«Februar:
"Scheint an Lichtmess die Sonne heiss,
so kommt noch recht viel Schnee & Eis."
Im Gegensatz zu obigem Drohverslein brachten die ersten Februartage Nebel, Bewölkung und sogar leichten Niederschlag, sodass also nicht mehr zu "viel Schnee und Eis" kommen sollte. Ab dem 4.2. meist am späten Vormittag oder an Nachmittagen leicht sonnig. Dies aber nur während weniger Tage. Am 8. und 9.2. herrscht stürmischer Wind mit scheusslichem Regenwetter. "Der Mühleweiher überläuft, sodass ein richtiger Bach die Mühlewiese herab und über die Landstrasse fliesst und es bei jedem durchfahrenden Auto hochauf spritzt. Der Bach hinter der Mühle und den Oberdorfhäusern rauscht ebenfalls mächtig dahin." Die nächste Zeit bis zum 24. Februar bringt wechselvolles Wetter; bald etwas aufhellend zu kurzen, angenehmen Nachmittagsstunden, bald wieder Hochnebel, wolkig, bedeckt und gar leicht regnerisch, auch hie und da etwas Wind. Es ist nie richtig kalt, fast immer nahe bei 0°. Erst der 25.2. bringt einen Morgenreif, nachher aber auch eine angenehm milden Vor- und Nachmittag, der 27.2. nach Morgennebel einen sehr schönen, warmen Nachmittag: "ein richtiger Frühlingstag", steht in meinem Tagebuch, "Schneeglöcklein, Totenblümchen und Gartenprimeli blühen bereits."
Höchsttemperaturen morgens +9°, mittags +11°, abends +10°
Tiefsttemperaturen morgens -4°, mittags +2°, abends -1 1/2°.»
Alles in allem also ein ziemlich milder Horner, den die Weiacherinnen und Weiacher da vor einem halben Jahrhundert erleben durften.
Eindeutige geistige Verortung
Aus obiger Beschreibung ersieht man übrigens unschwer, wo der Chronist sich geistig verortet hat. Nämlich vis-à-vis des heutigen Ortsmuseums an seinem physischen Lebensmittelpunkt in der Liegenschaft Müliweg 4 (an dem Punkt, wo die Stadlerstrasse in die lange Gerade bis zum VOLG hinunter übergeht). Von dort aus gesehen verläuft das (heute «Mülibach» genannte) Bächlein nämlich hinter der Mühle. Ab da wird dieser Bach unter den Boden verbannt - und erst nach der Vereinigung mit dem Sagibach und ennet der Hauptstrasse Nr. 7 (westlich des Aussiedler-Hofes Im Eschter) wieder freigelassen.
Von welchem Weiher ist die Rede?
Der Beschreibung des überlaufenden Mühleweihers kann man entnehmen, dass es sich bei dem Mühleweiher, den Zollinger in seinem Chronikeintrag meint, nicht um den handelt, der heute gemeinhin mit diesem Namen bezeichnet wird (auf dem untenstehenden Ausschnitt aus dem Plan der Amtlichen Vermessung rechts im Bild). Mit dem überlaufenden Weiher kann nur der südwestlich der Stadlerstrasse gelegene, gemäss regierungsrätlicher Bewilligung von 1861 erstellte kleine Weiher (links im Bild; 409 m ü M) gemeint sein.
Dessen Zuleitung verlief früher unter der Stadlerstrasse hindurch und dann noch zu Zeiten des Chronisten Zollinger (vgl. Landeskarten) in einem offenen Kanal. Der Wasserspiegel des Weihers beim Bifig (414 m ü M) und der Verlauf des Mülibachs liegen jeweils deutlich unter dem Strassenniveau. Entweder ist das Wasser also auf der Höhe des heutigen Müliwis-Hofes auf die Strasse geflossen oder (was aufgrund der Schilderung Zollingers wahrscheinlicher ist) über den Überlauf des Weihers in nördlicher Richtung, dort wo heute die neue Bushaltestelle liegt.
Quelle
- Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1966 – S. 2-3. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1966].
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen