Heute vor 50 Jahren, einem Montag, berichteten Zeitungen quer durch die Schweiz über einen Grossbrand mitten im Dorfkern von Weiach, der sich am vorangegangenen Samstag ereignet hatte:
Wohnhausbrand in Weiach
«sda . Ein älteres Wohnhaus mit ehemaligem Oekonomiegebäude ist am Samstag abend im Dorfkern von Weiach ausgebrannt, wobei ein Schaden von 250 000 Franken entstand. In einer Werkstatt im einstigen Stall reparierte ein jüngerer Mann sein Motorrad mit offener Flamme neben einem mit Butangas betriebenen Strahler. Beim Montieren des Tanks, der teilweise noch mit Benzin gefüllt war, floss ein Teil des Brennstoffs auf den Werkstattboden und entzündete sich explosionsartig.»
Was sich hier primär entzündet haben dürfte, ist wohl nicht die Flüssigkeit am Boden, es waren eher die Benzindämpfe. Und die einzige Chance, diesen Brand noch löschen zu können, wäre ein griffbereiter Pulverlöscher gewesen.
Einen wortgleichen Beitrag findet man in der zweimal wöchentlich erscheinenden Zeitung Der Murtenbieter vom 12. Dezember 1973.
Zürcher Zeitungen berichten über den Einsatz der Feuerwehren
Schaut man sich die in der Stadt Zürich erscheinenden Publikationen an, dann stellt man fest, dass sie den Einsatz der Feuerwehren von Weiach, Glattfelden, Kaiserstuhl und Hohentengen lobenswert erwähnen. Nur ihrem Einsatz sei es zu verdanken, dass die Nachbarhäuser gerettet werden konnten:
Neue Zürcher Nachrichten, 10. Dezember 1973
Auch ein Redaktor der Neuen Zürcher Zeitung verfasste, wohl basierend auf denselben Nachrichtenagentur-Texten, die auch die Konkurrenz von der NZN vorliegen hatte, für die Rubrik Unfälle und Verbrechen einen Kurzbeitrag, überschrieben mit dem weniger dramatischen Titel «Brand in Weiach»:
«Weiach, 8. Dez. fro. Am Samstag abend ist in Weiach bei Kaiserstuhl ein altes Bauernhaus im Dorfkern niedergebrannt. Ein Mechaniker, der die ehemalige Scheune als Werkstatt benutzt hatte, reparierte dort sein Motorrad. Als Heizung diente ihm ein Butangasstrahler mit offener Flamme, den er neben seinem Motorrad aufgestellt hatte. Bei der Montage des Benzintanks floß etwas Treibstoff auf den Boden und entzündete sich explosionsartig. Das Feuer breitete sich schlagartig aus und griff auf das ganze Gebäude über. Die Feuerwehren von Weiach, Glattfelden, Kaiserstuhl und das unaufgefordert angerückte Pikett aus dem deutschen Hohentengen konnten verhindern, daß der Brand sich auf die teilweise angebauten Nachbarliegenschaften des Bauernhauses ausweitete. Der Schaden beläuft sich auf rund eine Viertelmillion Franken.» (NZZ, Nr. 573, 10. Dezember 1973)
Einen aufschlussreichen Hinweis brachte die Zeitung Die Tat (einst von Migros-Übervater Gottlieb Duttweiler gegründet). Unter der Überschrift «Der Polizeireporter meldet» schreibt das Blatt:
Scheune in Brand gesteckt
«Als am Samstag um 18.30 Uhr ein Mechaniker in einem Oekonomiegebäude im Dorfkern von Weiach sein Motorrad reparieren wollte, benutzte er einen Butangasstrahler. Im Tank des Motorrades befand sich jedoch noch Benzin, das bei der Arbeit teilweise ausfloss und mit dem Strahler in Berührung kam. Sofort breitete sich explosionsartig ein Brand aus und innert wenigen Minuten stand das Oekonomiegebäude lichterloh in Flammen. Der Mechaniker unternahm noch einen untauglichen Versuch mit Wasser, um die Flammen einzudämmen. Dabei erlitt er erhebliche Brandwunden. Die Feuerwehren von Weiach und Glattfelden konnten ein Uebergreifen des Brandes auf die angebauten Häuser verhindern. Zu Hilfe kam freiwillig noch das Pikett von Hohentengen von ennet dem Rhein, da der Brand weithin sichtbar war. Das Oekonomiegebäude wurde vollständig eingeäschert. Der Gesamtschaden wird auf 250 000 Franken geschätzt.»
Benzinbrand mit Wasser löschen? Sehr schlechte Idee!
Dieser Hinweis auf den Löschversuch ist besonders wertvoll. Dass der Versuch, den entstandenen Brand mit Wasser zu löschen, eine verheerende Wirkung haben musste, kann nicht verwundern. Denn: Brennendes Benzin kann man mit Wasser nicht löschen, es schwimmt auf ihm auf und verbreitet sich nur noch schneller! Das kann man einem Lehrvideo aus dem Chemiezimmer entnehmen, besonders eindrücklich aber einem Video einer deutschen Feuerwehr!
