Freitag, 4. Juli 2014

Direktvermarktung – ein Backofen als magischer Zauberstab

Nach offizieller Lesart versteht sich Weiach ja immer noch als Bauerndorf. Auch wenn nur noch ganz wenige Einwohner von der Landwirtschaft leben und man die Vollerwerbsbetriebe mittlerweile an zwei Händen abzählen kann. Und doch sind sie identitätsstiftend. Hier soll nun ein kleiner Blick hinter die Kulissen und in die Parallelwelt der Landwirtschaft gewagt werden.

Bei vielen stadtnahen Bauernbetrieben ist heutzutage die so genannte «Direktvermarktung» ein wichtiger Absatzkanal. Einkaufen direkt beim Produzenten ist in. Denn da sehen die Kunden, wo ihr Essen herkommt. Ob Bio oder nicht – kurze Wege für das Produkt sind in jedem Fall ein Gewinn.

Weniger bekannt ist, dass auch dieser Lebensbereich bis in alle Einzelheiten reglementiert wird. So zum Beispiel in den vom Bundesamt für Landwirtschaft zu Bern im März 2014 publizierten «Weisungen und Erläuterungen 2014 zur Verordnung über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (Landwirtschaftliche Begriffsverordnung, LBV; SR 910.91) vom 7. Dezember 1998»

Auf den Seiten 3 und 4 wird der Artikel 5 besagter Verordnung erst zitiert und dann erläutert:

«Art. 5 Direktvermarkter

Als Direktvermarkter gelten Produzenten und Produzentinnen, die eigene Produkte ab ihren Betrieben direkt Verbrauchern und Verbraucherinnen verkaufen.
»

So einfach ist es nicht

Ein klarer Fall, würde man meinen. Aber nur bis man die dazugehörigen Erläuterungen vollständig gelesen hat. Die sind zu Beginn noch durchaus nachvollziehbar:

«Alle Produzentinnen und Produzenten, die eigene Produkte ab ihren Betrieben direkt verkaufen, gelten als Direktvermarkter. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie die ganze Produktion des Betriebes, eines Betriebszweiges oder nur Teile davon über diesen Kanal vermarkten. Als Direktvermarkter gilt auch der Milchproduzent, der einen relativ kleinen Teil seiner Milch direkt an Konsumenten ausmisst, den Grossteil seiner Produktion jedoch einem Milchverwerter verkauft.»

Mehr Fragen wirft dann aber der zweite Abschnitt auf:

«Unter eigenen Produkten sind die auf dem Betrieb hergestellten und allenfalls verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte (1. Verarbeitungsstufe) zu verstehen. Nicht unter eigene Produkte fallen hingegen veredelte Produkte (2. Verarbeitungsstufe). Verkauft beispielsweise ein Produzent auf dem Betrieb hergestellte Butter direkt, so gilt er als Direktvermarkter und muss die selbst verarbeitete und in Form von Butter direkt vermarktete Milch melden. Verwendet hingegen eine Produzentin auf dem Betrieb hergestellte Butter zum Backen und verkauft beispielsweise den hergestellten Zopf anschliessend auf dem Wochenmarkt, so gilt sie demnach nicht als Direktvermarkterin im Sinne der LBV und die im Zopf enthaltene Butter fällt folglich auch nicht unter die Definition der vermarkteten Milch

Der Backofen macht den Unterschied

Man ahnt, dass die Unterscheidung etwas mit Milchvermarktung und Butterbergen zu tun haben könnte. Fast noch verworrener wird die Angelegenheit im dritten Abschnitt der Erläuterungen:

«Verbraucher der direkt vermarkteten Produkte sind insbesondere die Konsumenten. Der Begriff ist jedoch nicht so eng gefasst, dass nur die Endverbraucher eines Produktes darunter fallen; auch Abnehmer, die es weiterverarbeiten, werden als Verbraucher bezeichnet. Verkauft beispielsweise ein Produzent auf seinem Betrieb hergestellte Butter an eine Bäckerei, so gilt dies ebenfalls als Direktvermarktung.»

Der Backofen der Bauersfrau als magischer Zauberstab. Ein bisschen Kneten, ein bisschen Hitze und schon verflüchtigt sich die Direktvermarktung. Da soll einer unsere Agrarbürokraten verstehen.

Aber vielleicht ist es ja nur so, dass solche Backaktivitäten eben nicht mehr als landwirtschaftliche Tätigkeiten gelten sollen. Sondern höchstens noch als Paralandwirtschaft – wie das Angebot «Schlafen im Stroh».

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