Donnerstag, 31. August 2006

WT-Wellen, zwei Mal täglich

WT, WT, WT! Ja, WT. Und ab und zu noch AG und ZH. Letzteres sind Autokennzeichen - klarer Fall. Aber was hat das mit Weiach zu tun?

Bei der Haltestelle Gemeindehaus auf das Postauto (ZVV-Linie 515) Wartende kennen das Phänomen. Frühmorgens und frühabends ziehen sie auf der Stadlerstrasse vorbei. Weiachquerend. Mit stark gehäuftem Aufkommen, gar zuweilen im Multipack. Am Morgen von Nord nach Süd. Am Abend vor allem Richtung Norden.

Was zum Kuckuck bedeutet "WT"? Wikipedia gibt eine Auswahlsendung.

In diesem Süddeutschland nahen Anwendungsfall einer automobilen Verkehrsbeziehung steht das "WT" eindeutig für den Landkreis Waldshut. Zu dem gehören ausnahmslos alle deutschen Gebiete, die an den Kanton Zürich grenzen.

Die WT's sind also Grenzgänger. Arbeiten im Grossraum Zürich. Wohnen und zahlen Steuern im Landkreis Waldshut. Einige fliegen auch nur ab. Von LSZH (oder ZRH) nach irgendwo. Berlin zum Beispiel. Oder Frankfurt. Vielleicht sogar mit SWISS. Die ist ja jetzt auch deutsch.

Gelbe Kappe vs. WT

Vor einigen Tagen haben die Gelbkäppchen-Schneiser diese Karawane zur Änderung der Routenwahl gezwungen. Sperrten einfach die Kaiserstuhler Rheinbrücke. Von 6-7 Uhr. Und waren danach überrascht, wie tief die Jets über Kaiserstuhl und Weiach anfliegen.

Resultat? Für einmal kein WT,WT,WT durch Weiach am frühen Morgen. Aber sonst hat's ausser ein paar Zeitungsberichten und einem Strafverfahren gegen die beteiligten Gelbkäppchen nicht viel gebracht.

Mittwoch, 30. August 2006

Wieviele Dorfbrände gab es wirklich?

Im vorgestern publizierten Artikel habe ich Ruth Bersingers Erklärung zur Herkunft des Ortsnamens zitiert.

Die Passage «1647-1850 brannten in kurzen Abständen zirka 50 Häuser ab. Einmal, (als) im letztgenannten Jahr, entstand vielleicht die Sage ...» verdient nähere Betrachtung. Konkret: die Frage der Dorfbrände.

Dorfbrände des 17. Jahrhunderts als Urgrund der Volksetymologie?

Die früheste mir bekannte Nennung eines katastrophalen Grossbrandes (Verlust mehrerer Häuser durch Vollbrand) datiert in der Tat auf das Jahr 1647. Auch 1850 brannte es - allerdings traf es gemäss Lagerbuch der Kantonalen Brandassekuranz lediglich ein kleines Wohnhaus mit Nebengebäude in der Chälen.

Wenn die Sage Hand und Fuss haben soll, dann wäre ein solches, relativ kleines Ereignis eher nicht geeignet, einen nachhaltigen Schrecken auszulösen. Sehr wohl aber die grossen Dorfbrände in der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Die Memorabilia Tigurina als Quelle

In der Memorabilia Tigurina von 1711 wird unter dem Titel «Brunsten» vermerkt:

«A. 1647 im Aprel / verbrunnen zu Stadel 17 Häuser / darunter auch das Pfarr-Hauss. Und zu Weyach 14 Häuser. Es ward den Brand-geschädigten reichlich gesteurt.» (Mem. Tig. 1711, p. 37)

Mit «reichlich gesteurt» ist die Sitte der in den Kirchen gesammelten, so genannten «Liebessteuern» gemeint (vgl. den heute noch gebräuchlichen Begriff «beisteuern»). Das war so eine Art Glückskette des Vorversicherungszeitalters, auf welche die Brandgeschädigten dringend angewiesen waren.

Die Katastrophe von 1647 ist nun allerdings in den Jahren um die Mitte des 17. Jahrhunderts nicht der einzige Dorfbrand geblieben.

Welche Jahreszahlen stimmen, welche nicht?

Weitere Brandunglücke in diesem katastrophalen Ausmass sind für die Jahre 1656, 1657 und 1658 überliefert, wobei für die beiden letzteren Ereignisse die dorfexternen Quellen die Jahre 1656 und 1657 angeben, eine dorfinterne aber (das älteste Kirchturmdokument von 1659) lediglich das Jahr 1658 nennt und über andere kein Wort verliert.

