten Mal Bächtele mit dem Füür-Sprütze-Zug Hochfelden
- Die Bächtele ist der Rafzer liebstes Kind. Ölscheiche, Marienkäfer und Sparmassnahmen
- «Aber wir können die Segel richtig setzen». Neujahrsapéro von «Pro Höri» im Singsaal des Schulhauses Weiher.
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