Donnerstag, 31. Oktober 2019

Der Briefträger des Oberstkorpskommandanten

Zum 14. Geburtstag des WeiachBlog (vgl. Nr. 1) eine kleine Anekdote aus den Erinnerungen unseres Dorfkünstlers Hans Rutschmann-Griesser. Er war bekanntlich über Jahrzehnte hinweg als Briefträger in Bülach tätig - und deshalb passt es auch perfekt, dass er seit den 50er-Jahren an der Alten Poststrasse 4 in Weiach wohnt.

Als Briefträger war Hans für das Quartier Niederflachs zuständig, das zwischen der Kaserne und der Bülacher Altstadt liegt. Schon Ende der 60er-Jahre gab es da viele Wohnblöcke, in denen vornehmlich Arbeiterfamilien lebten. Die Väter verdienten in der Glasindustrie, bei Sulzer, Landert Motoren, etc. den Lebensunterhalt.

Hans erzählte dem Redaktor des WeiachBlog, er habe letzthin von «Oberstkorpskommandant» Aldo Schellenberg gelesen. Und sich erinnert, dass in seinem Zustellbereich auch die Familie Schellenberg-Forlin (Nachname der Ehefrau nach Gehör notiert) gewohnt habe.

Einmal habe er einen eingeschriebenen Brief abgeben müssen. Mutter Schellenberg habe diesen gleich vor ihm aufgerissen und gelesen. Dabei sei sie in Tränen ausgebrochen. Tränen der Freude:  «Aldo hat die Aufnahmeprüfung in die Kantonsschule bestanden!». Ja, und jetzt sei aus dem Arbeiterbub Aldo ein Oberstkorpskommandant geworden.

Gradkenntnisse aus der RS bleiben im Gedächtnis

Von der seit 1977 veralteten Bezeichnung «Oberstkorpskommandant» ist unser mittlerweile 91-jähriger Mitbürger nicht abzubringen. Die ist fest im Gedächtnis verankert. Gelernt ist gelernt. Denn wahrscheinlich hat die Schweizer Armee ihren Rekruten schon in den Nachkriegsjahren als erste Lektion Gradkenntnisse und militärisches Grüssen beigebracht. Wie das noch heute am ersten Tag der RS der Fall ist.


Dass es sich bei diesem Buben aus dem Quartier Niederflachs tatsächlich um Korpskommandant Aldo C. Schellenberg, Chef Kommando Operationen und Stellvertreter des Chefs der Schweizer Armee (Bild: vtg.admin.ch) handelt, legt die Formulierung «Schellenberg besuchte die Schulen in Bülach, zuletzt die Kantonsschule Zürcher Unterland, die er 1979 mit der Matura Typus C abschloss» im Wikipedia-Artikel zu seiner Person nahe. Der Wikipedia-Autor mit dem Pseudonym «=» verweist in der Quellenangabe zu seinem Eintrag auf den Lebenslauf in Schellenbergs Dissertation von 1991.

Fazit: in unserem Land ist die soziale Durchlässigkeit von unten nach ganz oben Realität. Ein Arbeitersohn kann es via Studium, Doktorat und Generalstabskarriere bis in die oberste Armeespitze schaffen, vgl. das Curriculum Vitae Schellenbergs.

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