Diese Diskrepanz lässt nun eine grosse Frage offen. Nämlich die, weshalb ausgerechnet Hans Rudolf Erny, der Verfasser des Kirchturmdokuments und amtierender sowie ortsansässiger Pfarrer von Weiach, sich in der Jahrzahl geirrt haben soll, die (örtlich und zeitlich) weiter entfernt lebenden Chronisten der Memorabilia Tigurina sowie andere Autoren (die sich oft gegenseitig abgeschrieben haben) aber nicht.

Drei Brandjahre hintereinander?

Für 1657 und 1658 wird von beiden Seiten jeweils mit der Angabe operiert, das Brandunglück habe 10 Firste bzw. Häuser zerstört. Wenn es wirklich so gewesen sein sollte, dass in zwei aufeinanderfolgenden Jahren je 10 Häuser abgebrannt sind, dann wäre das ein seltsamer Zufall. Und wenn dazu im vorausgehenden Jahr 1656 schon einmal die doppelte Zahl (nämlich 20 Firste!) abgebrannt sind, dann wäre dies selbst für die damalige Zeit eine derart signifikante Häufung von Unglück gewesen, dass Pfarrer Ernj sie in seiner Urkunde für die Kirchturmkugel ganz gewiss erwähnt hätte.

Ist "1658" nur ein Verschreiber von Ernj oder des Transkriptors Zollinger? Letzteres könnte man immerhin überprüfen. Wenn aber Zollinger richtig abgeschrieben hat, dann wird dies wohl noch länger ein ungelöstes Problem bleiben.

Beim Geld genau, bei der Jahrzahl nicht?

Wie unsicher die Datenlage ist, das zeigt sich sogar in den Memorabilia Tigurina selber. Nimmt man die Ausgabe von 1790 (Hrsg. von Anthonius Werdmüller) zur Hand, so liest man da:

«Ao. 1656 od 1658 die Steuer nach Weyach betruge 1286 Gulden daran steurte Winterthur 207 fl.» (Mem. Tig. 1790; Steuren, Kirchensteuren; p. 146)

Das "od" macht überdeutlich, dass man sich bezüglich der Datierung schon 1790 nicht sicher war. Die Verwirrung wird noch grösser, wenn man feststellt, dass bei Biedermann (dessen Angaben sich leider auch in anderen Fällen schon als wenig präzis erwiesen haben) steht:

«1657 brach zu Weiach abermals Feuer aus, das zehn Häuser zerstörte. Zürich steuerte den Brandbeschädigten 1,079 Gulden, Winterthur 207 Gulden.» (Biedermann, p. 58)

Offensichtlich ein und dasselbe Ereignis. Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass sich zwei Jahre hintereinander zwei Mal auf den Gulden genau der gleiche Kollektenbetrag ergeben hat.

Nur zwei sind gesichert

Fazit: Man kann von mindestens zwei Dorfbränden in der Mitte des 17. Jahrhunderts ausgehen: einem in den späten 40er- und einem in der zweiten Hälfte der 50er-Jahre. Drei oder gar vier Grossereignisse anzunehmen ist meines Erachtens aufgrund der Quellenlage problematischer.

Das beschriebene Datierungsproblem ist in der Geschichte der Weiacher Dorfbrände übrigens bei weitem nicht einzigartig. Ähnliche Schwierigkeiten gibt es mit den Berichten über Brandunglücke im Pfarrhaus. Dazu später mehr.

Quellen

  • Ernj, H.R.: Kirchturmdokument von 1659. Handschrift aus der Kirchturmkugel. Archiv des Ortsmuseums Weiach
  • Bluntschli, J.H.: Memorabilia Tigurina, oder Merckwürdigkeiten Der Stadt und Landschafft Zürich ... Samt einem Geschlechter-, Burgerlichen Dienst- und Aemter-Büchlein. Erstausgabe Zürich, 1704. Zweite Ausg.: Zürich, 1711. Dritte Ausgabe: Zürich, 1742.
  • Werdmüller, A.: Memorabilia Tigurina, oder Merkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft Zürich berichtiget, vermehret, und bis auf itzt fortgesetzt. Theil I: Zürich, 1780. Theil II: Zürich, 1790.
  • Biedermann, C.: Geschichte des Bezirkes Dielsdorf. Bülach, 1882 bzw. 1883.

Montag, 28. August 2006

Die Sage vom Weih über "ach, ach!"

