Freitag, 1. Mai 2015

So schnell starb das Milchbüchlein nicht

Wenn man die Zeilen Walter Zollingers über den Wechsel der Milcheinnehmer per 1. Mai 1965 zum Nennwert nimmt (vgl. WeiachBlog vom 30. April 2015), dann wurde auf diesen Zeitpunkt auch vom Milchbüechli auf die Milchmarken umgestellt.

So schnell wurde aber auch in Weiach das Büechli nicht abgeschafft. Und man konnte weiterhin mit Bargeld bezahlen, wenn man wollte. Das erklärte zumindest eine der beiden letzten Einnehmerinnen, Elisabeth Odermatt, im Gespräch mit WeiachBlog.

Was macht man bei Preisaufschlägen?

Odermatt (noch heute wohnhaft an der Riemlistrasse 13) war zwischen 1977 und 1989 eine feste Grösse im täglichen Leben des Dorfes. Zusammen mit Elisabeth Hösli schmiss sie den Laden in der «Hütte».

Interessant ist, dass die Weiacher nicht wie andere Genossenschaften auf die Idee kamen, bei Preisänderungen Löcher in die Marken stanzen zu lassen, um Jetons erkennen zu können, die noch nach altem Preis verkauft worden waren (vgl. Kunzmann 2013 für Beispiele).

Als der Verkaufspreis heraufgesetzt wurde, da habe der Präsident der Genossenschaft sparen und auf neue Marken verzichten wollen. Sie habe sich richtig wehren müssen für andersfarbige Jetons. Nach den Bestellbüchern von Güller zu schliessen dürfte sich diese Auseinandersetzung entweder 1979 oder 1985 abgespielt haben. Odermatt setzte sich durch und wohl deshalb gibt es heute verschiedenfarbige Milchmarken mit dem gleichen Nennwert.

Marken erleichtern Abrechnung

Auch Odermatt hebt die Vorzüge des Milchmarken-Systems hervor. Das habe viel Zeit gespart, weil sie nur noch einmal Ende Monat hätten abrechnen müssen. Auch zu ihrer Zeit habe es noch die Milchbüechli gegeben. Aber die meisten Kunden hätten jeweils die Marken bezogen.

Anfang Monat sei es jeweils ums Geld gegangen. Eine von ihnen beiden (Hösli oder sie) habe die Monatsabrechnung gemacht, die andere während dieser Zeit Milchmarken verkauft. Und den Erlös hätten sie dann samt Abrechnung dem Kassier abgegeben (ob es der Post-Ruedi gewesen sei, wisse sie nicht mehr sicher).

Die Zeit in der «Hütte» sei eine schöne gewesen. Gegen Ende der 80er-Jahre habe sie aber zunehmend gesundheitliche Probleme bekommen, vor allem mit dem Rücken, wegen der einseitigen Belastung durch das Hantieren mit schweren Milchkannen und das Ausschenken. Gerade gesund sei die Arbeit also nicht gewesen.

Besuche im Eichi Niederglatt

Im Januar 1990 sei dann die «Hütte» geschlossen, die Milch mittels Tankwagen ab dann direkt von den Höfen abgeholt worden. Da habe sie dann Zeit gehabt für anderes.

Zusammen mit Elisabeth Hösli hat Odermatt im Alterszentrum Eichi in Niederglatt regelmässig betagte Weiacherinnen besucht: darunter meine langjährige Nachbarin Luise Wagner, ehemals wohnhaft Chälenstrasse 25, sowie Frau Schwendener und Emma Erb. Die drei hätten immer ganz genau wissen wollen, was in Weiach laufe.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1965 – S. 20. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1965].
  • Kunzmann, R.: Milchmarken der Schweiz. Gietl-Verlag, Regenstauf, 2013 - S. 415.
  • WeiachBlog: Gespräch mit E. Odermatt vom 20.7.2015
[Veröffentlicht am 28. Juli 2015]

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