Montag, 3. Juni 2024

Out of Rottweil: der Weiacher «Stuhl für Hochwassergeschädigte»

Der grosse Regen der letzten Tage hat einstweilen aufgehört und die Pegelstände am Zürcher Rhein gehen wieder zurück. Auch die Website naturgefahren.ch des Bundes sieht an diesem Flussabschnitt nicht mehr orange (erhebliche Gefahr, Stufe 3), sondern nur noch gelb (mässige Gefahr, Stufe 2). 

Der knietief überschwemmte Feuerstellenplatz an der Mündung des Weiacher Dorfbaches wird somit wohl bald wieder trockenen Fusses begehbar sein. Für Bilder der diesjährigen Überflutung siehe den Beitrag von Thomas Rüeger vom 1. Juni auf «Du bisch vo Weiach, wenn...». In einem Kommentar zu diesem Beitrag habe ich den sog. Hochwasserstuhl erwähnt. Ob der auch nasse Füsse bekommen hat? Wahrscheinlich nicht.

Skulpturenweg.de

Mit Kaiserstuhl hat dieser Stuhl für Hochwassergeschädigte, wie ihn sein Erschaffer benannt hat, insofern etwas zu tun, als die Initianten des grenzüberschreitenden Skulpturenwegs «Übers Wasser - übers Land» auch zu grossen Teilen aus dem Städtchen stammen.

Das Kunstwerk ist wenige Meter rheinaufwärts von der eben erwähnten Dorfbachmündung entfernt aufgestellt worden. Und befindet sich dort seit bald 25 Jahren (auf dem Plänchen unten bei der Ziffer 9, bzw. etliche Meter westlich von ihrer Platzierung).


Der sechs Meter hohe Stuhl aus massivem Stahl, mit einer schiefen Sitzfläche versehen, ist im direkten Zusammenhang mit einer anderen Überschwemmung entstanden, nämlich der vom Mai 1999.

Nicht der einzige Stuhl aus der Werkstatt dieses Künstlers

Jürgen Knubben (*1955) aus der süddeutschen Stadt Rottweil (einst ein Zugewandter Ort der Alten Eidgenossenschaft) hat sein Opus 170 unter dem Eindruck der noch sichtbaren Schäden dieses Hochwassers konzipiert und es als Teil des Skulpturenwegs beigesteuert. Er schreibt zum genius loci:

«Widersprüchlichkeit einer Landschaft: Flussidylle und Fluglärm. Und überall Spuren und Reste des Hochwassers vom Mai 1999. Welche Kraft kann der Wasserlauf bei einem Naturereignis entwickeln?

Wie sehr sind die Menschen in der Nähe des Flusses bedroht? Ein Stuhl, der hoch und stabil genug ist, kann Abhilfe schaffen. Übersicht garantieren. Leben retten.

Der hohe Stuhl: Ein Hochsitz, wie er vielfach zu sehen ist in den Wäldern rundum. Ein Hochsitz, um die im Fluss Badenden im Auge zu behalten. Der Stuhl ist überdimensioniert. Roh, massiv, archaisch. Die Sitzfläche fällt schräg ab. Hier sitzt es sich unsicher, gefährlich. Übersicht und Beherrschung sind ausgeschlossen.

Vielleicht gibt es gar keine Möglichkeit, sich den Gefahren des Flusses, des Lebens gänzlich zu entziehen.»

Quelle: https://www.skulpturenweg.de/sknubben.html

Weitere Stühle ähnlicher Bauart aus der Werkstatt des Herrn Knubben, gefertigt aus Cortenstahl und mit einer höchst unkonventionell-unbequemen «Sitzfläche», kann man in den baden-württembergischen Orten Balingen (Zollernalbkreis) und Erbach (Alb-Donau-Kreis) besichtigen. 

In Balingen stand der sogenannte Stuhl V (Opus 245) sogar zuerst mitten im Flüsschen Eyach (!) bis er von einem Hochwasser weggespült wurde und nun am NeckarAlbKunstweg platziert ist. Interessante Ähnlichkeit von Eyach zu Weyach, finden Sie nicht auch?

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