Die im gestrigen Artikel aufgezeigte Volksetymologie zur Entstehung des Ortsnamens Weiach ist auch noch an anderer Stelle zu finden. Ebenfalls in einer Schüler-Arbeit, die ca. 10 Jahre später entstanden ist:

«In verschiedenen Zeiten trug es [das Dorf; WG(n)] die Namen, Wyach, Wygach und Weach. 1647-1850 brannten in kurzen Abständen zirka 50 Häuser ab. Einmal, (als) im letztgenannten Jahr, entstand vielleicht die Sage, die ich aus einem alten Aufsatz berichte. Als das Dorf noch Weach hiess, fegte einmal ein wildes Feuer durch alle Häuser. Während sie in hellen Flammen dastanden, kreiste ein Wei überm Dorf und ächzte furchtbar. Die armen Frauen riefen ein-über's-andere Mal "ach, ach." Von da an nannte man mein Heimatdorf, Wei-ach!»

Verfasst wurden diese Zeilen im November 1941 von Ruth Bersinger, die damals 15 Jahre alt war und in der Bezirksschule Kaiserstuhl den Auftrag bekommen hatte, einen Vortrag über ihr Heimatdorf zu halten.

Leider ist nicht bekannt, welcher «alte Aufsatz» ihr für dieses Geschichtchen als Vorlage diente.

Quelle
  • Bersinger, R.: "Weiach!" 20Min-Vortrag in der Bezirksschule Kaiserstuhl. Handschrift, 10 Seiten. Zusammengestellt im November 1941. Xero-Kopie im Archiv des Ortsmuseums Weiach.

Sonntag, 27. August 2006

«Setz Wei- und ach zusammen»

Im Ortsmuseum Weiach merkt man auf Schritt und Tritt, dass die Person, welche massgeblich zu seiner Gründung und der Ausstattung mit Sammlungsgegenständen beigetragen hat, Lehrer war.

So gibt es dank Walter Zollinger u.a. einige von Schülerhand auf gebündelte Blätter oder in Hefte geschriebene, volkskundliche Perlen zu entdecken, die uns heute einen Einblick in die Welt vor 75 Jahren geben. Aus der Sicht von Kindern zwar. Aber nicht minder interessant.

Aus in den Jahren 1931-32 zusammengestellten Blättern stammt dieses:

«Ein Gedicht.
von mir selber

Ich weiss ein kleines Dörflein,
das liegt im frischen Grün.
Es hat ein schmuckes Kirchlein,
zwei Bäche es durchziehn.

Sein Name ist bescheiden,
Es ist nicht gross noch klein.
Doch wenn du näher siehest
Ist viel darin daheim.

Ein dir bekannter Vogel
Hoch in den Lüften kreist,
Und aus dem Herzen tönt es,
Wenn du so gar nichts weisst.

Setz Wei- und ach zusammen,
Das ist dir wohl bekannt,
es ist mein Heimatdörflein
im Zürcher Unterland.

Weiach, den 18. Mai 1931
»

Von Zollinger handschriftlich mit der berühmten roten Tinte korrigiert, ergänzte er das Blatt mit dem Vermerk: «H.Gr. 6. Kl.», was möglicherweise «Hans Griesser» bedeutet (zum Vergrössern des Bildes draufklicken).


Gängige ältere Deutung des Ortsnamens

Der Sechstklässler hat diese Deutung nicht selber erfunden. Das war im 19. Jh. die veröffentlichte Lehrmeinung. Damals vermutete man noch einen rein germanischen Zusammenhang: mit dem Wortstamm ''wey'' als Bezeichnung für die ''Weihe'', einem kleinen Greifvogel, und mit ''aha'', ebenfalls alamannisch für: ''Bach, Fluss''.

Die jüngere Forschung rechnet mit einem zur Zeit der Römerherrschaft gebildeten Namen eines hier befindlichen Gutshofes nach dem Muster der gallorömischen Namensendungen auf "-acum".

Weitere Erörterungen siehe die Diskussion zum Artikel Weiach auf Wikipedia.

Quelle

  • Unser Wohnort. Sammelheft 4.-8. Kl. 1931/32 [Zusammengestellt von Walter Zollinger, geschrieben von seinen Schülern]

Samstag, 26. August 2006

«s'Zauberrohr» - wie unsere Nachbarn sich vor 100 Jahren zusammenrauften

Seit gestern Freitagabend und noch bis Sonntagabend läuft es bei unseren Nachbarn südlich des «Kistenpasses» rund. Rund um den historischen Dorfbrunnen aus dem Jahre 1636 findet nämlich das Stadler Dorffest statt.

Ein Army Band-Treffen...

