Sonntag, 22. Januar 2006

500 Jahre frömbd usslendisch reisen

Der letzte Rest des über Jahrhunderte erfolgreichsten Schweizer Exportartikels feiert heute offiziell den 500. Geburtstag: die Guardia Svizzera Pontificia oder zu deutsch die Päpstliche Schweizergarde.

Die letzte legale Schweizer Söldnertruppe

Laut offizieller Verlautbarung ging die Gründung folgendermassen vor sich:
«Mit der Bulle vom 21. Juni 1505 teilte Papst Julius II. den Schweizer Staaten der Confoederatis Superioris Alemanniae mit, dass er den Kanoniker Peter von Hertenstein beauftragt habe, eine Kompanie Schweizer Soldaten unter ihrem Hauptmann Kaspar von Silenen pro custodia palatii nostri (zum Schutze unserer Paläste) nach Rom zu führen. Nachdem sie die Alpen überquert und die Lombardei und die Toskana durchschritten hatten, trafen von Silenen und die 150 Söldner am Nachmittag des 22. Januar 1506 an der Porta del Popolo in Rom ein. Bei St. Peter vom Papst gesegnet traten sie an jenem selben Tag ihren Dienst im Apostolischen Palast an. Dies war die Geburtsstunde der Päpstlichen Schweizergarde.» (nach: “La Guardia Svizzera Pontificia, nel Corso dei Secoli” von Wachtmeister Christian Richard, zitiert nach der Medienmitteilung vom 22. Januar 2006)

Artikel 94 des Schweizerischen Militärstrafgesetzbuchs verbietet seit 1927 fremde Kriegsdienste unter dem Titel "Schwächung der Wehrkraft". Das Gesetz erlaubt fremden Militärdienst nur noch im nationalen Interesse (z.B. für die Ausbildung bei fremden Armeen), sowie aus traditionellen oder anderen mit dem Neutralitätsgedanken vereinbaren Gründen.
Der Tradition trug die offizielle Schweiz 1929 mit der Ausnahme für die Päpstliche Schweizergarde Rechnung. Der Bundesrat entschied, die Garde habe nicht in erster Linie einen Staat zu verteidigen, sondern eine Person zu schützen, die als Oberhaupt der Römisch-katholischen Kirche über den politischen Grenzen stehe. (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 29)

Nach welcher Zeitrechnung?

Es ist mir leider nicht bekannt, nach welcher Zeitrechnung dieses Jubiläums-Datum festgestellt wird. Der 22. Januar 1506 nach Julianischem Kalender würde sich nämlich erst in etwa 13 Tagen zum fünfhundertsten Mal jähren. Und damals galt dieser Kalender noch, die Historiker sprechen heute von stilus vetus. Erst 1582 liess Papst Gregor XIII. die Zeitrechnung auf den später nach ihm benannten Gregorianischen Kalender umstellen (stilus novus). Zwei Jahre später folgten die meisten katholischen Orte der Eidgenossenschaft, erst nach 1700 die protestantischen.

Exportartikel Nr. 1: Söldner

Anfangs des 16. Jahrhunderts waren die Eidgenossen eine militärische Grossmacht. Fast alle Fürsten Europas bemühten sich, Schweizer Söldner unter Vertrag zu nehmen, denn die Eidgenossen hatten ihre Kampfkraft im 15. Jahrhundert mehrmals unter Beweis gestellt. Der französische Dauphin erhielt 1444 bei St. Jakob an der Birs einen ersten Vorgeschmack als sie zwar bis zum letzten Mann aufgerieben wurden, jedoch sein stolzes Heer dezimierten. Endgültig zu europäischem Ruhm gelangten die wilden Schweizer durch die spektakulären Siege gegen Karl den Kühnen.

In den ersten Jahren auch Zürcher dabei

Was das alles mit Weiach zu tun hat? Es stimmt, dass Zürich jahrhundertelang eine Hochburg des Protestantismus war. Nach 1525 haben Zürcher Untertanen nur noch ohne Bewilligung ihrer Obrigkeit in den Diensten des Papstes gestanden.

In den ersten Jahren der Garde aber werden etliche Zürcher Unterländer nach Rom gezogen sein. Wie einer vierseitigen Geschichte der Garde auf der Jubiläums-Website (http://www.500jahreschweizergarde.ch/) zu entnehmen ist, «unterbreitete der Luzerner Prälat Peter von Hertenstein der Eidgenössischen Tagsatzung das päpstliche Gesuch vom 21. Juni 1505 um eine Garde von 200 Fussknechten. Die Anwerbung begann Ende Oktober 1505 vor allem in den Hoheitsgebieten Luzerns und Zürichs».

Einige dieser Gardisten haben wohl auch für den Papst das Leben gelassen: «Die Blutprobe folgte auf tragische Weise bei der Plünderung Roms vom 6. Mai 1527 (Sacco di Roma). Es fielen 147 Schweizer bei der Verteidigung von Papst Klemens VII, darunter zahlreiche Söhne der bereits «reformierten» Zwinglistadt Zürich».

Den Bloggerkollegen Christa und Peter Pan danke ich für's Zuspiel. In ihren Artikeln 500. Jahrestag bzw. Vatikan - 500 Jahre Schweizer Garde finden sich Bilder, Details und Links zur heutigen Feierstunde.

Wer sich in die Geschichte der Fremden Kriegsdienste aus Zürcher Unterländer Sicht vertiefen möchte oder mehr darüber erfahren will, wie es zum Verbot fremder Dienste kam, dem seien die beiden anschliessend zitierten Artikel aus der Reihe Weiacher Geschichte(n) zur Lektüre empfohlen.

Quellen

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Kollege..
gern geschehen! Ebenso vielen Herzlichen Dank für die Referenz auf mich!
Frohes Bloggen
PeterPan

Wiachiana-Verlag hat gesagt…

Gemäss einem deutschen Romwallfahrt-Heft starben am 6. Mai 1527 bei der Deckung des Rückzugs von Papst Klemens VII. in die Engelsburg mehr als drei Viertel der damaligen Mannschaft der Garde (147 von 189 Mann).

Quelle: Päpstliche Schweizergarde. In der traditionellen Renaissance-Uniform steckt ein junger, modern und gut ausgebildeter Schweizer. In: Rom 2006. Gruppenleiterheft zur Romwallfahrt. Ministrantinnen und Ministranten des Bistums Mainz - S. 12.