Am geeignetsten wäre hier wohl ein Pulverfeuerlöscher gewesen. Denn dieser kann für die Brandklassen A (Feste, glutbildende Stoffe, z.B. Holz, Textilien), B (Flüssig oder flüssig werdende Stoffe, z.B. Benzin, Öle) sowie C (Gasförmige, auch unter Druck stehende Stoffe, z.B. Propan od. Butan) zum Einsatz gebracht werden. Wäre ein solcher Löscher sofort zur Hand gewesen, dann würde das Gebäude wohl noch stehen.
Was der Tat-Redaktor in seinem Beitrag allerdings völlig unterschlagen hat, ist der Umstand, dass es sich um ein altes Bauernhaus mit Oekonomieteil gehandelt hat.
Betroffen: der Standort Oberdorfstrasse 3/5
Alteingesessene Weycherinnen und Weycher wissen natürlich noch, wessen Haus an diesem 8. Dezember vor einem halben Jahrhundert den Flammen (und dem Löschwasser) zum Opfer gefallen ist: ein bereits 1834 bestehendes typisches Riegelhaus mit Scheune und Stall und den üblichen Anbauten, beispielsweise für die Schweine.
Das Gebäude wurde 1851 durch den Schmied Jakob Meierhofer übernommen und wurde danach sechs Jahrzehnte hinweg als Schmiede genutzt. 1890, so notiert das Lagerbuch der kantonalen Gebäudeversicherung, ist in diesem Bauensemble mit der Nummer 41 beispielsweise eine Feueresse mit Blasbalg separat versichert. 1895 erhielt das Haus neu die Nummer 60, ist aber sonst mit derselben Ortsbezeichnung «Oberdorf» eingetragen. Ein Wohnhaus mit Schmiede also, deren Betrieb zwischen 1906 und 1914 aufgegeben wurde. Danach steht die Liegenschaft nur noch als Wohnhaus mit Scheune und Stall in den Büchern.
Feuerwehrtechnisches vom Kommandanten
Davon, dass selbst die Hohentengemer Feuerwehr zu Hilfe kam, ist weiter oben bereits berichtet worden. Die wurde allerdings nicht aufgrund von Sirenenlärm aufmerksam.
Laut Otto Meier, alt Feuerwehrkommandant, musste bei diesem Brand noch mittels Feuerhörnli und Sturmläuten der Kirchenglocken alarmiert werden (die Sirene auf dem Dach des Mehrzweckgebäudes Hofwies gab es erst ab 1976). Auch Meier erwähnt die Hilfe von der deutschen Seite und erinnert sich, dass sie viel Wasser ins Haus gespritzt hätten, was mit zum Totalschaden des Wohnteils beigetragen hat.
Der ominöse Mähdrescher
Seit 2003 ist in den erweiterten Neuauflagen des blauen Büchleins von Zollinger die folgende Passage enthalten (Weiach - Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes, 6. Aufl., Ausgabe Dezember 2022 - S. 70):
«Am 8. Dezember 1973 geriet das alte Bauernhaus der Familie Suter im unteren Oberdorf durch Arbeiten in der im Haus eingerichteten privaten Töffliwerkstatt in Brand. In der Scheune verbrannte auch ein Mähdrescher. Der Wohnteil konnte zwar gerettet werden, ertrank aber im Löschwasser, weshalb ein Neubau erstellt wurde (Oberdorfstrasse 3+5).»
Um was für eine Maschine es sich bei diesem Mähdrescher tatsächlich gehandelt hat, wäre noch zu eruieren.
Brandplatz nach zweieinhalb Jahren
Die Experten, die im Auftrag des Bundes die Feldaufnahmen für das Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS) gemacht haben, stellten bei ihrer Begehung vom 1. Juli 1976 fest, dass da ein auf dem Plan noch vorhandenes Gebäude in der realen Welt verschwunden war. An seiner Stelle nur noch eine Schuttfläche (s. links unten; im Hintergrund die Liegenschaft Oberdorfstrasse 7, der alte Sternen):
(ISOS 5762, Foto 28. -- Nationalbibliothek, Graphische Sammlung,
Signatur: EAD-ISOS-ZH-4_2_10)
Signatur: EAD-ISOS-ZH-4_2_10)
Ausschnitt aus dem Plan, der den ISOS-Experten vorlag. Oben links das Pfarrhaus, unterhalb der Mitte rechts die Liegenschaft Oberdorfstrasse 7
Ob das heute auf den Parzellen 264 und 265 stehende, mit Baujahr 1977 bei der Gebäudeversicherung eingetragene Doppelhaus Oberdorfstrasse 3/5 eher als angepasst gegolten hätte oder doch eher nicht, sei hier dahingestellt.
[Veröffentlicht am 11. Dezember 2023 um 01:11 MEZ]
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