Die Hauptattraktion dürfte für die Auswärtigen zwar schon heute zu bestaunen gewesen sein: Militärkapellen (US Air Force Jazz Band, US Air Force Concert Band, SHAPE International Band (d.h. die NATO Big Band) und aus Lyon, Frankreich, die Musique de la Région Terre sud-est. Man staunt, wie es die Verantwortlichen zustande gebracht haben, diese hochkarätigen Formationen zusammenzutrommeln.

Wer es mehr mit dem Lokalhistorischen hat, der sei auf das Festspiel mit dem Titel «s'Zauberrohr» hingewiesen. Warum dieses Festspiel mit historischem Background auch heute noch sehr aktuell ist, kann man der Dorffest-Sektion der Stadler Website entnehmen:

Festspiel «s'Zauberrohr»

«Unter diesem Titel führt der Dramatische Verein Stadel am Dorffest ein Festspiel auf. Dieses setzt sich mit den Begebenheiten vor 100 Jahren in unsern vier Dörfern Stadel, Windlach, Raat und Schüpfheim auseinander.

Die Einwohner jedes der vier Dörfer hätten es am Liebsten gehabt, wenn sie sich nicht mit den andern zu einer Einheitsgemeinde hätten verschmelzen müssen. Doch der Druck der Obrigkeit, sowie die fehlenden Geldmittel, liessen den Bürgern keine andere Wahl, als diesem für damalige Verhältnisse harten Kompromiss klein beizugeben. Aber es brauchte viel bis das Zusammengehen im Dezember 1906 soweit war.

Mit dem «s'Zauberrohr» wird es möglich in die Häuser der vier Dörfer zu gucken. Die «Heutigen» erleben wie es bei den «Gestrigen» zu und her ging, bis endlich alle vier Dörfer zu einer Gemeinde zusammengefügt waren. Dass es nicht eitel Freude und Begeisterung war, darüber ist in den Chroniken schon viel geschrieben worden.

Heinrich Guggenbühl - der Verfasser der Stadler Gemeinde Chronik - und Rudolf Binder der langjährige Regisseur des Dramatischen Vereins schrieben das Festspiel. Mit ihrem fundierten Gemeinde- und Theaterwissen liessen sie die Geschehnisse jener Tage entstehen. Sämtliche dargestellten Szenen sind authentisch mit Ausnahme der umrandenden Geschichte des jungen Paares Felix und Regula.

So führt uns das «Teleskopum historicae retro versum» - wie das Zauberrohr genannt wird - zurück in die Vergangenheit. Eine Zeit, in der die Männer das Sagen in der Politik hatten, die Frauen und Kinder aber nur daneben standen und zuschauten. Doch auch sie hatten ihre Meinungen und machten sich Gedanken über die dörflichen Verhältnisse.


Aufführung in der Kirche Stadel

Dass das «s'Zauberrohr» gerade in der Stadler Kirche «zurückschaut», hat zweierlei Gründe. Zum einen ist es in Stadel leider nicht möglich eine Aufführung im Freien durchzuführen, da die moderne Fliegerei dabei zu stark stören würde. Zum andern war die Kirche der einzige Ort, wo die vier zerstrittenen Dörfer schon vor hundert Jahren eine Einheit bildeten.»

Noch zu spielende Aufführungen:
SAMSTAG, 26.08.2006; 20.00 – 20.45 Uhr
SONNTAG, 27.08.2006; 14.00 – 14.45 Uhr und 16.00 – 16.45 Uhr

Man merkt die Unterschiede bis heute

Die fehlende Begeisterung hing auch mit der unterschiedlichen Finanzkraft der Fusionspartner zusammen. Stadel ging es gut. Raat hingegen war faktisch pleite - nicht zum ersten Mal übrigens. Kein Wunder stimmten die Raater der Fusion zu, die Stadler und Windlacher überhaupt nicht. Schon aus prinzipiellen Erwägungen. Und so kam es schliesslich zur Zwangsfusion per obrigkeitlichem Dekret.

Bis heute haben die Windlacher und die Stadler zäh an ihren Zivilgemeinden festgehalten - erst die neue Kantonsverfassung zwingt sie zum Harakiri. Die politische Gemeinde Stadel hat immer noch den Charakter einer Vernunftehe. Dass gegenwärtig ein Windlacher Gemeindepräsident ist, das ist auch eher Zufall als die Regel.

Positiv aber ist: Die vier Dörfer haben ihre Integrität bewahrt und sind (bisher jedenfalls) noch nicht in einem einzigen Siedlungsbrei aufgegangen. Und sie feiern an diesem Wochenende ein gemeinsames Fest. Im Dorfkern von Stadel.

