Donnerstag, 30. Oktober 2014

Hochkonjunktur verführt zum Wirtshaushocken

Walter Zollinger, der langjährige Dorfschullehrer, Ortschronist und Chorleiter (um nur einige seiner vielen Aktivitäten zu nennen), war ein scharfer Kritiker der Hochkonjunktur vor 50 Jahren.

Dass dem so war kann man noch heute an der spitzen Feder ablesen, die er in seinen Ortschroniken führte. Auch eigentlich ganz harmlos gemeinte Inserate wie das unten abgebildete konnten schon mal in sein Visier geraten:



Begleitet wird dieses im Typoskript eingeklebte Metzgete-Inserat des Weiacher Restaurants «Wiesental» von vier weiteren Zeitungsausschnitten: ebenfalls Werbung für Metzgete-Anlässe (von den damaligen Inhabern des Restaurants Bahnhof Niederglatt, des Restaurants Bellevue Regensberg, der Linde Buchs sowie des Restaurants Bahnhof Rümlang).

Zollingers Kommentar dazu (unter der Rubrik «Volkskundliches/Kulturelles»): «Auch "kulturell intressant" sind die vielen, so ab mitte Oktober beginnenden und weit über Neujahr hinaus sich ziehenden, durch fast alle unsere Gaststätten eingeführten "Metzgeten"; eine deutliche Illustration zu unserer "fress- und trinklustigen" Zeit; denn es seien, so liess ich mir sagen, diese Lokale jeweilen gestossen voll. Wie mancher Familienvater, wie viele junge Burschen werden doch wohl damit zum Wirtshausbesuch und zum unnötigen Geldverputzen verführt und schlittern dann allmählich in ein liederliches Leben hinein! Das Wirtshaushocken wird ihnen zur Gewohnheit, eine üble Kehrseite der heutigen "Hochkonjunktur", man hat ja Geld genug!»

Ob diese Metzgeten tatsächlich zur Entstehung liederlichen Lebenswandels geführt haben? Zum Überleben der Gaststätten haben sie sicher beigetragen.

Das «Wiesental» gibt es übrigens - als eine der wenigen unter den damals bestehenden Weiacher Gaststätten - bis heute. Und es wird erst noch von der gleichen Familie Bütler geführt wie vor einem halben Jahrhundert.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 23a (Inserat) u. 24 (Text). [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
[Veröffentlicht am 7. Dezember 2014]

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