Montag, 6. Februar 2006

Wie Silogeruch die Lust auf Milch verdarb

Der langjährige Weiacher Dorfschullehrer Walter Zollinger war ein scharfer Beobachter der Umgebung seiner Wirkungsstätte. In seinen Äusserungen nahm er manchmal kein Blatt vor den Mund. Das gilt auch für die von ihm verfassten Protokolle (s. z.B. hier, S. 178, als Aktuar der Schützengesellschaft).

In seinen Jahreschroniken über die Gemeinde äusserte er sich ebenso kritisch; manchmal nannte er die Verantwortlichen gar beim Namen.

Mehr Milch dank Silofütterung

Letzteres ist im nachfolgenden Ausschnitt aus der Chronik zum Jahr 1956 nicht der Fall; die Kritik ist trotzdem deutlich. Zollinger bespricht die neuesten Entwicklungen im Bereich Milchwirtschaft:

«In den verflossenen Jahren sind eine Anzahl Bauern zur teilweisen Silofütterung übergegangen. Es stehen gegenwärtig in unserem Dorfe etwa 8 einfache oder Doppelsilos vor-, neben oder hinter verschiedenen Scheunen. Nicht grad immer zur Freude der Milchkonsumenten; denn der Geruch, den diese Milchlieferanten oftmals mit in die Hütte tragen, nimmt einem fast den "gout" zum Milchtrinken!!»

Mit dem "gout" ist der Appetit gemeint. Als "Hütte" (eigentlich "Sennhütte") wurde die ehemalige Ablieferungsstelle im Gebäude der Landwirtschaftlichen Genossenschaft an der Stadlerstrasse bezeichnet. Dort konnten die Konsumenten mit dem Kesseli ihre Milch holen; wer wollte erhielt auch kuhwarme Milch direkt ab Einlieferung. Damit ist es seit einigen Jahren vorbei. Die Milch wird heute durch einen Tanklastwagen direkt ab Hof abgeholt.

«Ueberhaupt hat sich ein ansehnlicher Teil unserer Bauern wieder auf vermehrte Milcherzeugung eingestellt. Während früher nur die Milchlieferanten, die auf weiter abliegenden Gehöften hausen, ihre Milch per Wägeli oder Anhänger in die Sammelstelle brachten, tun dies jetzt auch solche, die in der nächsten Nähe der Sennhütte wohnen. Und zwar deshalb, weil sie heute nicht mehr bloss einen Kessel oder eine Tanse dazu benötigen, sondern grad ein oder zwei grosse Milchkannen.»

Tansen konnte man noch auf dem Rücken zur Sammelstelle tragen, die viel grösseren und schweren Kannen jedoch nicht mehr.

«Die Milchablieferungen pro 1956 betrugen denn auch, lt. Angaben des Verwalters der Milchgenossenschaft, Herr Paul Graf-Meierhofer, 783'172 kg im Gesamtwerte von Fr. 325'008.--, gegenüber dem Jahr 1952 z.B. sind das rund 265'000 kg oder 51% mehr, wertmässig sogar 58,5 % mehr, nämlich für Fr. 120'000.- , da der Produzentenpreis erhöht wurde, was natürlich der Umstellung auf die Milchwirtschaft ebenfalls Vorschub tat.»

Rasante Entwicklung der Milchmenge 1952-1956

Hier verweist Zollinger auf die Chronik 1952, in die folgender Satz Eingang gefunden hat: «In die Sennhütte sind in diesem Jahre 518'310 kg Milch im Werte von rd. Fr. 205'000.- abgeliefert worden. Der grösste Teil hievon geht jeden Morgen an den Verband in Winterthur

In der Chronik 1953: «Der Milchertrag hat ebenfalls zugenommen; es wurden pro 1953 in der Sennhütte abgeliefert: 572'234 kg Milch, wofür den Lieferanten der schöne Betrag von Fr. 231'950.- ausbezahlt werden konnte

In den Chroniken der Jahre 1954 und 1955 findet man keinen Eintrag zur Milchwirtschaft.
Erstaunlich ist, dass eine Anhebung des mittleren Produzentenpreises um 2 Rappen pro Liter (von 39.5 auf 41.5 Rappen) eine solche Wirkung auf die produzierten Volumina hatte.

Quelle
  • Zollinger, W.: «Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1956» - S. 7.

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