Weitere Infos über das Dorffest

Wer sich darüber ins Bild setzen will, was sonst noch läuft (und das ist einiges), dem sei das Programm in Tabellenform empfohlen. Den Gesamtüberblick erhält man hier: http://www.stadel.zh.ch/dorffest/

Donnerstag, 24. August 2006

«Fifis Schlaraffenland» liegt im Hinderberg

Werbung. Davon bekommt man täglich mehr als genug. Auf Hochglanz Getrimmtes. Alle möglichen Segnungen und Unsäglichkeiten der modernen Konsumgesellschaften anpreisend.

Da fällt der unten abgebildete, kleine Handzettel im Format A5, der vor einigen Tagen in meinen Briefkasten flatterte, schon wieder positiv auf (für besser lesbares Bild anklicken):


Die Familie Niedermann im Hinteren Berg war mir bisher nur als Betreiberin eines Reithofes ein Begriff. Nun gibt es also mit dem Vertrieb von Hunde- und Katzenfutter ein neues Standbein. Ein neu auf die Beine gestelltes Kleinunternehmen (oder habe ich da einen früheren Flyer übersehen?).

Der Hinderberg ist übrigens keiner dieser neumödigen Aussiedlerhöfe. Den gibt's schon viele Jahrzehnte länger. Er liegt heute einige Meter abseits der Kantonsstrasse von Weiach nach Stadel. Bis zu deren Fertigstellung im Jahre 1846 musste beim Hinderberg aber jeder durch, der auf der alten Zürcherstrasse über den Berg nach Raat und von dort weiter Richtung Hauptstadt reiste.

Mittwoch, 23. August 2006

Lengnauer Funskaters in Weiach

«Zäme skate bringt's» ist ihr Motto. «Wir fahren immer oben mit» (Helm), die Grundregel. Sicherheit und Kameradschaft haben einen wichtigen Stellenwert bei den Funskaters aus Lengnau AG - diese Eckpunkte findet man im Leitbild auch auf ihrer Website.

Dichtes Jahresprogramm

Der Zurzibieter Inlineskating-Club Funskaters hat sich ein sehr dichtes Jahresprogramm gegeben. Allein im Sommer 2006 sind 25 Ausfahrten ausgeschrieben. Eine davon beginnt heute abend in Weiach am Alten Bahnhof und führt über einen Rundkurs wieder dahin zurück.

«August, Mi. 23. 19.00
Bahnhof Weiach (18.40)
Zweidlen - Rheinsfelden - Eglisau - Glattfelden - Weiach
»

Die Zeit in Klammern bezieht sich auf die Mitfahrgelegenheit: Abfahrt ist jeweils auf dem Kronenparkplatz in Lengnau. Dort ist der Verein beheimatet und etliche Mitglieder werden wohl auch aus dieser Aargauer Gemeinde im Bezirk Zurzach oder aus ihrer Umgebung kommen.

«Abfahrt mit den Inline» sei «am angegebenen Besammlungsort jeweils spätestens 5 Minuten nach der angegebenen Zeit.» Und nicht etwa um 9.10 Uhr wie in einer Zeitung des Kopfblattsystems der AZ-Gruppe heute gemeldet wurde.

Dank Aargauer Zeitung gefunden

Auf die Inline-Enthusiasten mit eigener Website bin ich bereits im Frühling gestossen. Am 25. April 2006 meldete die Aargauer Zeitung unter dem Titel «Lengnauer Funskaters starten in neue Saison» was in den folgenden Monaten geplant sei:

«Zwischen April und September treffen sich die Funskaters jeden Mittwochabend zu einer lockeren, gemeinsamen Ausfahrt mit den Inline-Skates. Dabei wird Wert auf Abwechslung gelegt. Auch dieses Jahr wird jeden Mittwoch eine andere Strecke unter die Räder genommen. Die Ausgangspunkte liegen mit Würenlingen, Döttingen, Koblenz, Endingen, Niederweningen und Zurzach in der näheren, mit Birrfeld, Weiach, Neerach oder Adlikon in der weiteren Umgebung.»

Handzeichen als Gefahrenhinweis

Neue Mitfahrer seien willkommen, hiess es im AZ-Artikel weiter. Kontaktadressen findet man auf der Website www.funskaters.ch. Von dieser Site kann man übrigens nicht nur das Leitbild des Vereins herunterladen. Es gibt dort auch wertvolle Hinweise für das Inline-Skaten in der Gruppe ganz allgemein. Zum Beispiel Handzeichen - nicht nur für den Richtungswechsel, sondern auch als Gefahrenhinweis auf Tramschienen, Dolendeckel und aufgeweichte Asphaltbänder.

