Heute vor 150 Jahren hat die Gemeinde Weiach eine Wertholzversteigerung durchgeführt. Holzhändler, Möbelschreiner und Sägereien sind bis heute Abnehmer, wenn es um solch hochpreisiges Stammholz geht. Und für gute Qualität werden zuweilen astronomisch hoch anmutende Preise bezahlt.
Damals waren auch noch die Einkäufer von Eisenbahngesellschaften im Bieterwettbewerb mit dabei. Denn sie brauchten für Neubaustrecken Eichenschwellen in sehr grossen Mengen (wie die gerade im zu Ende gehenden Jahr 1873 quer durchs Gemeindegebiet gebaute und 1876 eröffnete Linie; vgl. WeiachBlog Nr. 1651). Die Nachfrage war also da. Und das Wort Eiche geeignet, die Leute zu elektrisieren.
Eine überaus wichtige Einnahmequelle
Die «Eichengant Weiach» im gemeindeeigenen Hardwald stellte deshalb für die Gemeindekasse eine wichtige und lukrative Einnahmequelle dar. Da lohnte sich ein Inserat in der Neuen Zürcher Zeitung vom 27. Dezember allemal:
«Die Gemeinde Weiach bringt Montag den 29. Dezember nächsthin von Vormittags 10 Uhr an in ihrer Hardwaldung 60 Eichenstämme von 50 - 150 Kubikfuß auf öffentliche Gant, wozu freundschaftlich einladet Weiach, den 23. Dez. 1873 Der Gemeindrath.» (NZZ, 27.12.1873, Ausg. 02)
Ein Unterländer als Vizekanzler
Apropos Dauerhaftigkeit und Eisenbahn. Drei Tage später, am 30. Dezember 1873, druckte die NZZ die nachstehenden Gedenkworte an einen verstorbenen Bundesangestellten ab.
Der am 21. Dezember Dahingeschiedene, Johann Jakob Kern (1810-1873), bekleidete während zwei Jahrzehnten (laut Historischem Lexikon der Schweiz von 1852 bis 1872) das Amt eines Vizekanzlers der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Kern war ein gebürtiger Bülacher, verheiratet mit einer Otelfingerin, der Pfarrerstochter Esther Germann. Also ein waschechter Zürcher Unterländer, der vor seiner Zeit beim Bund nicht nur als Lehrer tätig war, sondern auch als Buchhalter der Königlich Württembergischen Eisenbahnwaggonfabrik in Stuttgart (mutmasslich die Maschinenfabrik Esslingen)!
Er wurde in diesen ersten, stürmischen Jahren des Bundesstaates (samt Säbelrasseln der Preussen, die der Schweiz 1856/57 wegen ihrer Haltung im Kampf um das Fürstentum Neuenburg ans Leder zu gehen drohten) zu so etwas wie einer «lebendigen Personalchronik des neuen Bundes», wie sich die von der NZZ zitierte «Grenzpost» ausdrückte.
Wenn «Bundesräthe, fremde Diplomaten, National- und Ständeräthe, Publizisten, sc.» eine Auskunft brauchten, dann standen sie rasch einmal in Kerns Arbeitszimmer im Rez-de-Chaussee des Bundesratshauses (heutiger Westflügel des Bundeshauses) «und brachten den guten Vice-Kanzler nicht selten zur Verzweiflung, wenn auf dem Pult ein Berg von Akten seiner Unterschrift harrte.»
Über seinen Tisch ging natürlich auch die Korrespondenz zwischen dem Bundesrat und der Geschäftsleitung der Schweizerischen Nordostbahn sowie weiteren Beteiligten (Kantone und Gemeinden), wenn es um den Bau obenerwähnter Linie zwischen Winterthur und Koblenz (und viele weitere Eisenbahnprojekte) ging.
Doch lesen Sie selber:
- Neue Zürcher Zeitung, 27. Dezember 1873, Zweites Blatt, Nr. 657, S. 4.
- Neue Zürcher Zeitung, 30. Dezember 1873, Erstes Blatt, Nr. 661, S. 1-2.
- Brandenberger, U.: Weisst Du, wieviel Eichen stehen... WeiachBlog Nr. 224, 16. Juni 2006.
- Brandenberger, U.: Eichen für das Gemeinwohl. WeiachBlog Nr. 446, 4. Mai 2007.
- Brandenberger, U.: Hard bedeutet Eichenwald. WeiachBlog Nr. 631, 8. August 2008.
- Althaus-lten, S.: Kern, Johann Jakob. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.10.2008. Konsultiert am 29.12.2023.
- Brandenberger, U.: Nicht den ganzen Eichenwald abgeholzt! WeiachBlog Nr. 1620, 3. Februar 2021
- Brandenberger, U.: Jakob Meyerhofer (13): «Ich freue mich sehr über die Eisenbahn.» WeiachBlog Nr. 1651, 13. Mai 2021.
- Brandenberger, U.: In eichene Eisenbahnschwellen investiert. WeiachBlog Nr. 1849, 2. August 2022.
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