Donnerstag, 7. September 2006

Aus Unterstrass kamen 804 Glocken

Von den Glocken, die seit 1843 im Dachreiter der Kirche zu Weiach hängen, war auf WeiachBlog schon mehrmals die Rede. Vor allem im Monat Mai.

So unter den Titeln Musterhafte Langlebigkeit: Kirchenglocken (2. Mai), Den Nobelpreisträger im Glockenturm? (6. Mai) und Aktenzeichen «Glockensprüche 1843» ungelöst (7. Mai), sowie Kirchen im Dutzend (19. Mai 2006).

Mittlerweile ist die Frage nach den Glockensprüchen gelöst, der Turm erfolgreich erstiegen (ganz profan über die Innentreppe). Die Fotos für die bald erscheinende Publikation zum 300-jährigen Jubiläum der Kirche sind geschossen und verarbeitet. Nur die Frage nach dem Schicksal der Wiege unserer Glocken war noch offen.

Vom Sulzer-Mitarbeiter zum Unternehmer

Was ist mit der Glockengiesserei Keller in Unterstrass passiert? Aufgekauft? Eingegangen? Was, wer, wann, wo?

Auch hier hat sich das Buch von Pfarrer Gotthard Schmid aus dem Jahre 1954 als unerschöpfliche Fundgrube erwiesen:

«Im 19. Jahrhundert kamen eine große Zahl von Glocken zürcherischer Kirchen aus der Glockengießerei Keller in Unterstraß. Im Jahre 1832 hatte hier im Gut «Zu den drei Wiedstöcken» Jakob Keller von Andelfingen (1793-1867) seinen Betrieb eröffnet. Ursprünglich Mechaniker bei J. Sulzer in Winterthur, war Keller 1817 bei der Maschinenfabrik Hans Kaspar Escher zur Neumühle in Zürich in Arbeit getreten und hatte hier, nachdem er vorher in Bern sich die entsprechenden Kenntnisse erworben, seine erste Glocke gegossen. Nach Überwindung von mancherlei Schwierigkeiten nahm die Gießerei einen beachtlichen Aufschwung. Der Sohn J. Heinrich Keller (1827-1894) führte die Glockengießerei weiter. Im Laufe der Jahrzehnte verließen 804 Glocken die Untersträßler Gießhütte. Zu den Kellerschen Geläuten gehören unter anderen die Geläute des Großmünsters, des Fraumünsters und der Kirche zu St. Peter in Zürich. Eines der letzten war das Geläute der Kirche Enge 1893. Mit dem Tode von Kellers Sohn stellte die Glockengießerei Unterstraß ihren Betrieb ein.»

Was für ein Vermächtnis. Zehntausende hören das Lebenswerk der beiden Glockengiesser noch heute. Tag für Tag beim Glockenschlag.

Quellen
  • Schmid, G.: Die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Eine Kirchenkunde für unsere Gemeindeglieder. Zürich, 1954 – S. 164.

Nachtrag 2015

Die Frage nach den Glockensprüchen beantwortet der Artikel vom 22. Juni 2015: Was auf den Weiacher Glocken wirklich draufsteht.

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