«Sonntags den 3. Okt. 1847» fanden sich einige im Bereich der Landwirtschaft des Kantons Zürich führende Köpfe im Löwen zu Regensberg ein.
Dort, am Eingang zum Städtchen und dem Kulminationspunkt der Strasse von Sünikon über den Regensberger wieder hinunter nach Dielsdorf, hielt die «landwirthschaftliche Sektion» des «Vereines für Landwirthschaft und Gartenbau im Kanton Zürich» eine Versammlung ab.
Wenige Tage später, im November 1847, folgten die militärischen Auseinandersetzungen des Sonderbundskriegs zwischen den katholischen Kantonen der Innerschweiz samt Fribourg und Wallis gegen alle übrigen Kantone. Die Niederlage des Sonderbunds führte 1848 zur Gründung des Bundesstaats.
Dank Vereinszeitschrift erhalten geblieben
In der Schweizerischen Zeitschrift für Landwirthschaft, dem Organ obgenannten Vereins, erschien im Januar 1848, unbeeindruckt von diesen Wirren, ein Bericht über das auf dem Lägernsporn Besprochene.
In Regensberg hatte sich Johannes Baumgartner, einer der einflussreichsten Weiacher des 19. Jahrhunderts, zur Bewirtschaftung der Wässerwiesen in seiner Gemeinde geäussert. Seine Ausführungen sind uns in Form des folgenden Berichts überliefert (daher auch in indirekter Rede verfasst):
«In Weiach bestehen Wässerungs-Einrichtungen aus zwei Bächen, wovon die eine nur in ganz trockenen Zeiten Vortheil gewähre, sonst aber sowohl auf die Quantität als Qualität nur nachtheilig einwirke und daher nicht zu empfehlen sei; dagegen seien etwa 100 Mannwerk Wiesen unterhalb dem Dorfe, welche eine leichte Halde bilden, in diesen zeige sich die Wässerung zu jeder Zeit vortheilhaft, weil das Wasser mitten durch das Dorf fließe und sich sowohl das Brunnenwasser als viel Abfluß aus den Miststätten damit vereinige; das Wasser erzeuge zwar sogenannte Bangen, allein dessen ungeachtet werde die Wässerung fortgesetzt und wo der Boden eine Unterlage von Kies habe, so zeige sich die Wässerung auch als sehr vortheilhaft, während in Lagen wo dieses nicht der Fall, die Wässerung nur schade; es gebe namentlich Wiesenbesitzer, welche darauf keine Rücksicht nehmen und daher mehr als Nutzen hätten. Die bestehende Wässerung sei geregelt; von Martini bis April könne zwar jeder Besitzer wässern wie er wolle, dann aber trete Kehrordnung ein, und zwar so, daß ein Mannwerk Wiesen den ganzen Bach eine Stunde zu benutzen habe; Verbesserungen in den Einrichtungen noch viele möglich, ohne daß jedoch dazu ein Rieselmeister nöthig sei.» (Auszug aus: Schweiz. Z. Landw., Jan. 1848, S. 17-18.)
Wiesenthal? Welche Fläche umfassten die 100 Mannwerk Wiesen?
Mit den zwei Bächen sind, das ist klar, der Sagibach und der Mülibach gemeint.
Was Baumgartner unter derjenigen Wässerungseinrichtung verstanden hat, die nur in ganz trockenen Zeiten von Vorteil sei, darüber können wir nur mutmassen. Ist damit derjenige Arm des Dorfbachs gemeint, der nach der Unterquerung der Glattfelderstrasse (vgl. Ausschnitt aus der Wild-Karte oben) geradeaus weiterlief, nach rund 150 Metern nach Norden geleitet wurde und schliesslich nahe dem Gebiet Leebern in den Äckern versickerte?
Eher nicht. Gemeint sind vielleicht Gebiete oberhalb des Ortskerns («hinter dem Dorf»), für welche die Wässerordnung von 1828 spezielle Vorschriften erliess, die von denen für Gebiete «unter dem Dorf» (also im Wiesenthal) verschieden waren (vgl. Brandenberger, U.: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes, S. 59).
Was wir heute als Wiesenthal verstehen, ist auf der Wildkarte wie ein Sumpf dargestellt, in den das Wasser von Südosten her hinein und nach Nordosten wieder aus ihm hinaus fliesse. In Tat und Wahrheit waren das aber wohl auch Wässerwiesen.
Das Problem: diese Signatur ist wesentlich kleiner, als die angegebenen 100 Mannwerk. Das war ein anderer Begriff für die Jucharte, die mit dem interkantonalen Konkordat über eine gemeinsame schweizerische Mass- und Gewichtsordnung ab 1838 auf 36 Aren festgelegt worden war. Es geht hier also um ein Gebiet von rund 36 Hektar. Und was das bedeutet, zeigt die nachstehende Karte:
Diese andere Wässerungseinrichtung, die von Baumgartner ausführlicher beschrieben wurde, muss also sämtliche Flächen umfasst haben, die nach den topografischen Verhältnissen von den beiden zum Dorfbach vereinigten Bächen bewässert werden können. Denn nimmt man nur einen Arm an (nämlich den an obgenannter Stelle nach links abzweigenden), dann kommt man nie und nimmer auf 36 Hektaren, nur auf rund die Hälfte.
Die genannte Wiesenlandschaft muss also wesentlich umfangreicher gewesen sein, als das, was wir heute als Wiesental bezeichnen würden und in dem Gebiet finden, das vom Dorfbach, der Bahnlinie, dem Rhihofweg und der Hauptstrasse Koblenz-Winterthur begrenzt wird (rund 5.7 ha).
Bezirksrichter Johannes Baumgartner
Nun noch zur Frage, wer dieser Johannes Baumgartner war. Es handelt sich um den Namensgeber der sog. Amtsrichters-Zweige der Baumgartner zu Weiach (Oberdorfstr. 2 & Büelstr. 20):
Geboren 1786, Gemeindammann (d. h. Gemeindepräsident) von 1816 bis 1828; Amtsrichter seit 11. März 1828, Umbenennung zu Bezirksrichter (aufgrund der Staatsumwälzung von 1831), Rücktritt 1852 (StAZH MM 2.117 RRB 1852/1168); Mitglied des Grossen Rates (d. h. Kantonsrat) vom 18. Dezember 1830 bis 29. September 1832. URL: https://www.wahlen.zh.ch/krdaten_staatsarchiv/abfrage.php?id=15269.
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