Donnerstag, 12. Januar 2012

Hochkonjunktur bewirkt rasche Strukturänderung

Im Beitrag «Einleitungen zu den Chroniken 1952-1967» (WeiachBlog Nr. 682, 3. Oktober 2009) steht für das Jahr 1962 der Eintrag: «Strukturänderung in der Landwirtschaft. Mit Liste der eingegangenen und der noch vorhandenen Bauernbetriebe».

Diese Einleitung der mittlerweile ein halbes Jahrhundert zurückliegenden Jahreschronik 1962 von Walter Zollinger wird hier nun vollumfänglich wiedergegeben (Titel durch WeiachBlog gesetzt):

«Schon im letztjährigen Bericht habe ich eine beginnende Strukturänderung in der Zusammensetzung der einstmals fast ausnahmslos bäuerlichen Bevölkerung unseres Dorfes angetönt [vgl. Jahreschronik 1961: Gelddenken und das neue Kieswerk; WeiachBlog Nr. 963, 12. Januar 2011]. Ich möchte diese Entwicklung heute durch Aufzählen der "Eingegangenen" und der "Noch bestehenden" Bauernheimwesen näher aufzeigen.

Regelmässiger Verdienst als Lohnarbeiter lockt

Anno 1950, also etwa zu Beginn meiner Aufzeichnungen für die Ortschroniken, bestanden über 60 hauptberufliche landwirtschaftliche Gehöfte, dazu etwa ein Dutzend solche, deren Besitzer noch anderswie einen zusätzlichen Verdienst in einem "Nebenberufe" suchten und daher die Bewirtschaftung des Kleinbauernbetriebes zum grossen Teil den Familienangehörigen überliessen. Da waren sie z.B. noch: Gemeindeschreiber, Gemeindeförster, Strassenwärter, Milcheinnehmer, Bäcker, Metzger, Müller, Schreiner, Wagner, Bahnarbeiter, Gastwirt, u.s.w.

Heute sind die als "hauptberuflich geltenden" Heimwesen auf beinahe die Hälfte, nämlich noch deren 34, zusammengeschrumpft und Betriebe im "Nebenamt" gibt es noch kaum ein halbes Dutzend. Gründe dafür? - Einmal sehen die Bauernsöhne und -töchter eben zu deutlich, wie bei der gegenwärtigen Zeit der Hochkonjunktur die in der Industrie tätigen Kameraden und Kameradinnen heute mit den hohen Löhnen und bei geringerer Arbeitszeit (8-Stundentag, 5-Tagewoche, bezahlte Ferien) regelmässig zu Bargeld kommen und sich "alles" leisten können, was sie begehren. Der Bauer aber muss, ausser dem monatlich eingehenden Milchgeld, warten, bis seine Früchte gereift und abgesetzt sind und nochmals warten, bis ihn dann die Kunden (meistens ist's die Genossenschaft) auszahlen.

Tiefe Renditen und steigende Bodenpreise

Darum wandert ein grosser Teil unseres Bauernnachwuchses ab in die vermeintlich "bessern Jagdgründe" der Industrie, und die Nachfrage nach diesen Arbeitskräften ist ja gross genug. Indessen rackert und plagt sich daheim die älter werdende Generation ab, event. mit ausländischen Hilfskräften, soweit auch diese noch ausharren. Oder dann soviel als möglich maschinell, was aber die "Rendite" kaum erhöht. Damit gewinnt ein weiterer Grund des "Bauernschwundes" bei uns an Bedeutung, nämlich die beständig ansteigenden Bodenpreise, die dann viele Bauern umso leichter dazu verlocken, den von allen Seiten kommenden Angeboten, ihren Boden zu verkaufen oder doch gegen gutes Entgelt zur Ausbeutung zu überlassen, stattzugeben. Bei uns waren es besonders die Angebote der Herren Bankpräsident Richner Kaiserstuhl, Benz, Sägerei und der neuen Kies. A.G. Weiach.

Und nun die versprochenen Aufzählungen!