Also: «Helm auf» und ab zum Alten Bahnhof!

Dienstag, 22. August 2006

Augustwetter 1956

Nach Meinung etlicher Wetterauguren ist dieses Jahr mit dem August auch gleich der Herbst angebrochen. Kraft hat die Sonne ja noch. Aber so richtig warm will es dennoch nicht mehr werden.

Vor 50 Jahren waren die Wettersorgen zwar nicht genau die gleichen, aber vertraut tönen sie uns Heutigen dennoch - zumindest in Teilen:

«Die erste Woche des August bringt fast täglich Regenschauer, hie und da unterbrochen von einigen Sonnenblicken, ein einzigesmal +22°, sonst immer unter 20°C. Die zweite Woche ist bedeutend besser; sie bringt die ersehnten meist sonnigen und schwülen Tage, die für die Getreideernte nötig sind. Allerdings ist auch sie noch einigemal von gewittrigen, zum Glück aber nur kurzen Platzregen durchsetzt. Die Getreideernte ist nun in vollem Gange. Vom 20.8. an folgen wieder etliche Regentage, nachher dasselbe wechselvolle, täglich durch Regenschauer und ganze Regennächte verdorbene Wetter bis zum Monatsende. Die Bauern plangen "Blätz ab", dass doch gutes Erntewetter kommen möchte. Auf allen Aeckern steht viel aufgepupptes Getreide, das, begünstigt vom feuchtwarmen Wetter, auszuwachsen droht. Auch mit dem Emden geht es so kaum vorwärts. Alles in allem, ein ungefreuter, nasser Sommer.»

«Blätz ab plange». Was für ein Wort! Schöner als mit diesem leider weithin verschwundenen Dialektausdruck kann man schmerzliches Hoffen wohl kaum bezeichnen.

Bereits im WeiachBlog erschienene Wetterartikel

Weiacher Wetter im Jahre 1955 (28. Dezember 2005)
Januarwetter 1956 (14. Januar 2006)
Februarwetter 1956 (12. Februar 2006)
Märzwetter 1956 (6. März 2006)
Aprilwetter 1956 (13. April 2006)
Maiwetter 1956 (9. Mai 2006)
Juniwetter 1956 (12. Juni 2006)
Juliwetter 1956 (13. Juli 2006)

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1956 – S. 4 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1956)

Sonntag, 20. August 2006

Weiach liegt auch in Osttirol

Man lernt nie aus. Bis anhin war ich der Meinung, der Ortsname Weiach sei ziemlich einzigartig. Dem ist aber nicht so, wie man dem Wikipedia-Artikel über Prägraten am Großvenediger entnehmen kann.

Prägraten (vom slawischen "Pregrad", d.h. "Vorburg") ist eine Gemeinde im Bezirk Lienz, der deckungsgleich mit der Region Osttirol ist. Sie liegt auf ca. 1300 Metern über Meer und erstreckt sich über eine Fläche von ca. 180 Quadratkilometern.

Der Weiler Bobojach

Und was hat das nun mit Weiach zu tun? Das sieht man im Abschnitt «Lage» des besagten Artikels:

«Prägraten liegt im hinteren Virgental südlich der Venedigergruppe, die Teil des Hauptkamms der Hohen Tauern ist. Die Gemeinde besteht aus den Weilern Bobojach (auch Weiach genannt), Wallhorn, St. Andrä, Bichl und Hinterbichl. Prägraten grenzt an Südtirol und an das Bundesland Salzburg.»

Will sich da wer einen Jux machen?

Die Klammerbemerkung «(auch Weiach genannt)» wurde am 17. Februar 2006 von einem Teilnehmer mit der IP-Adresse 80.120.74.38 eingefügt. Diese Adresse ist der Telekom Austria AG zugeordnet. Man kann deshalb mit höherer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich nicht um einen Jux handelt, als wenn die IP-Adresse einem Schweizer Provider gehören würde.

Da die Recherche nun schon einmal eröffnet war, fragte ich am 13. August per e-mail die Gemeindeverwaltung in Prägraten an: «Wird Bobojach im Ortsgebrauch tatsächlich "Weiach" genannt, oder ist der mit der IP-Adresse 80.120.74.38 am 17. Februar 2006 eingefügte Zusatz "(auch Weiach genannt)" ein Jux?»

