«Am 25. Juli wurde nachmittags 1 Uhr 05 Minuten ein so starkes Erdbeben verspürt, dass die Arbeiter von den Gerüsten sich begaben, die Dielen krachten, was an den Wänden hing, sich hin und her bewegte und alles Volk erstaunt zusammenlief. Am 26. vormittags und am 28. während des Mittagläutens wiederholten sich dieselben Erschütterungen.»
Epizentrum Vispertal
Diese Erdstösse führten in Weiach zu keinen Schäden, im Wallis aber sehr wohl, wie ein Artikel des Schweizerischen Erdbebendienstes mit dem Titel «Das nächste Erdbeben kommt bestimmt» erläutert:
«St. Niklaus, 25. Juli 1855, kurz vor ein Uhr Mittags, es ist regnerisch trüb. Die meisten Leute sitzen noch beim Essen als ein dumpfes Geräusch aus dem Untergrund zu vernehmen ist, dann ein erster Schlag, gefolgt von starkem schütteln, Gegenstände rutschen durch den Raum, Deckenteile brechen ein und Risse ziehen sich durch das Mauerwerk. Alle flüchten in Panik aus den Häusern. Draussen, unsichtbar im Nebel und in den von den Gebäuden aufsteigenden Staubwolken stürzen mächtige Felsblöcke mit lautem Krachen von den steilen Bergflanken herab. Ein sicherer Ort ist nirgends zu finden.
Erst nachdem sich der Staub gesetzt hat, sind die Folgen des Erdbebens zu erkennen: Zwischen Visp und St. Niklaus ist kaum ein Gebäude unbeschädigt geblieben. Zum Teil sind ganze Wände eingestürzt, der Kirchturm von Visp steht ohne Spitze da. Ein Kind ist von einer umstürzenden Mauer erschlagen worden, Verletzte müssen mühsam über herabgestürzte Felsmassen zu Tal getragen werden. In den folgenden Tagen richten einige der unzähligen Nachstösse weitere Schäden an.»
Schäden bis zu 9 Milliarden Franken
Solche Erdbeben können sich auch heute jederzeit ereignen. Weil die Gebäude heute wesentlich zahlreicher und teurer sind als noch vor 150 Jahren, müsste in der Schweiz heute bei einer Wiederholung dieses Erdbebens mit Gebäudeschäden von 580 - 8720 Millionen Franken gerechnet werden.
Die Streuungsbreite der Schadensumme entspricht dem Unterschied zwischen einer optimistischen und einer worst-case-Schätzung und umfasst nur die Gebäudeschäden. Andere Sachwerte und wirtschaftliche Folgekosten sind nicht eingerechnet. Auch Verluste an Menschenleben und deren finanzielle Folgen nicht.
Quellen
- Zollinger, W.: Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach. (Chronik Weiach. 1271-1971). 1. Aufl. 1972, 2., ergänzte Aufl. 1984.
- Deichmann, N.; Fäh, D.: Das nächste Erdbeben kommt bestimmt. Obwohl sie weniger häufig auftreten als in der Türkei, sind Erdbeben eine in der Schweiz stark unterschätzte Naturgefahr. Presseartikel des Schweizerischen Erdbebendienstes, ETH Zürich