A. Eingegangene Heimwesen:
Jean Schmid im vordern Berg
Albert Meierhofer a. Weibels, Bergstrasse
Adolf Baltisser im Biffig
Eugen Funk zur Mühle
Hermann Zeindler Oberdorf
Johann Willi Weibel Oberdorf
Gustav Meierhofer Oberdorf
Eduard Hauser Oberdorf
Robert Meierhofer, Simmes Oberdorf
Albert Meierhofer (jetzt Stöckli)
Geschwister Liebert Oberdorf
Dominik Suter Oberdorf
Albert Erb Wagnerei
Hch. Meier Winkel
Albert Baumgartner, Amtsrichters
Karl Lassauer im Bühl
Gottfried Nauer am Bach
Gottlieb Bösiger (jetzt Heidelberger)
Robert Meierhofer a. Mesmers
Jakob Meier a. Strassenwärter
Gebr. Meierhofer, Sagerjulis
Albert Meierhofer, Ballis
Robert Meierhofer, Knöpflis
Konrad Baumgartner, Riemlistrasse
Ernst Meierhofer, Hafnerhansen
Robert Bersinger, Kellen
Walter Siegenthaler, Kellen
Ed. Meierhofer-Wyss, Kellen
Hch. Meier, Weberlis, Kellen
[vgl. Abgebrannt: Das Haus des Weberliheiri (WeiachBlog Nr. 1042)]
Jean Baumgartner, a. Wächters
Hans Gasser im Bedmen
Albert Meierhofer-Krauer
Fam. Arrigoni, Hasli
Fritz Moor, z. "Bahnhof".

[B.] Noch vorhanden sind:
Walter Schmid im hintern Berg
Paul Graf, Bergstrasse
Arnold Meierhofer, Bergstrasse
Albert Nepfer, Bergstrasse
Ernst Baumgartner-Burri, Bergstrasse
Otto Baltisser im Steinbruch
Ernst Baltisser-Nüssli, Oberdorf
Walter Meierhofer-Bräm, Oberdorf
Jakob Baumgartner, Oberdorf
Albert Meierhofer, a. Post
Hans Schenkel-Albrecht, Oberdorf
Willi Baumgartner-Thut i. Winkel
Hch. Meierhofer a. Schulverwalters
Ernst Bersinger, Oberdorf
Albert Wiesendanger, Oberdorf
Ed. Baumgartner-Meier b. Schulhaus
Alb. Griesser-Willi b. Schulhaus
Hch. Griesser a. Bäckers im Bühl
Rud. Schenkel a. Küfers im Bühl
Fritz Näf, Gmdrt. im Bühl
Hans Willi im Bühl
Fam. Griesser im Neuhof
Fam. Fritz Baltisser auf Ofen
Albert Schenkel im Höhberg
Ernst Schär a. Säge
Armin Griesser-Bräm, Kellen
Hans Griesser-Meier, Kellen
Ernst Rüdlinger-Näf, Kellen
Wilhelm Kuster, Kellen
Hans Meier-Bleuler, Kellen
Albert Meier-Hirt, Kellen
Arnold Nauer-Gomringer, Kellen
Karl Willi-Gut b.d. Schmiede
Hans Meierhofer im Bedmen

solche mit "Nebenverdienst":
Otto Baumgartner Wirt zur "Linde"
W. Wagners Erben zum "Sternen"
Josef Bütler zum "Wiesental"
Otto Meier, Bergstrasse
Hans Meierhofer, Gmdestrassenwärter
Hs. Jost-Griesser, Milcheinnehmer.
».

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die obige Liste wie ein Who's who der Weiacher liest - zumal die Führungsschicht, die in Gemeinderat, Schul- und Kirchenpflege sowie den Kommissionen Einsitz nahm, sich vornehmlich aus dem Bauernstand rekrutierte.

Interessant ist, dass der Nebenerwerbsbetrieb Otto Meier an der Bergstrasse später wieder zum Vollerwerbsbetrieb wurde.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 1-4. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Dienstag, 3. Januar 2012

Januarwetter 1962: Föhn räumte schnell auf mit Schnee

Wie im Beitrag vom gestrigen Bächtelistag, 2. Januar, beschrieben, hatte Weiach gleich zu Jahresbeginn mit ungewöhnlich grossen Schneemengen zu kämpfen. Offensichtlich war dies für die lokalen Verhältnisse selbst vor 50 Jahren ein ausserordentliches Ereignis.

