«Am 7. Dezember 2023 hat das kantonale Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Urnenabstimmung vom 18. Juni 2023 betreffend Bewilligung eines Kredits für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187» gutgeheissen und gleichzeitig aufgehoben.
Der Gemeinderat Weiach hat das Urteil analysiert und nach Rücksprache mit dem Rechtsvertreter beschlossen, das Urteil an das Bundesgericht weiterzuziehen.»
Diesen Text hat der Gemeinderat am 20. Dezember vergangenen Jahres auf die Website stellen lassen und damit eine Woche nach Erhalt des Verdikts aus Zürich angekündigt, die Stimmrechtsbeschwerde nach Lausanne weiterziehen zu wollen.
Gerichtsferien und damit Fristenstillstand?
Am letzten Donnerstag, 18. Januar, hat der Autor dieser Zeilen sozusagen Bauklötze gestaunt, als ihm der Gemeindeschreiber bei einem telefonischen Kontakt in einer anderen Angelegenheit auf Nachfrage mitteilte, die Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts sei beim Bundesgericht (BGer) noch nicht eingereicht worden. Und als Begründung «Gerichtsferien» anführte.
Diese würden tatsächlich einen Fristenstillstand bewirken. In unserem Fall wären die ersten vier Tage der Frist (gezählt ab dem Tag nach Erhalt des Urteils, d.h. dem 14. Dezember) noch ins alte Jahr, die restlichen 26 Tage hingegen ins neue Jahr gefallen.
ZPO oder BGG?
Nun ist es zwar in der Tat so, dass es beispielsweise laut der Schweizerischen Zivilprozessordnung drei gesetzlich festgelegte Fristenstillstandsperioden pro Jahr gibt: Eine Woche vor und nach Ostern, von Mitte Juli bis Mitte August und über Weihnachten und Neujahr, konkret «vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar» (Art. 145 Abs. 1 Bst. c ZPO).
Massgebend in diesem Fall ist aber das Bundesgerichtsgesetz (BGG), worauf das BGer selber auf seiner Website verlinkt. Konkret geht es um den 5. Abschnitt des 2. Kapitels:
Fristerstreckung nicht möglich
Gemäss Art. 46 Abs. 2 Bst. c BGG kommt in Stimmrechtssachen kein Fristenstillstand zur Anwendung. Das ist auch im Sinne der in solchen Verfahren gebotenen Beschleunigung verständlich. Und eine Fristerstreckung ist im Fall einer Stimmrechtsbeschwerde nicht möglich (Art. 47 Abs. 1 BGG).
Die Frist hat somit für den Gemeinderat Weiach am Tag nach dem Erhalt des Schreibens begonnen, d.h. am 14. Dezember 2023, spätestens aber am 15. Dezember (wenn das Schreiben erst am Tag der Medienmitteilung über das Urteil des Verwaltungsgerichts entgegengenommen worden sein sollte).
Frist verpasst?
Gäbe es den Fristenstillstand, dann würde der also vom 18.12. bis 2.1. laufen. Da aber auch Art. 46 Abs. 2 Bst. c BGG zu berücksichtigen ist, müsste die Frist am 12. Januar bzw. spätestens am 15. Januar (wegen Wochenende, vgl. Art. 45 Abs. 1 BGG) abgelaufen sein. Und nicht erst in Zukunft, d.h. am 29. Januar (auch hier wegen Wochenende).
Es kann natürlich sein, dass der WeiachBlog-Redaktor hier irrt. Er ist schliesslich juristischer Laie.
Sollten die obigen Darlegungen aber zutreffen, muss davon ausgegangen werden, dass die Gemeinde (oder ihr Anwalt) die Frist hat verstreichen lassen!
Gemeindeschreiber nicht auf dem Laufenden?
Es kann sein, dass Gemeindeschreiber Diethelm die Regelung im BGG nicht berücksichtigt hat und er nicht darüber informiert worden ist, dass der Rechtsvertreter die Beschwerde bereits fristgerecht in Lausanne deponiert hat.
Es kann auch sein, dass man im Gemeinderat kurzfristig und ohne Mitteilung an den Gemeindeschreiber (und die Öffentlichkeit) entschieden hat, das Urteil nun DOCH nicht weiterziehen zu wollen. Aus welchen Gründen auch immer.
Dann stellen sich aber grundsätzliche Fragen zur Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und Gemeindeschreiber. Und zur Öffentlichkeitsarbeit.
Hinweis: Gemeindepräsident Stefan Arnold wurde seitens WeiachBlog um eine Stellungnahme gebeten, die bis zum Veröffentlichungszeitpunkt noch nicht eingetroffen ist. Spätere Rückmeldungen werden nachstehend eingerückt.
Quellen
- Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Bundesgesetz über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) vom 17. Juni 2005 (2. Kapitel, 5. Abschnitt: Fristen; Stand am 1. Januar 2024).
- Urteil des Verwaltungsgerichts betreffend Bewilligung eines Kredits für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt "Zukunft8187". Medienmitteilung Gemeinderat Weiach i.S. Urteil Verwaltungsgericht, 14. Dezember 2023, 17:18 [PDF, 90 KB]
- Weiterzug des Urteils betreffend Bewilligung eines Kredits für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt "Zukunft8187". Medienmitteilung Gemeinderat Weiach, 20. Dezember 2023, 16:06 MEZ [PDF, 90 KB]
- Mündliche Mitteilung Gemeindeschreiber Diethelm an Redaktor WeiachBlog vom 18. Januar 2024.
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