Weycher und Weinchnare

Michael Weiskopf vom Gemeindeamt Prägraten a.G. antwortete am 17. August: «Wir haben Ihr mail erhalten und wir Einheimische nennen den Ortsteil Bobojach tatsächlich "Weiach". Wo das herrührt ist unbekannt. Die Ortsbewohner von Bobojach werden "Weinchnare" genannt.»

In Weiach im Zürcher Unterland nennen sich die Bewohner «Weycher». Von einem von ihnen geht ein herzlicher Gruss an die Osttiroler «Weinchnare»!

Sonntag, 13. August 2006

Knopf und Fahne auf dem neuen Kirchturm

Genau 300 Jahre und 4 Tage ist es heute her, seit die Weyacher ihren neuen Kirchenbau mit der Platzierung von Knopf und Fahne auf der Kirchturmspitze abgeschlossen haben.

Im Kirchturmdokument von 1706, das anlässlich der Restaurierung 1966/68 in der Turmkugel gefunden und durch den damaligen Kirchgemeindepräsidenten Walter Zollinger transkribiert wurde, liest man darüber:

«Donstags den 2. brachmon. hat mann angefangen aufrichten, welches 5 Tag lang gewährt. Montags den 9. Augstmonat wurd der Knopf und Fahnen hinauf gethan.»

Mit dem Aufrichten sind die Zimmermannsarbeiten gemeint, die im Juni etwa eine Woche dauerten. Dann folgte die Errichtung des Dachreiters mit Spitzhelm, was weitere acht Wochen erforderte.

Dieses Ereignis der letzten Arbeiten am Turmdach, symbolisiert durch Knopf und Fahne, ist ein wichtiger Meilenstein beim Bau einer reformierten Kirche. Ist doch damit meist der Abschluss der äusseren Bauarbeiten verbunden, das Dach gedeckt und die Kirche damit im Prinzip bezugsbereit.

Der erste Gottesdienst im neuen Predigtsaal liess dann allerdings noch einige Zeit auf sich warten - die Inneneinrichtung war wohl noch nicht fertig. Die Einweihung erfolgte am 17. Oktober 1706, dem ersten Sonntag nach dem Tag des Heiligen Gallus (16. Oktober).

Quellen

Sonntag, 6. August 2006

Unterländer Bastion gegen das Tagi-Schlachtschiff

Es tut sich Erstaunliches in der Unterländer Presselandschaft.

Wie WeiachBlog am 21. März berichtete, plant der Zürcher Tages-Anzeiger (umgangssprachlich kurz «Tagi» genannt) einen Vorstoss ins Unterland (vgl. den Artikel Tages-Anzeiger mischt regionale Presselandschaft auf).

Nun hat am 26. Juli eine der wenigen bislang noch völlig unabhängig operierenden Zeitungen weit und breit, das konservative «Neue Bülacher Tagblatt», eine strategische Allianz mit dem eher progressiven «Zürcher Unterländer» angekündigt.

Wer die Geschichte der beiden Blätter kennt, der reibt sich erstaunt die Augen. So etwas hätte man nun wirklich nicht erwartet.

Unterländer Federgefechte seit 1866

Das «NBT» und der «ZU» - die letzten Mohikaner einer einst vielblättrigen Zürcher Unterländer Presselandschaft - waren sich zwar nicht gerade spinnefeind. Dass sie das Heu auf der gleichen politischen Bühne haben, kann man aber beim besten Willen nicht behaupten.

Schon kurz nach seiner Gründung im Juni 1866 trat das damals unter dem Namen «Bülacher Volksfreund» auftretende Tagblatt in scharfe Konkurrenz zur etwas älteren «Bülach-Regensberger Wochenzeitung» (heute: ZU). Die Chefredaktoren - die manchmal gleichzeitig auch Besitzer ihrer Zeitungen waren - lieferten sich veritable Federgefechte.

Die beiden Zeitungen waren die politische Bühne des Unterlandes. Sie dienten auch als Plattform für öffentliche Schlammschlachten zwischen Unterländer Politikern (vgl. für eines der frühesten Beispiele den Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 55: «Saufgelage!» - Statthalter verklagt Gemeinderatsschreiber).

Bedrohlicher Tages-Anzeiger

Und jetzt das! Eine Allianz mit dem «Unterländer»! Die Besitzerfamilie Graf hat diesen Schritt wohl schweren Herzens und offensichtlich nicht freiwillig getan.

Das angekündigte Vorrücken der Tamedia AG auf den bislang nur durch die beiden Regionalzeitungen beackerten Lokalnachrichten-Bereich wird als tödliche Bedrohung wahrgenommen.

