«Bereits am 8.3. wurde der alte, wie man wähnte, abbruchreife Hausteil des Wilhelm Meier geb. 1888, da derselbe sich teilweise gelähmt im Altersheim Stadel befindet, durch die Armenpflege versteigert. Der Ersteigerer, ein Güterhändler aus Zürich, verkaufte den alten Riegelbau bald weiter. Nun ist mit dem 1. Juli der neue Besitzer, eine Familie Eugen Fauquex-Berto, Kunstmaler beim Zirkus Knie, eingezogen. Bereits hat eine fürchterliche Putzete und Userumete eingesetzt. Sie wollen den alten Bau nach Möglichkeit in seiner ursprünglichen Gestalt restaurieren. Einem spätern Bericht wird es vorbehalten sein, hierüber zu schreiben.» (G-Ch Weiach 1955, S. 14)
Entstehungsjahr noch unbekannt
Über diese Restaurierung und die bemalte Fassade verliert Zollinger leider in den folgenden Jahresbänden bis und mit 1966 kein Wort. Bislang ist nicht geklärt, in welchem Jahr der Hofgrafiker des Zirkus-Imperiums auf den Riegelfeldern seines Hauses der Nachwelt eine Bildergeschichte hinterlassen hat.
Eugen Ludwig Fauquex (1905-1987), der seinen ersten Vornamen später in Anlehnung an den Familiennamen in die welsche Form brachte, hat sein Wohnhaus auf einem 1968 entstandenen Entwurf für ein sogenanntes Fassaden-Panneau, das am Eingang des Kinder-Zoos in Rapperswil platziert werden sollte, als «Sunnehus» bezeichnet. Ein Name, der angesichts des südländisch-warmen Grundtons der strassenseitigen Fassade durchaus passend ist.
Ungewöhnliche Gestalten. Am und im Haus.
Dass die mit diesem Haus verbundenen Gestalten alles andere als gewöhnliche Zeitgenossen waren (bzw. für die gemalten Figuren: sind) kann als gesichert angenommen werden. Das beginnt spätestens beim Grümpel-Meier (vgl. WeiachBlog Nr. 2006), der seine handwerkliche Kreativität im Erdgeschoss des späteren Fauquex-Hauses zum Ausdruck gebracht hat. Und es hört beim Künstler und seinen Figuren nicht auf.
Auch seine Nachbarn, die Eheleute Stöckli, haben es in Weiach zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Denn sie hätten, so sagen es Unterlagen, die den aktuellen Eigentümern des Fauquex-Hauses vorliegen, darauf bestanden, dass ihnen die Mauer zwischen den beiden Hausteilen 25 und 27 allein gehöre. Und hätten gar verlangt, auch die Fauquex-Seite müsse ihnen jederzeit zugänglich sein!
Ganz aus der Luft gegriffen war diese Ansicht nicht, denn bis zur Errichtung des linken Hausteils (Assek.-Nr. 285), der dendrochronologisch auf 1812 datiert werden kann, dürfte die heutige Zwischenwand tatsächlich die nordwestliche Aussenmauer des 1647 erstellten Kerns gewesen sein (Assek.-Nr. 287 u. 288).
Dass die Stöcklis von dieser Forderung nicht abgehen wollten, geht allein schon aus einer bis heute bestehenden baulichen Massnahme hervor. Im Fauquex-Haus findet sich nämlich eine separat eingebaute Wand, die rund 20 cm Abstand von der alten Aussenmauer des 1647 erstellten Bauernhauses nimmt! Was macht man nicht alles dem nachbarlichen «Frieden» zuliebe... Aber so ganz liess Fauquex diese Angelegenheit nicht auf sich beruhen. Womit wir nun wieder bei der bemalten Fassade wären.
Künstlerische Rache
Laut den schon erwähnten Unterlagen trägt die von Fauquex gemalte wütende Person nämlich das Antlitz der Nachbarin, Frau Martha Stöckli. Die habe diesen Umstand sofort erkannt und den Künstler zur Rede gestellt, worauf dieser darauf verwies, dass es sich bei dieser Figur eindeutig um einen Mann handle, das sehe man doch!
Ob dieser männlich gelesenen Identitätszuschreibung (wie man das in unseren heutigen hyperwoken Zeiten nennen könnte) blieb wohl selbst der überaus streitbaren Frau Stöckli letztlich keine andere Wahl, als jahrelang die Faust im Sack zu machen.
Die bemalte Fassade war also sozusagen die Rache des Kunstmalers Fauquex für die wenig pflegliche Behandlung, die ihm und seiner Familie seitens der Stöcklis zugekommen war.
Quellen und Literatur
- Zollinger, W.: Chronik des Jahres 1955, Weiach 1957. Signatur: ZBZ Handschriftenabteilung G-Ch Weiach 1955 – S. 14.
- Hermann, I.: Die Bauernhauser des Kantons Zürich, Bd. 3: Zürcher Weinland, Unterland und Limmattal (= Die Bauernhäuser der Schweiz, Bd. 11). Basel 1997 – S.274-277.
- Brandenberger, U.: Der «Grümpel-Meier». Löter, Schirm- und Pfannenflicker. WeiachBlog Nr. 2006, 9. November 2023.
- Persönliches Gespräch mit Beatrixe Kilchenmann, 1. Dezember 2023.
- Crottet, R; Kerstan, A.; Zwyssig, Ph.: Der Bezirk Dielsdorf. Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Neue Ausgabe VII (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 146). Bern 2023 – S. 491 u. 530 (Anm-142).
- Brandenberger, U.: «Der Bezirk Dielsdorf». Rezension eines Weihnachtsgeschenks. WeiachBlog Nr. 2021, 26. Dezember 2023.
- Eugène (Eugen Ludwig) Fauquex. Eintrag in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz (Hrsg. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), Zürich/Lausanne; abgerufen am 27. Dezember 2023)
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