Donnerstag, 27. März 2014

Über Sinn und Zweck kommunaler Jahreschroniken

Eine der Hauptquellen dieses Blogs sind die Aufzeichnungen Walter Zollingers in seinen Jahreschroniken. Sämtliche Jahrgänge von 1952 bis 1967 sind im Besitz der Zentralbibliothek Zürich (für nähere Informationen betreffend Zugang sowie die Ursprünge der Gemeindechronik-Bewegung im Kanton Zürich siehe den WeiachBlog-Beitrag Nr. 761 vom 2. Februar 2010: Die Zollingerschen Jahreschroniken in der ZB).

Für uns Heutige mag nicht jedes Detail von Belang sein, das Zollinger damals für berichtenswert hielt und daher zuerst in seinen Notizheften aufzeichnete und dann in den Jahreschroniken verarbeitete. In der Gesamtschau aber und in einzelnen Informationen ergibt sich durchaus ein lebendiges Bild des damaligen Zustands der Gemeinde Weiach - aus der Sicht eines dort Lebenden und aktiv Tätigen.

Zollinger selber dürfte sich beim Schreiben oft etwas einsam gefühlt haben. Warum, erklärt das im September 1965 verfasste «Schlusswort» zur Chronik des Jahres 1964. Es ist eine Reflexion über Grundsätzliches geworden: den Sinn und Zweck des Verfassens solcher Arbeiten.

«In der vorliegenden Chronik 1964 zeigt sich wiederum, dass auch in einer kleinen Gemeinde, wie dies mein Weiach ist, doch jahrein-jahraus "etwas läuft". Die Gemeinde ist eben ein "lebendiges Wesen", das von Wetter und Wirtschaft, von Handel und Politik, vom Verkehr und Vereinsleben, sowie von mancherlei kulturellen Strömungen seinen Stempel aufgedrückt bekommt. Frohes und Trübes, ereignisreiche Zeiten und ruhigere Tage wechseln in stetem Rhythmus miteinander ab. Diese verschiedenen Stimmungen in meinem nähern Umkreis festzuhalten, gelegentlich zu kommentieren oder gar zu glossieren, war auch diesmal mein bescheidenes Bestreben. Wie weit es mir in den bisherigen Chroniken gelungen ist, entscheide später einmal der aufmerksame Leser.

Eines bedaure ich: dass nicht in zah[l]reicheren Gemeinden des zürcherischen Unterlandes sich Bearbeiter von Jahreschroniken finden, mit denen man etwa einen Gedankenaustausch pflegen könnte. Vielleicht wäre darum wieder einmal ein neuer Stupf seitens der Zentralbibliothek oder der Antiquarischen Gesellschaft vonnöten, um (wie dies bei mir anno 1951 geschah) da und dort einen Neuen aus dem Busch zu klopfen und zur Chronikarbeit anzuregen. Oder sind etwa diese "jährlichen Chroniken" (nicht die Ortsgeschichten) doch mehr oder weniger überflüssig geworden? Dann allerdings... Die Initianten und Förderer derselben, ein Prof. E. Egli, ein Dr. E. Stauber, ein P. D. P. Kläui u.a., waren bestimmt anderer Meinung. Eventuell vermöchte auch eine Zusammenfassung, wie sie Dr. Stauber von Zeit zu Zeit, letztmals für die Vorkriegsjahre 1937/39, verfasste, zu einer Neubelebung der Chronistentätigkeit etwas beizutragen?»

Wie die Bestandesentwicklung für G-Ch Weiach in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich zeigt, hat sich für Zollinger kein Nachfolger finden lassen, der die Weiacher Jahreschroniken über das Jahr 1967 hinaus weitergeführt hätte. Wie auch? Zollinger verfasste sie ja sozusagen im Verborgenen. Denn zu lesen waren sie durch die Bestimmung, dass erst nach 25 Jahren Einblick gewährt wird, sozusagen erst für die Nachwelt.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 27. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964]. 

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