Zu Recht. Die Gratis-Wochenzeitung «WOSPI» mit ihrem Schmalspurjournalismus ist keine wirkliche Konkurrenz. Mit der Tages-Anzeiger-Regionalausgabe aber ist nicht zu spassen.

Nur so wird das Zusammengehen mit dem Konkurrenten um das begrenzte Anzeigensubstrat verständlich: Es geht um's nackte Überleben.

Kopfblattsystem und Ressourcenpooling

Laut einer Medienmitteilung vom 26. Juli sind mit dem angekündigten engen Schulterschluss die folgenden Massnahmen verbunden:

«Die Firmen Druckerei Graf AG in Bülach und Zürcher Unterland Medien AG in Dielsdorf haben eine enge redaktionelle und technische Zusammenarbeit vereinbart. Die beiden Tageszeitungen schliessen sich auf Anfang November 2006 zu einem Kopfblattsystem zusammen. Das «Neue Bülacher Tagblatt» bleibt als Titel mit eigener Redaktion bestehen. Die operative Führung liegt künftig bei der Zürcher Unterland Medien AG. Die Herren Karl-Heinz Graf und Dieter Graf bleiben im Verwaltungsrat des in Bülach domizilierten Verlagshauses. Der Schwerpunkt ihrer eigenen operativen Tätigkeit wird künftig bei Gestaltung und Druck liegen. Gemeinsamer Standort in Bülach wird der Sitz der Druckerei Graf AG an der Bahnhofstrasse 44.»

Die Graf-Dynastie zieht sich also nicht ganz zurück. Überlässt aber den täglichen Platzkampf dem mit der NZZ liierten neuen Partner.

Charakteristika sollen bleiben

Am 29. Juli legte die NBT-Chefredaktorin Dagmar Appelt einen Kommentar zu diesem Kooperationsprojekt nach. Ab Anfang November wollten die beiden Zeitungen «Synergien nutzen, sowohl in redaktioneller als auch in technischer Hinsicht.» Vieles sei «konzeptuell noch in Arbeit.»

Fest steht aber offenbar schon, dass die bisherige Ausrichtung des «NBT» nicht zur Disposition steht. Unterstrichen wird diese Absichtserklärung durch die vorgesehene Struktur: «Das «Neue Bülacher Tagblatt» bleibt eine eigene Firma.»

Alles andere käme auch wirtschaftlichem Selbstmord gleich. Dass die NBT-Führung dies weiss, zeigt der folgende Abschnitt: «Die von unserer Leserschaft geschätzten «NBT»-Charakteristika bleiben bestehen. Die bewährte «NBT»-Redaktion wird Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auch fortan ein engagiertes Produkt abliefern. Auf unsere pointierten Kommentare dürfen Sie sich weiterhin freuen!»

Man wird sehen, ob sich das eigenständige Auftreten auch im Webauftritt äussern wird, oder das NBT im Layout-Eintopf von «Unterländer», «Rümlanger» und «Zürichsee-Zeitung» aufgeht.

Zumindest was den redaktionellen Inhalt anbelangt, wird dies nämlich so sein: «Neu wird das «NBT» ab November die Ressorts Kanton Zürich, Ausland und Inland sowie den Sport gemeinsam mit dem «Zürcher Unterländer», den «Zürichsee-Zeitungen» sowie dem «Zürcher Oberländer» teilen. Für die Leserinnen und Leser des NBT wird dadurch im Mantelteil noch mehr Information und Service geboten.»

Ob diese neue Suppenmischung den angesprochenen Abonnenten schmecken wird?

Gegen das «Medien-Schlachtschiff»

«Die Kapazität, welche durch die Einbindung in die Züri-Land-Zeitungen frei wird, werden wir vor allem zur vertieften regionalen Berichterstattung einsetzen. Dass wir nebenbei einem Medien-Schlachtschiff, das — koste es, was es wolle — noch so gerne in die Gewässer des Zürcher Unterlandes vordringen möchte, die Stirn bieten, ist ein sympathischer Nebeneffekt dieses zukunftsweisenden regionalen Schulterschlusses von «NBT» und «ZU»!»

Gedrechselte Worte mit dem klaren Touch einer offenen Kampfansage. Man spürt deutlich, dass es ohne das Kanonenboot «Tamedia AG» (mit einem Grossaufgebot von 65 Stellen für die im Frühling angekündigte Unterland-Invasion; vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 21. März) kaum so weit gekommen wäre.

Eines ist jedenfalls sicher: die regionale Berichterstattung wird ab dem Herbst wesentlich dichter. Bleibt zu hoffen, dass weder Qualität noch Vielfalt unter dieser Dichte leiden.

Quellen