Bald pendelte sich die Witterung jedoch wieder auf dem normalen Niveau ein, wie der Rest des Januar-Eintrags von Zollingers Chronik beweist:

«Im übrigen herrschte während des ganzen Monates sehr wechselvolles Wetter; viel Nebel, Hochnebel, trübe und unfreundlich, oftmals regnerisch und sogar stürmisch. Schon um den 10. herum räumte der Föhn fast restlos auf mit dem vielen Schnee. Neuschnee fällt nur noch 2 oder 3 mal und erst noch ganz minim. Die Morgentemperaturen halten sich fast durchwegs zwischen -3 und +7°; Ausnahmen machten einzig die Tage des 16./17.1. und des 30./31.1, mit je -6° oder -8°; nachmittags und abends bloss 4 mal unter 0° während des ganzen Monates. Sonnige Nachmittag gab es trotzdem nur achtmal.» (GCh-1962, S. 6)

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 6 [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Montag, 2. Januar 2012

Schneedruck zu gross: Stromunterbruch für 13 Stunden

Vor 50 Jahren hatte der Winter für die Weiacher eine dicke Überraschung bereit. Und das gleich ganz zu Anfang des Jahres, wie Chronist Walter Zollinger berichtet:

«Januar: Eine schöne Bescherung! - Vom 1. auf den 2. Januar fiel der Schnee in solcher Menge, wie seit Jahren nie mehr; ca. 40 cm tief liegt er schwer auf Dächern, Bäumen, Sträuchern, in Wiesen und Gärten. Allüberall vor den Haustüren und um die Ställe der Bauernhöfe wird geschaufelt und gewischt. Die Pfadschlitten auf den Haupt- und Dorfstrassen kommen kaum durch und an den Strassenrändern häufen sich die hohen Maden der weggestossenen Schneemengen zu richtigen Bergen. Da die Morgentemperaturen gleich auch vom 3.1. an unter 0° sanken, wurde die Landstrasse vereist und für den Verkehr äusserst gefährlich. So geriet auf der Glattfelderstrasse bereits deswegen ein Oeltankwagen in die Wiese und überschlug sich.

Unser Dorfelektriker und seine Hilfskräfte hatten alle Hände voll zu tun, weil durch das schwere Schneegewicht verschiedene Leitungen zerrissen und dadurch Stromunterbrüche und Kurzschlüsse entstanden. Das Dorf war "stromlos" von morgens 2 Uhr bis nachmittags 15 Uhr. Im Laufe der nächsten Tage zeigte sich auch immer mehr, dass nicht nur zahlreiche Obstbäume, sondern vor allem die Waldbestände arg unter dem Schneedruck gelitten hatten. "In unserm Gemeindewald muss kein Holz mehr geschlagen werden diesen Winter", meint der Gemeindeförster nach einem ersten Ueberblick, "es liegt schon genug am Boden und hat gar Dutzende von zerbrochenen Stämmen". Und tatsächlich, wenn man durch unsern Wald schreitet, sieht es bitterbös aus: überall die Wege versperrt durch umgestürzte Stämme oder einem Gewirr von Aesten und Zweigen.
» (G-Ch 1962, S. 5)

Obige Beschreibung zusammen mit der bildlichen Impression Zollingers aus dem winterlichen Weiacher Wald lässt bereits vermuten, dass sich der Jahresanfang nicht nur unmittelbar auf das Stromnetz sondern etwas später auch auf die Gemeindefinanzen ausgewirkt hat:

«Der Schneedruck vom 2. Januar hat natürlich bewirkt, dass in den Waldungen viel höhere Mengen an Holz, vor allem Brennholz, anfallen als normal geschlagen worden wäre. Das brachte einen übermässig grossen Einnahmenüberschuss von Fr. 140'000.-, gegenüber dem Vorjahr rd. 80'000.- mehr. Dazu erbrachten auch die Grundsteuern nochmals eine Einnahme von Fr. 160'000.- rund. So wurde es dem polit. Gemeindegut möglich, sämtliche Ausgaben des A.O.V. zu decken und erst noch eine Einlage von Fr. 49'000.- in den Forstreservefonds zu machen.» (G-Ch 1962, S. 11-12)

Damit hatte der kurzzeitige Schneesegen doch noch einen positiven Effekt - wenn auch einen gänzlich ungeplanten.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 5-6 sowie 11-12. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]